Protokoll der Sitzung vom 19.06.2003

(Unruhe)

Diese beinahe geheimnistuerische Hektik wirft jedenfalls bei uns einige Fragen auf. Deshalb begrüße ich es ausdrücklich, dass sowohl das Finanzministerium als auch die Koalitionsfraktionen sich haben überreden lassen, einen 100-Millionen-Deal nicht nur zwischen Tür und Angel abzuwickeln, sondern die uns verbleibende Zeit besser zu nutzen.

(Anhaltende Unruhe)

Herr Abgeordneter Dr. Garg, einen Moment bitte. Meine Damen und Herren, ich darf um etwas mehr Aufmerksamkeit im Plenum bitten.

Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen, wir sind grundsätzlich nicht dagegen, die LEG vollständig zu privatisieren. Wir sind dafür, wenn dabei für das Land der beste Preis erzielt wird.

(Beifall bei der FDP)

Auf der Grundlage der bisherigen Erfahrungen mit Vermögensverkäufen durch die Landesregierung und der vorliegenden Information ist dies jedoch, um es einmal vorsichtig auszudrücken, nicht eindeutig zu erkennen. Deswegen möchte ich heute in erster Linie Fragen stellen, deren Antworten den Nebel um diesen Verkauf ein wenig lichten sollen. Dabei bezieht sich der erste Fragenkomplex auf die vier hehren strategischen Ziele der Landesregierung, die mit dem ersten Teilverkauf durchgesetzt werden sollten.

Erstens sollte der Einfluss des Landes auf die LEG gesichert werden.

(Beifall bei der FDP)

Zweitens sollte die LEG als zentrales Institut der Landesentwicklung gestärkt werden. Drittens sollte die Eigenständigkeit der LEG erhalten werden. Viertens sollten qualifizierte Arbeitsplätze in SchleswigHolstein gesichert werden. Ich frage Sie: Hat die

Landesregierung diese Ziele jetzt klammheimlich aufgegeben und, wenn ja, warum hat sie die Ziele aufgegeben?

(Beifall bei der FDP und vereinzelt bei der CDU)

Haben Sie das nur wegen der knappen Kassen getan oder weil Sie eingesehen haben, dass Sie sie sowieso nicht durchsetzen können?

(Wolfgang Kubicki [FDP]: Wegen der stillen Reserven!)

Ich frage Sie: Glauben Sie etwa, dass die HSH Nordbank diese Ziele besser verwirklichen kann als das Land Schleswig-Holstein? Welches betriebswirtschaftliche Interesse sollte die HSH Nordbank denn überhaupt haben, diese Ziele der Landesregierung weiterzuentwickeln?

Außerdem wurde beim ersten Teilverkauf vertraglich festgelegt, dass die LEG durchschnittlich 15.000 Wohnungen im Bestand behalten sollte. Herr Minister Dr. Stegner, ich frage Sie: Was soll jetzt mit den LEG-Wohnungen eigentlich geschehen?

Der nächste Fragenkomplex bezieht sich auf das Verfahren des Verkaufs. Die HSH Nordbank hält als Rechtsnachfolgerin der Hamburgischen Landesbank 20 % der Anteile an der ersten Beteiligungsgesellschaft, die die erste Hälfte der LEG-Anteile gekauft hat. Gleichzeitig hat die HLB den Verkauf der ersten Hälfte voll finanziert. Jetzt kauft die HSH Nordbank die zweite Hälfte und besitzt damit faktisch 60 % der LEG. Warum soll dies sinnvoll sein? Warum wurden die verbliebenen LEG-Anteile des Landes nicht zum Verkauf ausgeschrieben?

(Beifall bei der FDP)

Das würde wahrscheinlich den zu erzielenden Preis steigern. Das Land kann es sich ja wohl wirklich nicht leisten, auf Geld zu verzichten. Oder sind Sie da anderer Meinung?

Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen, jedenfalls wird die LEG nicht privatisiert, wie uns der Finanzminister weismachen will; denn schließlich muss die HSH Nordbank bis 2013 mehrheitlich in öffentlicher Hand bleiben.

Wenn die Vertragsentwürfe vorliegen, ergeben sich mit Sicherheit noch weitere Detailfragen. Eines ist jedenfalls heute schon sicher: Das von der Landesregierung zunächst vorgeschlagene Verfahren deutet nicht gerade darauf hin, dass dieser Verkauf professioneller und für das Land einträglicher durchgeführt werden soll als der Verkauf des Landesvermögens, das in den letzten zehn Jahren verschleudert worden

(Dr. Heiner Garg)

ist. Die Landesregierung hat bereits beim ersten Teilverkauf der LEG auf einen dreistelligen Millionenbetrag zuungunsten des Landes Schleswig-Holstein verzichtet. Wir alle sind angehalten zu verhindern, dass dies erneut geschieht. Ich meine, all dies rechtfertigt, dass sich der Landtag intensiver mit dem „Schlussverkauf“ der LEG befasst, als die Landesregierung dies ursprünglich gewünscht hat.

(Beifall bei der FDP)

Gestatten Sie mir, einen letzten Satz an Staatssekretär Döring zu richten. Sie waren es, der im Finanzausschuss - nachdem Rot-Grün bereits abgewunken hatte und der Dringlichkeit ursprünglich eher nicht zustimmen wollte - das Angebot gemacht hat, dass wir heute schon darüber reden können. Dafür möchte ich mich im Namen meiner Fraktion ausdrücklich bei Ihnen, Herr Staatssekretär, bedanken. Herzlichen Dank!

(Beifall bei der FDP und vereinzelt bei der CDU)

Ich erteile das Wort der Frau Abgeordneten Kähler.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich möchte zunächst etwas richtig stellen, Kollege Garg. Wir haben uns in der betreffenden Ausschusssitzung nicht überreden lassen; vielmehr gab es eine kurze Sitzungsunterbrechung, weil wir als wesentlich größere Fraktion, als die FDP es ist, nicht alleine darüber entscheiden können, ob der Dringlichkeit zuzustimmen ist oder nicht. Nach dieser kurzen Unterbrechung haben wir nicht nur sehr deutlich gesagt, dass wir unserer Fraktion empfehlen werden, dem zuzustimmen, sondern ich hatte als Vorsitzende dieses Gremiums sogar noch angeregt, dass wir gemeinsam die Dringlichkeit beantragen. Da Sie es nicht wollten, haben wir es so akzeptieren müssen. Sie sollten ja auch das Recht des ersten Debattenbeitrags haben.

Wir haben der Dringlichkeit aus einem ganz bestimmten Grund zugestimmt, nämlich weil das Land beabsichtigt, seine 50,07 % Anteile an der LEG jetzt doch zu privatisieren. Das Zustandekommen dieser Transaktion ist ja - das hatte Herr Garg schon gesagt - auf den 31. August 2003 terminiert. Diese Zeitvorgabe war nicht Wunsch des Landes, sondern der möglichen Vertragspartner. Hierbei handelt es sich unserer Ansicht nach um eine sehr knappe Zeitvorgabe. Da das Parlament und der Landesrechnungshof das zu erwartende Wertgutachten und andere Fragen noch zu beurteilen haben, bevor eine Entscheidung getrof

fen wird, bedarf es eines zeitlichen Vorlaufs, um das Ganze ordentlich abarbeiten zu können.

Es gibt eine Reihe von Fragen, die im laufenden Beratungsverfahren darüber hinaus noch gestellt werden müssen. Diese möchte ich heute bereits formulieren.

Für uns ist es von großem Interesse zu erfahren, wie es nach der Privatisierung der Immobilien um die Sicherheit und die Rechte der Mieter bestellt ist. Die LEG Immobiliengesellschaft hat zurzeit 23.000 Wohnungen. Angesichts dessen ist diese Frage von eminenter Wichtigkeit.

Für meine Fraktion möchte ich ferner gerne wissen: Welche Segmente des privatisierten Unternehmens sollen denn bitte wo angesiedelt werden oder angesiedelt bleiben? Die Standortfrage ist auch eine wichtige Frage. Warum sollen zum Beispiel in dem künftigen Unternehmen keine Arbeitnehmervertreter - für Sozialdemokraten auch eine wichtige Frage - mehr im Aufsichtsrat sein?

Was zum Beispiel wird mit den zurzeit 547 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern geschehen?

Natürlich muss es im Interesse des Parlaments sein, dass die Wirtschaftsunternehmen des Landes im Hinblick auf ihre Effektivität und Effizienz einer ständigen Prüfung unterzogen werden. Das ist ein Prozess, den wir immer begleiten müssen. Deswegen auch noch einmal die Frage, die vielleicht etwas kritisch überzogen ist: Ist die wirtschaftliche Begründung der Ausgliederung für die Regionalentwicklung und die Landesentwicklung heute eine andere als noch vor zwei Jahren, als wir dem Unternehmensverbund mit der LEG-Beteiligungsgesellschaft unsere Zustimmung gegeben haben? Wir haben das unter bestimmten Kriterien getan. Herr Garg hat das noch einmal angesprochen. Nun kann man auch klüger werden. Manchmal läuft ja die Geschichte über solche Beschlüsse hinweg und dann muss man die Entscheidungsprozesse verändern.

Wie wird konkret die Zielsetzung beziehungsweise die strategische Ausrichtung des neuen Unternehmens sein? Welche Gewichtung werden die Interessen des Landes einerseits und die Interessen der Kommunen und der kommunalen Einrichtungen andererseits - Stichwort Auftragsgeschäft - haben?

Last, but not least: Gibt es Alternativen zu den angedachten Lösungen? Wie können zukünftige Kooperationen aussehen und wann könnten sie eingegangen werden?

Abschließend möchte ich noch eine Bitte äußern - dies haben Sie uns, Herr Staatssekretär, bereits im Vorwege angeboten -: Was das zu erwartende Wert

(Ursula Kähler)

gutachten betrifft, so bitte ich die Landesregierung um unverzügliche Zuleitung an die finanzpolitischen Sprecher der Fraktionen,

(Beifall bei der FDP)

damit wir die Arbeit zügig aufnehmen können. Dies ist angesichts der Zeitvorgabe erforderlich, wenn wir den Vorgang bis zum August positiv begleiten wollen.

(Beifall bei SPD, FDP, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW)

Ich erteile das Wort Herrn Abgeordneten Arp.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen, insbesondere der CDU und FDP!

(Zuruf der Abgeordneten Monika Heinold [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

- „Insbesondere“ hatte ich gesagt. Das gilt für Sie auch mit.

(Zuruf der Abgeordneten Monika Heinold [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

- Hören Sie doch erst einmal zu! Sie können jetzt eine Menge lernen.

(Zuruf der Abgeordneten Monika Heinold [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Nun ist es endlich so weit: Unser Vorschlag zum Haushalt 1998 wird realisiert. Aber wie? Ziel des kompletten Verkaufs der WOBAU-Wohnungen ist leider nicht - wie von uns gefordert - der Schuldenabbau, sondern wieder einmal nur der Haushaltsausgleich und die Finanzierung von ausufernden Personal- und Verwaltungsausgaben.