Protokoll der Sitzung vom 20.06.2003

Bäckerei um sind.“ - Die Petition läuft noch. Man stelle sich diesen Irrsinn einmal vor!

(Beifall im ganzen Haus)

Während dieser Zeit darf das Brot nicht verkauft werden, weil die offizielle Öffnungszeit für das Bäckerfachgeschäft schon abgelaufen ist. - Mit solchen Dingen, Kolleginnen und Kollegen, beschäftigen wir uns sehr oft.

Ich meine, dass das Thema „Abbau von Bürokratie“ bei uns allen noch sehr viel stärker in die Köpfe hinein muss. Das, was der CDU-Bundestagsabgeordnete Börnsen jetzt macht, nämlich die Leute aufzufordern, ihm, wenn sie solche Fälle kennen, diese zu nennen, damit man dagegen ankämpfen kann, halte ich für unwahrscheinlich wichtig. Daran sollten wir uns auch halten.

(Beifall - Zuruf des Abgeordneten Friedrich- Carl Wodarz [SPD])

Herr Poppendiecker formuliert einen Schlusssatz.

Ja, es wäre gut, wenn man sich auch noch ein Stück Butter dazu holen könnte; dann wäre das richtig geregelt.

Alles in allem denke ich, dass wir unsere Arbeit gut verrichten. Wir werden sie fortsetzen. Ich bitte auch weiterhin um Unterstützung von allen Seiten.

(Beifall im ganzen Haus)

Ich danke dem Herrn Berichterstatter. Gibt es Wortmeldungen zum Bericht? - Das ist nicht der Fall.

Eine Aussprache ist nicht vorgesehen. Es ist beantragt worden, vom Bericht Kenntnis zu nehmen. Kann ich feststellen, dass das der Fall ist? - Widerspruch höre ich nicht. Das ist also der Fall. Dann haben wir entsprechend Kenntnis genommen.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 28 auf:

Tätigkeitsbericht 2003 des Unabhängigen Landeszentrums für den Datenschutz Schleswig-Holstein Drucksache 15/2535

Ich eröffne die Aussprache. Das Wort hat Herr Abgeordneter Rother.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Erst in der Januar-Tagung dieses Jahres haben wir im Zusammenhang mit der Antwort der Landesregierung auf die Große Anfrage der SPD-Fraktion zur Datenschutzpolitik in Schleswig-Holstein grundsätzliche Fragen zum Thema Datenschutz diskutiert. Nun liegt der aktuelle Tätigkeitsbericht des ULD vor, der neben einigen grundsätzlichen Fragen zu vielen Bereichen des Tagesgeschäfts Stellung bezieht. Den Bericht sollten wir natürlich im Innen- und Rechtsausschuss ausführlich diskutieren.

Ich möchte an dieser Stelle drei aus meiner Sicht wichtige Punkte kurz - wirklich kurz; keine Bange - erwähnen.

Erster Punkt, Überwachung der Telekommunikation! Dem Bericht des Bundesdatenschützers vom Mai dieses Jahres war die Warnung vor dem Entstehen einer Überwachungskultur in Deutschland zu entnehmen. Insbesondere die Zahl der Telefonüberwachungen habe sich seit 1995 verfünffacht und sei auf 21.874 Aktionen im Jahre 2002 gestiegen. Liebe Kolleginnen und Kollegen, da nehmen sich die Fälle in Schleswig-Holstein für die letzten sechs Jahre mit Zahlen zwischen 74 Fällen im Jahr 1996 und 91 Fällen im Jahre 1999 verhältnismäßig bescheiden aus.

(Unruhe)

Ich bitte das Plenum, etwas konzentrierter zuzuhören.

Danke schön. - Das heißt, dass ein verantwortungsvoller Umgang mit dieser Ermittlungsmethode möglich ist und dass der Einsatz dieses besonderen Mittels im polizeilichen Alltag eine viel geringere Bedeutung hat - zumindest in Schleswig-Holstein -, als das manche Pressemitteilungen vermuten lassen.

Dem Fazit unseres Datenschutzbeauftragten in seiner Presseerklärung vom 10. April, vor diesem Hintergrund den kontinuierlichen Abbau von Grundrechten nicht nur resignativ zur Kenntnis zu nehmen, sondern die Kraft aufzubringen, solche Entwicklungen zu stoppen und zum Positiven zurückzuwenden, kann ich nur folgen und zustimmen. Gerade die Aktivitäten unseres Landes in den Gremien des Bundes zur Weiterentwicklung des Datenschutzrechts sind immer von einer liberalen Position bestimmt gewesen – eben auch, wenn es um die Vorratsdatenspeicherung im Bereich der Telekommunikation ging. Dar

auf wird es auch bei der Neufassung des Telekommunikationsgesetzes ankommen, da im Referentenentwurf – da ist es nicht der Bundesinnenminister, sondern der Bundeswirtschaftsminister – beispielsweise eine Reduzierung von Dokumentationspflichten von Überwachungsmaßnahmen vorgesehen ist.

Aber, liebe Kolleginnen und Kollegen, wir sollten auch bei diesem Themenbereich die Kirche ein bisschen mehr im Dorf lassen, als das manchmal geschieht. Mittlerweile liegt nämlich die Untersuchung des Max-Planck-Instituts zur Rechtswirklichkeit und zur Effizienz der Überwachung der Telekommunikation – so heißt das – vor. Diese Untersuchung zeigt, dass die Telekommunikationsüberwachung ein unverzichtbares und effizientes Mittel zur Strafverfolgung ist. Die Anklagequote nach Überwachungsmaßnahmen liegt bei 58 %, die Verurteilungsquote sogar bei 94 %. Steigerungen in der Anzahl der Überwachungsmaßnahmen ergeben sich vor allem aus der zunehmenden Nutzung von Mobiltelefonen. Mängel bestehen besonders bei der Handhabung der richterlichen Anordnung und der Benachrichtigung der überwachten Personen nach Abschluss der Maßnahme. Das sind allerdings keine Probleme aus der Gesetzgebung heraus, sondern Probleme aus der praktischen Handhabung. Genau da, Herr Minister, muss auch angesetzt werden – bei uns nicht, umso besser.

Zweiter Punkt, Handhabung des Informationsfreiheitsgesetzes! Unser schleswig-holsteinisches Gesetz ist gut und gilt bundesweit als beispielhaft.

(Vereinzelter Beifall bei der SPD und Beifall der Abgeordneten Irene Fröhlich [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

- Eigentlich müsste jetzt der SSW besonders applaudieren.

Nennenswerte Probleme mit der Umsetzung in der täglichen Behördenpraxis gäbe es nicht, schreibt das ULD unter Textziffer 13.1 des Datenschutzberichts, um dann allerdings genau diese Probleme in der Textziffer 13.2 als interessante Einzelfälle zu beschreiben. Das ist ganz amüsant.

Besonders bei Ausschreibungsverfahren – da geht es vor allem um Beschaffungsmaßnahmen und die Privatisierung öffentlicher Betriebe – ist das Interesse der Bürgerinnen und Bürger nach genauerer Information natürlich groß. Wir sollten uns im Ausschuss diese Sachverhalte besonders genau anschauen und dabei vielleicht auch überlegen, ob unser gutes Gesetz in dieser Frage vielleicht etwas unzureichend ist. Dass das Datenschutzzentrum allerdings in diesem Zusammenhang in seiner Pressemitteilung gleich Vetternwirtschaft und Korruption wittert, ist sicherlich –

(Thomas Rother)

es ist hier leider heute nicht vertreten – etwas sehr über das Ziel hinausgeschossen. Auch hier gilt natürlich die Unschuldsvermutung, bevor solche Dinge geklärt sind.

Letzter Punkt, Terrorismusbekämpfung! Das Thema Bekämpfung des internationalen Terrorismus ist auch ein Thema für den Datenschutz. Insbesondere muss der Blick weiterhin auf die Wirksamkeit der im Landesverwaltungsgesetz geregelten Rasterfahndung gerichtet sein. Auch da weichen wir als Schleswig-Holstein von der Meinung manch anderer SPD-geführter Bundesländer - unter anderem jetzt auch von Nordrhein-Westfalen und vom SteinbrückPapier - ab, die eine Ausweitung der Rasterfahndung vorsieht. Die wollen das etwas inflationär gebrauchen. Hierzu hat Schleswig-Holstein eine eigene Position und das ist auch gut so.

Darüber hinaus bleibt die BKA-Benachrichtigungsfrage rechtlich immer noch ungelöst. Gut ist es, dass diese Vorschriften mit einem Verfallsdatum versehen worden sind. Zurzeit ist die Gefährdungslage allerdings so – denken sie nur an den Sprengstoffkoffer in Dresden -, dass der Einsatz dieser Mittel doch gerechtfertigt ist. Hoffentlich entfallen die Anlässe bald, damit die Wirkungsfristen nicht verlängert werden müssen.

Zusammenfassend bleibt festzuhalten, dass der Datenschutz in Schleswig-Holstein optimal organisiert und in guten Händen ist.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wir sollten den Bericht abschließend im Innen- und Rechtsausschuss bearbeiten, was ich hiermit beantragen möchte.

(Beifall bei SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN und des Abgeordneten Dr. Heiner Garg [FDP])

Ich erteile Herrn Abgeordneten Geißler das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich begrüße es außerordentlich, dass wir uns in diesem Jahr auch im Plenum mit dem Bericht des Landesdatenschutzbeauftragten befassen.

(Beifall bei CDU, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN und des Abgeordneten Dr. Heiner Garg [FDP])

Es ist wichtig, dass nicht nur in den Fachausschüssen den Beanstandungen nachgegangen wird, sondern

dass wir auch hier im Plenum gemeinsam über aktuelle Probleme des Datenschutzes miteinander beraten und debattieren.

Die Gründung des ULD hat sich bewährt. Das ULD kann seine Tätigkeit in Übereinstimmung mit den Europäischen Datenschutzrichtlinien in völliger Unabhängigkeit ausführen, Bewährt hat sich auch das modernisierte Landesdatenschutzgesetz. Es ist ein vernünftiges und wirksames Handlungsinstrument. Die durchgeführten Vereinfachungen und Verschlankungen haben sich bewährt.

Wer den diesjährigen Bericht liest, kann auch feststellen - es gibt Beanstandungen; das ist richtig -, dass datenschutzrechtliche Verbesserungen erzielt werden konnten, und die Kontrollen haben auch Wirkung gezeigt. Das ist zu begrüßen.

Wie jedes andere Grundrecht dient auch das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung der Begrenzung staatlicher Macht. Gerade wenn es gilt, staatliche Eingriffsbefugnisse zu definieren, ergibt sich zwangsläufig ein Spannungsfeld, in dem abzuwägen ist, auf welche Weise der Staat einerseits seinen objektiven Schutzpflichten genügen kann, andererseits der Bürger aber vor überzogenen Eingriffen in die Individualrechte geschützt werden muss.

Das gilt gerade auch im Zeitalter terroristischer Bedrohung, aber auch im Zeitalter steigender Gewaltkriminalität mit brutalen Tatbegehungsformen. Wer planmäßig begangene Verbrechen verhindern und aufklären will, muss einerseits in die Kommunikationsstrukturen der Kriminellen eindringen. Andererseits – daran erinnert der Landesdatenschutzbeauftragte seit Jahren; wie ich meine, zu Recht – würde eine vollständige Überwachung beispielsweise des Internetsurfverhaltens ganz unverdächtiger Bürgerinnen und Bürger auch einen nicht unerheblichen Freiheitsverlust darstellen. Der Datenschutzbeauftragte ist in dieser Haltung vom Innen- und Rechtsausschuss parteiübergreifend unterstützt worden. Ich kann nur hoffen, dass sich diese hier gemeinsam im Hause bestehende Überzeugung auch bei den Beratungen auf Bundesebene durchsetzen wird. Ich halte das für außerordentlich wichtig.

Ich möchte auf einen anderen Punkt eingehen, bei dem ich nicht mit dem ULD übereinstimme. Das ist der Einsatz des so genannten IMSI-Catchers, der die Ortung von mobilen Endgeräten wie Handys ermöglicht und dessen Nutzung nach dem 11. September im Rahmen der Antiterrorgesetzgebung zunächst den Geheimdiensten erlaubt wurde, mit Gesetz vom 6. August 2002 nunmehr auch den Strafverfolgungs

(Thorsten Geißler)

behörden durch Einführung eines neuen § 100 i in die Strafprozessordnung.

Es ist zwar richtig, wenn die Datenschützer warnen, dass der IMSI-Catcher in Händen von Kriminellen viel Unheil anrichten kann, aber die Forderung nach einem Verbot würde das Problem ebenso wenig lösen wie unsere Vorschriften über Waffenerwerb, die es nicht verhindern können, dass Schusswaffen in den Besitz von Kriminellen gelangen können. Richtig ist aber auch, dass der IMSI-Catcher ein sehr wirksames Fahndungsinstrument darstellen kann, mit dem der Aufenthaltsort von Kriminellen sehr schnell ermittelt werden kann. Es gilt daher nicht, seinen Einsatz ganz zu unterbinden beziehungsweise den Kriminellen zu überlassen, sondern es muss klare Rechtsvorschriften geben, die eine willkürliche, die Freiheitsrechte der Bürger unnötig einschränkende Nutzung verhindern würden. Hier brauchen wir klare Richtlinien für die Handhabung, damit beispielsweise nicht Bewegungsbilder über ganz unverdächtige Bürgerinnen und Bürger angefertigt werden können.

(Beifall bei der CDU)

Gestatten Sie mir zum Schluss noch einige Anmerkungen. Wir hatten heute Mittag eine Sitzung des Datenschutzgremiums des Landtages. Ich bin turnusgemäß aus dem Vorsitz ausgeschieden, Kollegin Hinrichsen hat den Vorsitz übernommen. Ich wünsche Ihnen viel Erfolg und Glück bei Ihrer Tätigkeit, Frau Hinrichsen.