Protokoll der Sitzung vom 20.06.2003

(Beifall bei SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN und SSW)

Ich danke dem Herrn Berichterstatter. Gibt es Wortmeldungen zum Bericht? - Das ist nicht der Fall. Ich eröffne die Aussprache und erteile Herrn Abgeordneten Kalinka das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es wird nicht lange dauern, aber es kommt uns darauf an, zwei Aspekte deutlich zu machen: 1997 gab es den letzten Bericht. Wir haben damals im Parlament gehört: Ein Kindergesundheitsbericht könne mit diesem Anspruch so schnell nicht gegeben werden, also nicht mehr in diesem Jahr. Stattdessen wurde vonseiten des SPD-Abgeordneten Jahner vorgeschlagen, erst im Jahr 2006 einen solchen Bericht zu geben. Wir haben dann im Ausschuss vorgeschlagen, im ersten Halbjahr 2004 einen solchen Bericht geben zu lassen. Zugleich wurde der Anspruch formuliert, den Namen „Kindergesundheitsbericht“ in einen „Bericht zur gesundheitlichen Situation der Kinder“ zu reduzieren. Gleichwohl hat die Mehrheit sich nicht im Stande gesehen, einem solchen Vorschlag zuzustimmen. Das finden wir enttäuschend. Man sollte dies bei dieser Gelegenheit auch zum Ausdruck bringen. Ich meine, es wäre es Wert gewesen, ein solch wichtiges Thema nicht alle zehn Jahre, sondern in angemessenem Abstand zu behandeln.

(Beifall bei CDU und FDP)

Ich erteile Herrn Abgeordneten Jahner das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Es ist nicht nur die vorgerückte Zeit, die mich veranlasst, es kurz zu machen. Herr Kalinka, wir werden auf der Grundlage des im Sozialausschusses gefassten Beschlusses mit Ihnen im Plenum diskutieren. Ich zitiere noch einmal den letzten Satz:

„Die Landesregierung wird gebeten darzustellen, in welchen Bereichen sie im Kindergesundheitsschutz tätig ist.“

Auf dieser Basis und nicht, um Ihnen - kurz gesagt - Streicheleinheiten zu geben, weil Sie sich im Ausschuss nicht haben durchsetzen können, werden wir hier diskutieren.

(Beifall bei SPD, FDP und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich erteile der Frau Abgeordneten Kolb das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Zur Chronologie ist nichts hinzuzufügen. Das und vieles andere auch wurde von Herrn Kalinka bereits gesagt.

Ich möchte eigentlich nur noch einmal darauf hinweisen, dass ich es etwas unverständlich finde, dass das im Jahre 2006 zu erwartende Gutachten, von dem eben auch schon gesprochen wurde, abgewartet werden soll,

(Zuruf der Abgeordneten Jutta Schümann [SPD])

bevor hier in Schleswig-Holstein, Frau Schümann, berichtet wird. Ich vermute, dass der Grund darin liegt, dass die Regelungen des im Dezember 2001 verabschiedeten Gesundheitsdienstgesetzes die Kommunen im Bereich der Gesundheitsvorsorge und der Gesundheitsberichterstattung zu sehr alleine lassen, um die entsprechenden Daten erheben zu können. Die in Schleswig-Holstein bereits erhobenen Daten müssten für einen Bericht nämlich eigentlich nur zusammengeführt werden, um ihn erstellen lassen zu können. Hierzu könnte dann - das will ich gern zugeben - die angekündigte Studie des Robert-KochInstitutes einen großen Beitrag leisten. Grundsätzlich halte ich die in Schleswig-Holstein erhobenen Daten aber für wichtiger.

Um nur ein Beispiel zu nennen: Die Stadt Lübeck hat einen Kindergesundheitsbericht erstellt. Hier gibt es Auffälligkeiten: Zum Beispiel haben Kinder aus Stadtbezirken mit einem niedrigen Status größere gesundheitliche Defizite als Kinder aus anderen Stadtbezirken. Dies wurde in dieser Studie überdeutlich. Deshalb genügt es auch nicht, über Schuleingangsuntersuchungen zu berichten. Meines Erachtens muss sehr viel früher angesetzt werden.

(Beifall bei der FDP und vereinzelt bei der CDU)

(Veronika Kolb)

Auch Folgendes wird durch den Kindergesundheitsbericht der Stadt Lübeck deutlich: Liegt in Lübeck die Teilnahme an Vorsorgeuntersuchungen bei der Geburt noch bei 98,8 %, so sinkt sie bis zur Einschulung stetig ab. Bereits mehr als ein Drittel der Lübecker Schulanfänger haben nicht alle Vorsorgeuntersuchungen wahrgenommen. Jedes vierte Kind verfügt nicht über den zulänglichen Impfschutz.

(Wolfgang Kubicki [FDP]: Unglaublich!)

- Richtig, Herr Kubicki. - Deshalb setzen Schuleingangsuntersuchungen meines Erachtens zu spät an. Hier sollten wir die Kommunen nicht alleine lassen.

Ich vermisse, dass über das Gesundheitsziel der Verringerung von Allergien hinaus in Ziffer 2 der Beschlussempfehlung des Sozialausschusses nicht über weitere Gesundheitsziele berichtet werden soll. Wissen wir doch, dass Erkrankungen, die im Erwachsenenalter zu großen Erschwernissen oder auch tödlichen Erkrankungen werden, bereits im Kindesalter beginnen.

Den Rest möchte ich Ihnen wegen der vorgerückten Zeit ersparen. Ich bitte aber, darüber nachzudenken. Aus den von uns genannten Gründen können wir der Empfehlung des Sozialausschusses nicht zustimmen.

(Beifall bei FDP und CDU)

Ich erteile der Frau Abgeordneten Birk das Wort.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Es ist ein wenig bedauerlich, dass wir das hohe Haus noch ein weiteres Mal mit dieser Thematik beschäftigen müssen.

In aller Kürze Folgendes: Ich kann meiner Vorrednerin überhaupt nicht zustimmen, dass wir die Kommunen alleine lassen. Die Kommunen haben im Rahmen des Gesundheitsdienstgesetzes einen großen Druck ausgeübt, um von Untersuchungen, Zielvereinbarungen und Gesundheitskonferenzen möglichst befreit zu werden. Kosteneinsparung sei als Stichwort genannt. Es hat uns sehr viel Mühe gekostet, unseren Koalitionspartner zu überzeugen, dass wir ein Minimum dieser Dinge im Gesetz verankert wissen wollen. Die Zielvereinbarung zum Thema Allergie, die uns sehr freut, ist ein konkretes Ergebnis der Verabredung der Gesundheitsministerin mit den Kommunen.

Wir haben Verständnis dafür, dass die Kommunen nicht zu allen Kinderkrankheiten und grundsätzlichen Fragen gleichzeitig Zielvereinbarungen abschließen.

(Lachen des Abgeordneten Werner Kalinka [CDU])

- Lachen Sie nicht, fragen Sie Ihren Landrat und Ihr Gesundheitsamt vor Ort! Die werden Ihnen etwas husten. Sie möchten noch nicht einmal die Umsetzung der bisher geschlossenen Zielvereinbarungen mit großem Aufwand betreiben, weil sie keine Leute und kein Geld dafür haben.

(Veronika Kolb [FDP]: Ach, die Frau Birk!)

Eine Zielvereinbarung ist ja nicht nur ein beschriebenes Papier. Eine solche bedeutet große Aktionen. Alle an diesem Thema Befassten müssten sich zusammentun, um konkrete Schritte zu unternehmen, damit die Zahl der Allergien sinkt. Das ist ein großes Vorhaben und nicht etwas, bei dem man lediglich etwas aufschreibt.

(Veronika Kolb [FDP]: Das sind doch nicht die einzigen Regelungen!)

Ich bin sehr froh, dass wir hier einen Teilerfolg erzielt haben und ich hoffe, dass dieser Erfolg dazu ermutigt, weitere Schritte zu gehen.

Selbstverständlich müssen die Schuleingangsuntersuchungen durchgeführt und ausgewertet werden. Ich wünschte mir, dass alle Kommunen hier so vorbildlich arbeiten würden wie Lübeck.

Ich komme jetzt zum Konkreten, da Sie sagen, dass die Kommunen mit den Daten allein gelassen werden. Das Robert-Koch-Institut führt in allen Bundesländern Untersuchungen durch; aber nicht nur. Wenn wir uns anschließen und - wie es die Ministerin plant - mit ihm zusammenarbeiten, werden die Daten in Lübeck, Kiel, Elmshorn, Husum und überall erhoben. Dabei handelt es sich um eine Datenaufnahme, die eine Kommune allein gar nicht leisten kann. Deswegen ist es wichtig, dass sie sich eine wissenschaftliche Verstärkung sichert.

(Veronika Kolb [FDP]: Aber erst 2006!)

Das ist nicht im Handumdrehen getan, wenn es seriös erledigt werden soll.

Ich finde, wir haben einen guten Kompromiss erreicht.

(Werner Kalinka [CDU]: Im Ausschuss ha- ben Sie anders gesprochen!)

Einerseits haben wir die Ministerin unterstützt, sodass sie sich mit einem entsprechenden Vorlauf um die

(Angelika Birk)

Beteiligung an der wissenschaftlichen Untersuchung bemühen konnte, zum anderen haben wir immer gesagt, dass wir nicht bis 2006 warten wollen, bis wir erfahren, was sich hier im Lande tut. Deshalb wurde die Ministerin aufgefordert - sie hat bereits zugesichert, dies zu tun -, uns über konkrete Projekte und Vorhaben zu berichten, die die Kommunen und das Land zu verschiedenen Themen - nicht nur zu den Allergien - im Bereich der Kindergesundheit im Augenblick planen, sodass wir einen Überblick erhalten, wo was geschieht. Weil das Thema Zielvereinbarung ein wichtiges Thema ist, welches wir gerne begleiten wollen, haben wir es noch einmal als Schwerpunkt genannt.

(Glocke des Präsidenten)

Frau Abgeordnete Birk, gestatten Sie eine Zwischenfrage der Frau Abgeordneten Kolb?

Nein, ich möchte jetzt keine Zwischenfrage gestatten. Wir haben das sehr ausführlich im Ausschuss diskutiert. - Ich möchte den Kollegen aber deutlich machen, dass wir diese Frage nicht auf die leichte Schulter genommen, sondern im Vorfeld im Gesundheitsausschuss in einer Ausführlichkeit darüber beraten haben, wie wir es bezogen auf eine Berichterstattung selten tun.

Wenn der Kompromiss für Sie nicht tragbar ist, dann tut es mir Leid. Angesichts unserer beschränkten Ressourcen in der Verwaltung, der hervorragenden Vorarbeit der Ministerin und dessen, dass ein zweistufiges Verfahren vorliegt, halte ich ihn für akzeptabel. Demjenigen, der sich partout verweigern will, können wir nicht helfen. Im Interesse der Kinder erwarte ich eine baldige Berichterstattung. Diese hat die Ministerin zugesichert.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SPD - Werner Kalinka [CDU]: Im Aus- schuss haben Sie das anders gesehen! - Ve- ronika Kolb [FDP]: Zweieinhalb Jahre! Wis- sen Sie, was das für ein Krankheitsbild be- deutet?)

Ich erteile der Frau Abgeordneten Hinrichsen das Wort und bitte die Herren zu meiner Linken, Platz zu nehmen.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Als der Landtag im Januar über den Antrag auf einen Kindergesundheitsbericht debattierte, waren viele Kolleginnen und Kollegen ziemlich ratlos; ich auch. Ehrlich gesagt bin ich es angesichts der heutigen Debatte leider immer noch.

Ich finde es sehr gut, wie der Sozialausschuss über diesen Antrag beraten hat. Er hat es nämlich verstanden, auf Einzelheiten einzugehen und er hat den Berichtsantrag meiner Ansicht nach optimiert.

(Beifall des Abgeordneten Wolfgang Baasch [SPD])