Das Wort für den SSW im Schleswig-Holsteinischen Landtag erteile ich jetzt der Frau Abgeordneten Silke Hinrichsen.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Antrag der CDU-Fraktion zur Eingliederungshilfe ist mittlerweile etwas länger unterwegs. Er stand bereits mehrmals auf der Tagesordnung für das Plenum. In der Zwischenzeit sind wir im Sozialausschuss glücklicherweise von der emotionalen Debatte weggekommen. Wir haben uns über den Sachstand unterrichten lassen. Wir sind uns einig geworden, dass in diesem Bereich etwas passieren muss. Wir haben zur sachlichen Ebene zurückgefunden, wozu der Antragsteller leider am wenigsten beigetragen hat.
Aber es hat sich, wie gesagt, noch nichts Grundlegendes ergeben und deshalb diskutieren wir heute immer noch auf derselben Grundlage wie vor sieben Monaten.
Es bestehen weiterhin große Probleme in der Eingliederungshilfe, weil die Kosten in der gesamten Bundesrepublik in den letzten Jahren rasant gestiegen sind. Land, Kreise und kreisfreie Städte in SchleswigHolstein haben sogar überdurchschnittlich hohe Ausgaben für die Eingliederungshilfe und das müssen wir ändern. Ich verstehe, dass eine solche Aussage in Zeiten, in denen das Land und die kommunale Ebene längst in sozialen Bereichen kürzen und die Betroffenen das auch selbst zu spüren bekommen, für Unruhe sorgt. Deshalb möchte ich noch einmal eines unterstreichen: Angesichts dieser Kosten hat die Politik ein Problem. Die Kommunalverwaltungen haben auch ein Problem. Vielleicht haben auch die Träger ein Problem. Wir sind uns aber in der Politik alle darin einig, dass dieses auf keinen Fall zu einem Problem der Betroffenen werden darf;
denn der Kostenanstieg ist auch eine Folge einer besseren Politik für Menschen mit Behinderung, die wir alle unterstützt haben und weiterhin unterstützen werden.
Auch wenn wir uns in den letzten Monaten intensiv mit diesem Problem auseinander gesetzt haben, weil die Kosten so stark gestiegen sind, liegen - bis auf den Gesetzentwurf, der im Moment wohl im Bundestag behandelt wird - immer noch keine Lösungsvorschläge vor.
Obwohl ich verstehen kann, dass die Verunsicherung weiterhin groß ist und dass die Menschen wissen wollen, was jetzt passiert, gibt es keine Alternative dazu, den Ursachen ganz auf den Grund zu gehen und eine solide Reform zu entwickeln. Eines ist aber jetzt schon sicher: Wir müssen sehr genau hinsehen, ob und wo innerhalb des Systems der Eingliederungshilfe noch Reserven sind; denn natürlich muss angesichts der steigenden Ausgaben auch darauf gesehen werden, ob die Mittel effizienter eingesetzt werden können. Darüber müssen sich die Betroffenen aber keine Sorgen machen. Niemand muss befürchten, dass er oder sie zukünftig Leistungen verliert, auf die man angewiesen hat. Sie werden weiterhin wie heute Anspruch auf Unterstützung haben. Es bringt nur nichts, wenn die Kosten steigen, ohne dass dieses voll den Menschen mit Behinderung zugute kommt.
Ich kann nicht für den Antrag danken, den wir heute in verbesserter Form beschließen können. Er hat nämlich in der ursprünglichen Form bestimmt nicht zu einer Versachlichung der Debatte beigetragen.
Aber ich freue mich, dass wir immerhin im Nachgang eine sachliche Debatte führen konnten. Dem Antrag und vor allem dem Redebeitrag des Kollegen Kalinka im Februar entnehme ich, dass die CDU bereit ist, alle Maßnahmen mitzutragen, die die Lebenssituation der Menschen mit Behinderung in Schleswig-Holstein verbessern. In diesem Sinne wünsche ich uns allen weiterhin eine sachliche und vor allem eine konstruktive Debatte um die Lösung der Schwierigkeiten, die mit den Kostensteigerungen in der Eingliederungshilfe verbunden sind.
Das Wort zu einem Kurzbeitrag nach § 56 Abs. 4 der Geschäftsordnung erteile ich jetzt dem Herrn Abgeordneten Werner Kalinka.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich möchte bei diesem - wie ich finde - sehr ernsten Thema bewusst nicht hart kontern. Aber ich will Ihnen doch schon sagen, dass mich die Wortwahl in einzelnen Beiträgen doch enttäuscht. Ohne die Initiative der
Zweite Bemerkung. Es ist hier gesagt worden, der Antragsteller habe am wenigsten zur sachlichen Diskussion beigetragen. Sie können ja erzählen, was Sie wollen. Mich verletzen Sie damit nicht. Ich finde es nur schade, dass Sie das große Bemühen von CDUSeite um die behinderten Menschen durch diese Wortwahl in Abrede zu stellen versuchen. Ich finde das einfach nur schade. Sie wissen ganz genau, wie sehr ich mich persönlich im Kreis Plön in diesen Fragen immer wieder engagiere. Ich finde es einfach nur schade, was Sie meinen, sich herausnehmen zu können.
Dritter Punkt. Es gibt eine Reihe von Problemen, die bisher nicht gelöst sind. Darin besteht unsere Besorgnis. Es ist im Hinblick auf das, um was es in unserem Antrag geht, in der Tat nichts konkret geregelt. Wir werden uns der Stimme enthalten, weil wir uns dafür nicht in Haftung nehmen lassen wollen. Alles das, was wir konkret angesprochen haben, ist im Lande überhaupt nicht geklärt. Darin besteht unsere Besorgnis.
Abschließend möchte ich darauf hinweisen, dass der vorliegende Antrag Wort für Wort dem ersten Teil des CDU-Antrages entspricht. Sie haben nicht ein einziges Wort hinzugefügt. Es fehlen dann aber unsere konkreten Punkte, die Sie im Ausschuss abgelehnt haben.
Wenn man nichts anderes zu bieten hat, als dem CDU-Antrag im ersten Teil zuzustimmen, dann seien Sie bitte etwas zurückhaltender in der Wortwahl, in der Sie meinen uns attackieren zu können.
Das Wort für die Landesregierung erhält die Kultusministerin, Frau Erdsiek-Rave, in Vertretung der erkrankten Sozialministerin.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich habe an den Beratungen im Sozialausschuss nicht teilgenommen,
aber man bekommt ja nach dem Verlauf der Debatte einen gewissen Eindruck davon, wie sie abgelaufen sein könnte.
Aus der Sicht der Landesregierung sage ich: Wir begrüßen es, dass nach den Debatten im Sozialausschuss diese konkreten Punkte, Herr Kalinka, nicht mehr in diesem Antrag sind, weil sie einfach auch dazu beigetragen haben, die Betroffenen zu verunsichern. - Nichts anderes.
Es kommt jetzt zum Ausdruck - was ist dagegen zu sagen, wenn es mit Ihren Worten im Antrag zum Ausdruck kommt? -, dass die Gesellschaft eben eine besondere Verantwortung für Menschen mit Behinderung hat, dass von der Sozialpolitik verlangt wird, dass sie auch zugleich die Verbesserung, die Weiterentwicklung und die Absicherung dieses Leistungssystems ständig im Auge behält. Das ist doch eine Selbstverständlichkeit in der Gesundheitspolitik und das tun wir auf anderen Feldern der Sozialpolitik, nämlich Kostensteigerungen nicht einfach hinzunehmen, sondern natürlich auch für Verbesserungen und Weiterentwicklungen des Systems selbst zu sorgen und darüber unaufgeregt zu diskutieren.
Natürlich, die erheblichen Kostensteigerungen in der Eingliederungshilfe haben den Deutschen Verein für öffentliche und private Fürsorge zu einem dringenden Appell an die politisch Verantwortlichen in Bund und Ländern veranlasst. Das Leistungssystem der Eingliederungshilfe - so die Sorge des Vereins, die ich zitiere - „stößt schon bald an die Grenze seiner Finanzierbarkeit“. Das war die zentrale Aussage.
Die Bundesregierung hat das aufgegriffen und hat in einem Änderungsentwurf zum Sozialhilferecht verbesserte Steuerungsmöglichkeiten der Kostenträger vorgesehen.
Wir wissen auch, in Schleswig-Holstein steigen vor allem die Kosten im Bereich der stationären Hilfen für Menschen mit Behinderung, und dieser Tatbestand ist bei den anstehenden Verhandlungen zum neuen Landesrahmenvertrag besonders zu berücksichtigen.
Zwei Punkte stehen im Vordergrund: Der neue Landesrahmenvertrag sollte stärker als bisher den Menschen mit einer Behinderung oder mit mehreren Behinderungen als eigenverantwortlichen, selbst bestimmten Nachfrager von Leistungen in den Mittelpunkt stellen. Sein individueller Hilfebedarf muss der
Zweitens. Transparente Leistungskomponenten, die dem differenzierten Bedarf der Menschen mit Behinderung entsprechen, müssen künftig die Angebotsstruktur der Einrichtungen bestimmen. Das bedeutet eine weitere Differenzierung der Leistungsangebote über das System der bisherigen Typen von Einrichtungen, die wir haben, hinaus und es bedeutet auch eine Stärkung des Wettbewerbsgedankens, der ja bisher auch schon im Sozialhilferecht verankert ist.
Meine Damen und Herren, die Absicherung einer leistungsfähigen Eingliederungshilfe ist eine Aufgabe von großer gesellschaftlicher Bedeutung. Das ist eigentlich eine solche Selbstverständlichkeit, dass es einem kaum noch über die Lippen kommt. Es ist so und es ist gut so, dass das hier vielleicht auch noch einmal betont wird.
Hier muss der Sozialstaat seiner besonderen Verantwortung gerecht werden. Diese Aufgabe lässt sich aber nicht einfach an der Höhe der eingesetzten staatlichen Mittel messen. Das wäre eine zu einfache Gleichsetzung. Die Gesellschaft muss sich immer wieder fragen, wie effizient denn die Mittel, die der Staat zur Verfügung stellt, die die Steuerzahler zur Verfügung stellen, eingesetzt werden und inwieweit die Menschen dann auch mit diesen Mitteln, die eingesetzt werden, in die Lage versetzt werden, sich selbst zu helfen und an der Gesellschaft auch wirklich teilzuhaben.
Das müssen die Generalziele sein. Man muss immer wieder fragen, inwieweit tragen die Mittel, die Methoden, das Geld, das eingesetzt wird, dazu bei.
Verbände, Kommunen, Landesregierung müssen diese Aufgaben gemeinsam wahrnehmen - nicht gegeneinander. Im Mittelpunkt aller Überlegungen steht gerade in der Sozialpolitik, aber natürlich nicht nur da, der Mensch und hier stehen insbesondere die Menschen mit Behinderung.
Ich finde, die vorgelegte Beschlussempfehlung, Herr Kalinka, unterstreicht den herausgehobenen Stellenwert, den die Behindertenpolitik genießt. Dafür danke ich.
Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Ich schließe die Beratung. Es ist Abstimmung in der Sache beantragt worden. Wer dem Antrag entsprechend dem Bericht und der Beschlussempfehlung des Sozialausschusses, wie von dem Herrn Vorsitzenden Beran vorgetragen, Drucksache 15/2639 (neu), seine Zustimmung geben will, den darf ich um sein Handzeichen bitten. - Gegenprobe! - Stimmenthaltungen? - Der Antrag Drucksache 15/2639 (neu) ist mit den Stimmen von SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SSW und FDP bei Enthaltung der CDU angenommen worden.
Wir haben es jetzt 12:55 Uhr. Wir werden deshalb vor der Mittagspause noch einige Tagesordnungspunkte ohne Aussprache aufrufen.