Protokoll der Sitzung vom 12.11.2003

Träumer. Sie kürzen den Beamtinnen und Beamten die realen Einkommen. Dieser Gesetzentwurf enthält keinerlei Perspektive für die Betroffenen. Er ist weder zeitlich begrenzt noch sieht er eine Dynamisierung der verbleibenden Beträge vor, im Gegenteil, die Festschreibung der Berechnungsgrundlage auf die Beträge von 2002 bedeutet faktisch weitere Kürzungen in den kommenden Jahren. Ihr Hinweis, dass auch Bundesländer mit CDU-Mehrheiten diesen Weg gehen, macht Ihr Verhalten nicht besser. Hier gibt es unterschiedliche Regelungen in unterschiedlichster Ausprägung. Die Anhörung am letzten Mittwoch hat doch deutlich gemacht, dass es auch in unserem Land Bereitschaft gab, in Gesprächen Lösungen zu finden, die, wenn auch nicht mit Begeisterung, letztlich akzeptiert worden wären. Diese Chance haben Sie verspielt. Der Gesetzentwurf der CDU, der leider im Finanzausschuss keine Mehrheit gefunden hat, hätte finanzielle Sicherheit für die Bediensteten gebracht.

Frau Abgeordnete, kommen Sie bitte zum Schluss.

Ich komme sofort zum Schluss, Herr Präsident.

Eine moderate Absenkung der Beträge, über die wir verhandeln wollten, und eine Verteilung auf zwölf Monate, damit wäre das Weihnachtsgeld das, was es wirklich ist, ein fester Bestandteil des Einkommens und hätte an den Einkommenssteigerungen der nächsten Jahre teilgenommen. Es wäre - und das ist fast das Wichtigste - der jährlich wiederkehrenden Beliebigkeit und Begehrlichkeit des Finanzministers entzogen.

Meine Damen und Herren, geben Sie den Beamtinnen und Beamten Verlässlichkeit und Vertrauen, stimmen Sie gegen diesen unsäglichen Gesetzentwurf so wie CDU und FDP.

(Beifall bei CDU und FDP)

Ich erteile Herrn Abgeordneten Kubicki das Wort.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir kommen heute zu einem der traurigsten Kapitel der schleswig-holsteinischen Landesgeschichte, von dem ich nie geglaubt hätte, dass ausgerechnet Sozialdemokraten dieses schreiben.

Bevor ich zu meinem Redebeitrag komme, möchte ich ein Wort zu unserem Westentaschen-Fouché sagen, weil ich vorhin nicht darauf erwidern durfte.

Herr Finanzminister, ich habe bisher nicht geglaubt, dass Sie so tief in die Trickkiste der Diffamierung greifen müssen. Es muss Ihnen ziemlich schlecht gehen. Sie sollten damit aufhören, weil sonst die Menschen draußen nicht mehr glauben, dass Sie in Harvard waren, sie werden sonst glauben, Sie waren auf der Parteihochschule in Moskau.

(Beifall bei der FDP)

Seit drei Jahren befindet sich die Bundesrepublik Deutschland in einer wirtschaftlichen Stagnation. Kein anderes Land der Welt bietet Vergleichbares wie die seit 15 Jahren regierenden Sozialdemokraten und zuletzt auch die Grünen in Schleswig-Holstein. Die finanzpolitische Sprecherin der Grünen, Monika Heinold, stellt fest, das Land sei pleite. Das muss auch etwas mit der Politik dieser rot-grünen Regierung zu tun haben. Weil das Land pleite ist, weil es heruntergewirtschaftet wurde, sollen nun die Mitarbeiter des öffentlichen Dienstes bluten. Mit ihnen wird nicht geredet, nicht verhandelt, sondern es wird angeordnet, allen Leitbildern zum Trotz. Beamte bekommen ja keinen Lohn, sondern haben zu dienen, so die Auffassung des Landesfinanzministers. Übrigens wäre es schön gewesen, Sie wären bei der Anhörung dabei gewesen. dann würden Sie ein paar dieser Stereotypen nicht wiederholen, die Sie gerade gebraucht haben.

(Vereinzelter Beifall bei der FDP)

Bevor Claus Möller Vorsitzender des „Gedenkvereins Sozialromantik“ wurde, fand er es als NochFinanzminister sozial gerecht, den Beamten Urlaubs- und Weihnachtsgeld zu kürzen. Jetzt ist er Vorsitzender der Nord-SPD und ihm fehlt der rote Faden der sozialen Gerechtigkeit in der rot-grünen Bundespolitik. Noch-Finanzminister Dr. Stegner hat das Projekt „Keine Rücksicht auf Beamte“ sogar zu seinem persönlichen Schwerpunkt erhoben. Er behauptet gar nicht mehr, die Kürzungen seien sozial gerecht; diese Differenzierung ist unter seiner Würde. Er erklärt, er brauche einfach das Geld für seinen Haushalt, 38 Millionen in diesem und im nächsten Jahr. Ich sage Ihnen, Gehaltskürzungen bei Beamten sind der falsche Weg, um den Haushalt zu sanieren. Das Land sollte weniger Aufgaben mit weniger Personal ordentlich erfüllen und die Mitarbeiter dafür ordentlich bezahlen.

(Beifall bei FDP und CDU)

Das Land sollte endlich die Wachstumsfesseln entfernen, die uns ständig insbesondere durch den Umweltminister und seine Umweltverwaltung angelegt werden, wie der sozialdemokratische Bürgermeister der Stadt Lübeck, Saxe, uns allen ja noch bekannt,

(Wolfgang Kubicki)

Ihnen gerade wieder ins Stammbuch geschrieben hat. Wer Wachstum verhindert, wer mit seiner Politik Arbeitsplätze gefährdet, wer in falschen Bereichen Geld ausgibt und wer Landesvermögen nicht zum bestmöglichen Preis veräußert - allein hier sind 1,7 Milliarden € in den letzten zehn Jahren als Verlust zu beklagen -, der wird aufgrund weiter sinkender Steuereinnahmen weiter kürzen müssen. Herr Finanzminister, Sie sollten nur die Wertgutachten, die Sie selbst haben erstellen lassen, in Vergleich zu den erzielten Preisen setzen, dann stellen Sie fest, welcher Schaden dem Land entstanden ist.

(Vereinzelter Beifall bei der FDP)

Aber die Mitarbeiter des öffentlichen Dienstes müssen dafür bezahlen. Auch sie leiden unter schwachem Wachstum, hohen Abgaben, hohen Staatsschulden und unsicherer Altersversorgung. Allein vor Arbeitslosigkeit sind sie geschützt, aber dieses Argument wurde schon so oft für relative Kürzungen genutzt, dass es jetzt bei den absoluten Kürzungen nicht mehr zieht.

(Beifall bei der FDP)

In der Steuerverwaltung arbeiten viele Beamte der unteren Gehaltsstufen des mittleren Dienstes an Aufgaben mit viel höherer Dotierung ohne Aussicht auf Beförderung. Gleichzeitig entwirft die Landesregierung ein Gesetz nach dem anderen, das den Finanzbeamten mehr Arbeit aufbürdet, dafür sollen sie jetzt weniger Geld bekommen. Ich frage die Sozialdemokraten: Ist das gerecht?

Alle Fraktionen sind für die zweigeteilte Laufbahn bei der Polizei, auch Rot-Grün. Die Wirklichkeit sieht anders aus. Viele Polizisten des mittleren Dienstes können ihren Kindern mit ihrem Beamtengehalt keinen durchschnittlichen Lebensstandard mehr bieten. Das geht nur mit einem Zweitjob. Und jetzt sollen sie noch weniger Geld bekommen. Ich frage die Sozialdemokraten: Ist das gerecht?

Wir halten dies alles für falsch, wir halten es für ungerecht, wir halten die Art und Weise des Vorgehens der Landesregierung für unfair. Wir lehnen die Gehaltskürzungen, und dazu zählt für uns auch die Kürzung des Weihnachtsgeldes, in der von der Landesregierung betriebenen Form ab. Wir haben vorgeschlagen, wie es anders gehen kann. Unsere Haushaltsanträge hierzu liegen vor.

Viele Sozialdemokraten haben in der Vergangenheit auf Unternehmen geschimpft, die angeblich ihre Beschäftigten sozial ungerecht ausbeuten. Sie mögen jetzt ans Pult treten und ihre Kritik gegenüber dieser sozialdemokratischen Landesregierung wiederholen -

das stünde ihnen gut zu Gesicht - oder sie sollten für immer schweigen.

(Beifall bei FDP und CDU)

Wir bitten Sie, lehnen Sie mit uns diesen Gesetzentwurf ab, stimmen Sie wenigstens den Änderungsanträgen des SSW zu, damit unter dem Weihnachtsbaum nicht so manches Kind enttäuscht werden muss.

(Oh-Rufe bei der SPD)

Wir bitten Sie schließlich, den Reden Taten folgen zu lassen, wonach starke Schultern mehr tragen müssen als schwache. Streichen Sie die Sonderregelung im Ministergesetz, wonach Minister gleich den Beamten Sonderzahlungen erhalten, obwohl sie weder Beamte sind noch für das Wohl des Landes SchleswigHolstein mehr Arbeitskraft aufwenden als die Abgeordneten dieses Landtages, die auch kein Weihnachtsgeld erhalten. Dies ist, gemessen am Versagen von Rot-Grün, zwar nur ein symbolischer Beitrag, aber es ist ein wichtiger Beitrag zur Ehrlichkeit in der politischen Debatte. Wir beantragen hierzu gemeinsam mit der Union eine namentliche Abstimmung. Wir wollen sehen, wie Sie rechtfertigen wollen, dass der Ministerpräsidentin und den Ministern 6.000 € und mehr Weihnachtsgeld ausgezahlt werden, während Sie bei den Beamtinnen und Beamten bis hin zum gehobenen Dienst die letzten frei verfügbaren Beträge wegkürzen. Die Streichung gilt selbstverständlich, da können Sie sicher sein, das sage ich schon, falls es da Zwischenrufe geben sollte oder Beiträge zum Populismus, über das Jahr 2005, das Jahr Ihrer Abwahl, hinaus.

Die Gewerkschaften des öffentlichen Dienstes haben es Ihnen anlässlich der Anhörung ins Stammbuch geschrieben: Sie sind auf dem falschen Weg. Ändern Sie Ihren Kurs, sorgen Sie wieder für mehr Vertrauen, sorgen Sie für eine Politik, die wirtschaftliches Wachstum ermöglicht, auch durch hoch motivierte, leistungsbereite und leistungsfähige Mitarbeiter der öffentlichen Dienstes, dann werden auch die öffentlichen Finanzen wieder gesunden, deren jetzige Krankheit Sie durch Ihre verfehlte Politik der Vergangenheit verursacht haben.

(Beifall bei der FDP)

Ich erteile der Abgeordneten Frau Heinold das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Ergebnisse der Steuerschätzung - wir haben es eben diskutiert - machen deutlich, dass die öffentliche

(Monika Heinold)

Hand weitere drastische strukturelle Sparmaßnahmen einleiten muss. Die Bundesländer reagieren in dieser Situation sehr unterschiedlich, um vor allem die hohen Personalkosten zu reduzieren. Bayern führt die 42-Stunden-Woche im öffentlichen Dienst ein und will aus der Tarifgemeinschaft der Länder aussteigen. Mecklenburg-Vorpommern schließt betriebsbedingte Kündigungen nicht mehr aus, und auch Berlin hat finanzielle Einbußen und Mehrarbeit für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter beschlossen. Einig bei dieser Unterschiedlichkeit sind sich alle Bundesländer aber in einem: Weihnachts- und Urlaubsgeld müssen zukünftig für Beamte gekürzt werden, um die Personalausgaben zu begrenzen. Wenn die CDU in Schleswig-Holstein nun von einem unsozialen Willkürakt spricht - so die letzte Pressemitteilung -, so hätte sie die Pflicht gehabt, innerhalb ihrer eigenen Partei darauf hinzuwirken, dass die CDUMinisterpräsidenten in den anderen Bundesländern von solch einer unsozialen Tat absehen. Das wäre Ihre Aufgabe gewesen!

(Zurufe der Abgeordneten Dr. Heiner Garg [FDP] und Wolfgang Kubicki [FDP])

Ich gehe aber davon aus, dass die schleswig-holsteinische CDU dies nicht einmal annähernd versucht hat, weil sie genau weiß, dass sie sich damit bundesweit blamiert hätte.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Genauso populistisch war die pauschale Aussage der CDU im Finanzausschuss, Beamte würden in Schleswig-Holstein nicht leistungsgerecht bezahlt. Dieses steht im krassen Widerspruch zu den bisherigen Hauhaltsvorschlägen der CDU, bei denen im Personalbereich immer pauschal gestrichen wurde.

Zur FDP möchte ich nur soviel sagen: Die Kommentare in den überregionalen Zeitungen der letzten Tage und Wochen zur Situation der FDP finden in Schleswig-Holstein ihre krasse Bestätigung. Da wird von Beliebigkeit gesprochen, von notorischen Meckerern, von Querschüssen, um überhaupt in den Medien wahrgenommen zu werden, und von abgedroschenen geifernden Sprüchen. Der Parteienforscher Walter spricht von einem „Club der Individualisten, der verwirrt ist und vor sich hinwabert“. Dieses Markenzeichen der FDP bestätigt sich auch in der heutigen Debatte. Als Beispiele nenne ich die Stichworte Tannenbaum und Weihnachtsgeschenke. Hier argumentiert die FDP mit knallharter Verlogenheit und ignoriert schlicht, dass in allen Ländern, in denen sie selbst Regierungsverantwortung trägt, beim Weihnachts- und Urlaubsgeld ungerechter und unsozialer vorgegangen wird als in Schleswig-Holstein.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SPD - Dr. Heiner Garg [FDP]: Frau Heinold, das tut Ihnen richtig weh!)

Die schleswig-holsteinische Lösung ist vertretbar. Einschließlich der Gehaltsstufe A 10 wird es auch zukünftig Urlaubsgeld geben. Das Weihnachtsgeld wird - wie geschildert - gestaffelt, damit Beamte mit einem geringen Gehalt prozentual mehr Weihnachtsgeld erhalten.

(Dr. Heiner Garg [FDP]: Es wird gekürzt!)

Die Beratungen in unserer Fraktion und in den Fachausschüssen haben gezeigt, dass die jetzt gefundene Regelung die sozialste aller Bundesländer ist und dass sie mit hoher Wahrscheinlichkeit auch rechtssicher ist, da sie das Lohnabstandsgebot weitestgehend beachtet. Um das Beamtenrecht zu modernisieren, fehlt Ihnen immer der Mut, sonst könnte man solche Dinge rausnehmen.

Deshalb werden wir dem heutigen Gesetzentwurf zustimmen, auch wenn wir zwischendurch durchaus Sympathien für einen Vorschlag hatten, der innerhalb einer Gruppe des Beamtenbundes entwickelt worden ist. Meiner Fraktion ist bewusst, dass jede finanzielle Einbuße - gerade für Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im unteren und mittleren Einkommensbereich - zu spürbaren und teilweise zu schmerzlichen finanziellen Verlusten führt. Uns fällt der heutige Schritt nicht leicht. Es wäre uns deutlich lieber, wenn wir alles beim Alten lassen könnten. Als regierungstragende Fraktion müssen wir aber auch schwierige Entscheidungen fällen, um den Landeshaushalt strukturell zu entlasten. Wir können nicht - wie die Opposition - nur auf dem Papier sparen.

Wer der Bevölkerung vorgaukelt, man könne diese 38 Millionen € jährlich im Landeshaushalt sparen, ohne dass es weh tut und ohne dass es Betroffene gibt, der kennt entweder den Landeshaushalt nicht oder will die Realität nicht akzeptieren. Oder aber - und das wäre am allerschlimmsten - er will wider besseres Wissen mit plattem Populismus Wählerstimmen sichern. Der vorgelegte Gesetzentwurf ist eine notwendige strukturelle Sparmaßnahme. Wir werden ihm zustimmen.

Eine letzte Bemerkung noch zur CDU. Ich war etwas irritiert über die Aussage von Frau Schwalm zu dem Unterschied zwischen Beamten und Angestellten und über die Aussage, dass die Schere zwischen beiden immer weiter auseinander klaffen würde. Ich erinnere mich sehr genau an die Debatte, die wir um Angestellte und Beamte geführt haben. In dieser Debatte haben wir festgestellt, dass durch die extremen Steigerungen der Lohnnebenkosten inzwischen Ange

(Monika Heinold)

stellte in vergleichbarer Position netto weniger verdienen als Beamte. Das war ein Argument von Ihnen, um Lehrerinnen und Lehrer zukünftig zu verbeamten. Da war in den unteren Bereichen netto von damals 1.000 DM monatlich die Rede.

(Glocke des Präsidenten)