Wir danken dem Kollegen Jürgen Weber. - Ich erteile für die FDP-Fraktion dem Herrn Abgeordneten Dr. Ekkehard Klug das Wort.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Vorab ein Wort des Trostes an Frau Ministerin ErdsiekRave: Auch der Fraktionsvorsitzende der FDP hat mit so komplizierten Bedienungsanleitungen seine liebe Not.
Nun zu den Anreizbudgets! Das ist wirklich etwas Schönes. Die Begründung für die Einführung solcher Anreizbudgets für Hochschulen ist schon geliefert worden. Allerdings ist bei der Realisierung einiges zu bedenken; auch das ist zum Teil schon angesprochen worden.
Man muss sich darüber im Klaren sein, dass sich Anreizbudgets idealerweise für Bundesländer eignen, in denen mehrere Hochschulen mit einer gleichartigen Angebotspalette nebeneinander existieren. Dann kann man nämlich auf diese Weise sehr schön zwischen den Hochschulen ein und desselben Bundeslandes mit ähnlichem Angebotsbereich einen Leistungswettbewerb organisieren. Schwieriger wird es in einem Land wie Schleswig-Holstein mit einer sehr heterogenen Hochschulstruktur, in einem Land, in dem es in den vergangenen Jahren erklärte politische Absicht war, Doppelangebote abzubauen oder zumindest einzuschränken, in dem es Hochschulen gibt, die auch von ihrer historischen Entwicklung her sehr unterschiedliche Startbedingungen haben. Das Beispiel der Uni Flensburg mit einem weitgehend fehlenden Mittelbau, was es schwierig macht, bundesweit mit Universitäten konkurrieren zu müssen und sich an bundesweiten Durchschnittswerten messen lassen zu sollen, ist schon erwähnt worden. Das ist nicht ganz einfach. Außerdem ergibt sich aus der Systematik dieser Anreizbudgets das Problem, dass sie naturgemäß mehr auf quantitative Kriterien abheben und dass qualitative Kriterien dabei leicht unter die Räder geraten.
Wenn man zum Beispiel die Zahl der Abschlüsse an einer Hochschule zu einem Kriterium bei der Bemessung von Anreizbudgets macht, dann schafft man möglicherweise für Hochschulen den Anreiz, mög
lichst viele Studierende bis zu einem Abschluss durchzuschleusen, um damit ihre Kennziffern zu erhöhen. Das ist zumindest als Risiko im Blick zu behalten.
Früher, im real existierenden Sozialismus, hat man eine solche Orientierung an quantitativen Kriterien unter dem Begriff der Tonnenideologie abgehandelt. Ich kann mich noch gut an Reisen in die verflossene Sowjetunion erinnern, an Stadtrundfahrten, bei denen die Reiseleiterin reihenweise Meldungen wie diese hatte: Vor der Revolution war diese Straße acht Meter breit; jetzt ist sie zwölf Meter breit. Spätestens beim dritten Beispiel brach die gesamte Busbesatzung in frenetischen Jubel aus, sehr zur Irritation der Reiseleiterin.
Diese Orientierung an quantitativen Faktoren ist also nicht ganz unproblematisch. Deshalb und auch wegen der Punkte, die beispielsweise Jürgen Weber vorhin angesprochen hat, möchte ich darum bitten, diesen Antrag noch einmal dem Bildungsausschuss zu überweisen, um einige Probleme, die sich hieraus ergeben, dort zu diskutieren.
Ich danke dem Herrn Abgeordneten Dr. Klug und erteile für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN dem Herrn Abgeordneten Karl-Martin Hentschel das Wort.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich freue mich über den vorliegenden Antrag aus zweierlei Gründen. Zum einen haben wir uns schon bei der Verabschiedung des Hochschulgesetzes und bei der Verabschiedung der Eckwerte für die Zielvereinbarungen der Hochschulen dafür eingesetzt, dass eine Leistungskomponente bei der Hochschulfinanzierung eingeführt wird. Ich freue mich sehr, dass der neue Minister dieses Thema so schnell aufgegriffen hat und uns nun eine entsprechende Vorlage vorliegt.
Zweitens. Ich habe damals auch Wert darauf gelegt, dass diese Eckwerte im Parlament verabschiedet werden. Ich finde es gut, dass man, wenn man schon sehr viel Autonomie an die Hochschulen gibt, das Parlament bei der Diskussion um Eckwerte einbindet und dass das Parlament auch tatsächlich einen Beschluss fassen muss. Ich meine, das ist im Rahmen eines parlamentarischen Systems vorbildlich, und ich freue
Zu den einzelnen Eckwerten, wie sie vorgelegt worden sind, gibt es sicherlich noch viel zu sagen. Deswegen glaube ich, dass es gut ist, wenn wir die Vorlage im Ausschuss beraten. Vier Punkte möchte ich hier anmerken.
Erstens. Die Drittmitteleinwerbung. Dazu ist schon etwas gesagt worden. Natürlich ist die Möglichkeit, Drittmittel einzuwerben, sehr fächerspezifisch. Es gibt Fächer, in denen es leichter ist, Drittmittel einzuwerben, zum Beispiel naturwissenschaftliche Fächer. Auch für die Medizin gilt dies. Von daher schlägt meine Fraktion vor, die Einwerbung von Drittmitteln als Kriterium vorzusehen, dieses Kriterium aber an bundesweiten Durchschnittswerten zu messen und es fachspezifisch unterschiedlich zu handhaben.
Zweitens. Regelstudienzeiten. Aus unserer Sich ist es nicht einsehbar, wieso dieses Kriterium nur für Fachhochschulen gilt. Die Frage der Einhaltung von Regelstudienzeiten hängt ganz entschieden mit der Studienorganisation zusammen. Wenn bestimmte Praktika, bestimmte Veranstaltungen in bestimmten Jahren seitens der Hochschulen nicht angeboten werden und dies zu einer Verlängerung der Studienzeiten führt, so liegt dies in der Verantwortung der Hochschule. Ich finde, die Berücksichtigung der Einhaltung von Regelstudienzeiten muss auch ein Kriterium für die Universitäten sein. Dabei kann keine Ausnahme gemacht werden und das darf nicht auf die Fachhochschulen beschränkt bleiben.
Drittens. Wenn wir die Regelstudienzeiten zum Kriterium machen und wenn wir gleichzeitig auf Bachelor- und Master-Abschlüsse umsteigen, dann müssen wir einen zusätzlichen Punkt aufnehmen, nämlich die Teilzeitstudiengänge. Mir geht es dabei insbesondere um das, was wir ja alle in den letzten Jahren diskutieren, nämlich darum, dass wir mehr Kinder brauchen in unserer Gesellschaft.
Bekanntlich besteht die Tendenz, dass Akademikerinnen zunehmend keine Kinder mehr bekommen. Die Entscheidung wird häufig bis nach dem Studium aufgeschoben; dann aber kommt der Eintritt in die Arbeitswelt und dann wird es noch einmal hinausgeschoben. Mittlerweile gibt es eine breit geführte Diskussion darüber, junge Menschen und gerade Akademikerinnen zu ermutigen, frühzeitiger Kinder zu bekommen. Wenn man das tatsächlich will, dann muss man das gerade bei der Umstellung auf Bachelor- und Master-Studiengänge berücksichtigen. Sonst bekommen wir die Situation, dass dieses Ziel mit der Straffung und Strukturierung der Studiengänge kon
terkariert wird. Von daher glaube ich, dass die Frage des Anteils und des Erfolgs von Studentinnen mit Kindern auch ein entscheidendes Kriterium für die Hochschulen sein muss. Sonst erreichen wir mit der Berücksichtigung der Regelstudienzeiten genau das Gegenteil.
Mit dem vierten Punkt, den ich nenne, möchte ich mich dem Kollegen Weber anschließen. Es ist völlig richtig, dass bei der Bewertung von Lehrveranstaltungen auch die Studenten befragt werden müssen. Dieser Standard, der lange diskutiert worden ist, breitet sich zunehmend aus und ist im Ausland mittlerweile häufig selbstverständlich. Ich verstehe nicht, warum dieser Punkt hier fehlt. Ich glaube, dass dies ein ausgesprochen gutes Qualitätskriterium ist, und ich bin auch der Überzeugung, dass die Studenten sehr wohl qualitativ beurteilen werden und die Professoren gut beurteilen, die die entsprechende Qualität bieten, und dass es hierbei nicht nach Opportunitätsgesichtspunkten geht. Das zeigen auch alle Erfahrungen mit solchen Bewertungen. Deswegen plädiere ich unbedingt dafür, die Bewertung von Lehrveranstaltungen durch Studenten mit in die Kriterien aufzunehmen.
Meine Damen und Herren, ich kann mir gut vorstellen, dass wir im Bildungsausschuss nach gemeinsamer Diskussion mit den Hochschulen zu einem breiten Konsens über die Eckwerte für das Anreizbudget kommen können, und beantrage deswegen ebenfalls die Überweisung des vorliegenden Antrages in den Bildungsausschuss.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Lieber Kollege Herbst, der von Ihnen genannte Fehler ist schon längst in einer neuen Pressemitteilung korrigiert worden.
Doch jetzt zum Antrag, wobei ich in Klammern bemerke, dass ich mich überhaupt nicht daran erinnern kann, dass wir schon jemals einen solchen Regierungsantrag im Landtag debattiert haben. Es ist möglich, aber das ist aus meiner Erfahrung ein Novum.
- Ja, liebe Frau Ministerin, ich weiß, dass es vorgesehen ist. Dennoch kann ich mich nicht daran erinnern, dass es schon einmal geschehen ist.
Aber das ist jetzt nicht wichtig. Wichtig ist, dass die Landesregierung einen solchen Antrag vorgelegt hat, in dem sie um Zustimmung des Landtages für das Anreizbudget der Hochschulen bittet. Ich denke, dass diese Änderung der Hochschulfinanzierung unbedingt nachgebessert werden muss, denn sie ist zum Nachteil der Hochschulen im nördlichen Landesteil.
Dabei möchte ich noch einmal deutlich machen: Regionalpolitik, Hochschulpolitik und Wissenschaftspolitik hängen zusammen. Man kann das nicht aufteilen. Denn durch die Hochschulpolitik und durch die Wissenschaftspolitik wird die Wirtschaftskraft einer Region gestärkt, die Attraktivität gestärkt und das kommt letztlich dem ganzen Land zugute.
Wer die beiden Hochschulen in Flensburg kennt, weiß, dass sie in den letzten Jahren enorme Zuwächse bei der Zahl der Studierenden erreicht haben. An der Fachhochschule hat man geradezu auf Wachstum gesetzt, indem die Fachhochschule gezielt attraktiver gemacht worden ist. Das wird jetzt mittels Anreizbudget bestraft. Ähnlich ergeht es der Universität Flensburg, die seit 12 Jahren kontinuierlich 10 % Studierende mehr einschreibt. Sie hat sich dafür eingesetzt, die Absolventenzahlen im zeitlichen Verlauf zu bewerten, das wurde aber nicht berücksichtigt, genauso wie die Kritik der Erichsen-Kommission an der notorischen Unterfinanzierung im Bereich der Grundfinanzierung, was die Universität Flensburg betrifft. Kommt jetzt noch die Streichung von umgerechnet drei Professorenstellen via Leistungsfinanzierung hinzu, ist die Belastungsgrenze wirklich überschritten.
Das, was die Landesregierung vorlegt, ist keine Leistungsfinanzierung, sondern wird nur so genannt. Soll heißen: Das Anreizbudget stellt die Fachhochschule Flensburg und die Universität Flensburg gegenüber den anderen Hochschulen im Land wesentlich schlechter. Dabei hat die Fachhochschule gerade den Maschinenbau von der Fachhochschule in Heide erfolgreich integriert; Herr Kollege Weber sprach es schon indirekt an. Das scheint aber nicht zu zählen.
In der einen Debatte werden die Bemühungen der Universität zur Reform des Lehramtsstudiums gelobt, weil die Uni die Vorgaben aus dem Bologna-Prozess weitgehend umgesetzt hat. In der anderen Debatte - nämlich in dieser - werden wir genau dieselbe Universität, die sich durch ihr Spezialangebot europaweit auszeichnet, bestrafen.
Es geht mir nicht darum, mich nur für einen einzigen Standort auszusprechen, aber die Hochschulen in Flensburg kenne ich nun einmal sehr gut. Wo außerhalb Spaniens kann man Wirtschaftswissenschaften auf Spanisch studieren?
Und welche Fachhochschule hat als erste die OnlineBewerbung möglich gemacht? - Das war - Sie erraten es schon - die Fachhochschule Flensburg.
Ich könnte die Liste fortführen: grenzüberschreitender Studiengang, Friesisch-Professur, innovative Zusammenarbeit mit der Wirtschaft und so weiter. Es gibt eine Reihe an Beispielen dafür, dass wir wirklich sehr viel bewegt haben. Diese Tatsachen ignorieren die von der Landesregierung vorgelegten Eckwerte durchweg.
Im Gegenteil, Sie bestrafen sogar die Individualität der ehemaligen Pädagogischen Hochschule Flensburg, die aufgrund ihrer Ausrichtung niemals so viele Promotionen vorweisen kann wie eine alteingesessene Volluniversität. Aber trotzdem wird die Zahl der Promotionen pro Professor über alle Universitäten mit 10 % gewichtet. Das ist schlichtweg unfair.
Im Haushaltsentwurf muss Flensburg als Hochschulstandort den größten Beitrag zur Kostendämpfung leisten: Ingesamt sind das 285.000 €. An den Hochschulen konnte man mir nicht erklären, wie diese Summen, nämlich 144.000 € für die Uni und 240.000 € - also die faktische Halbierung des Anreizbudgets für die Fachhochschule -, zustande gekommen sind.
Die Kürzungen seien nicht nachvollziehbar, sagen alle, die sich damit befasst haben. Da wird doch nicht etwa langsam - das ist die Frage, die sich uns stellt - eine Umverteilung von den neuen zu den alten Hochschulstandorten betrieben? - Der Verdacht - denke ich - ist nicht von der Hand zu weisen: Denn unter dem Strich wird nur umverteilt; es kommt zu keiner Erhöhung, es ist ein Nullsummenspiel.
Ich kann verstehen, dass große Universitäten, die den Rankingvergleich mit Heidelberg oder München nicht zu scheuen brauchen, adäquat gefördert werden wollen. Das darf aber keinesfalls zulasten der neuen Hochschulen gehen. Dann können wir aufhören, über die Hochschulpolitik überhaupt noch zu debattieren.