Immanuel Kant hat einmal gesagt: „Der Mann ist leicht zu erforschen, die Frau verrät ihr Geheimnis nicht.“ Das Geheimnis, das hinter dem FDP-Antrag steckt, verrät allerdings schon ein Blick auf die Zusammensetzung Ihrer Fraktion, meine sehr verehrten Herren.
Mit praktischer Vernunft - um bei Kant zu bleiben - hat das nun überhaupt nichts zu tun, was die FDP will. Denn für die Gewährleistung einer kontinuierlichen Gleichstellungsarbeit in den Kommunen ist der Vorstoß der Fraktion der FDP in keiner Weise geeignet. Das wäre ein Rückfall in die gleichstellungspolitische Steinzeit.
Organisatorische Vorgaben des Landes für die Bestellung von Gleichstellungsbeauftragten halte ich nach wie vor für notwendig, um die Zukunft der Gleichstellungsarbeit zu gewährleisten.
Schließlich noch ein Wort zu den Gleichstellungsbeauftragten, die derzeit in den Kommunen mit 10.000 bis 15.000 Einwohnerinnen und Einwohnern beschäf
tigt sind. Hier ist zum einen anzumerken, dass die geplante Neuregelung den Verwaltungsakt der Bestellung der hauptamtlichen Gleichstellungsbeauftragten nicht berührt. Diese kann nur unter den gesetzlichen Abberufungsvorschriften widerrufen werden. Zum anderen bin ich mit der Frau Kollegin Frauenministerin, der Kollegin Erdsiek-Rave, der Auffassung, dass es sachgerecht ist, wenn wir im Entwurf des ersten Verwaltungsstrukturreformgesetzes ein Übergangsmandat für die betroffenen Amtsinhaberinnen bis Ende 2006 regeln, so wie die Landesregierung das gestern konsequenterweise und folgerichtig beschlossen hat.
Vielen Dank, Herr Minister. - Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Es ist beantragt worden, den Gesetzentwurf Drucksache 16/106 (neu) - 2. Fassung - sowie den Änderungsantrag der Fraktion der FDP, Drucksache 16/127, dem Innen- und Rechtsausschuss zu überweisen. Wer so beschließen will, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Damit ist dieser Antrag einstimmig an den Innen- und Rechtsausschuss überwiesen worden.
Revisionsklausel gemäß Artikel 7 Landesausführungsgesetz zum SGB II/Sozialstaffelregelung im Kindertagesstättengesetz
Da mit diesem Antrag in dieser Tagung ein mündlicher Bericht erbeten wird, bitte ich, zunächst über den Berichtsantrag abzustimmen. Wer dem Berichtsantrag zustimmt, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Damit ist der Berichtsantrag angenommen.
Ich darf nunmehr der Ministerin für Bildung und Frauen, Frau Ute Erdsiek-Rave, für die Landesregierung das Wort erteilen.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! In keinem Bildungsbereich hat sich in den letzten zehn, 15 Jahren so viel bewegt wie im Kindertagesstättenbereich. 30.000 Kindergartenplätze wurden geschaffen, der Rechtsanspruch auf einen Kita-Platz landesweit eingelöst. Wir haben uns auf bildungspolitische
Leitlinien verständigt. In der Novelle des KitaGesetzes werden die Elternrechte gestärkt und der Übergang Kita/Grundschule geregelt.
Es gibt keinen Bildungsbereich, in dem die Finanzierungsanteile des Landes derart gestiegen sind; waren es 1988 noch 700.000 €, so sind es inzwischen 60 Millionen €. Mittlerweile besuchen etwa 95 % der drei- bis sechsjährigen Kinder eine Kindertageseinrichtung. Mit dem Tagesbetreuungsausbaugesetz, dem TAG, soll jetzt das Angebot für Kinder unter drei Jahren und für schulpflichtige Kinder ausgeweitet werden.
Wir haben immer gesagt, dass wir großen Wert darauf legen, dass möglichst alle Kinder eine Kindertageseinrichtung besuchen können und dass der Kitabesuch vor allem nicht an zu hohen Teilnahmebeiträgen scheitert. Deshalb haben wir bei der Verabschiedung des Landesausführungsgesetzes zum SGB II mit der Regelung zur Sozialstaffelermäßigung zwar den Kommunen einen Spielraum eingeräumt, zugleich aber auch eine Revisionsklausel vorgesehen. Nach Inkrafttreten zum 1. Januar 2005 hatten zwei Kreise die Elternbeiträge für einkommensschwache Familien deutlich angehoben. Sie haben dies inzwischen aber wieder zurückgenommen.
Wir haben aufgrund der Revisionsklausel bei allen Kreisen und kreisfreien Städten eine Umfrage durchgeführt. Über die Ergebnisse kann ich Folgendes berichten: Die zwei Kreise, die zum 1. Januar 2005 von der 85-%-Regelung Gebrauch gemacht hatten, haben sie zum 1. August 2005 wieder rückgängig gemacht, weil zu viele einkommensschwache Eltern finanziell schlechter gestellt worden wären. Hier wurde die prozentuale Ermäßigung für Eltern mit geringem Einkommen maßvoll gesenkt und daneben ein Mindestbeitrag eingeführt. Nur sieben der Kreise und kreisfreien Städte machen von der 85-%Regelung Gebrauch. Das bedeutet, dass sie ihre Sozialstaffelregelungen dahingehend geändert haben, bei der Berechnung der Einkommensgrenzen nur 85 % der Regelsätze anzuerkennen.
Eine präzise Überprüfung der Auswirkungen der 85%-Regelung bis zum 30. Juni 2005 ist aus folgenden Gründen nicht - beziehungsweise noch nicht - umfassend möglich: In den meisten Kreisen wurden die Bescheide bis zum Ende des Kindergartenjahres 2005 - also bis zum Juli - befristet. Deshalb konnten zum Zeitpunkt unserer Abfrage im August noch keine umfassenden Aussagen über Abmeldungen, Eingaben oder Beschwerden getroffen werden.
Fragen zu den Einkommensgrenzen für den Anspruch auf Sozialstaffelermäßigung können auch nicht mit einem absoluten Betrag beantwortet werden, weil bei
der Berechnung verschiedene persönliche Faktoren in den Familien wie Unterkunftskosten, Fahrtkosten zur Arbeit, Versicherungen und so weiter zu berücksichtigen sind. Es gibt also keinen absoluten Betrag, den man nennen kann.
Derzeit ist vonseiten der Kreise nicht absehbar, wie hoch die Erstattungen der durch die Sozialstaffelregelung bedingten Einnahmeausfälle für die Jahre 2004 und 2005 sein werden. Es wird aber in den meisten Kreisen erwartet, dass die Ausgaben für die Sozialstaffel 2005 über denen des Jahres 2004 liegen werden. In 2004 lag dieser Wert für 14 Kreise und kreisfreie Städte bei 25,8 Millionen €. Für eine kreisfreie Stadt ist der Betrag wegen einer gesonderten Finanzierungsform nicht genau feststellbar.
Änderungen werden aber auch nicht allein durch die 85-%-Regelung hervorgerufen. Andere Faktoren wie Abmeldung wegen Umzug, Einschulung, neue Ermäßigungsfälle durch Verdienständerungen, Arbeitslosigkeit und kommunale Mehrbelastungen durch Erhöhung der Elternbeiträge spielen eine Rolle. Es ist also nicht möglich zu sagen, das ist die Gruppe der Kinder, die aufgrund der Regelung möglicherweise abgemeldet worden ist.
Die Umfrage macht jedenfalls deutlich, dass die meisten Kreise gegenüber 2004 in 2005 eine Steigerung der Ausgaben für die Sozialstaffel erwarten. Sie zeigt auch, dass Eltern zunehmend von Erhöhungen der Elternbeiträge betroffen sind. Die Auswirkungen, die sich hierdurch für die tatsächliche Inanspruchnahme von Kindertageseinrichtungen ergeben, lassen sich - Herr Präsident in aller Kürze - wie folgt beschreiben: Von einem der 15 Kreise wurde mitgeteilt, dass dort gehäuft Abmeldungen und Verkürzungen auftraten. Von fünf weiteren Kreisen wurde mitgeteilt, dass Eingaben und Beschwerden über zu hohe Elternbeiträge vorliegen. Es ist aber nicht möglich, die Abmeldungen danach zu differenzieren, ob sie eindeutig im Zusammenhang mit der 85-%-Regelung stehen. Vor allem sind auch die so genannten Nichtanmeldungen statistisch nicht zu erfassen.
Wir werden von Landesseite natürlich auch in Zukunft darauf hinwirken, dass die Kreise, die kreisfreien Städte und die Träger ihrer Verantwortung für die Zukunft der Kindertageseinrichtungen gerecht werden und die Aufgaben erfüllen, für die sie durch die Hartz-IV-Reformen entsprechend entlastet werden sollten.
Leider sind zu diesem Zeitpunkt noch keine belastbaren Zahlen darüber bekannt, wie hoch die Einsparungen tatsächlich ausfallen und ob es absolut Einsparungen gibt. Deshalb bedarf die ganze Entwicklung weiter der konsequenten Beobachtung. Der jet
zige Zeitraum ist noch zu kurz, weil die meisten Kreise die Regelung erst in diesem Jahr eingeführt haben. Sobald in 2006 aussagekräftige Daten sowohl zu den Sozialstaffelregelungen als auch zu den Auswirkungen der Hartz-IV-Reformen vorliegen, können wir aufgrund der Revisionsklausel die Sozialstaffelregelung erneut überprüfen. Bis dahin sind - bis auf die von mir vorgetragenen Aussagen - keine weiteren Aussagen möglich.
Ich danke der Frau Ministerin. - Auf der Tribüne begrüße ich zunächst ganz herzlich die Damen des Landfrauenvereins Itzehoe und Umgebung!
Ich eröffne die Aussprache und erteile für die antragstellende Fraktion Frau Abgeordneter Monika Heinold das Wort.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Bei unserem Berichtsantrag geht es nicht darum, dass wir etwas wissen wollen, was die Landesregierung beantworten kann und mag oder auch nicht. Es geht auch nicht darum, ob sie sagt, hier gibt es Zahlen oder hier gibt es keine Zahlen. Es geht vielmehr darum, dass wir damals sehr gut begründet ins Gesetz geschrieben haben, dass die Entwicklungen in den Kindertagesstätten bis zum 30. Juni 2005 überprüft werden müssen und dass die Landesregierung dem Landtag in Form eines Berichts unter anderem darzulegen hat, ob die Änderung des Gesetzes Auswirkungen auf die Entwicklung des Besuchs von Kindern in Kindertagesstätten hat.
Die Landesregierung hat sich bis zum 30. Juni 2005 nicht beim Landtag gemeldet. Sie hat uns keinen Bericht vorgelegt. Wir haben inzwischen fast Anfang Oktober. Auch jetzt gibt es keinen Bericht. Frau Ministerin, ich bin schon etwas entsetzt darüber, dass Sie sagen: Das steht zwar im Gesetz, aber ich habe keine Zahlen und die Statistik reicht nicht aus. Es tut mir Leid, ich kann das Gesetz nicht erfüllen. So geht es nicht!
Ich erwarte schlicht und ergreifend, dass die Landesregierung sich darum kümmert und dass sie bei den
Trägern die qualitative Entwicklung erfragt, denn jeder, der in Kindertagesstätten geht oder mit Trägern spricht, der erfährt, dass Kinder abgemeldet worden sind. Der weiß auch, dass Familien, die es nicht bezahlen können, von den Kreisen mit hohen Kosten für die Kindertagesstätten belastet werden. Er weiß auch, dass Kinder gar nicht mehr angemeldet werden oder aber erst im letzten Jahr und nicht mit drei oder vier Jahren, obwohl das für einige Familien und deren Kinder unbedingt nötig wäre. Das ist eine Entwicklung, die wir im Vorwege gar nicht realisiert hatten.
Gerade nach PISA hatten wir darüber diskutiert, dass die frühkindliche Bildung sehr wichtig ist und dass die soziale Entwicklung dazugehört. Es kann nicht sein, dass das Portemonnaie der Eltern darüber entscheidet, ob und wie lange ein Kind die Kindertagesstätte besucht. Deshalb haben wir uns damals bei der Verabschiedung des Gesetzes sehr schwer damit getan, weil die Kommunen mit dem Konnexitätsprinzip gedroht und sich letztlich damit auch durchgesetzt haben. Sie haben zu der Landesregierung gesagt: Wenn ihr jetzt nicht die 85 %, sondern die 100 % hineinschreibt, dann kommen wir mit der Konnexität. Das wären für das Land unabsehbare Kosten gewesen. Wir haben damals gesagt, die Landesregierung muss diese Entwicklung überprüfen und dem Landtag die Entwicklung darstellen. Das ist das Mindeste, was wir tun konnten.
Mir reicht der Bericht der Landesregierung bei weitem nicht aus. Ich gehe davon aus, dass wir noch heute präzise dargestellt bekommen, wann es ein Ergebnis geben wird, aus dem wir die Entwicklung ablesen können. Ansonsten werden wir in der nächsten Sitzung einen Antrag auf einen Bericht in schriftlicher Form stellen. So, wie es jetzt läuft, geht es in jedem Fall nicht.
Ich möchte noch etwas zur Finanzierung der frühkindlichen Bildung sagen, weil diese Frage im Wahlkampf vor den Wahlen von allen immer wieder thematisiert wird. Im Wahlkampf setzen sich alle Parteien für die Zukunft unserer Kinder ein. Sie sagen: Kinder sind unsere Zukunft, Chancengleichheit muss sein und frühkindliche Bildung muss sein. Im Wahlkampf scheint dies auch finanzierbar zu sein. So zitiere ich den SPD-Bundestagesabgeordneten Ernst Dieter Rossmann, der kürzlich in einem Kommentar in der „Pinneberger Zeitung“ zu der Frage eines gebührenfreien letzten Kindergartenjahres gesagt hat: In Schleswig-Holstein sind es etwa 30 Millionen €, das ist machbar.
Ich finde, das ist eine sehr mutige Aussage, und ich erwarte, dass die SPD-Landtagsfraktion dieses in der nächsten Zeit konkretisiert und uns dafür einen Vor
schlag macht. Von der Landesregierung erwarte ich, dass sie uns präzise die Fragen beantwortet, die im Gesetz für den Bericht vorgeschrieben sind.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir haben sehr richtig dargestellt, warum § 25 des Kindertagesstättengesetzes geändert worden ist. Es ging darum, sich an die neuen Gegebenheiten durch die Zusammenlegung von Sozialhilfe und Arbeitslosengeld anzupassen und die Zuwendungsempfänger nicht über die Sozialstaffel stärker zu belasten, als es vor der Zusammenlegung der Fall war. Es ist richtig, dass über die Auswirkung dieser Änderungen zum 30. Juni 2005 von der Landesregierung berichtet werden sollte.