Ich stelle fest, dass der Berichtsantrag in der Drucksache 16/260 durch die mündliche Berichterstattung der Landesregierung seine Erledigung gefunden hat. - Da kein Antrag gestellt wurde, liebe Kolleginnen und Kollegen, ist dieser Tagesordnungspunkt damit erledigt.
Bevor ich den Tagesordnungspunkt 21 aufrufe, lassen Sie mich auf der Besuchertribüne mit Ihnen gemeinsam fünf Gruppen begrüßen. Wir begrüßen die Sportgruppe „Leichtathletik Mittelalter“ des Rendsburger TSV.
Wir begrüßen die Siegerinnen und Sieger der Veranstaltung „Jugend debattiert“. - Seien Sie uns herzlich willkommen!
Mit dem Antrag wird ein mündlicher Bericht in dieser Tagung erbeten. Das stelle ich zunächst zur Abstimmung. - Ich sehe keinen Widerspruch. Dann bitte ich Frau Ministerin Ute Erdsiek-Rave um den Bericht.
Vielen Dank, Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich weise, damit nicht wieder dieselben Vorwürfe kommen, vorab darauf hin, dass mir nur fünf Minuten zur Verfügung stehen, dass ich wirklich in aller Kürze berichte, dass ich aber gern bereit bin, im Ausschuss ausführlicher zu berichten.
Am 1. Januar 2005 ist das Tagesbetreuungsausbaugesetz in Kraft getreten. Es verpflichtet die Kreise und kreisfreien Städte als Träger der öffentlichen Jugendhilfe, zusätzlich zum Rechtsanspruch auf einen Kindergartenplatz für Kinder ab drei Jahren auch ein bedarfsdeckendes Betreuungs- und Förderangebot für Kinder unter drei Jahren und im schulpflichtigen Alter bereitzustellen beziehungsweise stufenweise bis 2010 auszubauen.
Wie sehen nun die Angebote und wie sieht der Bedarf in Schleswig-Holstein aus? Im August 2005 haben wir alle Kreise und kreisfreien Städte angeschrieben und um Beantwortung von Fragen zum Angebot für unter 3-jährige Kinder, für Kinder im schulpflichtigen Alter sowie zu den geplanten Ausbaustufen gebeten. Ich skizziere kurz das Ergebnis dieser Abfrage.
Eine kreisfreie Stadt und acht Kreise antworten, sie könnten den Betreuungsbedarf für Kinder unter drei Jahren bereits jetzt decken. Für sie entfalle es daher auch, Ausbaustufen zur Schaffung eines bedarfsgerechten Angebots zu beschließen. Der Kreis Pinneberg schließt erst Ende September seine Gespräche mit den Kommunen ab und wird nach eigener Aussage den Bedarf voraussichtlich ebenfalls decken können. In den übrigen Kreisen und kreisfreien Städten wurden beziehungsweise werden die Ausbaustufen beschlossen, mit denen bis zum Jahre 2010 gemäß § 24 a SGB VIII ein bedarfsgerechtes Angebot erreicht werden soll.
Bei der Betreuung von Kindern im schulpflichtigen Alter geben alle Kreise und kreisfreien Städte an, derzeit ein bedarfsgerechtes Angebot vorzuhalten. Der einzige Kreis ohne ein bedarfsgerechtes Angebot hat Ausbaubedarf festgestellt und wird Ausbaustufen festlegen. Er hat darauf hingewiesen, dass dies natürlich auch von der Verlässlichen Grundschule und den schulischen Betreuungs- und Ganztagsangeboten abhänge.
Meine Damen und Herren, wir beobachten die Entwicklung und auch ihre regionalen Unterschiede in Schleswig-Holstein sehr aufmerksam. Denn die
Nachfrage und der anerkannte Bedarf sind nicht konstant. Sie hängen von der demographischen Entwicklung, von der Erwerbstätigkeit der Eltern, von der Höhe der Teilnahmebeiträge, vom Angebot und von der Erreichbarkeit der Einrichtung ab.
Lassen Sie mich noch sagen: Die Rückmeldungen der Jugendämter haben uns überrascht. Wir müssen sie weiter sehr sorgfältig beobachten. In Zukunft werden wir die Entwicklung auch sehr genau beobachten. Natürlich ist damit zu rechnen, dass die zunehmende Kenntnis der Eltern, dass es ein Tagesbetreuungsausbaugesetz überhaupt gibt - ähnlich wie damals beim Rechtsanspruch -, dazu führen wird, dass die Nachfrage steigt. Auch im Zuge von Hartz IV wird die Nachfrage steigen.
Deswegen muss man heute wirklich sehr deutlich fragen, ob der steigende Bedarf auf der einen Seite und die Auswirkungen der demographischen Entwicklung auf der anderen Seite zusammengenommen wirklich zu einer Entspannung beitragen, sodass die Nachfrage bei frei werdenden Plätzen etwa durch die Bildung von altersgemischten Gruppen, durch Tagespflege und so weiter befriedigt werden kann. Ich finde, das kann man heute noch nicht abschließend sagen. Dies ist nicht absehbar. Deswegen muss man auch die Rückmeldungen der Kreise mit aller Vorsicht betrachten.
Ein Wort noch zur Finanzierung. Wenn regional die Nachfrage steigt, dann soll diese gemäß Finanzierungsplan der Bundesregierung durch Einsparungen im Zuge der Hartz-IV-Reform gegenfinanziert werden. Leider können wir zu diesem Zeitpunkt noch keine Aussagen darüber machen, wie sich Hartz IV auf der kommunalen Ebene wirklich auswirkt, ob die Prognose von damals stimmt, ob sie eingeschränkt werden muss, ob sie in den einzelnen Regionen, in den kreisangehörigen Gemeinden oder Kreisen unterschiedlich ausfällt. Das kann heute wirklich noch nicht beurteilt werden. Wir haben noch keine belastbaren Zahlen, um dies tatsächlich belegen zu können.
Lassen Sie mich abschließend sagen: Wir werden besonders darauf hinwirken, dass die Vorgaben des TAG entsprechend der Kriterien von den Kreisen und kreisfreien Städten umgesetzt werden
und speziell der Bedarf von erwerbstätigen, von Arbeit suchenden und in der Ausbildung befindlichen Müttern und Vätern auch gedeckt wird. Das ist fami
lienpolitisch notwendig und eine wesentliche Voraussetzung für die Vereinbarkeit von Familie und Beruf.
Ich danke der Frau Ministerin für ihren Bericht und eröffne die Aussprache. Das Wort hat die Frau Abgeordnete Monika Heinold.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Sehr geehrte Ministerin, vielen Dank für den Bericht. Ich bin gespannt, ob die Regierungsfraktionen nachher wieder mehr berichten als das Ministerium. Das ist heute merkwürdigerweise schon ein paar Mal geschehen, woher dann auch immer die Informationen kommen.
Zum Jahresbeginn 2005 ist das Tagesbetreuungsausbaugesetz als Bundesgesetz in Kraft getreten. Dieses war ein notwendiger Schritt auf dem Weg zu familienfreundlicheren Verhältnissen in Deutschland. Nun sind die Länder und die Kommunen in der Pflicht, das Gesetz umzusetzen und bis zum Jahr 2010 das Angebot der Kinderbetreuung für unter 3-Jährige deutlich zu verbessern und dem Bedarf anzupassen.
Das ist ein weiter Weg, wenn man sich an der inzwischen breit anerkannten Marge von 20 % bis 25 % orientiert und wenn man weiß, dass wir im Krippenbereich erst bei circa 2 % liegen. Insofern bin ich auch mehr als erstaunt, dass aus den Kreisen überwiegend die Rückmeldung kommt, dass der Bedarf sowohl im Krippenbereich als auch im Hortbereich gedeckt sei. Ich finde Ihre Formulierung, Frau Ministerin, dass man diese Rückmeldungen mit aller Vorsicht betrachten muss, sehr sympathisch.
Um das gesetzte Ziel bis 2010 zu erreichen, sind aus unserer Sicht zwei Schritte zu gehen. Erstens müssen der Bedarf und seine zukünftige Entwicklung in den einzelnen Kreisen ermittelt werden. Das haben Sie gemacht, das wird man aber mit Sicherheit wiederholen müssen, um zu sehen, welcher Bedarf vor Ort gemeldet wird. Zweitens muss aus unserer Sicht der Ausbau der Angebote vor Ort geplant und durchgeführt werden. Manche Kommunen sind schon sehr weit und fangen schon damit an, mit Familiengruppen und anderem bedarfsgerecht umzugestalten.
Durchführende und in erster Linie Verantwortliche sind dabei die Kreise und die kreisfreien Städte. Aber aus unserer Sicht ist das Land damit nicht aus der Pflicht entlassen, zumindest nicht, wenn die Landesregierung den Anspruch hat, dass es landesweit annähernd einheitliche Lebensbedingungen für Kinder und ihre Familien geben soll.
Die grüne Landtagsfraktion erwartet von der Landesregierung eigentlich ein Ausführungsgesetz. Wenn ich es richtig verstanden habe, wird die Landesregierung ein solches nicht vorlegen. - Es sei denn, ich hätte es falsch verstanden. - Wir werden dazu fraktionsintern noch einmal beraten und auch in den anderen Bundesländern nachfragen, ob dort mit Ausführungsgesetzen gearbeitet wird, um die Kommunen zu ermuntern, das Angebot auszubauen.
Natürlich ist die Finanzierung ein großes Problem. Das wissen wir alle. Aber die Bundesregierung hat im Rahmen von Hartz IV Mittel bereitgestellt. Sie ist davon ausgegangen, dass die Entlastung der Kommunen in einer Größenordnung von 1,5 Milliarden € für den Ausbau von Krippen genommen werden kann. Wenn die Kommunen jetzt alle sagen, sie hätten schon genug Krippen, frage ich mich natürlich: Was passiert dann mit dem zusätzlichen Geld in den Kommunen? Ob diese Ersparnis bei den Kommunen überhaupt eintritt und wie sich dies im Land verteilt, wird erst die Revision zeigen, die ja vereinbart ist. Sollten die Kommunen im Rahmen von Hartz IV nicht in diesem Umfang entlastet worden sein, dann steht die Bundesregierung - von wem auch immer gestellt - im Wort, die Kommunen beim Ausbau der Kinderbetreuung nicht im Regen stehen zu lassen und hierfür Mittel zur Verfügung zu stellen.
Trotz schwieriger finanzieller Bedingungen muss es gelingen, Kinder optimal zu fördern, Familien angemessen zu unterstützen und endlich die Vereinbarkeit von Beruf und Familie zu ermöglichen. Studien zeigen immer wieder, dass sich dies volkswirtschaftlich rechnet, von der demographischen Entwicklung ganz zu schweigen. Kaum ein politisches Programm kommt ohne den guten Vorsatz aus, dass Familie und Beruf miteinander vereinbar sein müssen. Aber im politischen Alltag wurde bisher derart wenig getan - das müssen wir einfach bilanzieren -, dass Deutschland auf dem Weg ist, ein kinderarmes Land zu werden. Machen wir uns also nichts vor: Wir haben Nachholbedarf.
Um diesen Trend umzukehren, ist das Tagesstättenbetreuungsausbaugesetz auf Bundesebene gemacht worden, damit Deutschland ein familienfreundliches
Land wird. Ich bin der Meinung, dass wir hier im Land, aber auch in den Kommunen alles tun müssen, um die Angebote für die Kinder unter drei Jahren, aber auch für die Schulkinder bedarfsgerecht sicherzustellen.