Viertens. In der Frage der Gewerbesteuerumlage gilt das Gleiche wie für die Gewerbesteuereinnahmen bei der Gemeinde Brunsbüttel. Ob hier künftig Mittel fließen werden, können wir heute nicht feststellen und können wir auch nicht beschließen. Das werden wir schlichtweg im Laufe der Zeit sehen. Aber eines können wir mit Sicherheit feststellen: Wenn wir gar keine Kraftwerke mehr errichten, wird es mit Sicherheit keine Gewerbesteuereinnahmen aus diesen Kraftwerken geben. Das ist zumindest sicher.
Kurzum, liebe Kolleginnen und Kollegen, der Antrag ist so formuliert, dass er bei uns auch bei mehrmaligem Lesen, auch zusammen mit meinem Fraktionsvorsitzenden, weil ich mich gefragt habe, ob ich ihn richtig verstanden habe, nicht den Eindruck hinterlassen hat, das er eine beratungsfähige Basis ist und in irgendeiner Art und Weise zur Sachdiskussion taugt.
Lieber Kollege Matthiesen, eigentlich müsste man das Ding gar nicht so ernst nehmen, wenn es nicht darum ginge, dass Sie mit Ihrem Antrag eigentlich den Kommunalpolitikern schlichtweg das Engagement und die Kompetenz absprechen. In diesem Land - das will ich Ihnen deutlich sagen - gibt es viele engagierte Kommunalpolitiker, die in eigener Verantwortung Entscheidungen für ihren Standort zu treffen haben. Dazu sind sie gewählt. Die Vertreter der Gemeinde Brunsbüttel haben sich dafür entschieden, dass Brunsbüttel Standort für neue Kohlekraftwerke sein soll. Ich sage Ihnen ganz klar: Es steht uns als Landtag und es steht auch Ihnen nicht zu, hier besserwisserisch von oben herab den Brunsbüttelern zu sagen, dass ihre Entscheidung eine unwirtschaftliche und eine falsche war.
Ich gehe davon aus, dass sich jeder Gemeindevertreter vor Ort ernsthafter mit dieser Thematik beschäftigt hat als Sie, lieber Kollege Matthiesen.
Das Gleiche gilt für die in Ihrem Antrag vorgenommene Einmischung in die Führung von Wirtschaftsbetrieben, hier der Energieproduzenten. Die Wirtschaftbetriebe, also die Energieproduzenten, müssen selbst entscheiden, ob der Bau neuer Kohlekraftwerke für sie eine sinnvolle Investition darstellt oder nicht. Das ist unternehmerisches Risiko.
Auch hier glaube ich, dass sich die dortigen Fachleute im Zweifel besser mit dem Thema beschäftigt haben als Sie.
Ich möchte allerdings auf die in Ihrem Antrag angedeutete Problematik eingehen, weil ich finde, dass die Feststellung des auch von der FDP-Fraktion sehr geschätzten Professor Hohmeyer von der Universität Flensburg nicht in Ihrem plump gestrickten Antrag untergehen sollte.
Erlauben Sie eine Frage des Abgeordneten Matthiessen? Sie holen keine Luft, deshalb kriege ich es nicht gefragt.
Ich hätte es trotzdem höflich von Ihnen gefunden, wenn Sie mich den Satz zu Ende hätten formulieren lassen.
Da haben Sie recht. Ich habe meine Not erklärt. Erlauben Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Matthiessen?
Wie erklären Sie sich denn die Initiative des Bundesumweltministers, wenn alles privat finanziert werden soll, dass er eine Not sieht und jetzt öffentliche Subventionen für den Neubau von Kohlekraftwerken ankündigt?
Kollege Matthiessen, da Sie noch nicht einmal den Unterschied zwischen dem Bau eines Kraftwerks und dem Betrieb eines Kraftwerks verstanden haben, wie Sie in Punkt 2 Ihres Antrages dokumentieren, lohnt es sich ja wohl kaum, auf Ihre Frage ernsthaft zu antworten.
Ich finde, dass Herr Professor Hohmeyer mit seiner These so plump in Ihrem Antrag untergeht, hat weder er noch die Diplomarbeit verdient, von der Sie gesprochen haben. Im Übrigen, Kollege Ritzek, da bin ich anderer Meinung als Sie. Auch eine Diplomarbeit ist natürlich eine wissenschaftliche Arbeit.
Die dort angeführte Problematik der nicht ausreichenden Kapazitäten der Stromnetze ist ja richtig. Die angeführte Problematik hängt eng mit den begrenzten Aufnahmemöglichkeiten der bestehenden
Stromnetze zusammen. In der Tat hat natürlich Strom aus Windkraftanlagen bei der Einspeisung in die Netze Vorrang vor Strom aus Kohlekraftanlagen. Wenn die Kapazitäten der bestehenden Netze nicht ausreichen, um die produzierten Strommengen aufzunehmen, dann müssen wir den Ausbau der Netze angehen.
Abschließend lassen Sie mich Folgendes festhalten. Auch die FDP-Fraktion ist für den weiteren Ausbau erneuerbarer Energien, und sie genießen bei uns Vorrang, Vorrang auch vor Kohlekraftwerken. Aber es macht aus klimapolitischen Gründen Sinn, wenn ein neues Kohlekraftwerk mit geringeren CO2-Emissionen ein altes Kraftwerk ersetzt. Wir sehen uns darin einig, lieber Kollege Matthiessen, mit dem neuen Bundesvorsitzenden der Grünen, Herrn Cem Özdemir, der genau diese These vertritt und in Ihrer Partei dafür streitet.
Ich danke Herrn Abgeordneten Dr. Garg. - Das Wort für den SSW im Landtag hat der Herr Abgeordnete Lars Harms.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Debatten der letzten Monate um die zukünftige Energieversorgung und den Klimaschutz haben gezeigt, dass wir beides nicht unabhängig voneinander betrachten können. Dabei ist immer wieder deutlich geworden, dass wir von den fossilen Energieträgern wegkommen müssen. Darin sind wir uns, glaube ich, auch alle einig. Für den SSW steht fest, dass das langfristige Ziel die komplette Versorgung aus regenerativen Energien ist. Bis es jedoch soweit ist, müssen die Weichen entsprechend gestellt werden. Hierzu gehören deshalb auch die Steigerung der Energieeffizienz und die Energieeinsparung.
Die ausschließliche Nutzung von regenerativen Energien, von Wind, Wasser, Sonne und Biomasse, ist die Herausforderung der Zukunft. Hierfür ist es notwendig, das Stromnetz, das heute noch zentral ausgerichtet ist, umzustrukturieren und so umzubauen, dass die dezentralen Energieträger erschlossen werden können und der Strom eingespeist und weitergeleitet werden kann. Erzeugung, Verteilung und Verbrauch werden somit in Zukunft zu einer dezentralen Versorgungseinheit.
Für Schleswig-Holstein ist insbesondere die Windenergie von maßgeblicher Bedeutung. SchleswigHolstein ist ein Windland. Wir haben das Knowhow, und unsere Wirtschaft wird weiter davon profitieren. Die Produktion von Windstrom gerade im Offshore-Bereich birgt enorme Potenziale. Damit können wir es schaffen, Lieferant von Strom aus regenerativen Energieformen zu werden, sobald die Offshore-Windparks den Strom produzieren und dieser entsprechend transportiert wird.
Aber nicht nur aus energiepolitischen Gründen wird die Windenergie für Schleswig-Holstein die Energieform der Zukunft. Auch aus Gründen des Klimaschutzes wird Offshore-Windkraft ein wichtiger Baustein der künftigen Energieversorgung sein.
Aber bis es soweit ist, kommen wir um einen Mix aus regenerativen und fossilen Energieformen nicht umhin. In diesem Punkt verabschieden sich die Grünen jedoch von der Wirklichkeit. Es wird so getan, als ob der Sprung aus dem Atomzeitalter ins Zeitalter der regenerativen Energien ohne Weiteres machbar ist. Für eine Übergangszeit brauchen wir aber diesen Mix, und dabei kommen wir um Kohle nicht herum. Aus Sicht des SSW ist Gas keine Lösung, zum einen, weil wir uns in eine Abhängigkeit begeben, die politisch fragwürdig ist, und zum anderen, weil heute Braun- und Steinkohlekraftwerke rund 50 % der Stromgewinnung ausmachen, und diesen Bedarf können wir auch nicht mit Gaskraftwerken decken. Der Bedarf an Gas wäre unerschwinglich hoch.
Daher bleibt nur die Möglichkeit, auf Kohlekraftwerke zu setzen. Natürlich ist Kohle auch ein endlicher Rohstoff, aber im Gegensatz zu dem vorher genannten Energieträger ist Kohle weltweit vorhanden, und, was wichtiger ist, wir haben sie im eigenen Land. Damit ist zumindest eine gewisse Verfügbarkeit erst einmal sichergestellt.
Wir halten aber daran fest: Kohle ist nur eine Übergangslösung. Wenn wir uns politisch dazu bereit erklären, diesen Weg der mittelfristigen Energieversorgung zu gehen, dann nur, wenn wir gleichzeitig eine Ausstiegsstrategie für die Kohle festlegen, vergleichbar mit dem Atomausstieg.
Darüber hinaus brauchen wir ein bundesweit abgestimmtes Konzept, wie und wo neue Kohlekraftwerke in der Bundesrepublik gebaut werden und welche alten Kraftwerke dafür abgeschaltet werden. Dies haben wir auch vor einiger Zeit hier im Landtag beantragt, aber die Koalitionsfraktionen wollten diesen Weg nicht mitgehen. Wenn wir über den Bau eines neuen Kohlekraftwerks in Schleswig
Holstein sprechen, dann kann dies nur, wenn überhaupt, in Brunsbüttel sein. Denn dort haben wir die entsprechende Infrastruktur, die dies überhaupt möglich macht. Jeder andere Standort in SchleswigHolstein kommt aus Sicht des SSW nicht infrage.
Was nun den Antrag der Grünen angeht, ist festzustellen, dass er nichts mit der Wirklichkeit zu tun hat. Auch wenn er sich auf wissenschaftliche Untersuchungen gründet, haben wir jedoch keine Handhabe, den Bau eines Kohlekraftwerks zu verhindern. Wenn alle planungs- und baurelevanten Vorgaben erfüllt sind, kann der Bau eines Kraftwerks nicht versagt werden. Die Grünen hätten bei ihrem Antrag an die Erfahrungen aus Hamburg denken müssen, wo eine grüne Umweltsenatorin nun den Bau eines Kohlekraftwerks nach Recht und Gesetz genehmigen muss, und das ist auch so in Ordnung.
Die Landesregierung nun zu bitten, auf den Investor dahingehend einzuwirken, dass die Planungen zum Neubau der Kohlekraftwerke eingestellt werden, falls sich dies wirtschaftlich nicht tragen sollte, ist kein Hinderungsgrund. Dies ist eine Entscheidung, die der Investor treffen muss.
Ich glaube, dass mögliche Bedenken gegen ein Kohlekraftwerk vom Investor im Vorfeld entsprechend abgeklärt werden. Was bleibt, ist die Tatsache, dass wir ein Übergangs- und Ausstiegskonzept brauchen. Insoweit sind wir wegen der Handlungsunfähigkeit der Großen Koalition keinen Schritt weitergekommen, und das schadet dem Klima mehr als alles andere.
Ich danke dem Herrn Abgeordneten Lars Harms. Für die Landesregierung hat nun der Herr Wirtschaftsminister Dr. Werner Marnette das Wort.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir reden über eine Diplomarbeit, die zu dem Ergebnis kommt, die Netzkapazitäten seien für Strom aus den Kohlekraftwerken und Windenergieanlagen in Brunsbüttel nicht ausreichend ausgebaut, und dies werde die Wirtschaftlichkeit der Kohlekraftwerke verhindern.
Bei einer unkritischen Betrachtung der zukünftig installierten Erzeugungs- und Netzkapazitäten in Schleswig-Holstein und speziell im Raum Brunsbüttel ist eine solche Schlussfolgerung im theoretischen Extremfall durchaus richtig.
Ich freue mich im Übrigen, dass sich junge Menschen mit dem Thema der Energieversorgung, einem zentralen Thema unseres Jahrhunderts, auseinandersetzen. Festzuhalten bleibt aber auch: Angesichts der politischen Tragweite der Energiedebatte bedarf es vielleicht doch anderer Quellen und Bezugspunkte als der Diplomarbeit einer einzelnen Studentin.