Von den in Berlin anwesenden 500 Teilnehmern bei diesem Symposium wussten das vielleicht 20. Ich bin stolz genug zu sagen, dass ich das auch wusste.
Von den restlichen 480, die Umweltminister Gabriel versuchte zu überzeugen, haben das - so meine ich - auch die meisten verstanden.
Das glaube ich jedenfalls. Ich würde Sie wirklich bitten nachzulesen und sich zu erkundigen, auf welcher Basis von falschen Fakten Sie reden, wenn Sie meinen, dass damit die Klimaschutzpolitik beendet ist. Nein, ganz im Gegenteil: Das Klimaziel von Deutschland, nämlich eine Reduktion der CO2Emissionen um 20 % bis zum Jahr 2020 verglichen mit 1990 wird damit in keinster Weise gefährdet, sondern ganz im Gegenteil erreicht. Das ist gerade die Aussage der festgezurrten Mengen von 453 Millionen t pro Jahr, die übrigens in der Periode 2007 bei 482 Millionen t lagen. Das ist also schon eine deutliche Verbesserung.
Sie sprechen von einer Untersuchung der Universität Flensburg. Das ist keine Untersuchung. Professor Hohmeyer hat eine Diplomarbeit an eine junge Studentin vergeben.
Der Titel dieser Diplomarbeit lautet: Die Auswirkungen von Kohlekraftwerken auf die Windenergie oder umgekehrt.
Wenn Sie eine von Professor Hohmeyer vergebene Diplomarbeit als Maßstab für die Investition eines Großkraftwerkes anlegen, möchte ich Ihnen raten, die Überprüfung der Investitionen den Anlagebauern zu überlassen, die etwas von Investitionsparametern verstehen und die die Verantwortung dafür übernehmen. Tun Sie doch nicht so, als ob hier eine große Arbeit verfasst worden ist, die Basis für die Entscheidung für oder gegen ein neues Kraftwerk sein kann.
Ich will die Diplomarbeit gar nicht bewerten. Professor Hohmeyer hat sicherlich seinen eigenen Standard und auch sein eigenes Ziel mit der Vergabe dieser Diplomarbeit verfolgt.
Auch wenn Sie die Diplomarbeit einmal durchgeguckt haben - ich nehme an, Sie haben es getan -, weiß ich nicht, ob Sie sie verstanden haben. Ich glaube nicht, dass Sie alle Formeln, alle Gleichungen und alle Grafiken verstanden haben. Das traue ich einem Veterinärmediziner nicht zu. Haben Sie die Arbeit?
Auf jeden Fall ist die Diplomarbeit so einseitig ausschließlich auf die Vorteile der Windenergie ausgelegt - ohne Beachtung der Vorteile der Kohlekraftwerke -, dass man Angst haben muss, dass diese Diplomarbeit jetzt als Forschungsergebnis einer Universität bezeichnet wird.
Ich hätte einen anderen Vorschlag: Man sollte sagen „Vorteile und Risiken der Windenergie und der Kohleenergie“. Das wäre der richtige Titel, darüber können wir sprechen. Überlassen Sie die Entscheidung zwischen Ja oder Nein den Investoren, und bitte treiben Sie keinen Keil zwischen regenerative Energien und Kohlekraftwerke.
Ich danke dem Herrn Abgeordneten Manfred Ritzek. - Das Wort für die SPD-Fraktion hat nun Herr Abgeordneter Olaf Schulze.
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir stehen heute vor großen Herausforderungen für die Zukunft. Auf der einen Seite müssen wir eine erfolgreiche Klimaschutzpolitik betreiben, und auf der anderen Seite brauchen wir, trotz steigender Rohstoffpreise, für die Menschen und Unternehmen in unserem Land bezahlbare Energie.
Vor 20 Jahren wurde die ökologische Modernisierung durch sozialdemokratische Regierungspolitik begonnen. Damals gab es viele Skeptiker, die inzwischen ruhiger geworden sind. Die Notwendigkeit einer ökologischen Modernisierung hat alle Köpfe erreicht. Dies galt in der Vergangenheit vor
allem für die Windenergie. Als wir 1988 anfingen und die Grundlagen für den Ausbau der Windkraft legten, glaubte niemand an den heutigen Erfolg, den wir durch einen klaren Kurs erreicht haben.
Eine ähnliche Situation haben wir heute bei der Frage der Zukunft der Kohlekraftwerke in der Energiepolitik. Es wird zurzeit viel über zukünftig unvermeidbare Lücken in unserer Energieversorgung gesprochen, wenn - wie vereinbart - die Atomkraft entfällt und auch die Kohlekraft nicht mehr erneuert beziehungsweise ausgebaut werden soll. Die erneuerbaren Energien könnten angeblich alleine diese Lücken nicht schließen.
Dieser Denkansatz ignoriert einerseits die gewaltigen Potenziale, die in der Energieeinsparung und Energieeffizienz noch nicht erschlossen sind, und basiert andererseits auf einem Denken, das Entwicklungen der Vergangenheit einfach in die Zukunft hochrechnet. Hier brauchen wir mehr Mut und Visionen für eine auf erneuerbare Energien gestützte Entwicklung, die dann Schritt für Schritt in der Politik und in der Wirtschaft umgesetzt werden muss. Nur so können wir die Folgen einer weiter auf die Nutzung der Kohle setzenden Energiepolitik vermeiden.
Bis 2012 sind zurzeit 27 neue Kohlekraftwerke in Deutschland geplant. Aber wenn wir wirklich in dieser Dimension Kohlekraftwerke mit einer Laufzeit von circa 50 Jahren bauen würden, hätten wir eine Gesamtkapazität von 25.000 MW, die die Atmosphäre mit 151 Millionen t Kohlendioxid dauerhaft belasten. Das ist anderthalbmal so viel wie der Kohlendioxidausstoß des gesamten Verkehrssektors. Die deutschen Klimaschutzziele von 40 % CO2-Einsparung bis 2020 und 80 %, Herr Kollege Ritzek, bis 2050 sind so nicht zu erreichen.
Diese „Kohlehandschellen“ dürfen wir uns auf dem Weg in eine wirtschaftliche, ökologische und soziale Energiezukunft nicht selber anlegen.
In diesem Zusammenhang taugt auch der Hinweis auf eine in Zukunft vielleicht mögliche CO2-Abscheidung in Kohlekraftwerken nicht als Begründung für neue Kohlekraftwerke. CO2-Abscheidung wirft schon jetzt mehr Fragen auf als sie Lösungen anbietet. Ungelöste Fragen und umfangreicher Forschungsbedarf bestehen bei der geologischen Speicherung von CO2, der Nutzungskonflikte und ihrer Bewertung, fehlender Regulierungsrahmen und der
zu erwartenden Akzeptanzdiskussion. Die CCSTechnologie wird - so oder so - nicht rechtzeitig zur Verfügung stehen, wenn die in Deutschland selbst gesetzten Klimaziele erreicht werden sollen. Dieser sehr teure Forschungsirrweg sollte möglichst rasch beendet werden.
Die im Antrag der Grünen zitierten Ergebnisse der Universität Flensburg lassen für mich nur den Schluss zu, dass auch heute schon absehbar neue Kohlekraftwerke nicht wirtschaftlich sein können. Ökologisch ist Kohlekraft - mit oder ohne CO2-Abscheidung - nicht verantwortbar und angesichts der durch den Kohleabbau bereits vorhandenen und zu befürchtenden Schäden für viele Menschen in ihrem Wohnumfeld auch unsozial.
Jeder Cent, der in den Ausbau der Kohlekraft gesteckt wird, fehlt bei der Finanzierung zukünftiger Aufgaben der Energieeffizienz oder der erneuerbaren Energien. Dies sollte auch den Verantwortlichen in Brunsbüttel deutlich sein. Unsere politische Zusage für den Standort Brunsbüttel steht, die letztendliche Entscheidung wird aber am Standort zu treffen sein.
Ich beantrage, den Antrag in den Wirtschafts- sowie in den Umwelt- und Agrarausschuss zu überweisen.
Ich danke Herrn Abgeordneten Schulze. - Das Wort für die FDP-Fraktion hat nun Herr Abgeordneter Dr. Heiner Garg.
Antrag mehr als merkwürdig. Wenn es nach Ihnen geht, soll der Landtag feststellen, erstens, dass wissenschaftliche Untersuchungen von neu zu errichtenden Kohlekraftwerken in Brunsbüttel nahelegen, dass deren Wirtschaftlichkeit nicht gesichert ist; zweitens, dass der Neubau von Kohlekraftwerken in Brunsbüttel keine Gewinne auslöst; drittens, dass die Gemeinde Brunsbüttel in diesem Fall aus der Ansiedlung von Kohlekraftwerken keine Gewerbesteuereinnahme erzielen wird und viertens, dass das Land entsprechend nicht von der Gewerbesteuerumlage profitieren wird. Ich will zu den einzelnen Punkten wie folgt Stellung nehmen.
Erstens. Es gibt ein Gutachten, das feststellt, dass die Wirtschaftlichkeit von neuen Kohlekraftwerken in Brunsbüttel nicht gesichert sein könnte. Das ist eine Tatsache, das brauchen wir nicht festzustellen. Es gibt dieses Gutachten. Wir müssen ja schließlich auch nicht feststellen, dass der Tag 24 Stunden hat. Das ist schlichtweg so.
Zum Zweiten: Lieber Kollege Matthiessen, der Neubau von Kraftwerken erzielt nie Gewinne für den Betreiber, sondern höchstens für den Bauunternehmer. Was der Kollege Matthiessen in seinem Antrag möglicherweise sagen möchte, ist der Betrieb der Anlage. Dieser Punkt wäre also zumindest einmal sprachlich nachzubessern.
Punkt drei: Ob Brunsbüttel in der Zukunft keine Gewerbesteuereinnahmen aus dem Betrieb der neuen Kohlekraftwerke erzielen wird, können wir heute überhaupt nicht feststellen. Das wird schlichtweg die Zeit zeigen. Ich denke auch, Kollege Matthiessen kann sich noch so oft in sein Feld vor eine Glaskugel setzen, und er wird trotzdem keine sichere Voraussage darüber treffen können, ob und wie künftige Gewerbesteuereinnahmen in Brunsbüttel ausfallen werden.