gust 2009 sind erhebliche zusätzliche Ausgaben im Haushalt vorgesehen. Das ist bekannt. Deswegen bin ich mir ziemlich sicher, dass die Familien in Schleswig-Holstein Verständnis für unseren Umgang mit diesem Versäumnis haben. Wir gestehen den Fehler ein und beheben ihn, so gut es geht.
Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor. Ich schließe die Beratung. Es ist beantragt worden, den Gesetzentwurf Drucksache 16/2430 dem Innenund Rechtsausschuss zu überweisen. Wer so beschließen will, den bitte ich um das Handzeichen. Gegenprobe! - Enthaltungen? - Das ist einstimmig so beschlossen.
Wird das Wort zur Begründung gewünscht? - Das ist nicht der Fall. Dann erteile ich zur Beantwortung der Großen Anfrage das Wort dem Minister für Landwirtschaft, Umwelt und ländliche Räume, Dr. Christian von Boetticher, der in Vertretung von Herrn Dr. Marnette spricht.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich danke zunächst BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN für ihre Große Anfrage. Dadurch haben wir als Landesregierung wieder einmal die Möglichkeit, die wichtigsten Verkehrsprojekte in Schleswig-Holstein zusammenfassend darzustellen. Hier hat die Landesregierung in einem Bereich, den es galt aufzuarbeiten, in den letzten Jahren sicherlich große Erfolge zu verzeichnen gehabt.
Meine Damen und Herren von den Grünen, wenn Sie den Grund für dieses umfangreiche Aufarbeiten sehen wollen, müssen Sie morgens einmal in den Spiegel sehen. Wir haben beim Aufbau der Verkehrsinfrastruktur Schlüsselprojekte, die wichtige Meilensteine sind. Ich nenne an dieser Stelle den
Bau der A 20 mit der westlichen Elbquerung bei Glückstadt. Der Abschnitt ist im Bau. Weitere Abschnitte sind in Planung, und bis 2010 sollen alle Planfeststellungsbeschlüsse erreicht werden. Der Bau einer festen Fehmarnbelt-Querung mit dem Ausbau der Schienen- und Straßenhinterlandanbindung sei hier genannt. Sie wissen, dass am 3. September 2008 der Staatsvertrag zwischen der Bundesrepublik und dem Königreich Dänemark unterzeichnet wurde. Derzeit läuft das Gesetzgebungsverfahren, sodass die Ratifizierung bis zum Sommer erfolgen wird.
Der Ausbau der Bahnstrecke zwischen Hamburg und Lübeck-Travemünde läuft nach Plan. Ende 2008 wurden die Elektrifizierungsarbeiten abgeschlossen. Manches Mal, wenn ich in Deutschland erzählte, dass wir hier noch mit der Elektrifizierung der Bahn zu tun hatten, waren schon manche darüber erstaunt. Wir konnten dieses Projekt abschließen. Bis Ende des Jahres wird der zweigleisige Ausbau eines Schienenengpasses ebenfalls abgeschlossen sein.
Auch für andere bedeutende Ausbauvorhaben konnten Fortschritte erreicht werden. Hier will ich nur die B 404 nennen, die sukzessive zur A 21 ausgebaut wird, die A 23 und die B 5, die entsprechend ihrer verkehrlichen Bedeutung ausgebaut werden, den Nord-Ostsee-Kanal - das haben Sie mitbekommen -, auf den ein gewaltiges Ausbauprogramm wartet. Das ist auch wichtig, wenn man sich die Schiffsverkehre und die Entwicklung, gerade des Ostseeraums, vor Augen hält, im Übrigen auch mit einer engen Verknüpfung zu dem, was im Hafen Hamburg geschieht. Demnächst beginnt die Ertüchtigung der Schienenstrecke Kiel-Lübeck, und die AKN-Strecke zwischen Hamburg-Eidelstedt und Kaltenkirchen wird sukzessive ausgebaut.
Last, but not least unterstützen wir nach Kräften die Infrastrukturvorhaben der Kommunen. Das gilt insbesondere für den kommunalen Straßenbau, den Ausbau der Häfen, insbesondere der überregionalen Häfen von Kiel und Lübeck, die wir als Land finanziell unterstützten und wo kräftig investiert wird. Es gibt natürlich noch Ausbaubedürfnisse, für deren Erfüllung wir uns alle kräftig ins Zeug legen müssen. Ich denke hierbei an den Ausbau der Schienenstrecke in der Metropolregion Hamburg.
- Ich freue mich, Herr Abgeordneter Ritzek weiß, wovon ich rede. - Hierfür hat die Landesregierung ein Dreiachsenkonzept entworfen, das den zusätz
lichen Bau von S-Bahn-Gleisen auf der einen Seite nach Elmshorn und auf der anderen Seite nach Ahrensburg vorsieht.
Insgesamt können wir also feststellen, dass erhebliche Fortschritte erreicht werden konnten, sowohl in der baulichen Umsetzung als auch in der konkreten und belastbaren Planung. Gleichwohl werden die Herausforderungen der nächsten Jahre in diesem Bereich gigantisch sein. Nach groben Schätzungen beträgt der aufsummierte Investitionsbedarf im nächsten Jahrzehnt rund 5,3 Milliarden €.
Die Finanzierung dieser Investitionen wird auch künftig größtenteils durch Bundesmittel erfolgen müssen. Wir müssen auch neue Finanzierungswege aufzeigen. Um beispielsweise bei der A 20 eine zügige Umsetzung zu erreichen, setzt sich mein Kollege, Minister Marnette, für eine Schwerpunktfinanzierung durch den Bund ein, ähnlich wie bei den Verkehrsprojekten Deutsche Einheit. Auch die Konjunkturprogramme der Bundesregierung und die Mautmehreinnahmen werden uns helfen, einige Verkehrsprojekte, wie die A 20, schneller als ursprünglich erwartet realisieren zu können.
Der Bund stellt im aktuellen Konjunkturpaket II für den Ausbau und die Erneuerung der Bundesverkehrswege, also der Straßen, Schienen und Wasserstraßen, 2 Milliarden € bereit, an denen natürlich auch Schleswig-Holstein partizipieren wird. Daneben ist der Einsatz von privatwirtschaftlichen Finanzierungsformen, ÖPP-Modellen, insbesondere im Straßenbau sinnvoll, natürlich nur, soweit der Projektzuschnitt eine insgesamt wirtschaftliche Realisierung erwarten lässt. Konkret geplant ist der sechsstreifige Ausbau der A 7 von HamburgSchnelsen bis zum Bordesholmer Dreieck mit einer privatwirtschaftlichen Finanzierung in Form des sogenannten A-Modells.
Meine Damen und Herren, Sie sehen also, in diesem Bereich bewegt sich einiges. In den letzten vier Jahren hat sich eine ganze Menge getan, und das ist wichtig, weil unser Land hier nach vielen Jahren einen starken Aufholbedarf hatte. Es ist für unsere wirtschaftliche Entwicklung wichtig. Denn seit über 3.000 Jahren gilt die Weisheit: Wirtschaft, Infrastruktur, Menschen und Arbeitsplätze entstehen immer nur dort, wo Verkehrswege sind. Früher waren es die Wasserstraßen, und heute sind es unsere Verkehrswege für Autos, Schienen für die Bahn, aber - an dieser Stelle mit einer Verknüpfung zur Debatte von eben erwähnt - natürlich auch unsere Flughäfen. Hier hat Schleswig-Holstein in den letzten vier Jahren Großes geleistet, und wir werden diesen Weg weitergehen.
Meine Damen und Herren, in Anbetracht des Zeitablaufs und der Redezeiten von zehn Minuten gehe ich davon aus, dass Tagesordnungspunkt 16 erst um 15 Uhr aufgerufen wird und damit Tagesordnungspunkt 14 morgen auf 12:50 Uhr verschoben wird.
Nunmehr eröffne ich die Aussprache und erteile für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Herrn Abgeordneten Detlef Matthiessen das Wort.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Vielen Dank erst einmal an das Ministerium, an die Landesregierung für die Beantwortung der Fragen. Ich finde es allerdings sehr ärgerlich, dass sich die Deutsche Bahn AG und auch das Bundesverkehrsministerium geweigert haben, an der Beantwortung dieser Fragen mitzuwirken. Ich ging bisher davon aus, dass es hier eine enge Kooperation gibt. Das heißt doch im Umkehrschluss, dass die Landesregierung selber keine detaillierten Informationen über die Schieneninfrastruktur des Landes und darüber hat, was dort investiert wurde und wird beziehungsweise werden soll. Ist das nun ein Desinteresse am Schienenverkehr, oder macht das einfach nur zu viel Arbeit? Ich finde diesen Sachverhalt jedenfalls ziemlich beschämend.
Meine Damen und Herren, zur Elbquerung gibt es eine triumphierende Presseerklärung des Wirtschaftsministers. Der Wortlaut war:
,,Das Verkehrsministerium Schleswig-Holstein hat vom Bundesverkehrsministerium am 9. Januar 2009 grünes Licht für die Planungsunterlagen zum Elbtunnel/A 20 erhalten.“
Verkehrsminister Marnette stellte das als einen riesengroßen Schritt für den Weiterbau der A 20 dar. Allerdings ist das überhaupt nicht sensationell, im Gegenteil. Tatsache ist nach wie vor, dass seit der Verabschiedung des Bundesverkehrswegeplans im Jahre 2003 der gesetzliche Planungsrahmen für den Elbtunnel besteht. Also: Im Westen nichts Neues.
Dass der Bundesverkehrsminister nach sechs Jahren dieses Gesetz bestätigt, wird jetzt von der Elbtunnel-Lobby als Quantensprung bezeichnet - als hät
ten die kein Vertrauen in bestehende Gesetze. Bestätigt haben sich allerdings in diesem Zusammenhang zwei Positionen der Kritiker des Projektes, zu denen ja auch wir zählen.
Erstens. Der Elbtunnel wird wesentlich teurer als ursprünglich geplant. 2003 waren Kosten von 384 Millionen € geplant, sie stiegen 2009 dann auf nunmehr geschätzte 920 Millionen €. Das ist fast eine Verdreifachung.
Zweitens. Die ursprüngliche Privatfinanzierung ist Unfug. Das hat jetzt nach sechs Jahren auch die Bundesregierung erkannt. Neu ist nur, dass es im Augenblick überhaupt kein Finanzierungskonzept gibt.
Weiterhin gilt, dass die Elbquerung in Niedersachsen an einer Kreisstraße endet. Wir brauchen keine Autobahn nach nirgendwo, wo die Weiterführung und Finanzierung nach dem Sprung über die Elbe nicht geklärt ist. Statt einer Ost-West-Verbindung müssen die Nord-Süd-Verbindungen durch Schleswig-Holstein gestärkt werden.
Es liegt auf der Hand, dass ein Bauprojekt, das frühestens 2011 - wenn überhaupt - starten kann, keine Beiträge zur Überwindung der augenblicklichen Wirtschaftskrise leisten kann.
Es gibt sicher effizientere, billigere und schnellere Lösungen für die Verkehrsprobleme in unserem Land als die westliche Elbquerung. Die Landesregierung geht in ihrer Antwort noch von 324,7 Millionen € an Kosten für die Elbquerung aus. Das ist nun wirklich lange überholt - wie ich ausgeführt habe und wie überhaupt die Große Koalition das Thema Baukostensteigerung schlicht ignoriert. Nicht sehen, nicht hören und schon gar nicht darüber reden. Diese Landesregierung rechnet sich ihre Lieblingsverkehrsprojekte schön. Das wird zusätzlich mit blumigen Worten garniert wie „Jahrhundertbauwerke“ oder „Magistrale des Nordens“. Das hat schon etwas vom Tanzen um goldene Kälber.
In Nord-Süd-Richtung liegen die eigentlichen Probleme im Bereich Schiene und Straße. Diese Landesregierung gibt aber den Großteil für Verkehrsinvestitionen für zwei Prestigegroßobjekte aus: Das ist erstens die A 20, die im mittleren Bereich eine Belastung von 20.000 Fahrzeugen pro Tag aufweist. Das rechtfertigt einen Autobahnausbau nicht. - Zum Vergleich: Bei der A 7 sind es 100.000 Fahrzeuge pro Tag. Zweitens ist es das Großprojekt der festen Fehmarnbelt-Querung, obwohl dort die Belastung unter 10.000 Fahrzeugen pro Tag liegt und jede Kreisstraße mehr Verkehr tragen muss.
Investitionen in die Infrastruktur sollten nicht für solche Prestigeprojekte verschleudert werden. Wir brauchen den Ausbau des Straßennetzes in NordSüd-Richtung, und vor allem brauchen wir den Ausbau neuer Schienenwege, insbesondere für den Güterverkehr. Eine zukunftsfähige Verkehrsinfrastrukturpolitik muss aus unserer Sicht eine radikale Ressourceneffizienz zum Ziel haben: Nur der Verkehrsträger mit dem geringsten Energieaufwand für den Personenkilometer und den Tonnenkilometer ist nachhaltig.
Konkret geht es um die Schienengüterumgehung östlich um Hamburg, die bessere Schienenanbindung an den Hamburger Norden und die Beseitigung des Engpasses Elmshorn.
Zum Schienenausbau Lübeck-Puttgarden führt die Landesregierung aus, dass vorgesehen sei, dass diese Schienenhinterlandanbindung bis spätestens 2018 elektrifiziert und bis spätestens 2025 zweispurig ausgebaut werden solle. Es ist schon interessant, dass diese zentrale und von Ihnen als „Magistrale“ und „Jahrhundertbauwerk“ gekennzeichnete Maßnahme mit solch einem kleinen Kapitel versehen ist. Die genauen Kosten dafür werden von der DB AG noch zu ermitteln sein. Von der Finanzierung ist hier wohlweislich nicht die Rede. Hier gibt es nämlich kein frisches Geld von der Bundesregierung, das muss aus dem Plafonds des Landes bezahlt werden.
Es gibt viele Verkehrsprognosen; bei den meisten geht es immer linear nach oben, zum Beispiel um 5 % pro Jahr. Das ergibt enorme Steigerungen über zehn oder 15 Jahre. Diese Prognosen haben einen Systemfehler: Sie blenden die zu erwartende weitere Verknappung der Energierohstoffe aus. Der Treibriemen des Verkehrs ist Erdöl. Seine Verfügbarkeit wird in den standardisierten Verkehrswirtschaftlichkeitsberechnungen vorausgesetzt. Das ist ein grundsätzlicher und folgenschwerer Fehler mit einer gigantischen Fehlallokation knapper Mittel. Die heute mit Schulden finanzierten Investitionen werden den erwarteten Nutzen nicht erbringen.
Wir brauchen dringend eine ökologische Verkehrswende. Die aktuelle Wirtschaftsgeschichte macht es deutlich: In diesen Zeiten sinkt das Verkehrsaufkommen. Das erleben wir ganz aktuell bei den Umschlagverlusten unserer Häfen. Es gibt aber auch ganz andere Prognosen, die in der Regel immer durch die Realität übertroffen werden. Das sind
leider die Prognosen über die Entwicklung des Klimawandels. Die globale Erwärmung schreitet immer schneller voran als vorhergesehen. Das ist eine dramatische Entwicklung. Der Klimawandel ist weiterhin das größte Problem der Menschheit. Hier hat der Individualverkehr seinen Anteil.
Der Verkehr ist Teil des Problems. Dicke Autos, dicke Straßen, dickes Wirtschaftswachstum: Diese Formel wird mehr und mehr Vergangenheit.
Ganz aktuell sind die Diskussionen über Investitionen in die Flughäfen des Landes. Der einstimmige Beschluss der Kieler Ratsversammlung, alle Planungen auch für die Verlängerung der Startbahn des Flughafens Holtenau einzustellen, war völlig richtig. Das wird noch deutlicher - das hat die Aktuelle Stunde soeben gezeigt -, wenn wir nach Lübeck schauen.