Am 25. September 2008 gab die SPD-Bundestagsfraktion im Bundestagsausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit zu Protokoll:
„Nach Auffassung der Fraktion der SPD sei CCS eine Technologie, die gerade beim Klimaschutz weiterhelfen könne, um CO2 zu vermeiden beziehungsweise einzusparen.“
Lassen Sie uns gemeinsam diesen Antrag beschließen und den Weg für ein mit EU-Geldern gefördertes CCS-Versuchsprojekt in Schleswig-Holstein freimachen, damit dieses auf den Weg gebracht werden kann! Lassen Sie uns gemeinsam einen Beitrag leisten, die zukünftige Energiepolitik in Schleswig-Holstein bezahlbar, sicher, verfügbar und nachhaltig zu machen! CCS kann ein Baustein auf dem Weg dazu werden.
Noch ein Wort zum Ergänzungsantrag von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Wenn Sie schon versuchen, mit einem so schnell nachgeschobenen Antrag unseren Antrag zu ersetzen, dann würde ich ihn wenigstens so formulieren, wie Sie ihn möglicherweise gemeint haben könnten, nämlich dass Sie den
Bau von Kohlekraftwerken grundsätzlich ablehnen und diese Technologie nicht weiter voranbringen und erforschen wollen. So ist das, was Sie hier abgeliefert haben, eher von kabarettistischer Natur.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Das Europäische Parlament hat am 17. Dezember 2008 mit überwältigender Mehrheit dem EU-Klimapaket zugestimmt. 635 Ja-Stimmen, 25 Nein-Stimmen und 25 Enthaltungen. Jetzt kann sich jeder ausrechnen, wie wohl seine eigene Fraktion im Europäischen Parlament abgestimmt hat. Ich denke hier besonders an einen Kollegen unseres Koalitionspartners, der sicherlich mit seinen Kollegen im Europäischen Parlament darüber gesprochen hat, dass dort die SPD-Fraktion mit überwältigender Mehrheit dem CCS-Klimapaket zugestimmt hat.
Bevor ich zu dem Thema Stellung nehme, möchte ich grundsätzlich etwas sagen. Von großer Bedeutung ist nach Überzeugung der CDU-Fraktion, die Menschen in den Regionen mit möglichen Speicherstätten zeitgerecht und umfassend in die Forschungsvorhaben und die mögliche Realisierung von Projekten einzubeziehen.
Wir begrüßen ausdrücklich den Antrag der FDPFraktion. Er demonstriert einerseits die Bedeutung einer verantwortlichen Energie- und Klimaschutzpolitik und andererseits auch die Herausforderung an Schleswig-Holstein, uns im Rahmen unserer Energiepolitik an modernen und zukunftsweisenden Forschungsprojekten zur Lösung des Klimaschutzproblems zu beteiligen. Es ist doch schön, wenn wir so eine Übereinstimmung haben bezüglich eines Antrages.
Eine der Alternativen zur sicheren Versorgung mit Strom und Wärme ist der Einsatz von Kohlekraftwerken mit modernsten Technologien zur Einsparung beziehungsweise zur möglichst hohen Vermei
Mit den bisher bekannten und als technisch machbar angesehenen Emissionen der CO2-Abscheidungstechniken ist eine Reduzierung um 70 bis 80 % keine Utopie mehr. 130 internationale Fachleute haben auf der Messe „enertec“ in Leipzig im Frühjahr 2007 von einer nahezu CO2-freien Technologie gesprochen. Professor Kather von der Technischen Universität Harburg hält eine 90-prozentige Reduzierung der CO2-Emissionen für möglich.
Die CDU-Fraktion bekennt sich zu einem verantwortbaren, umfassenden Energiemix, der auch modernsten Kohlekraftwerken mit höchstmöglicher Senkung des CO2-Austoßes einen bedeutenden Platz zuweist, und zwar so lange, bis regenerative Energien diese Rolle einnehmen können. Das wird nach Expertenmeinung weltweit noch mindestens 30 Jahre dauern.
Die weltweite Energienachfrage und der weltweite CO2-Ausstoß werden bis zum Jahre 2030 voraussichtlich dramatisch um rund 60 % steigen, so ein Zitat aus dem Grünbuch der Europäischen Union vom Frühjahr 2006. Diese Zahlen sind schockierend. Gerade deshalb müssen alle Maßnahmen unternommen werde, um es zu dieser Entwicklung nicht kommen zu lassen.
Deshalb ist die Richtlinie zur Abtrennung und geologischen Speicherung von CO2 wesentlicher Bestandteil des EU-Klimapaketes vom 17. Dezember 2008, wie im Antrag der FDP beschrieben.
Vier Zwanziger-Zahlen müssen wir uns merken und danach handeln: Die EU hat sich zum Ziel gesetzt, bis zum Jahre 2020 den Ausstoß von Treibhausgasen in der Union um 20 % zu reduzieren, den Anteil erneuerbarer Energiequellen auf 20 % zu steigern und die Energieeffizienz um 20 % zu erhöhen - so der Wortlaut der Überschrift zum EU-Klimapaket.
Die Staats- und Regierungschefs der Europäischen Union hatten sich bereits auf dem Gipfel 2007 dafür ausgesprochenen, bis zum Jahre 2015 zwölf Demonstrationsprojekte zu realisieren, und das kostet Geld. Nach einer ersten Abschätzung der CO2Erträge für etwa 300 Millionen € für frei handelbare Emissionszertifikate ab 2013 ist bis zum Jahre 2015 mit einem Ertrag von 6 Milliarden bis 9 Milliarden € zu rechnen, was ausreichen würde, neun oder zehn Demonstrationsprojekte zu finanzieren. An solche Größenordnungen von Investitionskosten müssen wir uns gewöhnen. Die Nabucco-Pipeline
Die umfangreichen erforderlichen Forschungsprojekte beinhalten die Sequestrierungstechnologie, die Erkundung und Bewertung von Lagerstätten, die Verdichtung des CO2-Gases zu Flüssig-CO2 und so weiter.
Unser Land sollte sich an solchen zukunftsweisenden Forschungsprojekten beteiligen. Sie dienen dem Ziel der verantwortlichen regionalen, nationalen und internationalen Energiepolitik und damit der Erfüllung der EU-Klimaschutzziele.
Ich danke Herrn Abgeordneten Ritzek. - Das Wort für die SPD-Fraktion hat nun Herr Abgeordneter Olaf Schulze.
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Lieber Kollege Ritzek, noch eine Zwanziger-Zahl: Auch CCS braucht noch gut 20 Jahre. Wenn Sie davon ausgehen, dass wir in 30 Jahren schon die erneuerbaren Energien haben, dann diskutieren wir noch einmal darüber, ob CCS wirklich so sinnvoll ist.
In Politik und Bevölkerung wird zurzeit intensiv über die sichere und günstige Energieversorgung der Zukunft, auch aus Klimaschutzgesichtspunkten, diskutiert. Vielfach werden dabei „CO2-freie“ Kraftwerke - wobei der Begriff „CO2-frei“ sicher unzutreffend ist - als Lösung angepriesen, und dies, obwohl die Kohlenstoffabscheidungstechnologie noch sehr lange nicht marktreif angeboten werden kann.
Nach intensiven Beratungen innerhalb meiner Partei kommen wir zu folgendem Fazit: Die CCSTechnologie ist insgesamt abzulehnen. Diesem Fazit schließe ich mich an; das gilt auch für die von der FDP vorgeschlagene Aufnahme eines EU-Forschungsprojektes am Standort Brunsbüttel und die Eignungsprüfungen geologischer Lagerstätten in Schleswig-Holstein. Schleswig-Holstein darf nicht zur CO2-Mülldeponie Deutschlands werden.
Der Bau neuer Kohlekraftwerke kann nicht mit dem Hinweis auf die spätere Einführung der CCSTechnologie zur Kompensation der CO2-Emissionen legitimiert werden. Die CCS-Technologie ist teuer, verschlechtert die Energieeffizienz und wird wenn überhaupt - viel zu spät zum Einsatz kommen.
„Aufgrund der Altersstruktur des deutschen Kraftwerksparks erscheint die CCS-Technologie als Übergangslösung gerade für die deutsche Klimaschutzstrategie besonders problematisch … Da die Technologie zu spät kommt, käme nur eine Nachrüstung infrage, die die Kosten noch einmal zusätzlich erhöht. Angesichts der ohnehin fraglichen Wettbewerbsfähigkeit erscheint neben der generellen Machbarkeit im großtechnischen Maßstab gerade die Strategie der Nachrüstung besonders fragwürdig.“
Ich habe den Eindruck, dass die CCS-Technologie zurzeit eher als Feigenblatt missbraucht wird, um weiter an großen Kohlekraftwerken festzuhalten und neue zu bauen.
Dabei wird der Schutzschild der Forschungsfreiheit auch zu CCS hochgehalten. Hier muss aber die Politik rechtzeitig und klar sagen, wohin sie staatliche Forschungsgelder lenken will, um keine Forschungssackgassen zu unterstützen. Professor Hohmeyer hat hier in Kiel dazu angemerkt, dass es ihn nicht verwundert, wenn Wissenschaftler heute Blankoschecks zu Forschungsergebnissen in 20 Jahren abgeben. Die Einlösung dieser Checks in 20 Jahren ist dann voraussichtlich die Aufgabe der nächsten Generation von Wissenschaftlern. Die gegenwärtig untersuchten Verfahren verursachten relativ hohe Kosten, hohe energetische Verluste. Bei der CCS-Technik würden bis zu 15 % Wirkungsgrad verloren gehen. Das würde bedeuten, dass die Effekte der neuen Kraftwerke gegenüber den alten gleich null wären. Außerdem steckten Sie noch in einem frühen Forschungsstadium.
Auch die Transporte von CO2 von den Kraftwerken zu den vorgesehenen Endlagern und die geologische Eignung solcher Endlagerstätten sind fragwürdig. Der Transport auf langen Strecken mit Lkw, Pipelines oder Schiffen ist unwirtschaftlich. Die gedachte Lagerung in entleerten Öl- und Gasfeldern setzt erhebliche und kostspielige geologi
Die Frage nach ausreichend geeigneten Lagerungskapazitäten ist darüber hinaus weltweit nicht geklärt. Deshalb gibt es auch keine verlässliche Einschätzung der möglichen Bedeutung von CCS für den globalen Klimaschutz. Die wirtschaftliche Erschließbarkeit und Nutzungsmöglichkeit von Lagerstätten hängt jedoch von einer Reihe geologischer Details, ökonomischer, rechtlicher und politischer Rahmenbedingungen sowie der gesellschaftlichen Akzeptanz ab. Die Reaktionen der Landräte der betroffenen Kreise sollten wir uns hier noch einmal vor Augen halten. Sie waren nicht gerade positiv; die Bedenken und Ängste in der Region, gerade in Ostholstein und Nordfriesland, sind extrem groß.
Faktisch ist nur eine wesentlich geringere Kapazität nutzbar, weil es Konkurrenz durch alternative Nutzungsformen wie Geothermie, saisonale Erdgasspeicher oder Druckluftspeicher als Energiespeicher gibt und weiter geben wird. Gerade hierfür brauchen wir diese Speicherformen und nicht für die ewige Lagerung von CO2.
Außerdem bestehen vor allem bei einer angedachten Lagerung für 1.000 bis 10.000 Jahre Sicherheitsrisiken. Wir wollen keine Kraftwerksdinosaurier, sondern wir setzen auf kleinere, dezentrale Kraftwerke. Sie bieten größere Flexibilität, geringere Leitungsverluste und leichtere Wärmenutzung. Deshalb sollten sich Forschung und Entwicklung auf diese Energieträger konzentrieren.
In diesem Zusammenhang ist es geradezu ein Hohn, wenn die Energieriesen nun staatliches Engagement in Höhe von 6,5 Milliarden € für den Aufbau einer Infrastruktur zur CO2-Abtrennung und -speicherung fordern. Bundesumweltminister Sigmar Gabriel, dessen Haltung zu CCS ich ansonsten nicht teile, hat die Forderungen zu Recht rigoros zurückgewiesen.
Das bisher angepeilte Zieljahr 2020 für die kommerzielle Verfügbarkeit im Kraftwerksmaßstab gilt in Fachkreisen als äußerst ambitioniert und kommt ohnehin für den Großteil der deutschen Kraftwerkneubauten zu spät. Wegen der vielen geplanten neuen Kraftwerkbauten müsste die Einführung von CCS so schnell wie möglich erfolgen, da sich sonst das Zeitfenster hierfür schließt und für viele Dekaden verschlossen bleibt. Schon aus der zeitlichen Betrachtung heraus kann CCS deshalb kein Argument für neue Kohlekraftwerke sein.