Protokoll der Sitzung vom 27.03.2009

(Lars Harms)

war? Ich kann mir nicht vorstellen, dass jetzt noch ganz neue Lösungen erfunden werden.

Wir sollten das jetzt so machen, und zwar möglichst schnell, sonst wäre das ein ganz schlechtes Signal für die Problemlösungsfähigkeit der Politik. Die großen Parteien haben die Verantwortung, das hinzubekommen. Deshalb appelliere ich an alle, dem jetzt zuzustimmen und nicht solche Scheingefechte an der Seite zu führen. Das kann und sollte geschehen, das ist eine gute Lösung, die für alle Beteiligten in Ordnung ist.

(Beifall bei der SPD und des Abgeordneten Lars Harms [SSW])

Ebenfalls für einen Beitrag nach § 56 Abs. 4 der Geschäftsordnung erhält Herr Abgeordneter KarlMartin Hentschel das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Wir haben den Antrag gestellt, weil wir bei der Arbeitsverwaltung Probleme sehen und weil es mit Hartz IV Probleme gibt, weil es eine Prozesslawine gibt, die gerade die Sozialgerichte überläuft. Auch viele Richter sagen, das liege daran, dass die Berater vor Ort unflexibel seien, weil sie Anweisungen aus Nürnberg kriegten, die der Realität vor Ort nicht entsprächen und so weiter. Wir haben massive Probleme mit einem Gesetz, das die Grünen selbst mit verabschiedet haben. Wenn das so ist, muss man den Mut haben, Konsequenzen daraus zu ziehen und nachzusteuern.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Herr Abgeordneter, erlauben Sie eine Zwischenfrage der Frau Abgeordneten Langner?

Herr Kollege, gibt es bei den Optionskommunen keine Prozesse und keine Schwierigkeiten bei der Umsetzung?

- Ich habe ja gerade gesagt, wir haben Regelungen, die überprüft werden und mit denen wir arbeiten müssen. Aber ich höre, dass die Optionskommu

nen flexibler auf die Situation von Arbeitslosen eingehen. Das ist gut.

(Wolfgang Baasch [SPD]: Gibt es da weniger Prozesse oder mehr?)

- Du kannst dich wieder melden.

(Peter Eichstädt [SPD]: Die Frage ist nicht beantwortet!)

Wir haben früher, als die Sozialhilfe vor Ort war, eine sehr flexible Handhabung von Notsituationen gehabt. Ich weiß aus der kommunalen Arbeit, wie flexibel teilweise von den Bürgermeistern auf Notsituationen von Familien eingegangen werden konnte, wie kurzfristig Geld überwiesen werden konnte, wie Wohnungen bereitgestellt werden konnten und so weiter. Diese Dinge kann die ARGE in keiner Weise leisten. Das bedauere ich sehr.

Wir brauchen eine neue Regelung. Bei dieser neuen Regelung sollten die Kommunen die führende Rolle haben. Die Rolle der Arbeitsagentur als eine Institution, die die Arbeitszentrale steuert, ist meiner Ansicht nach falsch. Richtig wäre es, wenn die Agentur auf das zurückgeführt wird, was sie zentral leisten muss: Sie soll die Arbeitslosenversicherung führen, aber die Abwicklung vor Ort soll von den Kommunen durchgeführt werden, natürlich auch beim ALG I, auch die Beratung kann vor Ort durchgeführt werden. Außerdem soll die Agentur als Dienstleister für die Kommunen Instrumentarien wie Software bereitstellen, sie muss Instrumentarien für überregionale Arbeitsangebote bereitstellen. Das ist sinnvoll.

(Konrad Nabel [SPD]: Das ist doch wieder eine Mischfinanzierung! - Claus Ehlers [CDU]: Weiter so, Konny!)

Aber die Führung, Verwaltung und Organisation muss flexibel vor Ort sein, weil die Bürgermeister, die Verwaltung ihren Bürgern gegenüber verantwortlich sind. Deshalb ist es sinnvoll, dass das vor Ort organisiert wird.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Anke Spoorendonk hat richtigerweise auf Dänemark hingewiesen. Auch die haben eine zentrale Arbeitslosenkasse, aber die Verwaltung der Sozialangelegenheiten findet vor Ort, in den Kommunen statt. Das findet eine wesentlich höhere Akzeptanz bei den Bürgern. Deswegen bin ich überzeugt, dass eine dezentrale Lösung eine Lösung im Interesse der Menschen und Bürger ist, und das ist doch genau das, was wir leisten müssen: Wir müssen im Interesse der Bürger -

(Dr. Ralf Stegner)

Kommen Sie bitte zum Schluss, Herr Abgeordneter!

Ja, ich komme zum Schluss. - Wir müssen das im Interesse der Bürger organisieren, damit die traurigen Zustände, die wir in Bezug auf Hartz IV zurzeit haben, endlich aufhören.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Das Wort zu einem weiteren Beitrag nach § 56 Abs. 4 der Geschäftsordnung erhält Herr Abgeordneter Dr. Heiner Garg.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen! Liebe Kollegen! Kollege Stegner, die Scheingefechte, wie Sie sie in Bezug auf den Antrag der Grünen nannten, wurden ja erst möglich, weil Teile der Großen Koalition in Berlin diese Verantwortung nicht gezeigt haben, weil Teile der Großen Koalition in Berlin offensichtlich keine Führungskraft bewiesen haben, weil Teile der Großen Koalition in Berlin genau die Lösung, die wir brauchen, offensichtlich auf die lange Bank schieben wollen und dann genau das eintritt, was wir alle verhindern wollen, dass Arbeitsuchende in Zukunft wieder zwischen unterschiedlichen Behörden hin- und hergeschoben werden.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Nur deswegen ist dieses „Scheingefecht“ überhaupt erst möglich geworden.

Kollege Hentschel, ich würde an zwei Stellen genauer trennen. Ich würde den Problemkreis Neuorganisation, wie er in Ihrem Antrag anklingt, trennen von der Nachsteuerung bei der SGB-II-Regelung. Das sind zwar zwei zusammenhängende Problemkreise, die aber getrennt gelöst werden müssen. Dass wir eine Nachsteuerung bei der SGB-II-Gesetzgebung brauchen, darüber sind wir uns alle im Klaren, weil wir mit Sicherheit auf Dauer nicht mit dieser Prozessflut leben wollen, können und auch nicht dürfen.

Zum Abstimmungsverhalten meiner Fraktion möchte ich sagen: Wir werden dem Antrag, wenn Abstimmung in der Sache verlangt wird, nicht zustimmen, weil - das habe ich in meinem ersten Re

debeitrag deutlich gemacht - der Antrag kein Beitrag zur Verbesserung ist. Er wäre ein Beitrag zur Diskussion gewesen. Wir können uns im Rahmen des Selbstbefassungsrechts des Ausschusses jederzeit mit dieser Problematik befassen, und ich rege an, genau dies zu tun, damit wir zu einer ordentlichen Lösung kommen.

(Beifall bei FDP, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN und SSW)

Das Wort für einen Beitrag nach § 56 Abs. 4 der Geschäftsordnung hat jetzt Herr Abgeordneter Torsten Geerdts.

Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich möchte einige Sätze zum Fraktionsvorsitzenden der SPD sagen, der uns aufgefordert hat, all das mitzutragen, was schon irgendwo einmal ausverhandelt worden ist. Herr Stegner, ich erinnere mich gern an viele Gespräche in den letzten Wochen, in denen Sie es waren, der immer gesagt hat: Ein Parlament muss sehr selbstbewusst sein.

(Beifall bei CDU, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN und SSW)

Ich finde, der Schleswig-Holsteinische Landtag muss bei dieser Thematik sehr selbstbewusst sein und kritisch hinterfragen, was auf Bundesebene ausgehandelt worden ist und welche Wirkungen es auf das Land Schleswig-Holstein insgesamt haben wird.

Die CDU im Schleswig-Holsteinischen Landtag und auf Bundesebene ist kompromissbereit, auch was den vorgelegten Gesetzentwurf angeht. Aber wir nennen auch die beiden Bedingungen: Erstens eine deutliche Entbürokratisierung, und zweitens dürfen wir das Thema Optionskommunen nicht verbauen. Wir halten sie nämlich für erfolgreich und machen das Thema jetzt nicht dicht.

(Beifall bei CDU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wir sind kompromissbereit, das sollten auch die Sozialdemokraten sein. Wir brauchen eine schnelle Lösung, aber bei aller Pflicht, schnell zu handeln, darf es keine Einigung um jeden Preis geben, weil das zulasten der Arbeitslosen in Deutschland ginge.

(Beifall bei CDU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Für die Landesregierung erhält jetzt Herr Abgeordneter Uwe Döring das Wort. - Entschuldigung, Herr Minister Uwe Döring. Und da stöhnt keiner auf. Herr Minister, Sie sind uns als Abgeordneter noch so nahe, daran liegt mein Versprecher vielleicht.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Nur einige kurze Anmerkungen! Herr Hentschel, ich kann die pauschale Beschimpfung der ARGEn nicht akzeptieren. Es gibt ausgesprochen gute Jobcenter, die unter schwierigen Bedingungen eine gute Arbeit leisten und die sich bemühen, Leistungen genauso schnell an den Mann, an die Frau zu bringen, wie das früher die Sozialhilfeämter gemacht haben. Auch über Sozialhilfeämter ist viel geklagt worden. Jetzt tun Sie nicht so, dass eine sei das Tolle und die anderen bemühten sich nicht! Es gibt sehr gute Jobcenter, und den Menschen ist dafür zu danken.

(Beifall bei SPD und FDP)

Sie sagen, das solle hier nicht durchgepeitscht werden. - Meine Güte! Seit einem Jahr wird das diskutiert! Wo waren Sie denn von den Grünen und vom SSW? Wo waren Sie denn in der Zeit? Sie können doch nicht so tun, als ob das ganz neu ist. - Ja, Sie haben lauter Anträge gestellt, aber -

(Karl-Martin Hentschel [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ja, wir haben Anträge gestellt! Die haben Sie abgelehnt! Da waren wir! Und wo waren Sie? Sie haben einen Kompromiss ausgehandelt!)

- Herr Hentschel, ich sage ja -

Herr Abgeordneter Hentschel, Sie können sich zu Wort melden.

Herr Hentschel, Sie haben gedacht, wir haben gehandelt. Das ist der Unterschied. Meistens beruhen Ihre wohlmeinenden Anträge ja auf einem erheblichen Erkenntnisdefizit.

Ich muss das an einem anderen Punkt konkretisieren. Sie sagen, die Prozesslawine habe etwas mit der Organisation zu tun. Dummes Zeug! - Entschuldigung. Es sind die Inhalte. Darüber haben wir dis

kutiert. Wir wollen gemeinsam versuchen, etwas daran zu ändern, etwas zu verbessern. Es ist aber im Wesentlichen nicht die Organisation.