Protokoll der Sitzung vom 08.05.2009

Wenn ich den Namen AidA nicht genannt habe, wenn Sie den Zusammenhang selbst nicht verstehen, sage ich jetzt einmal: Das entspricht dem AidA-Modell - damit Sie es verstehen.

(Dr. Johann Wadephul [CDU]: Das war zu hochschwellig!)

Weiter habe ich ausgeführt, welches die Bedingungen sind, mit denen der Ministerpräsident in diese Gespräche gegangen ist -

(Zuruf der Abgeordneten Monika Heinold [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

- Frau Heinold, wir legen Wert auf eine breite Definition für einlieferbare Aktiva. Das ist eben anders als das Zweckgesellschaftsmodell, das der Bund favorisiert hat. Wir wollen geringere regulatorische Vorschriften, erleichterte Bilanzierungsvorschriften zur Vermeidung von Abwertungen und die Refinanzierungsmöglichkeiten durch den Bund und den SoFFin.

Ebenso habe ich ausgeführt - das können Sie bitte noch einmal im Protokoll nachlesen, ich muss es Ihnen nicht zweimal vorlesen -, welches denn die Bedingungen der Landesregierung für konkrete Verhandlungen über einzelne Modelle von Landesbanken sind.

Ich bin schon sehr verwundert, dass Sie sagen, Sie wüssten von gar nichts - Sie hätten keine Ahnung, weil die Landesregierung Sie nicht informiere, Sie könnten auch nicht wissen, wie hoch die Risiken sind, die in den ganzen Landesbanken schlummerten -, aber am vergangenen Mittwoch konkret einen

(Monika Heinold)

Vorschlag gemacht haben, in dem Sie sagen: Wir wollen die Bank deutscher Länder. Ich kann mich nur wundern, dass Sie das einfach so sagen, obwohl Sie doch offensichtlich überhaupt keine Zusammenhänge kennen. Heute stellen Sie sich übrigens hin und sagen: Wir wollen die Bank deutscher Länder, und dann sollen sich die Länder daraus zurückziehen. Das passt alles irgendwie nicht zusammen.

(Zurufe der Abgeordneten Wolfgang Kubicki [FDP] und Monika Heinold [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Ich nenne Ihnen nur einmal einen Punkt der Diskussion, den ich für bedeutungsvoll halte: Wenn Sie die Bilanzen der Landesbanken addieren - und das kann zunächst einmal nur diese Bank deutscher Länder darstellen -, hat sie ein Volumen von etwa 2 Billionen €. Dann ist es die fünftgrößte Bank in Europa, in der Größenordnung der Deutschen Bank.

(Frank Sauter [CDU]: Größer!)

Sie haben den Vorschlag gemacht, so etwas jetzt gründen zu wollen, und dann ist diese Bank in den Händen von 16 Ländern und dem Bund. Ich frage das ist das, was der Kollege Kubicki vorhin auch eingewendet hat -: Wie kriegen wir dann unsere Vermögenswerte möglicherweise wieder heraus? Das muss Gegenstand von Diskussionen sein. Deshalb müssen diese Fakten, die ich Ihnen seit langer Zeit immer wieder aufzeige, die mit großer Sorgfalt erarbeitet werden müssen, bekannt sein, bevor man sich überhaupt auf ganz konkrete Modelle verständigen kann.

Worauf wir uns heute verständigen können, worauf wir uns verständigen müssen und worauf wir, Herr Ministerpräsident und ich, seit Beginn der Finanzkrise - zweite Stufe, seit der Lehman-Pleite - hingewiesen haben, ist, dass wir zu einer Veränderung der Struktur der Landesbanken in erheblicher Weise kommen müssen. Das können Sie in der Regierungserklärung vom November 2008 nachlesen. Dass wir darüber reden, sobald diskutierfähige Unterlagen auf dem Tisch liegen, ist völlig klar. Darüber brauchen wir uns überhaupt nicht zu streiten. Aber diese müssen erst einmal da sein, damit man über konkrete Maßnahmen reden kann und damit man nicht einfach wie Sie einmal schnell aus der Hüfte eine Empfehlung gibt und sagt: Wir wollen eine solche Bank einrichten, ohne zu wissen, was denn dahintersteckt.

(Beifall bei der CDU)

Die weitere Redezeit für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN beträgt 15 Minuten, die Redezeit für alle Übrigen 20 Minuten.

Zum Zweiten will ich darauf hinweisen, dass sich wiederholte Mahnungen, ob ein Abgeordneter zuhört oder nicht, erübrigen; denn das ist in die Entscheidungshoheit jedes Einzelnen gestellt.

Das Wort hat Herr Abgeordneter Wolfgang Kubicki.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Debatte hinterlässt vermutlich mehr Verwirrung, als dass sie zur Klarheit beiträgt. Der Ministerpräsident erklärt, man führe seit geraumer Zeit mit anderen Landesbanken Gespräche über eine Restrukturierung. Der Finanzminister erklärt uns gerade, solche Gespräche seien gegenwärtig sinnlos, weil man noch keine tragfähigen Zahlen habe.

(Zuruf von der CDU)

- Das ist so. Er hat gerade Frau Heinold gegenüber gesagt, das sei gegenwärtig relativ sinnlos. Wir können das gern im Protokoll nachlesen. Herr Kollege Dr. Wadephul, ich finde es mittlerweile ziemlich komisch,

(Dr. Johann Wadephul [CDU]: Ich finde es auch komisch!)

weil wir uns in der Diskussion auch mit der Frage der Logik beschäftigen müssen.

Herr Finanzminister, als Sie im November und im Dezember erklärten, dass die Landesbankenstruktur eine neue Form erhalten müsse, war das nicht mit der Erklärung versehen worden, dass es zu Fusionen oder Zusammenschlüssen kommen solle, sondern mit der ausdrücklichen Erklärung, dass die HSH Nordbank diejenige Bank sei, die mit einem tragfähigen Geschäftsmodell bewiesen habe, dass sie am Markt überlebensfähig sei. Herr Finanzminister, übrigens war auch diese Erklärung uns gegenüber - die HSH Nordbank verfüge über ein tragfähiges Geschäftsmodell, das ihre langfristige Überlebensfähigkeit sichere - die Grundlage der Entschließung des Landtags, der HSH Nordbank 3 Milliarden € neues Eigenkapital zuzuführen.

Mir stellt sich in der heutigen Diskussion die Frage, warum Sie jetzt - wie ich höre und was ich aus anderen Gründen vernünftig finde - so vehement beim Bund dafür eintreten, dass er sich an der Risikoabschirmung beteiligen möge. Haben Sie Sorge, dass

(Minister Rainer Wiegard)

bei der HSH Nordbank noch weitere Risiken schlummern, die sie möglicherweise nicht selbst tragen kann? Dann war die Unterrichtung gegenüber dem Landtag im April dieses Jahres unzureichend, um es freundlich zu formulieren.

Herr Finanzminister, wir haben mit der Antwort auf Frage 3 von Ihnen genau das erwartet, was bisher nur ansatzweise erfolgt ist: Uns zu erklären, wie und in welcher Rechtsform aus Ihrer Sicht ein Zusammenschluss der Landesbanken, auf welcher tragfähigen Grundlage auch immer, möglich sein soll. Sie müssen doch eine Idee vom weiteren Vorgehen haben. Sollen wir zu den anderen Ministerpräsidenten gehen und sie auffordern, ihre Landesbanken in Aktiengesellschaften umzuwandeln, damit wir über einen Aktientausch oder über andere Fusionsmodelle dazu kommen, eine gemeinsame Einrichtung zu erhalten? Oder sollen wir uns überlegen, wie wir unsere Anteile an der Bank nutzen, um einen Rechtsformwandel bei der Bank hinzubekommen?

Noch einmal: Den Zusammenschluss einer AG mit einem öffentlich-rechtlichen Institut bekommen Sie nicht hin. Also müssen Sie sich doch die Frage stellen, was dann geschieht, wenn die anderen sagen, es müsse öffentlich-rechtlich bleiben. Wie kriegen wir dann Herrn Flowers und die Sparkassen als Anteilseigner aus der HSH Nordbank heraus, damit wir zu den weiterführenden Modellen, die ja eine Rolle spielen, kommen können? Sie müssen sich bitte überlegen: Wie kriegen wir Herrn Flowers heraus? Das wird nicht kostenlos und - das kann ich Ihnen jetzt schon sagen - auch nicht mit Enteignung möglich sein. Sie müssen vorher die alternativen Szenarien durchspielen, auch wegen der erheblichen Auswirkungen auf den Landeshaushalt Schleswig-Holsteins.

(Beifall bei FDP, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN und SSW – Zuruf des Abgeordneten Dr. Johann Wadephul [CDU])

- Herr Kollege Wadepuhl, ich weiß nicht, wie Sie das als Anwalt machen. Ich bin es gewohnt, bevor ich in einen Prozess gehe, mir die verschiedenen Varianten zu überlegen und zu fragen, wie ich auf das eine oder das andere Szenario reagiere - übrigens etwas, was wir von der Bank mit der Vorlage des Berichts auch erwartet haben.

(Dr. Johann Wadephul [CDU]: Aber nicht coram publico!)

Wie sieht das Stressszenario aus? Was passiert, wenn A, B oder C eintritt? Bisher habe ich nicht den Eindruck - Herr Kollege Wadephul, es mag ja

sein, dass es bei Ihnen anders ist -, dass diese durchgreifenden Überlegungen im Haus des Finanzministers angestellt worden sind. Bevor man sie aber nicht angestellt hat, kann man auch keine sinnvolle Aussage dazu trefffen, wie man sich positionieren will.

(Beifall bei FDP, SSW und der Abgeordne- ten Angelika Birk [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN])

Die Einflussmöglichkeiten des Landes SchleswigHolstein in einer künftigen - größeren - Bank werden deutlich geringer sein als gegenwärtig in der HSH Nordbank. Das ist logisch. Deshalb müssen Sie sich die Frage stellen: Was passiert eigentlich mit den Vermögenswerten, die eingebracht worden sind? In einer öffentlich-rechtlichen Struktur bekommen wir das eingezahlte Kapital nicht wieder, weil es - entgegen Ihrer doch weitreichenden Überlegung der Wertaufholung - keinen Gang an die Börse geben wird und mithin keine Aktien, die verkauft werden könnten. Damit kann auch kein Rückfluss an die Landeskasse erfolgen. Dann sagen Sie doch dem schleswig-holsteinischen Steuerzahler, dass er dauerhaft auf die zweieinhalb Milliarden €, die in der gegenwärtigen Krise zur Stützung der HSH Nordbank eingespielt werden, verzichten darf, und zwar dauerhaft.

Sehen Sie sich die Überlegungen des Bundes an; diese sind nachzulesen. Der Bundesfinanzminister hat gestern entsprechende Erklärungen abgegeben, sowohl gegenüber Ihrer Bundestagsfraktion als auch gegenüber der Fraktion der SPD. Das Modell der kleinen „Bad Bank“ bedeutet, dass - jedenfalls in den nächsten 20 Jahren - Ausschüttungen an die Anteilseigner der Landesbanken, die davon Gebrauch machen, nicht erfolgen werden.

Auch das darf ich Ihnen sagen: Die Experten nicht nur des Bundesfinanzministeriums, sondern auch der BaFin gehen davon aus, dass die „BadBank“-Lösung nur von der Commerzbank, der schwer angeschlagenen Immobilienbank Hypo Real Estate sowie den Landesbanken HSH Nordbank und WestLB in Anspruch genommen werden dürfte. Das hat etwas damit zu tun, dass sich - entgegen Ihrer Behauptung die HSH Nordbank mit „Schrottpapieren“ bis über die Halskrause hinaus vollgesogen hat. Das wissen Sie, das weiß ich auch. Entsprechende Erklärungen werden den Bundestagsfraktionen - nicht nur denen von CDU und SPD, sondern auch meiner eigenen gegenüber - in den jeweiligen Erörterungen unisono abgegeben. Also tun Sie doch nicht so, als sei das alles heile Welt. Erklären Sie schlicht und ergreifend, wie Sie

(Wolfgang Kubicki)

bei einem solchen Modell die Einflussmöglichkeiten und den Vermögensschutz gewährleisten wollen!

Die nächste Frage ist: Haben wir überhaupt eine Alternative? - Ich sage Ihnen: Der Bund wird Ihnen das Stöckchen hinhalten und sagen: Springen Sie! – Wir können sagen: Das machen wir nicht. - Dann sagt der Bund: In Ordnung, dann nehmt ihr an dem Modell nicht teil.

Wenn wir aber an dem Modell nicht teilnehmen, müssen Sie uns doch jetzt sagen, was dann eigentlich passiert. Gibt es die Notwendigkeit, unbedingt daran teilzunehmen, oder haben wir Freiheitsgrade, daran nicht teilzunehmen? - Das ist auch eine Frage, die Sie beantworten müssen. Die bisherige Erklärung, Sie seien mannhaft dabei, den Bund oder die anderen Länder von irgendetwas zu überzeugen, findet ja nur noch in diesem Hohen Haus Widerhall. Außerhalb der Grenzen Schleswig-Holsteins löst das Lachsalven aus. Wenn ich sage, dass ich von meinem Finanzminister dieses oder jenes höre, dann höre ich aus Berlin: Das ist ja toll! – Herrn Kollegen Stegner wird es ähnlich gehen; er ist zurückhaltend genug, wie ich gehört habe, das zu erklären. Aber fragen Sie einmal den Bundesfinanzminister, was er von den Erklärungen hier hält. Fragen Sie einmal Ihre eigene Bundestagsfraktion, was sie davon hält.

Obwohl wir, wie ich denke, in dem Ziel, den Landeshaushalt möglichst zu schonen und möglichst hohe Erträge aus dem Vermögen, das wir eingesetzt haben, zu erzielen, hohe Übereinstimmung haben, sind wir, was ich sehr bedauere, nicht in der Lage, eine Konzeption zu entwickeln, Interessen zu formulieren, die dann auch gemeinsam durchgesetzt werden können. Ich bedauere das auch deshalb, weil ich sehe, dass das in anderen Ländern möglich ist.

Ich sitze in einer entsprechenden Arbeitsgruppe meiner eigenen Partei. Sie wissen, dass wir in fünf Landesregierungen gemeinsam mit der Union vertreten sind. Diese Landesregierungen entwickeln Konzepte und setzen sie im Zweifel auch durch. Sie fragen aber immer wieder nach der Position Schleswig-Holsteins. Dann sage ich: Das weiß ich nicht. Ich höre immer wieder, der Bank gehe es gut. Wir schafften das allein. - Wenn ich dann gefragt werde, warum wir an einer „Bad-Bank“-Lösung teilnehmen wollen, sage ich: Weil es nach meiner Auffassung der Bank vielleicht doch nicht ganz so gutgeht.

(Zuruf von Ministerin Ute Erdsiek-Rave)

- Das ist ein schwaches Bild, Frau Ministerin. Ausgerechnet Sie müssen so etwas erklären. Ausgerechnet Sie!

(Zuruf von Ministerin Ute Erdsiek-Rave)

- Das sage ich Ihnen im Juni, in der nächsten Debatte. Ihre dauernden Erklärungen Ihrer hervorragenden Bildungspolitik scheitern an der Wirklichkeit. Aber lassen wir das.

Die spannende Frage wird sein - das haben wir jetzt als Dauerthema -: Wie gehen wir mit dem um, was in den nächsten Wochen und Monaten passiert? Das Downgrading von S & P war nur der Anfang. Das habe ich Ihnen im vergangenen Jahr schon gesagt. Sie werden wegen der Klumpenrisiken aus Immobilien- und Schiffsfinanzierungen in den nächsten Wochen und Monaten richtig etwas auf die Ohren bekommen. Dann haben wir, wie gesagt, keine Handlungsalternativen mehr. Ich bedauere, dass es nicht vorher zu einer vernünftigen Lösung gekommen ist.

(Beifall bei FDP, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN und SSW)

Ich erteile Herrn Abgeordneten Karl-Martin Hentschel das Wort.