Ich will daran erinnern: Am 29. November 2006 haben CDU und SPD beschlossen, die Ladenöffnungszeiten zu liberalisieren. In diesem Hohen Haus fand das Gesetz breiten Rückhalt. Alle Fraktionen und der SSW waren und sind sich nach wie vor darüber einig - auch wenn unser Koalitionspartner nach seinem Parteitag in Elmshorn offenbar wieder einmal den Rückwärtsgang einlegen will. Alle Fraktionen stimmten zu - alle, bis auf die Grünen. Am liebsten würde ich mir die Zeit nehmen, Ihre gesamte Rede von damals zu zitieren, Herr Kollege Matthiessen; er ist leider nicht hier.
Aus Zeitgründen beschränke ich mich auf ein paar Highlights. Mit Erlaubnis des Präsidiums Zitat Matthiessen:
„Diese sogenannte Liberalisierung der Ladenöffnungszeiten macht nicht frei, sondern wir unterwerfen uns damit einem unbegrenzten Ökonomismus.“
„Wir erschließen uns uneingeschränkte Einkaufserlebniswelten bei gleichzeitiger kultureller Verarmung.“
Herr Kollege Matthiessen, das waren starke Worte gegen Konsum, Kaufrausch und Kapitalismus. Ich begrüße ausdrücklich, dass Ihre Parteifreundin Monika Heinold mit ihrem Antrag jetzt ein Zeichen der Besserung aussendet. Sie hat offenbar begriffen, dass die verantwortungsvolle Liberalisierung der Ladenöffnungszeiten auch positive wirtschaftliche Impulse bringen kann.
Dennoch wird die CDU Ihrem Anliegen so nicht einfach zustimmen; denn die Forderung der Grünen - mehr verkaufsoffene Sonntage - ist aus formalen, aus ökonomischen, aber auch aus kulturellen Gründen abzulehnen. Die Landeshauptstadt Kiel ist bei Weitem nicht so touristisch geprägt, wie es beispielsweise Westerland ist. Kiel hat viele schöne Facetten, aber eine reine Tourismusstadt ist sie nicht - daran ändern auch die zahlreichen Kreuzfahrtschiffe nichts. Aus unserer Sicht kann also schwerlich eine Rechtfertigung für zusätzliche Sonntagsöffnungsöffnungen abgeleitet werden. Der Herr Wirtschaftsminister hat das soeben erläutert.
Das Gleiche gilt für die Beschränkung auf die Kieler Innenstadt. Die Grünen können sich gern eine Definition der Innenstadt wünschen. Aber warum sollte man am Sonntag nur dort einkaufen gehen dürfen? Das wäre ein klarer Wettbewerbsvorteil gegenüber anderen Einzelhändlern in Kiel selbst, aber auch in den umliegenden Städten und deswegen kaum durchzuhalten.
Aus ökonomischer Sicht lässt sich ein weiteres Gegenargument finden: Lediglich ein Plus von 250.000 € Kaufkraft pro Sonntag ist laut der schon zitierten Studie zu erwarten. Das ist im Durchschnitt gut 1 € für jeden Kieler. Aus meiner Sicht stehen diese Summen in keinem Verhältnis zu der Bedeutung des Verlustes des Sonntags als Ruheund Familientag.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich weiß, wir haben Ausnahmen bei der Öffnung an Sonntagen beschlossen. Diese Ausnahmen haben wir aber auf vier Sonntage begrenzt. Das ist eine gute und vertretbare Lösung. Auch die Freiheiten, die die Bäderregelung gewährt, gelten nur dort, wo der Tourismus eine herausragende Rolle spielt.
Wir haben auch als christliche Partei beim Ladenöffnungszeitengesetz und bei der Bäderregelung eine verantwortungsbewusste Abwägung vorgenommen. Die Bedeutung des Sonntags als Feiertag hat aus unserer Sicht Vorrang vor ökonomisch moti
Ich komme auf die Bäderregelung zu sprechen. In Kur- und Erholungsorten haben wir mit der Bäderregelung Ausnahmen zur Versorgung der Touristen zugelassen. Das juristische Vorgehen der Kirche allerdings gegen die Bäderregelung in Mecklenburg-Vorpommern zeigt: Wir dürfen und sollten diese Ausnahmen nicht überziehen; denn es besteht die Gefahr, dass dann die gesamte Bäderregelung juristisch fiele. Damit würden wir dem Tourismus in Schleswig-Holstein insgesamt einen Bärendienst erweisen.
Alle diese Gründe sprechen gegen die angesprochene Ausweitung der Öffnungszeiten in der Kieler Innenstadt.
Ich will abschließend gern darauf hinweisen, dass selbst die Interessenvertretung der Wirtschaft diesen Vorstoß ablehnt. Ich zitiere - mit der Genehmigung des Präsidiums - aus der Stellungnahme der IHK zu Kiel:
„Sonntagsöffnungen sind mit erheblichen Mehrkosten für die Händler, vor allem im Personalbereich, verbunden … Nach unseren Schätzungen reicht das in der Studie ermittelte Potenzial gerade einmal aus, um bestenfalls drei bis vier größere Warenhäuser beziehungsweise Facheinzelhändler auszulasten.“
Liebe Kollegin Heinold, lieber Kollege Matthiessen, es tut mir leid, dass wir Ihnen bei der Suche nach ökonomischer Vernunft an dieser Stelle einen solchen kleinen Schlag versetzen mussten. Aber in diesem Fall sprechen die Fakten eindeutig gegen eine weitere Liberalisierung im Ladenschlussbereich. Ich hoffe dennoch inständig, dass die Grünen ihre Lernbemühungen auch in anderen Bereichen der Wirtschaftspolitik nicht einstellen und sich weiter auf die CDU-Wirtschaftspolitik zubewegen werden.
Ich danke Herrn Abgeordneten Johannes Callsen. Für die SPD-Fraktion erteile ich das Wort Herrn Abgeordneten Peter Eichstädt.
erbeten, offensichtlich um zu klären, ob zusätzliche Öffnungszeiten an Sonntagen nach § 9 Abs. 1 Ziffer 2 des Ladenöffnungszeitengesetzes möglich sind oder möglich gemacht werden sollen. Das allein ist erstaunlich. BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN haben hier offensichtlich einen rasanten Kurswechsel hinter sich. Offensichtlich ist das Zitat so bemerkenswert, dass es auch mir aufgefallen ist. Deshalb will ich es hier nicht wiederholen.
Aber wenn Herr Matthiessen seinerzeit von „unbegrenztem Ökonomismus“ sprach und seinen heftigen Widerstand gegen unser damals fast gemeinsam beschlossenes Gesetz ankündigte, dann ist es schon bemerkenswert, dass wir uns heute hier so ziemlich mit dem Gegenteil auseinanderzusetzen haben.
„Diese sogenannte Liberalisierung der Ladenöffnungszeiten macht nicht frei, sondern wir unterwerfen uns damit einem unbegrenzten Ökonomismus.“
Anlass für den Antrag war offensichtlich eine Aussage der CIMA, nach der zusätzliche Potenziale im Einzelhandel zu erschließen seien, indem die Kaufkraft der Passagierinnen und Passagiere von Kreuzfahrtschiffen an Sonntagen genutzt werden könne. Ob das Gutachten das tatsächlich ausweist, ist allerdings fraglich. Der Herr Minister hat dazu erfreulich deutliche Worte gesagt.
Selbst die IHK Kiel hat in einer Presseerklärung vom 20. Mai gegen eine Erweiterung der Öffnungsregelung an Sonntagen gesprochen:
„Das in einem Gutachten präsentierte zusätzliche Umsatzpotenzial an Sonntagen ist keinesfalls ausreichend, um ganzjährige und auch nur auf die Kreuzfahrersaison beschränkte Sonntagsöffnungszeiten zu rechtfertigen … Nach unseren Schätzungen reicht das in der Studie ermittelte Potenzial gerade einmal aus, um bestenfalls drei bis vier grö
Das vom Schleswig-Holsteinischen Landtag zum 1. Dezember - pünktlich zu Weihnachten - verabschiedete Ladenöffnungszeitengesetz lässt zwei Möglichkeiten, das Öffnen von Geschäften an Sonntagen zu gestatten. Zum einen ist es der § 5, der es an bis zu vier Sonntagen gestattet, in Verbindung mit besonderen Ereignissen regional begrenzt zu öffnen. Hiervon macht die Stadt Kiel Gebrauch wie ich meine, sogar über das gesetzlich zulässige Maß hinaus. Man hat einmal mit zwölf angefangen und sich dann auf sieben geeinigt. Das ist sicherlich richtig; Herr Minister, Sie haben vorhin schon die sieben Finger hochgehalten. Aber „sieben“ ist nicht „vier“, und im Gesetz steht nun einmal „vier“. Von daher ist das eine sehr großzügige Regelung, die wir durchaus mit Bauchschmerzen beobachten.
Die zweite Möglichkeit ist eine Ausweitung der Bäderregelung nach § 9 Abs. 1; das ist hier bereits ausführlich dargestellt worden. Diese Bäderregelung ist, wie wir wissen, verfassungsrechtlich durchaus umstritten. Wir haben bei der letzten Beratung dieser Bäderregelung als SPD-Fraktion gesagt, dass wir jede über die jetzt bestehende Öffnung an Sonntagen und über die genannten Orte hinausgehende Regelung ablehnen. Die SPD-Fraktion hat seinerzeit eine Liberalisierung des Ladenöffnungszeitengesetzes im Jahr 2007 mitgetragen. Seitdem können in Schleswig-Holstein die Geschäfte Montag bis Samstag rund um die Uhr öffnen - wohlgemerkt sie können, müssen es nicht, und sie tun es auch nicht. Das ist meiner Fraktion seinerzeit durchaus nicht leichtgefallen. Natürlich bedeutet es auch, dass Arbeitnehmerinnen und -nehmer zu Zeiten arbeiten müssen, zu denen sie lieber in ihren Familien wären. Aber das alte Ladenschlussgesetz war nicht mehr zeitgemäß. Das haben wir akzeptiert.
Die Zustimmung zu diesem Gesetz war mit der Erwartung verbunden, berechtigte Ansprüche, die sich aus der veränderten Arbeitszeit für viele Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer ergeben, einvernehmlich in Tarifverträgen zu regeln.
Wir wollten damit auch denjenigen Rechnung tragen, die in den christlichen Kirchen Wert auf einen Schutz des Sonntags legen oder die aus gewerkschaftlichen und weltanschaulichen Gründen den Sonntag als einen besonderen Tag in der Woche erhalten wollten. Deshalb haben wir die Möglichkeit, an Sonntagen zu öffnen, in § 5 auf vier Sonntage im Jahr begrenzt.
Die Bäderregelung in § 9 - die zweite Möglichkeit - ist verfassungsrechtlich dagegen sehr fragil. Bisher ist es gelungen, diese Bäderregelung von Klagen freizuhalten, weil mit Augenmaß damit umgegangen wurde und Rücksicht auf die Belange der Kirchen und der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer genommen wurde. Kirchen und Gewerkschaften haben seinerzeit aber auch gesagt: bis hier hin und nicht weiter. Das akzeptieren wir und werden deshalb Änderungen an der Bäderregelung nicht zulassen.
Meine Damen und Herren, die Wirtschaft will es nicht, die Gewerkschaften wollen es nicht, die Kirchen haben deutlichen Widerstand angekündigt, und die verfassungsrechtliche Zulässigkeit steht infrage, wenn es um die Frage geht, ob am Sonntag weiter ausgeweitet werden soll, auch im Rahmen der Bäderregelung. Wenn das so ist, warum sollten wir dann eine solche Änderung unterstützen? - Wir werden es nicht tun.
Ich danke Herrn Abgeordneten Peter Eichstädt. Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir bitten Sie, mit dem Präsidium Wirtschaftsvertreter und eine Wirtschaftsvertreterin aus Hessen sehr herzlich auf der Tribüne zu begrüßen.