Protokoll der Sitzung vom 19.06.2009

(Beifall bei SSW und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ansonsten muss man zu seinem Wort stehen, nicht mehr und nicht weniger. Das kostet uns alle eben einen Haufen Geld, und das zerstört Entwicklungschancen hier im Land. Dafür müssen die Befürworter dann auch irgendwann die Verantwortung übernehmen. Wir werden sie zu gegebener Zeit daran erinnern.

(Beifall bei SSW und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Zu einem Kurzbeitrag nach § 56 Abs. 4 der Geschäftsordnung hat Herr Abgeordneter Karl-Martin Hentschel das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich möchte noch einmal auf die Legende eingehen, dass das Ganze Schleswig-Holstein nichts kostet außer den 60 Millionen €. Es gibt im Bundesverkehrswegeplan einen Plafond für Schleswig-Holstein. Der ist seit vielen Jahren konstant. Der ist in der neuen schwarz-grünen Bundesregierung

(Wolfgang Kubicki [FDP]: Sigmund Freud! Sigmund Freud!)

- schwarz-roten Bundesregierung - sogar zurückgegangen. Es hat in den letzten Jahren nicht mehr Geld für Straßenbau und Schiene gegeben, sondern für Schleswig-Holstein weniger Geld, seit die neue Große Koalition in Berlin ist. Das steht in der Antwort auf die Große Anfrage, die wir im Frühjahr gestellt haben.

Die Summen, die Schleswig-Holstein bekommt, sind pro Jahr etwa 120 Millionen € für Bundesstraßenbau, 100 Millionen € für Schiene und 80 Millionen € für Wasserstraßen. Das ist damals neu geschaffen worden als wir gefordert haben, Wasserstraßen müssten auch berücksichtigt werden. Das heißt, insgesamt sind es zurzeit etwa 300 Millio

nen €, die jährlich für Bundesstraßenprojekte nach Schleswig-Holstein fließen. Und diese Zahl ist fest. Es gab eine Kleine Anfrage des Kollegen Rainder Steenblock im Deutschen Bundestag: Wird es über diesen Plafond für die Fehmarnbelt-Querung hinaus zusätzliche Mittel für Schleswig-Holstein geben? Und die Antwort der Bundesregierung war: Nein, es wird keine zusätzlichen Mittel geben, keinen Cent.

Das heißt, die Mittel, die jetzt für die FehmarnbeltQuerung eingesetzt werden, gehen auf Kosten der bestehenden Projekte in Schleswig-Holstein. Deswegen ist auch schon ganz klar gesagt worden, dass die entsprechenden Projekte - zum Beispiel der Ausbau der Strecke Neumünster-Bad Oldesloe oder der Pinneberg-Strecke und so weiter - zurückgestellt werden müssen, wenn die Fehmarnbelt-Querung kommt. Das hat Verkehrsminister Rohwer damals sogar in den Bundesverkehrswegeplan in eine Fußnote reinschreiben lassen, und es steht immer noch drin, weil der Bundesverkehrswegeplan noch läuft.

Das heißt, es ist völlig klar, dass alle Projekte verschoben werden, wenn die Finanzierung der Fehmarnbelt-Querung losgeht. Das gilt übrigens auch für die Straße. Es ist völlig klar, dass die Straßenprojekte entsprechend zugunsten der FehmarnbeltQuerung zurückgestellt werden müssen, wenn die kommt. Das trifft natürlich eine ganze Reihe Projekte wie den Ausbau der A 1, der A 7, und vor allen Dingen der A 21, die nun seit Jahren immer wieder zurückgestellt wird und eine der höchstbelasteten Straßen Schleswig-Holsteins ist, die nicht als Autobahn ausgebaut ist. Jeder, der zwischen Kiel und Lübeck fährt, weiß das.

Es trifft natürlich auch die A 20, das muss man auch sagen. Auch die wird es in dem Ausbau der Strecke treffen, die jetzt gerade im Bau ist. Zu behaupten, der Bund würde in irgendeiner Weise zusätzliches Geld geben, ist durch keine einzige Unterlage gedeckt. Und das muss jeder, der hier im Land über die Sache redet, wissen.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW)

Zu einem weiteren Kurzbeitrag nach § 56 Abs. 4 der Geschäftsordnung erteile ich Herrn Abgeordneten Dr. Heiner Garg das Wort.

(Lars Harms)

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Es ist schon erstaunlich, dass Sie hier ein Plädoyer des Kollegen Hentschel erleben, der sich stark macht für und Sorgen macht um den Weiterbau der A 20, den die Grünen meines Wissens immer bekämpft haben, der A 21,

(Beifall bei FDP, CDU und des Abgeordne- ten Bernd Schröder [SPD])

der A 7 und der A 1. Ich bin wirklich positiv überrascht, dass Herr Hentschel hier ganz klar eine Kursänderung von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN ausgibt, was den Weiterbau zentraler Autobahnabschnitte im Land angeht.

(Zuruf von der FDP)

Herr Kollege Garg, gestatten Sie eine Zwischenfrage?

- Nein, die gestatte ich in dem Fall nicht.

Zum Zweiten, Herr Kollege Hentschel, wenn Sie schon von Legenden sprechen, würde ich gern mit der Legende aufräumen, die Sie hier immer wieder verbreiten, dass der dänische Verkehrsminister - bei dem ich übrigens davon ausgehe, dass er, anders als Sie das getan haben, nicht „Ätsch“ gegenüber dem Parlament sagt -, dass sich der dänische Verkehrsminister für irgendetwas zu entschuldigen hat. Ein Bauwerk, dessen Lebensdauer mit etwa 120 Jahren angegeben ist, und die Dauer für die Rückzahlung der Kosten dieses Bauwerks wird derzeit bei um und bei 30 Jahren angesetzt: Was passiert denn, wenn der von Ihnen prognostizierte Fall - also weniger Verkehrsaufkommen, weniger Mauteinnahmen - eintritt, mit der Rückzahlung? - Mein Gott, dann wird die Rückzahlung eben auf 32, 35, 37 oder sogar 40 Jahre gestreckt, was bei einem Bauwerk, das 120 Jahre hält, durchaus vertretbar sein dürfte.

(Beifall bei FDP, CDU und des Abgeordne- ten Bernd Schröder [SPD])

Und ein Letztes: Ich kann mich noch sehr genau erinnern, wie wir hier das erste und wahrscheinlich nicht das letzte Mal über das sogenannte prognostizierte Verkehrsaufkommen mit Ihnen gestritten haben.

(Zuruf des Abgeordneten Karl-Martin Hent- schel [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Herr Kollege Hentschel, das Wort hat Herr Kollege Garg!

(Zuruf des Abgeordneten Bernd Schröder [SPD])

Ja, hast recht, Schröder!

Herr Schröder, das gilt auch für Sie. Das Wort hat Herr Kollege Garg.

Er hat in dem Fall trotzdem recht.

Ich möchte nur an das prognostizierte Verkehrsaufkommen für die Große Belt-Querung erinnern. Das tatsächliche Verkehrsaufkommen auf der Großen Belt-Querung ist jetzt um das Dreifache höher als das damals prognostizierte. Also verschonen Sie uns mit Ihrer Schwarzmalerei!

(Beifall bei FDP und CDU)

Für einen weiteren Kurzbeitrag nach § 56 Abs. 4 der Geschäftsordnung hat Herr Abgeordneter HansJörn Arp das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Kollege Hentschel, ich schätze Sie eigentlich als sehr redlichen Menschen. Deshalb will ich Sie nur davor bewahren, dass Sie hier einer Legende anhängen, die nicht stimmt.

(Wolfgang Kubicki [FDP]: Das ist der falsche Anfang!)

In den letzten Jahren haben wir jedes Jahr immer mehr Geld für Straßenbaumaßnahmen und Infrastrukturmaßnahmen bekommen statt weniger. In Ihrer Kleinen Anfrage wird nur berücksichtigt, welche Haushaltsmittel nach Schleswig-Holstein fließen, nicht aber, wie viel Mittel zusätzlich im Laufe der Jahre noch dazugekommen sind. Vor zwei Jahren waren es 50 Millionen €, im letzten Jahr waren es 70 Millionen €, und in diesem Jahr sind es

160 Millionen € durch das Konjunkturprogramm. Das ist in Ihrer Kleinen Anfrage nicht berücksichtigt. Deshalb: Stellen Sie keine falschen Zahlen in den Raum. Niemals - zu keiner anderen Zeit und unter keiner anderen Regierung - wurde so viel Geld in Infrastrukturmaßnahmen und Baumaßnahmen im Straßenbau ausgegeben wie zu dieser Zeit und unter dieser Großen Koalition. Nehmen Sie das zur Kenntnis. Ich werde Ihnen das auch beweisen, wenn Sie wollen.

(Beifall bei der CDU)

Das war die erste Legende.

Die zweite Legende: Die A 21, beklagen Sie, wird nicht weitergebaut. Die A 21 ist aus dem Bundesverkehrswegeplan unter Rot-Grün gestrichen worden. Sie waren diejenigen, die damals um die A 21 gestritten haben. Ich kann es Ihnen sagen und habe es von Bernd Rohwer selbst bestätigt bekommen. Dafür gab es vielleicht auch gute Gründe, aber sie kann nicht weitergebaut werden, weil sie aus dem Bundesverkehrswegeplan herausgeflogen ist, und zwar zu Ihrer Zeit und nicht zu unserer Zeit.

(Beifall bei CDU und FDP)

Für die Landesregierung erteile ich dem Minister für Wissenschaft, Wirtschaft und Verkehr, Herrn Dr. Jörn Biel, das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Zunächst möchte auch ich meine Freude darüber zum Ausdruck bringen, dass der Bundestag gestern Nacht mit großer Mehrheit der Fehmarnbelt-Querung zugestimmt hat.

(Beifall bei der CDU und vereinzelt bei der SPD)

Doch nun zu den Anträgen: Seit meinem ersten Arbeitstag als Minister habe ich mich dafür eingesetzt, dass eine Alternativtrasse zur Hinterlandanbindung der festen Fehmarnbelt-Querung geprüft wird, und ich werde es weiter tun.

(Beifall der Abgeordneten Herlich Marie Todsen-Reese [CDU])

Bundesverkehrsminister Tiefensee hat mir am 27. Mai 2009 schriftlich mitgeteilt, dass die Deutsche Bahn AG bis zum Herbst 2009 auch eine alternative Trassenführung für die Schienenhinter

landanbindung der festen Fehmarnbelt-Querung zwischen Lübeck und Puttgarden untersuchen wird. Damit entspricht der Bundesverkehrsminister meiner mit Schreiben vom 9. April 2009 an ihn herangetragenen Bitte, neben dem Ausbau der bestehenden Bahntrasse auch eine teilweise Neutrassierung außerhalb der Bäder-Orte entlang der Lübecker Bucht und möglichst parallel zur Autobahn A 1 in die Variantenbetrachtung mit einfließen zu lassen.

Nach Abschluss der Planungsstudie im Herbst 2009 wird damit eine belastbare und transparente Diskussionsgrundlage für den Entscheidungsprozess zur Trassenführung vorliegen. Dieses Untersuchungsergebnis muss sorgfältig geprüft werden. Insofern können wir nicht vorgreifen und sollten uns noch nicht festlegen. Ich bleibe in engem Kontakt zu meinem Kollegen in Berlin und zu der betroffenen Region.

Der Antrag von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN geht zumindest teilweise von falschen Prämissen aus. Erstens. Die öffentliche Anhörung vor dem Bundestagsverkehrsausschuss, bei der ich selbst zugegen war, hat keinesfalls Zweifel an der festen Fehmarnbelt-Querung verstärkt. Im Gegenteil, die meisten Verkehrsexperten haben sich eindeutig für das Projekt ausgesprochen. Lediglich die Presseverlautbarung von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, die bereits 90 Minuten vor Ende der Anhörung veröffentlicht war, sprach - wenn ich mich recht erinnere von einer Verstärkung der Zweifel.

Zweitens. Der Bau der festen Fehmarnbelt-Querung mit dem Ausbau der Hinterlandanbindungen ist nach dem Bundesverkehrswegeplan ein internationales Projekt und kein Bedarfsplanprojekt. Das spiegelt sich normalerweise in der Finanzierung wieder. Deshalb muss jetzt über die Finanzierung gesprochen werden. Für Schienenprojekte gibt es keine Länderquote.