Protokoll der Sitzung vom 15.07.2009

(Anke Spoorendonk)

die Handlungs- und Zukunftsfähigkeit des Landes zu erhalten.

Wer die Krise nach dem Motto „Augen zu und durch“ bewältigen will, der wird mit Volldampf gegen die Wand fahren, meine Damen und Herren. Eine Schuldenbremse ist damit alles andere als eine Zukunftsbremse. Sie wird die Zukunft erst wieder möglich machen.

(Beifall bei der CDU)

Wir müssen alles tun, was Arbeit und Beschäftigung sichert. Wir helfen mit den Konjunkturpaketen, zumal dies Investitionen in Infrastruktur, Klimaschutz und Bildung sind. Hier zu streichen wäre nicht nur kurzfristig, sondern langfristig kontraproduktiv. Wir helfen, indem wir ein breites Bündnis an den Tisch holen. Der Pakt für Beschäftigung, Qualifizierung und Wachstum beteiligt neben der Landesregierung Arbeitgeberverbände und Gewerkschaften, die Kammern von Industrie, Handel und Handwerk, die Bundesagentur für Arbeit und noch einige mehr. Damit knüpfen wir an die Linie der Landesregierung an: Wir stimmen uns ab, um den Standort im Norden gemeinsam durch die Krise zu steuern, und alle sind gefordert.

Der Wirtschaftsminister und der Arbeitsminister haben den Auftrag erhalten, das Ohr noch mehr an die Unternehmen zu legen. Wer fachkundigen Rat und schnelle Hilfe braucht und kriegen kann, der soll sie auch bekommen. Das ist auch Beschlusslage der Koalition. Genauso ist es Beschlusslage, dass wir die Konsolidierung des Haushalts angehen werden, weil sich die Bedingungen dafür verschlechtert haben, obwohl es gar nicht anders geht und weil wir wieder Handlungsspielräume brauchen und weil wir es unseren Kindern schuldig sind. Deswegen müssen wir in die Strukturen eingreifen.

Egal, ob die Schuldenbremse nun im Grundgesetz verankert ist oder in der Landesverfassung steht, sie ist richtig, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der CDU und der Abgeordneten Monika Heinold [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN])

Sie verpflichtet uns, ab 2020 keine neuen Schulden mehr zu machen, mit Ausnahme außergewöhnlicher Notsituationen.

Herr Stegner, ich gestatte mir eine Bemerkung zu dem, was Sie zu der Klage gesagt haben: Der Verzicht auf die Klage war Ihr Vorschlag. Sie waren nicht bereit, die Verfassung des Landes sehr schnell zu ändern, und wir mussten darauf bestehen, dass

das, was beschlossen wurde, auch Bestand hat und bei irgendeiner künftigen Regierung nicht sehr schnell wieder abgebaut werden kann. Ich bin zutiefst der Überzeugung - ich glaube, das ist auch die Überzeugung von Wolfgang Kubicki -,

(Wolfgang Kubicki [FDP]: Ja!)

dass gesagt wird: Wenn wir klagen, dann müssen wir unsere Landesverfassung auch ändern. Wenn man die Verfassungsänderung nicht haben will Sie haben den Vorschlag gemacht -, müssen wir auf die Klage verzichten.

(Zurufe von CDU und FDP: Das ist ja un- glaublich!)

Sie führen Kita-Standards, Mitbestimmung und Gleichstellung an: Veränderungen in diesen Bereichen sind nirgends gefordert worden.

(Johannes Callsen [CDU]: sehr richtig!)

Sie können das bei uns auch nachlesen. Wir hatten nämlich ein Papier, und deswegen können Sie bei uns nachlesen, dass dieses nie eine Forderung gewesen ist.

(Beifall bei der CDU)

CDU und SPD haben vereinbart, das strukturelle Defizit ab 2011 jedes Jahr um 10 % zu reduzieren, um die Schuldenbremse auch tatsächlich voll durchzudrücken. Das wird ein knallhartes Ringen sein, und es wird auch ein schmerzlicher Prozess sein. Zugleich werden wir das Land dabei aber nicht kaputtsparen. Lassen Sie uns beweisen, dass wir die Kraft dazu haben. Das Land hat nicht allzu viel Spielraum, um Aufgaben zu reduzieren. Der Schlüssel liegt daher bei den konsumtiven Ausgaben. Das sagt uns der Landesrechnungshof, und das wissen wir auch selbst.

Deshalb haben CDU und SPD verabredet, bis zum Jahr 2020 4.800 Stellen abzubauen. Das ist ein notwendiger Schritt, aber niemand muss Angst um seine Arbeit haben. Betriebsbedingte Kündigungen wird es nicht geben. Nein, vielmehr machen wir uns die natürliche Fluktuation zunutze. Denn ab dem nächsten Jahr werden jährlich 1.000 Beschäftigte altersbedingt ausscheiden, ab 2015 steigt die Zahl auf rund 2.000 pro Jahr. Es wird nicht jede Stelle wiederbesetzt werden können. Wir können keinen Bereich von den Streichungen ausnehmen. Wir können es uns schlicht nicht leisten, sonst geht die Rechnung nicht auf.

Das bedeutet natürlich auch den Verzicht auf Aufgaben. Was für das Land gilt, soll auch für die Kommunen gelten. Wir müssen die Kosten

(Ministerpräsident Peter Harry Carstensen)

drücken. Erste Sparvorgaben wurden im Kabinett gemacht. Der Finanzminister führt noch vor der Sommerpause bilaterale Gespräche mit den Ressorts.

Direkt nach der Sommerpause wird eine Kabinettsklausur die Maßnahmen festlegen, die wir brauchen, um beginnend in 2011 bis 2020 unseren Haushalt schrittweise anzugleichen. Wir beraten bis dahin den konkreten Fahrplan und auch Maßnahmen. Es wird Ergebnisse geben. Es geht darum, in der Sache Fortschritte zu erzielen. Ich habe mich bisher nicht von anderweitigen Terminen lenken lassen und werde es auch weiterhin nicht tun.

Wir haben jetzt eine Grundlage gefunden, die sich an objektiven Kriterien ausrichtet, und diese Grundlage darf nicht mehr infrage gestellt werden, nur weil man gern taktische Spielchen spielt. Dafür ist die Angelegenheit zu ernst.

(Beifall bei der CDU)

Meine Damen und Herren, ich unterstütze den Antrag von CDU und SPD ausdrücklich. Über den Änderungsantrag der Grünen muss ich mich aber trotzdem sehr wundern: Sie fordern den Verzicht auf globale Minderausgaben in der Haushaltsplanung. Ich empfinde das schon als sehr bemerkenswert und vielleicht auch als etwas höhnisch. Offensichtlich haben Sie die Zeit der Regierungsverantwortung, die Sie einmal hatten, ausgesprochen stark verdrängt.

(Karl-Martin Hentschel [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Aus gutem Grund, damit nicht immer geschummelt wird!)

Sie sind damals die Könige der globalen Minderausgaben gewesen. Kommen Sie jetzt nicht mit solchen Vorschlägen, meine Damen und Herren!

(Beifall bei der CDU)

Wir kämpfen in der größten Wirtschaftskrise aller Zeiten darum, nicht auf die Neuverschuldung zurückzufallen, die Sie uns 2005 hinterlassen haben. Das sollten Sie sich als Maßstab vor Augen führen.

(Beifall bei der CDU)

Meine Damen und Herren, ich plädiere für eine verantwortungsvolle Haushaltspolitik. Dazu sind wir verpflichtet, rechtlich und politisch. Wir sollten diese Verpflichtung einhalten. Wir sprechen hier von dem größtem Einsparprogramm in der Geschichte dieses Landes. Es ist zwischen CDU und SPD verabredet, es ist alternativlos, und daher sage ich zu jedem, der hier zögert: Schluss mit dem Taktieren, hier darf es kein Wackeln geben.

(Anhaltender Beifall bei der CDU)

Ich danke dem Herrn Ministerpräsidenten. - Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Ich schließe die Beratung.

Zum Abstimmungsverfahren darf ich auf Folgendes hinweisen: Es liegt der Antrag vor, aus dem Antrag von CDU und SPD den vierten Absatz auf der ersten Seite - das ist der Absatz zur Klage gegen die Grundgesetzänderung - zu überweisen. Außerdem hat BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Alternativabstimmung über beide Anträge beantragt. Ist das Parlament so einig? Ich kann das nur machen, wenn es keinen Widerspruch gibt. - Gut. Dann verfahren wir so.

Ich lasse zunächst darüber abstimmen, wer der Überweisung des vierten Absatzes aus Drucksache 16/2771: „Der Landtag wird keine Klage gegen die Grundgesetzänderung einlegen, die den Ländern eine Neuverschuldung ab 2020 verbietet.“ federführend in den Innen- und Rechtsausschuss, mitberatend in den Finanzausschuss zustimmt. Wer diesen Absatz überweisen will, den bitte ich um das Handzeichen. - Danke schön, das ist einstimmig so geschehen.

Jetzt komme ich zur alternativen Abstimmung und weise noch einmal darauf hin, dass es wichtig ist, dass keine Fraktion widerspricht. Ich schlage vor, beide Anträge zu selbstständigen Anträgen zu erklären. - Widerspruch sehe ich auch da nicht. Wer dem Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, Drucksache 16/2793 seine Zustimmung geben will, den bitte ich um das Handzeichen. - Wer dem Antrag von CDU und SPD, Drucksache 16/ 2771, seine Zustimmung geben will, den bitte ich um das Handzeichen. - Damit ist der Antrag Drucksache 16/2771 mit den Stimmen von CDU und SPD angenommen, und ich stelle gleichzeitig fest, dass der Antrag Drucksache 16/2793 abgelehnt ist.

Herr Kubicki, Sie haben das Wort.

Frau Präsidentin! Ich möchte nur zur Protokoll geben, dass die FDP gegen beide Anträge gestimmt hätte.

Ja, es war mir nicht möglich, das anders herauszulocken.

(Ministerpräsident Peter Harry Carstensen)

(Zuruf)

Entschuldigung, der SSW hat selbstverständlich auch das Wort. Bitte!

Ich möchte nur noch einmal zu Protokoll geben, was ich schon in meiner Landtagsrede gesagt habe, dass der SSW den ersten Punkt und den letzten Punkt im Antrag der Grünen unterstützt, dass wir aber nicht mit den Konzeptvorschlägen der Grünen einverstanden sind.

Dann schließe ich den Tagesordnungspunkt ab. Bevor ich in der Tagesordnung weitergehe, möchte ich auf der Besuchertribüne andere Schülerinnen und Schüler und begleitende Lehrer der KlausHarms-Schule aus Kappeln herzlich begrüßen. Seien Sie uns herzlich willkommen!

(Beifall)

Ich rufe die Tagesordnungspunkte 12 und 29 auf:

Gemeinsame Beratung

a) Erste Lesung des Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung der Verfassung des Landes Schleswig-Holstein

Gesetzentwurf des Abgeordneten Martin Kayenburg [CDU] Drucksache 16/2746