Protokoll der Sitzung vom 30.09.2005

mern, Hochschulen, Gewerkschaften und vielen anderen das Wirtschaftswachstum vergrößert und die Arbeitslosigkeit gesenkt werden kann. So eine konzertierte Aktion muss es auch auf unserer Seite der Grenze geben. Wir brauchen mehr Power und Dynamik für die Grenzregionen.

Ich will aber auch einen anderen heiklen Punkt ansprechen: den Regionalrat. Wir brauchen zwischen dem Landesteil Schleswig und der Region Süddänemark eine wirkungsvolle Koordination. Der jetzige Regionalrat mit seinen 42 Mitgliedern wird das meines Erachtens kaum leisten können. Ende 2005/Anfang 2006 werden die neuen dänischen Strukturen stehen. Wir werden dann mit den dänischen Partnern darüber sprechen müssen, wie wir weiter verfahren werden. Die Landesregierung wird ihre Überlegungen natürlich vorher mit den Kreisen und den anderen, die bisher den Regionalrat tragen, besprechen. Die gute Nachbarschaft zu Dänemark ist für uns von hoher Priorität. Deshalb wird mich meine erste Auslandsreise als Ministerpräsident im Januar nach Kopenhagen führen.

(Beifall bei CDU, SPD, FDP und SSW)

Mit Ministerpräsident Anders Fogh Rasmussen werde ich ausloten, wie wir im deutsch-dänischen Grenzgebiet grenzüberschreitende Projekte starten.

Die jetzige Förderperiode der EU-Strukturfonds läuft bis Ende 2006. Das ist hier schon ein paar Mal bemerkt worden. Bereits frühzeitig haben sich Landtag und Landesregierung dafür ausgesprochen, dass auch in der Strukturfondsperiode 2007 bis 2013 die INTERREG-Förderung der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit in den Grenzregionen der alten EUMitgliedstaaten fortgeführt werden soll. Gleichzeitig sollten die seit 1990 gewachsenen Strukturen in den drei deutsch-dänischen Grenzregionen bewahrt und die Verwaltungen dieser drei Programme in den Regionen vor Ort bleiben.

Die noch im Amt befindliche Bundesregierung will eine derartige EU-Förderung nur noch an den Grenzen zu den neuen Mitgliedstaaten unterstützen und lehnt sie für die alten Binnengrenzen ab. Ich sage klipp und klar: Wir dürfen Bund und EU an diesem für die Grenzregion wichtigen Punkt nicht aus der Pflicht lassen.

(Beifall bei CDU, SPD, FDP und SSW)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, die besonders freundschaftliche Beziehung zwischen Schleswig-Holstein und Dänemark ist auch das Ergebnis einer modellhaften Minderheitenpolitik. Wenn wir über die Weiterentwicklung der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit zwischen Deutschland und Dä

(Ministerpräsident Peter Harry Carstensen)

nemark sprechen, dann kann es nicht nur um die Fragen der regionalen Struktur und der Ökonomie gehen. Im Grenzland ist ein Miteinander entwickelt worden, das von Respekt und Vertrauen geprägt ist. Dazu gibt es auch keine Alternativen.

(Beifall bei CDU, SPD, FDP und SSW)

Die Minderheiten - beide - sind wichtige Brückenbauer. Dafür danke ich ihnen. Die Menschen im Landesteil Schleswig haben gezeigt, dass sie die Ärmel aufkrempeln können. Ich appelliere deshalb an die Region, sich mit eigenen Vorschlägen einzubringen. Mit gemeinsamer Arbeit können wir gemeinsam Erfolge für die Grenzregion erzielen. Darauf müssen wir uns konzentrieren.

(Beifall bei CDU, SPD, FDP und SSW)

Ich danke dem Ministerpräsidenten. - Ich erteile nach § 56 Abs. 6 der Geschäftsordnung, da die Landesregierung die angemeldete Redezeit um drei Minuten überschritten hat, zunächst der Frau Abgeordneten Franzen das Wort.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich beginne, was pädagogisch gut sein soll - auch wenn ich keine Lehrerin bin - mit einer guten Nachricht für den Norden, die heute, punktgenau, in der Zeitung zu lesen war. Sie haben es sicherlich im Pressespiegel gelesen. Die Firma Arvato teleservice wird unter der Leitung von Bent Andersen - in Flensburg kein Unbekannter, lange Leiter bei Motorola - 100 Arbeitsplätze in Flensburg schaffen,

(Vereinzelter Beifall bei SPD, CDU, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW)

70 durch Verlagerung und 30 sehr qualifizierte neue. Das ist eine Nachricht, die uns freut. Ich danke allen, die vor und hinter der Bühne - auch das Land ist mit Förderung beteiligt - daran beteiligt waren.

Mein Dank gilt heute auch allen Kolleginnen und Kollegen für die Debattenbeiträge. Das muss man im Parlament auch so deutlich sagen dürfen. Es tut uns im Norden gut, wenn wir so viel Engagement spüren. Auch der Zeitpunkt der Debatte gehört dazu.

Gestern wollte ich zum Bericht noch etwas fragen. Man kann sehen, man lernt als Politikerin dazu. Gestern wollte ich nämlich noch fragen: Was machen wir nun damit? Schauen wir mal, was die da oben tun; warten wir ab, bis die Dänen ihre Gebietsreform abgeschlossen haben. - Der Bericht lässt das doch ein bisschen erwarten.

Heute, nach der Debatte, insbesondere nach Ihrem Debattenbeitrag, Herr Ministerpräsident, und dem Debattenbeitrag von Herrn Döring habe ich die Hoffnung und die Zuversicht, dass eine Menge passieren wird. Dafür bedanke ich mich herzlich. Aus dem Debattenbeitrag von Herrn Döring habe ich mir gemerkt, dass Sie unser Anwalt sein wollen. Das können wir gut gebrauchen.

Wir haben in dieser Region keine Zeit zu verlieren. Die Bereiche Arbeitsmarkt und Wirtschaft sind dargestellt und geschildert worden. Es gibt ein großes Ungleichgewicht zwischen den Entwicklungen im kleinen, aber sehr erfolgreichen Dänemark und im Norden unseres Landes. Ich erinnere daran, dass wir als Landtag mit anderen europäischen Nachbarn rund um die Ostsee sehr aktiv sind. Oft sind wir der Motor für Zusammenarbeit und für Entwicklung wie zuletzt beim Forum Südliche Ostsee in Binz. Deshalb rege ich an und schlage vor, das wir uns auf Landesebene, im Parlament auf der Grundlage der wirklich reichhaltig vorhandenen Berichte und Arbeitsergebnisse zusammenfinden, um einen Aktionsplan mit konkreten Zielen, mit einem Zeithorizont und verabredeten Zuständigkeiten zu entwickeln. Dieser kann gern Zuarbeit für die konzertierte Aktion leisten, die Sie, Herr Ministerpräsident, vorgeschlagen haben.

Dabei kann es um ganz kleine, konkrete Dinge gehen, wie die unendliche Geschichte einer Fahrradfähre über die Flensburger Förde zeigt. Wir Insider wissen, wovon man redet. Es ist einfach nur ärgerlich, weil es nicht klappt. Das liegt daran, dass man nicht zusammenkommen und nicht genehmigen kann. Ich bin aber auch sehr dafür, visionäre Ziele anzupeilen. Das kann uns überhaupt nicht schaden. Das könnte die Schaffung einer europäischen Modellregion sein oder - wie bereits im April 2003 von der SPD gefordert - die Gleichstellung mit der Øresund-Region. Das wäre meines Erachtens denkbar und machbar.

Wir sollten in diesem Sinne quer über alle Fraktionen tätig sein. Das hat sich heute angedeutet. NordSchleswig-Holstein und Syddanmark sind wunderschöne Regionen. Geben wir den Menschen, die dort leben, eine Chance, dort zu arbeiten, zu leben und zu bleiben. Das ist, liebe Anke, gleichzeitig gute Minderheitenpolitik. Sonst kann der Nachwuchs für die Minderheiten nicht bleiben.

(Beifall)

Das Wort zu einem Kurzbeitrag erhält Frau Abgeordnete Spoorendonk.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich hätte dem Ministerpräsidenten gern das letzte Wort gelassen. Es war nämlich ein gutes Schlusswort und dafür bedanke ich mich auch. Aber ich möchte nun doch noch ein paar Dinge aufgreifen.

Ich finde, was die Kollegin Franzen sagte, war als weitere Präzisierung der Debatte sehr gut.

Nach dem Beitrag der Kollegin Lütkes spürte ich ein wenig Lust dazu, den Dichter Bertold Brecht zu zitieren. Er soll auf einem Balken in seinem Sommerhaus in Svendborg stehend gesagt haben: „Die Wahrheit ist konkret.“ Ich denke, das ist kein schlechter Satz. In diesem Sinne möchte ich sagen, dass das Land natürlich auch ganz konkrete Vorteile davon hat, wenn der Norden selbst dazu imstande ist, Wachstum zu generieren und eigene verstärkte Steuereinnahmen für das Land als Ganzes beizusteuern.

Das ändert nichts an der Tatsache, dass Hamburg auch wichtig ist. Unser Ansatz war ja zu sagen: Beides muss eine gleichwertige Perspektive für das Land haben. So habe ich Sie, Herr Ministerpräsident, auch verstanden.

Konkret möchte ich auch noch einmal zwei andere Punkte ansprechen. Kulturprojekte - das wurde gesagt - sind wichtig. Die grenzüberschreitende Kulturarbeit klappt auch richtig gut. Ich möchte aber an einem Beispiel deutlich machen, was ich vorhin in meinem Redebeitrag bereits unter der Überschrift angeführt habe, dass man diese Ansätze innerhalb der Landesregierung auch koordinieren und dass man dies mit bedenken muss.

Es wird ein grenzüberschreitendes Kinder- und Jugend-Kulturfestival geben. Diejenigen, die dies in Gang gebracht haben, haben bei der Landesregierung einen Antrag auf Förderung gestellt. - Das ist keine Kritik, sondern nur eine Feststellung, dass dies so ist. - Man hat einen relativ kleinen Betrag beantragt, aber eine Absage bekommen. Aus finanziellen Gründen sei das nicht machbar, wurde gesagt. Gleichzeitig erfahren wir aber, dass die Landesregierung einen Schwerpunkt bei der Kinder- und Jugendkultur setzt, und gleichzeitig wollen wir auch Kulturprojekte im Grenzland fördern.

Ich bitte darum, dass man das einmal als Beispiel dafür im Kopf bewegt, dass wir auch hier wirklich konkret denken müssen.

Dann wurde zu Recht immer wieder auf den grenzüberschreitenden Arbeitsmarkt hingewiesen, den wir ja auch alle wollen. Aber wir haben in Dänemark, nördlich der Grenze, jetzt schon einen Mangel an

Fachkräften. Südlich der Grenze, in Flensburg, besteht das Problem der Langzeitarbeitslosigkeit.

Frau Abgeordnete, die drei Minuten sind um.

Ein Satz noch, Frau Präsidentin. - Das heißt: Die Menschen dort sind für den dänischen Arbeitsmarkt nicht qualifiziert. Auch da muss man sagen: Wenn man das will, dann muss man qualifizieren.

Darum freue ich mich auf die weitere Diskussion im Ausschuss, die dann hoffentlich genauso konkret sein wird.

(Beifall bei SSW und SPD)

Drei Minuten sind kurz und der letzte Satz ist lang.

(Heiterkeit)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, es ist beantragt worden, den Bericht der Landesregierung in der Drucksache 16/253 federführend dem Europaausschuss und mitberatend dem Wirtschaftsausschuss zur abschließenden Beratung zu überweisen. Wer dem zustimmen kann, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenprobe! - Stimmenthaltungen? - Das ist so beschlossen.

Ich begrüße nun Schülerinnen und Schüler der Realschule Bad Bramstedt mit ihrer Begleitung. - Herzlich willkommen!

(Beifall)

Ich rufe Tagesordnungspunkt 16 auf:

Gemeinsame Beratung

a) Europäische Identität in Schleswig-Holstein schaffen!

Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Drucksache 16/157

b) Schleswig-Holstein stärkt das „Europa der Regionen“

Antrag der Fraktionen von CDU und SPD Drucksache 16/218

Wird das Wort zur Begründung gewünscht? - Das ist nicht der Fall.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, zunächst ist eine Abstimmung über den Berichtsantrag mit der Maßgabe der mündlichen Berichterstattung in der laufenden Tagung erforderlich. Ich darf Sie um Ihr Handzeichen