Interessant wird die Debatte für mich, der ich in aller Unbedarftheit diesen Antrag gestellt habe, dadurch, dass prominente Mitglieder des Hohen Hauses offenbar zu den Geschwindigkeitsfanatikern auf den Meeren gehören. Herr Kubicki, mit Ihrer „Liberty“ könnte es nach einer Befahrensregelung an der Ostseeküste unseres schönen Schleswig-Holstein vorbei sein - also nicht mit dem Schiff, aber mit den 40 kn.
Insbesondere die gefährdeten Schweinswale als heimische Meeressäuger werden gestört oder gefährdet. Die Ostseebuchten und Fjorde weisen zahlreiche durch NATURA 2000 geschützte Gebiete auf. Um die verschiedenen Schutzziele in diesem Gebiet zu erreichen, kann eine generelle Geschwindigkeitsbegrenzung positive Beiträge leisten, Herr Minister.
Der Wassersport spielt an den schleswig-holsteinischen Küsten eine herausragende tourismuswirtschaftliche Rolle, genau wie der Badetourismus und weitere küstennahe Landnutzung. Der ganz überwiegende Teil dieser touristischen Nutzer der Naturressourcen fühlt sich durch sehr schnellen
und vor allen Dingen natürlich damit verbundenem lauten Boots- und Schiffsverkehr erheblich belästigt.
Neben der Störwirkung auf die Natur und in der Tourismuswirtschaft trägt der Speedbootverkehr oder der sehr schnelle Verkehr - Herr Kubicki, um auf Ihre „Liberty“ zurückzukommen - zu einer Erhöhung des verkehrlichen Gefahrenpotenzials bei. Sicherheit und Leichtigkeit des Schiffsverkehrs können mit Geschwindigkeitsbegrenzungen verbessert werden.
- Herr Kubicki, ich habe oft genug schon schnellen Schiffen ausweichen müssen, das nervt jedenfalls.
In der Neustädter Bucht haben Nutzer- und Anwohnerproteste zu einer verkehrsberuhigten Zone geführt. Eine ähnliche Regelung wie dort sollte für den gesamten Ostküstenbereich des Landes gelten.
Immer wieder erregen auch Sportveranstaltungen mit sehr schnell fahrenden Booten öffentliches Ärgernis. Mit der beantragten Initiative zur Beruhigung des Seeverkehrs, die Ihnen hier heute vorliegt, soll dem Einhalt geboten werden. Kollege Kubicki hat ja auch eine Kleine Anfrage zu den Bemühungen des Umweltministeriums gestellt, den Folgen der „4 Elements Challenge“ in der Eckernförder Bucht Herr zu werden. Da dachte ich, nun hätte er sein Herz für die Schweinswale entdeckt, musste mich dann allerdings fragen, ob nicht andere Motive dahinterstecken.
Prinzipiell - und das war ein Ergebnis Ihrer Anfrage, Herr Kubicki, denn da wurde eine gewisse Hilflosigkeit der Behörden offensichtlich - unterliegen Schnellfahrten an der schleswig-holsteinischen Küste nämlich keinerlei schifffahrtspolizeilicher oder verkehrspolizeilicher Limitierung. Speedboote oder sehr schnelle Fahrzeuge dürfen nämlich privat genutzt werden, auch wenn sich drei Kumpels privat verabreden und zu dritt durch FFH-Gebiete in jeder beliebigen Geschwindigkeit fahren.
Mit der angestrebten Regelung wird insbesondere der nicht regulierte Bereich dieser Privatnutzung einer sinnvollen Begrenzung zugeführt. Kubicki wird in Zukunft dann nicht 55 Minuten nach Dänemark einplanen müssen, sondern zwei Stunden. Das ist aber kein Beinbruch,
sondern auch dann, bei Entschleunigung des Lebens im fortgeschrittenen Lebensalter des geschätzten Kollegen gilt der alte Spruch: Mast- und Schotbruch. Insofern bitten wir um Zustimmung zu unserem Antrag.
Danach, wie mich der Präsident über die Redefolge informiert hat, wird das unter Umständen meine letzte Rede. Wir sagen ja, Listenplatz 12 der Grünen wird ziehen.
Für den Fall, dass sich diese Erwartung unerwarteterweise doch nicht erfüllt, wollte ich mich bei Ihnen für die gute Zusammenarbeit in den vielen Jahren bedanken und wünsche allen Kollegen, die in den Ruhestand gehen oder das Haus verlassen, alles Gute, und denen, die weiter Verantwortung für unser Land in der gesetzgebenden Körperschaft tragen, wünsche ich ebenfalls alles Gute. Vielen Dank.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Der Kollege Matthiessen hat Wilhelm Busch zu Beginn seiner Rede bemüht. Ich will es einmal mit Mark Twain versuchen, von dem der Ausspruch überliefert ist, er habe es schon häufig als bedauerlich empfunden, dass Noah und seine Sippe das Boot nicht verpasst haben.
Wir haben ja heute Morgen schon einige Ausführungen vom geschätzten Kollegen Nabel darüber gehört, dass der Mensch in der Natur durchaus ein eher störender Faktor ist. Ich glaube, ein ähnlicher Geist weht auch durch diesen Antrag.
Halten wir uns aber an die Fakten. Im Juli dieses Jahres war eine Wassersportveranstaltung - die schon angesprochene 4 Elements Challenge - in der Kieler und Eckernförder Bucht geplant und vom Wasser- und Schifffahrtsamt Lübeck geneh
migt. Es sollten vier Schlauchboote die Ostsee mit 35 kn oder 65 km/h befahren dürfen. Fakt ist aber auch, dass im gleichen Seegebiet Schweinswale leben und diese Tiere sich zwar in einem gewissen Umfang auf Schiffsverkehr und die damit verbundenen Geräusche einstellen können. Aufgrund der besonders hohen Geschwindigkeit dieser Boote hätte aber die Verletzung oder sogar Tötung einzelner Tiere nicht vollständig ausgeschlossen werden können.
Dem zuständigen Umweltministerium und unserem Umweltminister Christian von Boetticher ist es zu verdanken, dass für diese Veranstaltung entsprechende Auflagen gemacht wurden. Eine Prüfung hatte ergeben, dass möglicherweise Verstöße gegen das Bundesnaturschutzgesetz drohten, wenn tatsächlich die angestrebte und vom Wasser- und Schifffahrtsamt Lübeck genehmigte Geschwindigkeit von 35 Knoten - circa 65 km/h - erreicht werde. Das Ministerium sah insbesondere die Gefahr der Tötung einzelner Tiere, die den schnell fahrenden Booten nicht ausweichen können, und eine Beeinträchtigung der Fortpflanzungsstätten durch die zusätzlich zu befürchtenden Schallimmissionen. - Das ergibt sich aus einer Medieninformation des MLUR vom 2. Juli dieses Jahres.
Konsequenterweise wurde dann die Höchstgeschwindigkeit bei dieser Veranstaltung auf 16 km/ h in der Eckernförder Bucht und auf 24 km/h im Außenbereich der Kieler Förde und der Eckernförder Bucht herabgesetzt. Diese Werte waren nicht willkürlich gegriffen, sondern sie orientierten sich an den Höchstgeschwindigkeiten, die für den Nationalpark Schleswig-Holsteinisches Wattenmeer gelten. Die Einhaltung der Auflagen wurde durch die Wasserschutzpolizei gewährleistet. So titelten die „Kieler Nachrichten“ am 3. Juli 2009: „Ministerium zeigt Herz für Schweinswale“.
Ich halte diese Vorgehensweise, bei derartigen Veranstaltungen von Fall zu Fall angemessene Auflagen zu erlassen, für absolut richtig.
Denn seit dem April dieses Jahres dürfen alle Sportboote westlich einer Linie Pelzerhaken/Groß Schwansee in Mecklenburg nicht mehr als 75 dB Lärm verursachen.
Herr Kollege, wie stellen Sie sich Einzelregelungen des Ministeriums vor, wenn die Masse der Veranstaltungen Privatfahrten sind, die keinerlei Restriktionen und Anmeldepflichten unterliegen? Die 4 Elements Challenge hatte nur deshalb Anmeldebedarf, weil sie eine Sportveranstaltung war; davon haben wir vielleicht fünf im Jahr. Das war eine Veranstaltungsnutzung. Aber die normale Nutzung - wie zum Beispiel durch Herrn Kubicki, der immer von Strande losdüst - unterliegt keiner Anmeldepflicht; das wird Herr Kubicki bestätigen können.
- Lieber Herr Kollege Matthiessen, ich bedanke mich für diese Frage ganz ausdrücklich bei Ihnen. Dramaturgisch hätte sie gar nicht besser passen können. Denn die Antwort, die ich Ihnen geben möchte, steht quasi als nächster Stichpunkt auf meinem Zettel. Das Bundesverkehrsministerium hat im Jahr 2006 - also unter der jetzigen Führung noch vor Inkrafttreten der angesprochenen 75-dBRegelung eine Kleine Anfrage Ihres Kollegen Steenblock beantwortet, der sich genau die gleichen Sorgen machte wie Sie. Die Antwort auf die Anfrage war - ich zitiere -:
„Die Bundesregierung ist der Auffassung, dass es durch besonders stark motorisierte Sportboote in der Lübecker Bucht für die Anlieger und Touristen in Einzelfällen zu Lärmbelästigungen und Störungen kommen kann. Im Hinblick auf die Lärmbelästigungen und Störungen ist jedoch auch zu berücksichtigen, dass es sich um eine vergleichsweise geringe Zahl an besonders stark motorisierten Sportbooten handelt (ca. 6 bis 8 Boote), die auch nur vereinzelt betrieben werden.“
Wie in vielen anderen Bereichen, so gilt auch an dieser Stelle: Wer heute noch glaubt, dass wir jeden Einzelfall mit einer Regelung in den Griff bekommen können, der ist in einem Politikverständnis verhaftet, das für die überbordende Bürokratie, die wir heute wieder in den Griff zu bekommen versuchen, mit verantwortlich ist.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Der vorliegende Antrag der Grünen greift ein Problem an der Ostseeküste auf, das seit vielen Jahren die Bewohnerinnen und Bewohner, die Touristinnen und Touristen und die Tiere stört: den Lärm von Speedbooten, der jüngst durch die sogenannte Wassersportveranstaltung 4 Elements Challenge in der Eckernförder und Kieler Bucht zum Thema wurde.
Vorweg eine Klarstellung gegenüber einem Kollegen von der FDP: Es geht hier nicht um eine Neiddebatte über die Hobbys von Besserverdienenden oder eine moralinsaure Verbotskultur. ,,Ich geb’ Gas, ich will Spaß“ kann aber nicht alles rechtfertigen und kann nicht die Grundlage für unser politisches Handeln hier im Landtag sein. Die Freiheit des Einzelnen hört immer da auf, wo sie die Rechte anderer verletzt. Das gilt auch für das Fahren von PS-starken Booten in der Nähe der Küste und überall, wo Arten wie die Schweinswalpopulation Schutz brauchen.
Nur durch juristische Klimmzüge ist es gelungen, in der Vergangenheit erkennbare Missstände zu verhindern. Nach vielen Jahren der Diskussion auch über die konkrete Zuständigkeit auf Landes-, Bundes- und EU-Ebene - dürfen nach den Lärmschutzgrundlagen in der inneren Lübecker Bucht nur noch Sportboote mit maximal 75 dB - vorher waren es bis zu 110 dB - fahren.
Im Falle der 4 Elements Challenge musste das Bundesnaturschutzgesetz bemüht werden, um die vorher vom Wasser- und Schifffahrtsamt Lübeck erlaubte Geschwindigkeit auf ein erträgliches Maß zum Schutz der Schweinswale - in einem FFH-Gebiet - zu reduzieren. Diese unklaren Rechtsgrundlagen - das stelle ich jetzt einmal in den Vordergrund - zeigen für mich deutlich, dass ein gemeinsames