Noch eines - auch das in aller Deutlichkeit –: Wir sind nicht hier als Opposition, um uns von Ihnen ständig belehren zu lassen und Ihren Koalitionsvertrag vorgelesen zu bekommen.
Ob Sie einen Koalitionsvertrag haben oder nicht, ob sich die Regierung schon etwas vorgenommen hat oder nicht: Es wird uns nicht davon abhalten, eigenständig zu denken, eigenständige Initiativen zu ergreifen und Sie herauszufordern, zuzustimmen oder auch nicht. Ich sage Ihnen: Ihr Beitrag war ein reines Ablenkungsmanöver. Denn Sie waren immer gegen ein Verbraucherinformationsgesetz. Im Bundesrat ist es mit den CDU-Stimmen blockiert worden. Im Bundestag hat es Herr Seehofer abgelehnt.
Dass es jetzt eine andere Auffassung der CDU gibt, begrüße ich. Sie können dokumentieren, dass Sie es ernst meinen, indem Sie genau unserem Antrag zustimmen, dass die Landesregierung mit unserem politischen Votum im Bundesrat agiert. Sie drücken sich davor.
Meine Damen und Herren, es ist immer dasselbe: Ein Lebensmittelskandal wird öffentlich und bestimmt einige Tage, manchmal auch einige Wochen die Schlagzeilen. Die Presse schlachtet das Thema dann meist regelrecht aus, und das zu Recht. Denn verdorbene und belastete Lebensmittel sind keine Kleinigkeit, sondern eine konkrete Gesundheitsgefährdung. Auch die ersten Reaktionen gleichen sich immer wieder. Alle rufen nach mehr Gesetzen, mehr Kontrollen und mehr Transparenz. Verbraucherverbände, Gesundheitsschützer, aber auch Abgeordnete und Minister oder Ministerinnen überbieten sich meist regelmäßig mit ihren politischen Forderungen.
Hat sich kurze Zeit später das Thema aus den Schlagzeilen verabschiedet, werden die eigentlich notwendigen Konsequenzen nur schleppend oder auch gar nicht umgesetzt. Wenig später ist der Skandal komplett vergessen. Denjenigen, die immer noch bessere Kontrollen oder zusätzliche gesetzliche Regelungen fordern, wird vorgeworfen, nur zusätzliche Bürokratie verursachen zu wollen. Zusätzliche gesetzliche Regelungen gelten meist als wirtschaftsfeindlich. Selbstverpflichtungen der
Es ist richtig, dass die FDP das Thema auf die heutige Tagesordnung gesetzt hat. Es ist richtig, dass wir heute über diesen Lebensmittelskandal diskutieren.
Gerade jetzt, wo das Gammelfleisch wieder aus den Schlagzeilen verschwindet - es war zwei Tage drin, ist zwischendurch aber wieder heraus –, gilt es die guten Vorsätze der letzten Tage und Wochen in konkrete Politik umzusetzen. Die ehemalige Bundesministerin für Landwirtschaft und Verbraucherschutz, Renate Künast, hat einheitliche Qualitätsstandards für Lebensmittelerzeugung und –vermarktung gefordert und umgesetzt. Beispielhaft zu nennen ist die Pflicht, Eier auszuzeichnen. Aber ein Verbraucherinformationsgesetz konnte bisher nicht verabschiedet werden. Das lag nicht an Frau Künast, das lag an der CDU.
Die CDU hat diese zentrale Forderung zur Verbesserung des Verbraucherschutzes immer wieder blockiert. Erst jetzt hat sich Herr Seehofer mit seinem Zehn-Punkte-Programm zu einem Verbraucherschutzgesetz bekannt. Er hat gesagt, er hätte im Bundestag zustimmen können.
- Auch wenn er nicht im Amt war, sehr geehrte Frau Tengler. Man muss nicht Minister sein, um seine Hand zu einem Gesetz zu heben. Wo sind wir denn?
Es ist unklar, ob die Regierung ein solches Gesetz auf den Weg bringt. Noch liegt nichts vor. Es ist unklar, was in diesem Gesetz stehen wird. Die Grünen haben heute in Berlin als erste Fraktion ein Verbraucherinformationsgesetz auf den Tisch gelegt. Dreh- und Angelpunkt dieses Gesetzes ist, dass Verbraucher ein Recht auf Information über vorhandene Daten bei Behörden haben und nicht weiter auf die Lust oder Unlust der Verwaltung angewiesen sind. Verbraucher müssen zukünftig frühzeitig erfahren können, wer panscht, wer abzockt und wer betrügt, und das nicht nur bei Lebensmitteln, sondern auch bei Dienstleistungen, die den Verbraucherschutz betreffen.
Auch Unternehmen sollen im Rahmen der Verhältnismäßigkeit verpflichtet werden, verbraucherrelevante Informationen herauszugeben. Der Verbraucher, die Verbraucherin hat ein Recht darauf, zu erfahren, ob seine Gesichtscreme mithilfe von Tierversuchen entwickelt wurde oder ob die Milch gebende Kuh mit genverändertem Soja gefüttert wurde. Die schon geltenden Informationsmöglichkeiten der Behörden müssten um den Bereich Vorsorge erweitert werden. Eltern von Kleinkindern sind beispielsweise sehr daran interessiert, ob Obst und Gemüse unterhalb der Schwellenwerte mit Pestiziden belastet sind.
Ich gehe davon aus, dass beide Anträge an den Ausschuss überwiesen werden. Ich würde mir sehr wünschen, dass die CDU dann die Größen hätte, unserer Bundesratsinitiative zuzustimmen und sich zum ersten Mal hier im Land zu einem Verbraucherinformationsgesetz zu bekennen.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich möchte, bevor ich mit meiner eigentlichen Rede beginne, kurz auf zwei Sachen eingehen, die hier in der Diskussion eine Rolle gespielt haben. Das Erste: Darf man hier im Landtag einen Antrag stellen? Macht man die Leute wild oder macht man sie nicht wild? - Dazu möchte ich sagen: Der SSW hat vor einiger Zeit einen Berichtsantrag auf Information im Ausschuss gestellt. Die Ausschusssitzung wurde damals verschoben. Das hätte bedeutet, dass wir den Bericht erst für die Sitzung im Januar oder Februar erhalten hätten. Das wäre in der Tat zu spät gewesen. Deswegen hat die FDP die Initiative ergriffen und das Ganze hier ins Parlament geholt. Ich finde, das ist eine vernünftige Sache. Denn das ist ein Thema, das die Leute bewegt. Sie hätten nicht so lange warten wollen. Aber das Ursprungsansinnen war schon, das Ganze ein bisschen flach zu halten und zu gucken, was wirklich ist. Wenn aber eine Ausschusssitzung verschoben wird, ist das eben so.
Das Zweite. Wir haben den Antrag der Grünen vorliegen: „Der Landtag fordert die Landesregierung auf, eine Bundesratsinitiative für ein umfassendes Verbraucherinformationsgesetz auf den Weg zu bringen.“ Das scheint ja nun obsolet zu sein, liebe Frau Kollegin Heinold. Sie haben eben gesagt, dass das Gesetz schon von der grünen Bundestagsfraktion eingebracht worden ist. Dann brauchen wir uns eigentlich diese Mühe jetzt nicht mehr zu machen.
Nun aber zu meiner eigentlichen Rede: Der Gammelfleischskandal hat wieder einmal gezeigt, was alles möglich ist, wenn skrupellose Geschäftemacher versuchen, noch mehr Geld zu machen. Viele werden das Gefühl nicht los, dass oft von den Beteiligten nicht hingesehen wird, wenn es offensichtlich erscheint, dass nicht für den menschlichen Verzehr geeignetes Fleisch eingekauft wird, um es dann doch in den menschlichen Verzehr zu bringen. Nachrichten, dass Geflügelfleisch mit Wasser aufgespritzt wurde, um noch mehr Gewicht zu erreichen, taten dann ein Übriges. Sicherlich ist es so, dass sich tatsächlich nur eine geringe Anzahl von Firmen und Personen solcher Machenschaften schuldig macht. Aber trotzdem zeigen solche Auswüchse, dass wir hier ein echtes Problem haben. Wir haben Probleme bei der Kontrolle durch den Staat und bei dessen gesetzlichen Grundlagen undnd wir haben viel größere Probleme, weil die Kunden nicht so qualitätsbewusst handeln, wie wir es uns wünschen.
Verbraucherschutzminister Seehofer setzt in seinem Zehn-Punkte-Plan auf einen verbesserten Informationsfluss, eine Ausweitung der Meldepflichten und eine Rückverfolgbarkeit von so genanntem Kategorie-3-Material. Darüber hinaus sollen die Lebensmittelkontrollen verbessert werden, und auch eine flächendeckende Kühlhausüberprüfung soll stattfinden.
Alle diese Maßnahmen sind richtig und sinnvoll, aber sie führen dann auch automatisch zu Mehrkosten bei den betroffenen Herstellern und zu mehr Verwaltungsarbeit, sowohl bei den Behörden als auch bei den Betrieben. Dieser Tatsache müssen wir klar ins Auge sehen. Will die Branche und will der Bürger mehr Sicherheit, so ist diese nicht umsonst und ohne Aufwand zu haben. Wir werden uns also in der Lebensmittelbranche von der Produktion bis zum Verkauf mit mehr Bürokratie auseinander setzen müssen, um den gestiegenen Anforderungen gerecht zu werden und um Auswüchse, wie wir sie jetzt wieder erlebt haben, zu begrenzen.
vorliegenden Fall sogar die Grundlage für den wirtschaftlichen Erfolg der Zukunft in dieser für Schleswig-Holstein so wichtigen Branche. Das müssen wir bei allen Diskussionen zu Verwaltungsvereinfachung und Kostensenkung in diesem Bereich immer wieder bedenken.
Wir werden anscheinend auch ein Verbraucherinformationsgesetz bekommen, wie es sich die Grünen in ihrem Antrag wünschen. Zweimal ist ein solches Gesetz an Schwarz-Gelb im Bundesrat schon gescheitert und nun soll dieses Gesetz doch kommen. Schade ist nur, dass es immer wieder eines solchen schlimmen Anlasses bedarf, um zur gesetzgeberischen Vernunft zu kommen.
Ob in diesem Gesetz wirklich auch die Namensnennung von Firmen, die Verstöße begangen haben, aufgenommen werden kann, ist nach meiner Ansicht allerdings fraglich. So sehr man dafür plädieren könnte, so groß sind auch die rechtsstaatlichen Bedenken, vor allem, wenn eine Firma zu Unrecht an den Pranger gestellt wurde und dann Regressforderungen stellt. Trotzdem ist ein solches Gesetz natürlich gut, weil es für den Bürger den Zugang zu Informationen sichert und er zumindest die Chance bekommt, als Bürger zu erfahren, woraus seine Lebensmittel in Wirklichkeit bestehen.
Der einzelne Bürger wird hier sicherlich nicht ständig in Kontakt mit den Behörden stehen. Vielmehr werden es die Verbraucherverbände sein, die hier für Öffentlichkeit sorgen sollen. Daher wäre es sinnvoll, wenn die Verbraucherverbände ein eigenes Einsichtsrecht erhalten würden. Denn dann würde die öffentliche Kontrolle, die so sehr von allen Parteien gewünscht wird, am besten funktionieren können.
Ein Verbraucherinformationsgesetz wird sicherlich auch dazu führen, dass die rechtlichen Grundlagen für die Veröffentlichung über Vorkommnisse noch sicherer wären und so die jeweiligen Behörden auch mit einer gewissen rechtlichen Sicherheit Daten und Fakten veröffentlichen könnten. Dieser Prozess ist hoch sensibel und da wäre es natürlich gut, wenn die Rechtsgrundlage nicht nur sehr genau beschrieben wäre, sondern wenn man sich auch auf Bundesebene über einen gewissen Grundkonsens einigen könnte, und zwar parteiübergreifend.
Als weiteren Punkt hat Minister Seehofer auch die Frage in den Raum gestellt, ob nicht ein Verbot, Waren unter dem Einkaufspreis zu veräußern, für
den Lebensmittelbereich umgesetzt werden könne. Dies wäre ein schwerer Markteingriff. Dann stellt sich natürlich unweigerlich die Frage, warum diese Regel nur auf die deutsche Landwirtschaft bezogen gelten soll. Warum nicht auch für die Textilindustrie, die Kohleindustrie oder viele andere Branchen?
So gut also ein Vorschlag klingt, so schwierig wird die Diskussion darüber sein. Wir haben durchaus viel Sympathie für die Vorschläge von Herrn Seehofer, aber wer diese Vorschläge hier vorbringt, der muss diese auch für alle anderen Wirtschaftsbereiche vorbringen. Dann wäre ich schon gespannt, wie diese Diskussion in Europa - auf dem liberalen Binnenmarkt - aufgenommen würde. So sympathisch diese Lösung ist, so schwierig wird sie umzusetzen sein. Würde man nämlich für deutsche Waren die hohen Preise festlegen, könnten auch ausländische Waren hier wieder konkurrenzfähiger werden. Für die deutsche Land- und Ernährungswirtschaft wäre dann nichts gewonnen, sondern eher etwas verloren. Diese Frage gilt es vorher genau abzuwägen, ehe man mit einem solchen Vorstoß kommt.
Ich glaube, solche Diskussionen würden länger andauern und ob sie dann zu einer zufrieden stellenden Lösung führen würden, ist doch mehr als fraglich. Deshalb brauchen wir andere kurzfristige Lösungen.
Die erste Lösung wäre, wenn wir überprüfen würden, ob wir genügend Kontrollen durchführen und ob die Strukturen, die wir in der Vergangenheit aufgebaut haben, ausreichen. Minister Seehofer hat ja gefordert, dass die Länder hier mehr tun müssen. Ich glaube aber, dass wir gerade auch nach der BSE-Krise sehr viel gelernt haben und unsere Strukturen hier im Land schon recht gut sind. Wenn meine Vermutung richtig ist, würde sich möglicherweise auch die Frage erübrigen, ob wir staatlich lizenzierte, freiberufliche Lebensmittelsachverständige brauchen oder nicht.
Auf jeden Fall ist die Überprüfung der eigenen Strukturen ein ständiger Prozess und würde sicherlich auch durchgeführt, egal welche Couleur regiert. Das ist mir wichtig: Dabei handelt es sich um Verwaltungshandeln und nicht irgendwie um eine ideologische Denke. Ich bin davon überzeugt, dass jedes Ministerium, egal welcher Couleur, und jede Verwaltung, egal welcher Couleur, natürlich ein massives Interesse daran hat, dass solche Fälle erstens nicht entstehen und zweitens dann, wenn sie entstehen, aufgedeckt werden. Deswegen bin ich nicht in Sorge, dass unsere Strukturen hier in Schleswig-Holstein nicht adäquat sind.
Die zweite Lösung wäre nicht, wie Herr Seehofer vorschlägt, an die Eigenkontrolle der Wirtschaft zu appellieren und diese zu fördern, sondern ganz klare Qualitätsstandards festzulegen, die für jeden Bürger leicht kontrollierbar wären. Hierbei geht es dann um eine Kontrolle von der Aufzucht über die Schlachtung und Bearbeitung bis hin zur Lagerung und zum Verkauf.
Nach BSE haben wir es hier in Schleswig-Holstein schon mit den Qualitätstoren versucht und einige Erfolge erzielen können. Trotzdem sind die Qualitätstore nicht so verbreitet, wie wir es uns wünschen. Was wir deshalb brauchen, ist keine regionale Lösung, sondern ist ein bundesweites Qualitätssiegel, das ähnlich wie das bundesweite Bio-Siegel dokumentiert, dass bei Produktion, Lagerung und Verkauf alles in Ordnung ist. Ein solches Qualitätssiegel wäre für den Kunden transparent und für die Betriebe wirklich erstrebenswert. Es wäre auch ein echter Wettbewerbsvorteil für diejenigen, die dieses Qualitätssiegel vorweisen könnten. Dabei wäre ein solches Qualitätssiegel wirklich ein Marktanreiz und eine Möglichkeit, ohne in den Markt direkt einzugreifen, die gute Produktion in unserem Land herauszustellen. Selbstredend müsste man dann auf die Förderung von alten Gütezeichen verzichten und vonseiten des Landes dann auf die Förderung und Vermarktung eines solchen bundesweiten Qualitätssiegels umsteigen. Allerdings würde man dann eine bundesweite Transparenz für die Verbraucher gewinnen. Das sind diejenigen, auf die es ankommt. Das regionale Schleswig-Holstein-Wappen könnte man immer noch mit verwenden.
Wenn wir die Sachlage ehrlich betrachten, so kommen wir bei allen Lösungsmöglichkeiten nicht um zusätzliche finanzielle Leistungen herum. Wir müssen die sauberen Produkte besser vermarkten. Wir müssen ein Qualitätssiegel von der Produktion bis zum Endverbraucher schaffen und wir müssen bereit sein, mehr Verwaltung und mehr Kosten auf uns zu nehmen. Dabei meine ich nicht den Staat, sondern diejenigen, die sich von den Machenschaften der skrupellosen Geschäftemacher abgrenzen wollen. Erst dann wird auch der Verbraucher erkennen können, was Qualität ist und was nicht, und sich danach richten.
Ich erteile nunmehr das Wort zu einem Kurzbeitrag nach § 56 Abs. 4 der Geschäftsordnung dem Herrn Abgeordneten Dr. Heiner Garg.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Kollegin Tengler, ich hoffe, Ihr Fleisch, das Sie möglicherweise auf Ihrer Weihnachtsfeier verzehrt haben, war so in Ordnung wie Ihre Rede: Hier in Schleswig-Holstein ist alles in Ordnung. Natürlich, selbstverständlich gibt es hier höchste Qualitätsstandards. Genau deshalb, weil schleswigholsteinische Lebensmittel so einen ausgezeichneten Ruf genießen, müssen wir alles dafür tun, dass dieser Ruf durch solche Vorkommnisse nicht aufs Spiel gesetzt wird. Ich finde es wenig hilfreich, sich hier als regierungstragende Fraktion hinzustellen und so zu tun, als ob alles in Ordnung gewesen wäre. Es war nicht alles in Ordnung!