Liebe Kolleginnen und Kollegen, wenn das Präsidium auf den Ablauf der Redezeit hinweist, meint das Präsidium es ernst. Es kann nicht sein, dass es zu Überziehungen von über 1:40 Minuten kommt.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Der Kormoran ist wie kein anderes Tier ein Symbol für die Naturschutzpolitik in Schleswig-Holstein geworden.
der bereits am 21. Februar 1996 an dieser Stelle besser gesagt: im alten Plenarsaal - gesagt hat: „Ich habe den Eindruck, dass es inzwischen mehr Anträge zum Kormoran als Kormorane selbst gibt.“
Der Einsatz für den Schutz oder den Abschuss des Kormorans war immer Gradmesser für die Einstellung zum Natur- und Artenschutz der unterschiedlichen Parteien.
Für meine Fraktion war und ist es ein großes Problem, Tiere in großer Zahl abzuschießen, um vermeintlich wirtschaftliche Schäden zu verhindern.
Wir setzen stattdessen auf natürliche Bestandsregulierungen in funktionierenden biologischen Zusammenhängen.
Ich will an dieser Stelle auch nicht verhehlen, dass sich meine Auffassung seit dem 23. September 2004 inhaltlich, liebe Herlich Marie, nicht verändert hat, als wir über den Erlass einer Kormoranverordnung debattierten. Ich halte nach wie vor die heute bestehenden Möglichkeiten, auf Antrag bei den Naturschutzbehörden Kormorane auch durch Abschuss zu vergrämen, für ausreichend.
Nun ist uns aus vielen Gesprächen die schwierige wirtschaftliche Situation von Teichwirten und Binnenfischern bewusst. Auf die Markt- und Konkurrenzlage kann die Landesregierung - auch der Landtag - nicht einwirken, sodass nur das kleine Stellrad der Kormoranregulierung bleibt. Der Kormoran darf jedoch nicht zum Sündenbock für ganz anders gelagerte Problemlagen missbraucht werden. Deswegen haben wir im Koalitionsvertrag - Frau Todsen-Reese hat darauf hingewiesen - folgende Passage vereinbart: „Wir werden die Reduzierung der Kormoranbestände erleichtern, ohne deren Bestand zu gefährden.“
An der Faktenlage über die Notwendigkeit zum Erlass einer neuen Regelung hat sich seit dem letzten Jahr nichts verändert. Die Brutbestände der Kormorane sind im Vergleich zu den 80er-Jahren zwar auf einem relativ hohen Niveau, aber in den letzen zehn Jahren nahezu konstant.
Das Umweltministerium hat nun im Oktober einen Vorschlag für eine - verkürzt ausgedrückt - Kormoranverordnung erstellt und in die Anhörung gegeben. Vor allem die Argumente der Naturschutzverbände und des Landesbeauftragten für Naturschutz, Herrn Asmussen, sind dabei nach meiner festen Überzeugung von entscheidender Bedeutung und müssen in die angestrebte Regelung einfließen. Das muss nicht nur - das sage ich ausdrücklich - eine Kormoranverordnung als Ergebnis sein, auch die inhaltliche oder bürokratische Erleichterung der heutigen Möglichkeiten zum Vergrämungsabschuss können sinnvolle Alternativen sein.
Leider liegen uns heute noch nicht alle Stellungnahmen der beteiligten Verbände und Institutionen sowie deren Bewertung durch das Umweltministerium vor. Wir werden in der SPD-Fraktion die für Ende Dezember angekündigten Ergebnisse einer kritischen Überprüfung unterziehen und nur einer Lösung zustimmen, die sowohl die Bestände des Kormorans erhält als auch auf sicherer rechtlicher Grundlage die wirtschaftliche Situation der betroffenen Fischerei verbessern hilft.
(Wolfgang Kubicki [FDP]: Das war die falsche Frage! Die richtige ist: Haben Sie das verstanden? - Heiterkeit und Beifall)
Eines steht jedoch schon fest: Ein Vogelmassaker wie im Juni dieses Jahres mit 6.000 toten Kormoranen in einem Naturschutzgebiet in MecklenburgVorpommern darf und kann es in unserem Land nicht geben.
Nicht nur unter touristischen Aspekten dürfen wir im Wettbewerb um das „Ballerland Nr. 1“ keine Steilvorlage für falsch verstandenen Artenschutz liefern. Dies werden wir - egal, wie eine neue Regelung aussehen wird - anhand der jährlich vorzulegenden Zahlen über Abschüsse und Bestände von Kormoranen sowie gegebenenfalls Auswirkungen auf andere Tierarten im Hinblick auf weiteren rechtlichen Handlungsbedarf überprüfen.
Ich bin der festen Überzeugung und vertraue darauf, dass das Umweltministerium sehr schnell einen langfristig tragbaren Lösungsvorschlag erarbeiten wird, der sowohl von den Fischern als auch von den Naturschutzverbänden akzeptiert und gelebt werden kann. Die Anträge von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und FDP lehnen wir daher ab.
Ich danke der Frau Abgeordneten Sandra Redmann und erteile für die FDP dem Herrn Abgeordneten Günther Hildebrand das Wort.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! In Vorbereitung auf die heutige Debatte stellte ich mir gleich mehrere Fragen: Wozu eigentlich eine Kormoranverordnung? Wozu eine Verordnung zur Bestandsregulierung einer einzelnen Tierart? Warum wird dies nicht mit entsprechenden oder ähnlichen Bestandsregulierungsverordnungen wie beispielsweise der Jagdverordnung zusammen geregelt? Warum hat unser Entbürokratisierungsstaatssekretär dies nicht verhindert?
Dann aber musste ich feststellen, dass Herr Schlie völlig schuldlos ist. Schuld ist die EU, die auf der einen Seite den Kormoran aus dem Anhang I der zu schützenden Tierarten nach der Vogelschutzrichtlinie herausgenommen hat, ohne sie dem Anhang II, den jagdbaren Tierarten, zuzuordnen. Daher brauchen wir für die Kormorane eine einzelne Verordnung, wenn wir den augenblicklichen Status verändern wollen. Durch diese Einzelverordnung wird der Kormoran jagdbar.
Es ist also im Ergebnis so, dass eine Tierart gejagt, dies aber nicht in der Jagdverordnung geregelt werden darf. Systematisch völliger Quatsch. Brüssel hat wieder einmal zugeschlagen.
Bei den Kormoranen ist es hier im Landtag seit Jahren dasselbe Spiel. Die einen möchten die Teichfischer vor dem Vielfraß Kormoran schützen und die anderen sehen in der Möglichkeit des Abschusses gleich den Bestand der Tierart in ganz SchleswigHolstein gefährdet. Wie so meist liegt die richtige Antwort irgendwo dazwischen.
Der Landwirtschaftsminister hat allerdings ein Problem. Zu Recht bekommt er von den Gegnern seiner Verordnung immer vorgehalten, dass es seit
dem Jahr 2001 keine quantitativen Angaben durch eine Landesregierung über die tatsächlichen Schäden für die Fischwirtschaft mehr gegeben hat. Vor einer solchen Verordnung hätte aus unserer Sicht der tatsächliche Sachverhalt geklärt sein müssen und eine entsprechende Erhebung stattfinden müssen.
Es wäre aus unserer Sicht nicht schwer gewesen, konkret nachzuweisen, dass Teichfischer zum Teil erhebliche Fraßschäden durch Kormorane erleiden. So liegt uns eine Berechnung der Landwirtschaftskammer vor, nach der beispielsweise im Plöner See im Jahr 1982 2 t Fisch durch Kormorane verspeist wurden. Im Jahr 1994 waren dies bereits über 10 t und im Jahr 2004 über 13 t Fisch.
Das sind schon spürbare Mengen an Fisch. Auch wenn sich die Kormorane nicht primär von den Fischarten ernähren, die für die Fischerei interessant sind, fehlen diese Arten in der Nahrungskette für die verwertbaren Fische. Insgesamt rechnet auch das Land mit einer jährlichen Fischentnahme aus Binnengewässern von mindestens 400 t allein durch Kormorane. Dies allerdings gilt es konkret zu belegen.
Kommen wir zum konkreten Inhalt der im Entwurf vorliegenden Verordnung, die es zwar noch nicht gibt, die aber schon fast jeder kennt! Sie regelt, wo in welchen Monaten zu welcher Tageszeit Kormorane abgeschossen werden dürfen. Die Verordnung fußt auf § 43 Abs. 8 des Bundesnaturschutzgesetzes, der besagt, dass auch die Bejagung besonders geschützter Tierarten, wie der Kormoran, ausnahmsweise zugelassen wird, wenn dies zur Abwendung erheblicher land–, forst–, fischerei–, wasser- oder sonstiger gemeinwirtschaftlicher Schäden erforderlich ist.
Genau hier liegt der Knackpunkt. Eine solche Ausnahme muss „erforderlich“ sein. Das bedeutet bei den Juristen, sie ist nur dann zulässig, wenn es keine anderen, in gleicher Weise geeigneten milderen Mittel gibt, die Schäden entsprechend abzuwenden, beispielsweise durch Vergrämungsmaßnahmen oder Bestandsregulierungsmaßnahmen, die von einer Tötung der Kormorane absehen. Ich erwähne hier nur einmal die so genannten Gipseier für die Nester der Vögel oder aber die Nestzerstörung. Es gilt das Prinzip des so genannten geringstmöglichen Eingriffs.