Protokoll der Sitzung vom 16.12.2005

Es ist der Beschluss des Oberverwaltungsgerichts nach Anhörung der wissenschaftlichen Gutachter von 1993, über den Sie gerade lachen.

(Zurufe von der CDU - Unruhe)

- Frau Präsidentin, könnten Sie einmal für Ruhe sorgen? Ihre Fraktion ist etwas unruhig.

Herr Hentschel, ich bemühe mich darum, für Ruhe zu sorgen, und wäre sehr dankbar, wenn auch Sie Ihre Stimme etwas senken könnten; das würde zur allgemeinen Ruhe beitragen.

Die Abstimmung des Mikrofons ist Sache der Saalregie. Ich bitte, das einmal zu korrigieren.

(Lachen bei der CDU)

Man frage sich also: Was hat dazu geführt, dass die Fischer diesen schwarzen nützlichen Vogel so hassen? Im Jahre 2002 stand in der Verbandszeitschrift der schleswig-holsteinischen Fischer - Zitat –: „Der Mensch steht eindeutig in Konkurrenz zu Kormoran, Haubentaucher, Graureiher, Seehund und anderen fischfressenden Individuen.“

Es ist eine alte Tradition, dass alle Nahrungskonkurrenten des Menschen als Schädlinge betrachtet werden. Noch 1927 bezeichnete der bekannte Biologe Brehm - von „Brehm’s Tierleben“ bekannt den Seeadler als Schädling, weil er einen großen Teil seiner Nahrung aus der See bezieht.

1986 erklärte der Präsident des Deutschen Fischereiverbandes - ich zitiere aus den „Kieler Nachrichten“ von 1986 –:

„Wenn den enormen Zuwachsraten nicht sofort Einhalt geboten wird, werden Kormorane in absehbarer Zeit das gesamte Bundesgebiet bevölkern. Den Unterwasserterroristen muss jetzt endlich der Kampf angesagt werden.“

(Lachen und Beifall bei der CDU)

Der Präsident hieß Carstensen.

(Zuruf von der CDU: Wo er Recht hat, hat er Recht!)

Der Kormoran hat außerdem den gleichen Fehler wie die Krähe.

(Zuruf von der CDU: Er ist schwarz!)

- Er ist schwarz und deswegen nicht schön wie der Schwan. Das ist im 21. Jahrhundert noch Grund genug, eine Tierart auszurotten.

Meine Damen und Herren von der schwarzen Fraktion, Sie sollten einmal Ihr Verhältnis zu schwarzen Vögeln überdenken. Womöglich haben Sie welche in Ihren eigenen Reihen.

(Karl-Martin Hentschel)

(Lachen bei der CDU)

Es wird wirklich Zeit, dass wir zu einem ökologischen Verständnis finden; denn unsere natürlichen Fluss- und Seenbiotope sind nicht die Hühnerhöfe Schießwütiger.

Ich beantrage die Überweisung unseres Antrags an den Umweltausschuss, damit sich dieser in einer Anhörung eine eigene Meinung bilden kann.

Eine an den Präsidenten des Landtages gerichtete Anmerkung: Ich trage eine Krawatte, auf der Fische abgebildet sind. Das ist eine Demonstration zugunsten der Kormorane.

(Zuruf von der CDU: Das werden Ihnen die Fische danken!)

Für die CDU-Fraktion erteile ich der Frau Abgeordneten Herlich Marie Todsen-Reese das Wort.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Es ist keineswegs so, dass das Thema Kormorane in jeder Legislaturperiode wiederholt wird, sondern man kann sich sozusagen Jahr für Jahr darauf einstellen, solch eine Debatte führen zu müssen. - Diese Klage stammt nicht von mir, sondern von Detlef Matthiessen, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, aus der denkwürdigen Landtagsdebatte, die wir am 23. September 2004 zu diesem Thema geführt haben.

(Vereinzelter Beifall bei der CDU)

Gestern war er hier. Ich habe mich so darauf gefreut, dies in seiner Gegenwart noch einmal zu diskutieren. Schade, dass dieser Tagesordnungspunkt erst heute behandelt wird.

Heute bescheren ausgerechnet Sie von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN uns erneut eine Kormorandebatte. Ich hätte mir nicht träumen lassen, dass das gesamte Jahr 2005 ohne Kormorandebatte bei Ihnen zu Entzugserscheinungen und in deren Folge zu dieser Verzweiflungstag führen würde.

Lieber Herr Hentschel, Sie haben eben deutlich gemacht, dass Sie von Ihren Vorurteilen bis heute keinerlei Abstand genommen und dass Sie nichts gelernt haben.

Der Koalitionsvertrag trifft zur Kormoranproblematik eine klare Aussage. Es heißt darin:

„Wir werden die Reduzierung der Kormoranbestände erleichtern, ohne deren Bestand zu gefährden. Vorschläge zur Umsetzung dieser Zielsetzung sind von der Landesregierung bis zur Sommerpause 2005 vorzulegen.“

Die Landesregierung hat inzwischen den Entwurf einer Kormoranverordnung erarbeitet und mit Datum vom 12. Oktober 2005 in die öffentliche Anhörung gegeben. Am Mittwoch, dem 14. Dezember, endete die Frist für die Abgabe von Stellungnahmen und die Darlegung von Anregungen und Bedenken. Ich gehe davon aus, dass diese Stellungnahmen der Träger öffentlicher Belange, von Vereinen, Verbänden bis hin zum Landesnaturschutzbeauftragten und seinem Beirat vom Ministerium sorgfältig ausgewertet werden. Ich gehe auch davon aus, dass sinnvolle und hilfreiche Anregungen und Bedenken in der Verordnung Berücksichtigung finden werden. Es gibt zumindest mir gegenüber schon die entsprechende persönliche Aussage des Ministers.

Das hebt sich wohltuend von dem ab, was wir in der Vergangenheit erlebt haben, als es draußen immer wieder Beschwerden darüber gab, Herr Müller, dass der damalige grüne Umweltminister zwar Anhörungen durchführte, man hinterher jedoch nie etwas davon wiederfand. Das wird sich mit Sicherheit ändern.

(Karl-Martin Hentschel [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Was ist mit der Jagdverordnung? Da ist noch nichts passiert!)

Das gilt mit Sicherheit in ganz besonderer Weise für die Begründung des Verordnungsentwurfs. Wir werden die weitere Arbeit konstruktiv und sehr aufmerksam begleiten und werden wir uns natürlich anschauen, was der Landesnaturschutzbeauftragte dazu gesagt hat. Ich sage aber auch deutlich: Wenn dort von einem Zusammenbruch der Kormoranpopulation gesprochen wird, ist das schon mehr als aberwitzig; ich komme noch darauf zurück.

Dass der Kormoran neben anderen Faktoren einen maßgeblichen Einfluss auf die rückläufigen Fischbestände, zum Beispiel die Aal-Bestände hat, stellte Professor Knösche bereits in seinem Ende 2003/Anfang 2004 erstellten Gutachten fest. Auch das habe ich schon in der Debatte 2004 gesagt; offensichtlich hat es beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN nicht gefruchtet. Er bezeichnet darin die hohen Kormoran-Bestände als das schwerwiegendste externe Problem der See- und Flussfischerei in Schleswig-Holstein. Er betrachtet den Kormoran

(Karl-Martin Hentschel)

als Schlüsselfaktor für eine Ertragssteigerung in den Binnengewässern Schleswig-Holsteins und spricht auch von einer Konkurrenz zwischen Kormoran und Fischern.

Hören wir doch endlich auf, dieses Problem kleinoder wegzureden. Es ist vorhanden. Es ist sicherlich schwer bezifferbar, aber es gibt Unterlagen, es gibt Zahlen. Vielleicht wäre es für den Beirat und den Landesnaturschutzbeauftragten sinnvoll, sich auch einmal mit den Fischern zusammenzusetzen und das zu besprechen. Vielleicht können wir das in der Folge noch tun.

Selbst ein Professor Heydemann hat 1986 als Vorsitzender des LNV in der „Grünen Mappe“ - ich will noch eine kurze Anmerkung zur Zahl der Kormorane machen - klar davon gesprochen, dass etwa 500 Brutpaare und 2000 Individuen ausreichen würden, um den Kormoranbestand in SchleswigHolstein dauerhaft zu sichern. Es geht - das sage ich noch einmal deutlich - doch niemandem um die Ausrottung, sondern um die vernünftige Regulierung.

(Vereinzelter Beifall bei der CDU)

Herr Müller, alle Bemühungen in der Vergangenheit - und es ist ja nicht so, dass nicht auch unter Ihrer Ägide Kormorane abgeschossen wurden; offenbar war das damals möglich - haben nicht gefruchtet und zu vernünftigen Ergebnissen geführt. Vielmehr war es so: Wir haben laut Artenschutzbericht 2004 in Schleswig-Holstein 2.805 Kormoranpaare. Es waren in Ihrem Artenschutzbericht 2003 noch deutlich weniger. Es gibt also eher eine Tendenz zur Zunahme als zur Abnahme, wie jetzt gern behauptet wird. Lesen Sie den Artenschutzbericht 2003 und 2004, dann werden Sie das feststellen.

Frau Abgeordnete Todsen-Reese, würden Sie bitte Ihren letzten Satz formulieren?

Ich formuliere meinen letzten Satz. - Es tut mir auch Leid, Herr Kollege Kubicki. Vielleicht können wir das nachher gemeinsam weitermachen.

(Dr. Heiner Garg [FDP]: Oh ja, machen Sie mal gemeinsam weiter!)

Ich bin sicher, dass, wenn sich Minister Dr. von Boetticher jetzt dieses Problems annimmt, er auch Erfolg haben und dafür sorgen wird, dass wir eine gerichtsfeste,

(Wolfgang Kubicki [FDP]: Staatsjagd für Kormorane!)

eine wasserfeste Verordnung bekommen, in der es keineswegs nur um Abschuss geht, sondern um die gesamte Palette der Vergrämungsmöglichkeiten, der Störungsmöglichkeiten, aber auch des Abschusses.

Liebe Frau Kollegin Todsen-Reese!

Wir lehnen sowohl den Antrag von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN wie auch den Antrag des FDPKollegen ab. Letztes bedauere ich außerordentlich. Aber er ist so gestrickt, dass er wirklich nicht akzeptabel ist.

(Beifall bei der CDU - Wolfgang Kubicki [FDP]: Aber der Kollege?)