Erstens. Natürlich darf die Evaluation nicht nur am Ende stehen, sondern sie muss ständig stattfinden, wie es ja auch konzipiert ist. Möglicherweise soll in der dritten oder vierten Klasse, in der siebenten Klasse, in der zehnten Klasse, in der dreizehnten Klasse jeweils der Stand der Schulen über Vergleichsarbeiten evaluiert werden. Es geht nicht darum, die Schüler zu beurteilen. Denn dann haben sie beim Zentralabitur das Problem, dass, wenn ein Schüler schwache Lehrer hat, der Schüler bestraft wird, nicht die Schule.
Es geht vielmehr darum, dass die Schulen durch Vergleiche geprüft werden und damit ein Antrieb gegeben wird, wie wir es auch aus anderen Ländern kennen. Wenn eine Schule schlecht abschneidet, führt das in der Lehrerschaft, bei den Eltern und bei der Kommune zu einer intensiven Diskussion darüber, was verbessert werden kann. Dadurch werden Anreize zur ständigen Verbesserung gegeben. Das ist das Ziel einer Evaluation und nicht das Zentralabitur.
Zweitens: Organisation. Ich finde es schon seltsam, wenn plötzlich behauptet wird, dass sich Schulen nicht selbstständig organisieren könnten, dass sie Probleme mit der Selbstorganisation hätten. Kindergärten können das auch, freie Schulen können das auch, kleine Betriebe können das auch. Keiner kommt auf die Idee zu sagen: Kleine Betriebe sind nicht möglich, weil die keine Abrechnung machen können. Und die Schule soll das nicht können? Ich finde, dass ist wirklich eine seltsame Argumentation.
Was nicht nötig ist, ist natürlich, dass jede Schule ihre Buchführung oder ihre Personalführung macht. Das macht man aber auch in den meisten kleinen Firmen nicht; die vergeben das an ein entsprechendes Büro. Das kann in diesem Fall die Behörde für sie machen. Darum geht es ja nicht; es geht darum, dass sie selbst die Entscheidungen treffen.
Zur Organisation gehört natürlich auch die Frage, ob die Schule zum Beispiel einen Schulvorstand einrichtet, wie das einige freie Schulen gemacht haben und wie das auch in Dänemark gemacht worden ist, wo Kommune, Eltern, Schüler und Lehrer
beteiligt sind, ein ständiger Vorstand, der regelmäßig die Schularbeit leitet - im Unterschied zur heutigen Lehrerkonferenz, die nur einmal im halben Jahr zusammentritt. Einmal im halben Jahr reicht natürlich nicht aus, wenn man Autonomie hat. Dann muss man regelmäßig zusammensitzen und dann muss ein entsprechendes Gremium geschaffen werden. Deswegen muss Organisationsfreiheit gegeben sein, damit solche Sachen erprobt werden können.
Es wurde gesagt, im Grundgesetz stehe, das Schulwesen stehe unter Aufsicht des Staates. Das ist mir wohl bekannt. Es heißt nicht, die Schulen seien staatlich, sondern es heißt, sie unterliegen der Aufsicht. Das heißt - und wir haben das ja auch -, dass es freie Schulen gibt, die lediglich dem Staat gegenüber Rechenschaft ablegen müssen, welche Leistungen sie erbringen. Das ist die Aussage. Wenn Sie sich da verfassungsrechtlich erkundigen, wird Ihnen das jeder bestätigen. Das Schulwesen steht unter Aufsicht des Staates heißt genau nicht, was Sie daraus geschlossen haben.
Zum Letzten: Schulversuch oder nicht. Es ist keine Gesetzesänderung notwendig. Hier ist von Gesetzesänderung geredet worden. Mir geht es nicht in erster Linie um Gesetzesänderung und um das neue Schulgesetz, sondern es geht darum, dass in Schleswig-Holstein an den Schulen etwas passiert. Es ist im Rahmen der jetzigen Experimentierklausel möglich, einen solchen Schulversuch auszuschreiben.
Es geht mir im Grunde um das, was wir im Berufsschulwesen in Schleswig-Holstein in den letzten vier Jahren erlebt haben. Es geht um Dynamik. Es ist ein Schulversuch gemacht worden, an dem sich von 39 Berufsschulen in Schleswig-Holstein 15 beteiligt haben.
Ich komme zum Schluss. - Diese Dynamik möchte ich auslösen. Das ist nicht eine Sache, die nur für einzelne Schulen gilt, sondern das verändert das
Schulsystem als Ganzes. Genau darum geht es. Deswegen würde ich mich freuen, wenn die Fraktionen in der Lage wären, diesen Antrag in den Ausschuss zu überweisen, damit wir darüber weiter diskutieren können und möglicherweise zu gemeinsamen Ergebnissen kommen.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Es gibt hervorragende Schulversuche in Deutschland, es gibt hervorragende Modellversuche, meistens gesteuert durch die Bund-Länder-Kommission, also auch finanziert von Bund und Ländern gemeinsam. An sehr vielen dieser Modellversuche hat sich Schleswig-Holstein zum Teil federführend beteiligt. Immer ging es darum - das ist wichtig -, dass hier nicht einzelne Blumen blühen sollten, sondern darum zu erproben, wie man langfristig Strukturen ändern kann. Das ist die Zielsetzung der Modellversuche.
Herr Hentschel, in Ihrem ersten Beitrag klang das ein bisschen anders. Sie haben sozusagen beliebig Namen und Initiativen in den Raum gestellt, bei denen es um höchst unterschiedliche Ansätze ging. Das haben Sie alles rundheraus von vornherein für gut erklärt. Das sehe ich nun doch etwas anders. Da unterscheiden wir uns vielleicht schon immer. Ich bin nicht für diese Art von, Entschuldigung, SpontiPolitik, sondern ich bin dafür zu sagen, wo etwas geht und wo es nicht geht, wo es bestimmte Kriterien erfüllt und wo es dem Schulwesen in der Breite dient.
Gerade wenn Sie jetzt die freien Schulen und die Verantwortlichkeit des Staates erwähnen, sage ich: Natürlich sind nicht alle Schulen staatlich, aber die Errichtung einer freien oder einer Privatschule unterliegt besonderen Bedingungen. Dazu gibt es Verfassungsgerichtsurteile. Gerade im Bereich der Grundschule ist es sehr streng zu bewerten, ob eine private, eine freie Schule entstehen kann. Das finde ich nach wie vor richtig. Da gehen die Auffassungen allerdings auseinander. Das ist ja auch in Ordnung. Ich rede hier über meine Auffassung und die Prinzipien.
Man muss wirklich dazu sagen: Wir in SchleswigHolstein haben im Schulgesetz Gestaltungsmöglichkeiten, und zwar seit Jahren, die andere Länder überhaupt erst einmal erproben müssen. Ich finde es einfach nicht in Ordnung, uns etwas vorzuhalten, das wir nachmachen sollten, obwohl die Strukturen im Schulgesetz schon lange angelegt sind. Ich kann nur manchmal stoßseufzernd sagen: Wenn die Schulen nur machten, was sie schon lange können.
- Ich bitte Sie. Sie reden von Eigenverantwortung und Sie reden von der Kreativität von unten. Ich sage Ihnen: Die Möglichkeiten sind da. Dann sagen Sie, ich solle anregen, dass die es machen. Was denn nun?
Viele Schulen nutzen die Möglichkeiten, die sie haben, beispielsweise im Rahmen von „Geld statt Stellen“, einem Instrument für mehr Budgetfreiheit. Ich will Ihnen ein schönes Beispiel dafür nennen. So hat das Berufliche Gymnasium am Ravensberg in Kiel eine Stelle kapitalisiert und lässt damit Unterricht im darstellenden Spiel durch das Kieler Theater erteilen. Das ist eine hervorragende Inanspruchnahme dieser Eigenverantwortung.
- Woher wissen Sie das denn? Herr Karasek hat mir in der vorigen Woche darüber berichtet, dass das von Anfang an hervorragend und mit viel Unterstützung aus dem Ministerium gelaufen ist. Ich weiß nicht, woher Sie solche Urteile nehmen.
Weitere Beispiele sind die Flexibilisierung der Stundentafel oder die Gestaltung in der Grundschule, die mögliche Abkehr vom 45-Minuten-Takt, die Rhythmisierung des Vormittags oder in Zukunft die Kontingentstundentafel oder die Bandbreitenregelung in der Arbeitszeit oder das fächerübergreifende Lernen. Die Schulen der Zukunft müssen - da stimmen wir im Prinzip überein, denke ich - so viel Eigenverantwortung wie möglich und nötig zeigen. Die Zielsetzung entspricht im Grunde dem, was in der Regierungserklärung wie auch im Koalitionsvertrag angelegt ist. Das Prinzip Eigenverantwortung wird natürlich auch eine der Leitlinien für die Novellierung des Schulgesetzes sein.
eigenständig entwickeln können, wie das möglich ist. Dafür braucht man manchmal Probedurchläufe, das ist richtig. Nur so kann man sehen, was für ein Aufwand erforderlich ist und in welchem Verhältnis Aufwand und Erfolg zueinander stehen. Wir erproben deshalb zum Beispiel gerade in Stormarn und Lauenburg die Dezentralisierung der Personalverwaltung und Teilbudgetierung an 18 Gymnasien und Gesamtschulen. Diese Schulen bewirtschaften einen großen Teil der Vertretungsmittel selbst, können selbst Verträge ausfertigen. Das ist aber ein qualitativ neuer Schritt, das müssen die erst lernen. Das ist nicht so einfach, selbst die Verträge an den Schulen zu gestalten.
Ein darüber hinausgehender Schulversuch mit den Elementen, die zum Teil schon da sind und zum Teil darüber hinausgehen, also selbst Personal einstellen und entlassen, geht in Schleswig-Holstein nicht. Wir haben Beamtenrecht, das wir zu beachten haben. Ein solches Modell würde auch zusätzlich Ressourcen binden. Wie aufwendig so ein Versuch ist, können Sie in Nordrhein-Westfalen und in Rheinland-Pfalz sehen, wo regionale Steuerungsund Controlling-Gruppen, zusätzliche Lehrer und Ausgleichsstunden ein eigenes Referat im Ministerium erforderlich machen. Ich finde nicht, dass wir uns das leisten müssen, und ich finde auch nicht, dass wir uns das leisten können.
Das Ziel ist unstrittig: Erfolgreiche Schulen arbeiten eigenständig, natürlich im Rahmen von Vorgaben. Diese Eigenverantwortlichkeit muss sich vor Ort entwickeln, davon bin ich überzeugt. Die Möglichkeiten muss der Gesetzgeber, müssen die Rahmenbedingungen geben, aber die Kreativität erwarte ich vor Ort. Ich glaube, dass viele Schulen, die dieses in Anspruch nehmen und vieles wirklich Modellhafte an ihren eigenen Schulen erproben, ein gutes Beispiel vermitteln. Wir alle sollten an der Vermittlung solcher guten Beispiele mitwirken.
Es ist Abstimmung in der Sache beantragt worden. Wer dem Antrag Drucksache 16/491 (neu) zustimmen will, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Dann ist der Antrag mit den Stimmen von CDU, SPD und FDP gegen die Stimmen von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN bei Enthaltung der Gruppe des SSW abgelehnt.
Ich möchte zwei geschäftsleitende Bemerkungen machen. Die Tagesordnungspunkte 35 und 38 sollen ohne Aussprache überwiesen werden, so die Einigung der Parlamentarischen Geschäftsführer. Mir tut es Leid - wenn ich das auch einmal sagen darf für die Kolleginnen und Kollegen, die sich vorbereitet haben, aber so ist die Abmachung.
Es ist Überweisung an den Wirtschaftsausschuss zur abschließenden Beratung beantragt worden. Wer diesem Antrag zustimmen will, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Es ist so beschlossen.
Bericht der Landesregierung über die Tätigkeit der Innovationsstiftung Schleswig-Holstein (ISH) 2004
Es ist Überweisung an den Wirtschaftsausschuss zur abschließenden Beratung beantragt. Wer diesem Überweisungsantrag zustimmt, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Es ist einstimmig beschlossen.