Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Es ist gut, dass wir heute nach langer Vorberatung und nachdem mehrere Anträge zur Energiepolitik vorliegen, endlich über Energiepolitik reden. Vielleicht
Ich denke, jedermann ist klar, dass der in der letzten Zeit zu verzeichnende massive Anstieg der Energiepreise bei Gas, Strom, aber auch Sprit eine gewaltige Beeinträchtigung der wirtschaftlichen Entwicklung bedeutet, zum einen, was die Investitionen der Betriebe, zum anderen, was den Konsum der Bürger betrifft. Die Wirtschaft wird geschwächt, weil auf der einen Seite Kosten entstehen, die auf der anderen Seite wieder hereingebracht werden müssen.
Dafür gibt es vor allen Dingen drei Gründe. Der erste ist eine sprunghaft steigende Nachfrage nach Öl und Gas insbesondere durch asiatische Staaten mit erheblichem wirtschaftlichen Wachstum. China und Indien wurden schon genannt.
Wir haben zweitens aber auch in Deutschland und Europa eine gewaltige Marktmacht bestimmter Konzerne. Die Verkaufabsicht der Firma e.on hat in den letzten Tagen deutlich gemacht, in welche Richtung die Entwicklung geht. Die infrage kommenden Energiekonzerne sind sowohl im Erdölund Benzinmarkt als auch im Strom- und Gasmarkt tätig.
Drittens - das muss man vielleicht auch mit einem Klopfen an die eigene Brust sagen - verdient natürlich auch der Staat bei den Energiepreisen ganz erheblich mit. Allein die Steigerung der Spritpreise von Januar 2005 bis Dezember 2005 hat Bund, Ländern und Gemeinden zusätzliche Einnahmen in Milliardenhöhe gebracht.
Der vorliegende Bericht, für den ich meinen Mitarbeitern herzlich danke, benennt die wichtigsten gesetzlichen Rahmenbedingungen. Dabei müssen wir feststellen, dass die wesentlichen Entscheidungen - wie so oft - nicht hier, sondern auf Bundesebene getroffen werden. Damit ist klar, dass der Spielraum der Landesregierung eingeengt ist. Die Föderalismusreform geht eigentlich in die Richtung, dass die Zuständigkeit des Bundes eher ausgeweitet als eingeschränkt wird.
Ich orientiere mich an den Fragen der Regierungskoalition. Die Fragen der Kernenergienutzung brauche ich heute nicht anzusprechen. Sie ist fester Bestandteil unseres heutigen Energiemixes und das wird sie sicher auch noch lange bleiben. Ich habe vor wenigen Tagen meine Stromrechnung für das letzte Jahr bekommen. Frau Kollegin Trauernicht, da waren 48 % als Anteil des Kernenergiestroms ausgewiesen. Ein geringer Anteil war für erneuerbare Energien angegeben. Diese Situation wird mit
Die Windkraft hatte 2002 einen Anteil von 2 % am Primärenergieverbrauch in Schleswig-Holstein, und zwar einschließlich des Kraftstoffs für Kraftfahrzeuge. Die Stromerzeugung hatte natürlich einen größeren Anteil; es waren 9,6 %. Im Verbrauch lagen wir im Jahr 2005 mit dem Windstrom bei immerhin etwa 30 %.
Das heißt, rechnerisch werden 4 Milliarden kW/h auf den Verbrauch in Schleswig-Holstein verteilt. Ich denke, das wird allgemein begrüßt.
Aber ich sage dazu - das ist weniger ein Grund für Beifall -: Der Ausbau der Windenergie stockt zeitweise etwas, zum einen deshalb, weil das Repowering langsamer vorangeht als geplant. Der Ausbau von Offshore verzögert sich ebenfalls. Wenn wir im Herbst in der Situation sind, dass die Netze für die Stromversorgungsunternehmen bereitstehen, wird sich die Frage stellen: Wird an dieser Stelle tatsächlich investiert? Nehmen große und kleine Unternehmen sowie Bürger, die sich über Parks zusammenschließen, wirklich Geld in die Hand, um mit dem Bau zu beginnen? Wir würden es begrüßen.
Wir brauchen auch in Zukunft sowohl an Land als auch bei Offshore zuverlässige Windenergieanlagen. Die Parks sind genehmigt. Die Kabelgenehmigungen sind zu erwarten.
Wenn wir das Landwindpotenzial in SchleswigHolstein addieren, kommen wir in der heutigen Situation von 2.200 MW auf maximal 3.700 bis 4.000 MW an Land. Bei Offshore kommt noch einmal ein Anteil von etwa 2.000 MW hinzu. Das zeigt, wo die Perspektive liegt.
Ich bin sehr erfreut darüber, dass ich heute noch einmal unterstreichen kann, dass wir mit einem großen Unternehmen verhandeln, welches neue, große Windanlagen produzieren und vielleicht sogar hier eine Flügelproduktion aufnehmen will. Schleswig-Holstein bleibt im deutschen Verbund im Bereich der Windenergie, also zumindest federführend.
Das Biomassepotenzial in Schleswig-Holstein beträgt 13 % des Primärenergieträgerverbrauchs. Es ist gut, dass wir beschlossen haben, das Potenzial weiter auszubauen. Aber im Vergleich zu anderen Bundesländern, zum Beispiel zu Bayern, liegen wir sehr weit zurück. Ich denke, dass das Biomassepotenzial gar nicht schnell genug ausgeschöpft werden kann. Es muss deutlich mehr ausgeschöpft wer
Ich bedaure an dieser Stelle die in Berlin beabsichtigten Entscheidungen zu dem Thema Steuervergünstigung bei Biogas. Ich halte sie für falsche Entscheidungen und hoffe, dass wir noch einmal zu einem Gespräch kommen, damit nach den guten Ansätzen in Brunsbüttel und an anderer Stelle im Land zumindest kein Rückschlag eintritt.
Im Bereich Solarenergie arbeiten wir mit Hamburg und Niedersachsen zusammen. Schleswig-Holstein hat in Wedel eine Modulfertigungsstätte. Insgesamt spielt die Solarenergie in unserem Land wegen der geringeren Sonneneinstrahlung allerdings eine weniger bedeutende Rolle. Das gilt auch für die Geothermie. Es ist bedauerlich, dass Produktionsunternehmen in Schleswig-Holstein, auch in Wedel, in andere Bundesländer und auch in die USA abgewandert sind und jetzt über Solar World einen riesigen Umsatz machen. Es wäre schön gewesen, wenn diese Produktion in Schleswig-Holstein geblieben wäre.
Die Umwandlung von Windstrom in Wasserstoff werden wir weiterhin fördern. Diese Umwandlung ist ganz wichtig. Wenn alle Offshore-Windparks gebaut sind, müssen die Leitungsnetze in großem Maß ausgebaut werden. Windstrom als Wasserstoff zu speichern und diesen zum Heizen und für den Automotorenbetrieb sowie zur Stromerzeugung zu nutzen, ist eine technologische Herausforderung. Ich bin zurzeit dabei, ein Projekt zu prüfen und wahrscheinlich auch zu bewilligen, bei dem es darum geht, Wasserstoff so umzuwandeln, dass er über Brennstoffzellen eingesetzt werden kann. Dafür sollen zusätzliche Mittel bereitgestellt werden. Wir sind dort zusammen mit der Fachhochschule Lübeck auf einem guten Weg.
Schließlich wird von uns auch die Kraft-WärmeKopplung gefördert. Sie ist ein Beitrag, die Energie effizienter zu nutzen. Das gilt vor allen Dingen für den Wohnungsbau.
Die Innovationsstiftung wird auch im innovativen Energiebereich, zum Beispiel bei Bioenergie, weitere positive Entwicklungen beeinflussen.
In den letzten Wochen war die Kontrolle der Strom- und Gaspreise ein großes Thema. Manche, auch unter meinen Kollegen, haben da relativ dicke Backen gemacht und gesagt: Wir stoppen jetzt alles; jetzt wird überhaupt nichts mehr genehmigt.
vorlegen. Entsprechend haben wir uns auch verhalten. Ich denke, wir haben den Strom- und Gaskunden in Schleswig-Holstein zu erheblichen Einsparungen dadurch verholfen, dass wir Preiserhöhungen nur insoweit genehmigt haben, wie sie durch Kostensteigerungen beim Einkauf verursacht wurden. Sehr viele der Energieversorgungsunternehmen, die eine Erhöhung um 10 ct je kW/h beantragt hatten, bekamen vielleicht nur etwa 5 ct pro kW/h genehmigt. Andere Unternehmen, die um 0,9 ct erhöhen wollten, haben wir auf 0,3 ct heruntergezwiebelt. Das betraf eine große Zahl von Fällen. Dieses Vorgehen war vernünftig.
Wir schauen uns die Situation in den großen Energieunternehmen an. Wir betrachten das Kapital und die Gewinne nach Steuern. Dabei zeigt sich, dass in Zukunft noch wesentlich energischer kontrolliert werden muss.
Die Landeskartellbehörde für Energie wird zum 1. Februar eine neue Gasabfrage durchführen, weil wir auch auf diesem Markt zu einer Situation kommen wollen, die wir gegenüber den Kunden eher rechtfertigen können.
Wir haben die Strompreise einer strengen Prüfung unterzogen. Dabei haben wir nur die erhöhten Einkaufspreise zugestanden. Die Beträge liegen im Durchschnitt unterhalb des Bundesdurchschnitts. Nach einer Wibera-Untersuchung vom November 2005 liegen die Strompreise in Schleswig-Holstein um 6 % unter dem Bundesdurchschnitt. Bei einem Verbrauch von 3.000 kW/h muss der Kunde 20 ct pro kW/h zahlen. Dieser Betrag liegt in anderen Ländern deutlich höher.
Ich fürchte aber, wir müssen uns insgesamt auf absehbare Zeit an die hohen Energiepreise gewönnen, wenn es uns nicht gelingt, für mehr Wettbewerb zu sorgen. Auch weitere Preissteigerungen sind nicht auszuschließen. Einige Instrumente, mit denen der Teuerung entgegengewirkt werden kann, sind eine funktionierende Gasdurchleitung, die Etablierung einer gemeinsamen Regelzone aller Stromversorger im Strombereich sowie die Anreizregulierung bei den Netznutzungsentgelten. Das heißt, dass auch die Bundesnetzagentur die neuen Zuständigkeiten, die sie hat, ausschöpfen muss. Ich glaube, dass wir auch einen kleinen Beitrag leisten, indem wir bei uns Flächen und Potenzial für die Errichtung eines neuen Kraftwerks oder neuer Kraftwerke bereitstellen.
Ich danke den Häusern für die gute Zu- und Zusammenarbeit bei der Erstellung des Berichtes und möchte kurz zusammenfassen: Wir setzen auf einen
ausgewogenen, zukunftsfähigen Primärenergieträgermix und räumen dabei den erneuerbaren Energien einen hohen Stellenwert ein. Wir setzen auf einen Markt mit größtmöglicher Transparenz. Auch bei der Preiskontrolle darf es keine Tabus mehr geben. Schleswig-Holstein muss auch in Zukunft ein wichtiger Kraftwerkstandort sein. Ziel des bevorstehenden Energiegipfels muss die Sicherung der Energieversorgung zu annehmbaren Preisen sein, um zu verfügbarer Energie und zur nachhaltiger Energie zu verhelfen. Ich glaube, dass wir alle miteinander in dieser Frage auf einem guten Weg sind.
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Sonne, die heute überall auf der Erde scheint, würde das 15.000-fache des Energiebedarfs der Welt decken können. Leider können wir sie nicht speichern und leider können wir sie nicht dort hinbringen, wo sie benötigt wird. Deshalb müssen wir uns den globalen Anforderungen des erhöhten Energiebedarfes stellen. Daher ist der Bericht über die zukünftige Energiepolitik unseres Landes so wichtig.
Der Weltenergierat, World Energy Council, prognostiziert einen Anstieg der weltweiten Energienachfrage um 30 bis 50 % bis zum Jahre 2020. Die jüngste EU-Prognose - allerdings für Mineralöl - sagt sogar schon bis zum Jahre 2010 einen Anstieg von 55 % voraus. Wenn man bedenkt, dass heute noch 1,5 Milliarden Menschen ohne Zugang zu kommerzieller Energie sind, lässt sich erahnen, welche Herausforderungen die Prognose des ShellKonzerns, das es bis zum Jahre 2060 zu einem Anstieg des weltweiten Energiebedarfs auf das Dreifache kommt, an uns stellt. Dieser Anstieg der Nachfrage nach Energie erfordert eine möglichst breite Palette von Energieträgern, um Versorgungs-, Preis- und Umweltrisiken so gering wie möglich zu halten.
Von der Welt zu Europa: Der neue Energiekommissar der EU, Lette Andris Piebalgs, sieht in einer effektiven und effizienten Energiepolitik der EU
einen Schlüsselbereich für die europäische Wirtschaft und damit für die Umsetzung der LissabonStrategie. Das Energiethema wird immer mehr ein Thema der Europäischen Union.
Die europäische Öl- und Gasförderung wird innerhalb der nächsten 20 Jahre leider erheblich sinken, da besonders die Fördergebiete in der Nordsee weitgehend erschöpft sein werden. Selbst mit größten Einsparungen und dem Einsatz erneuerbarer Energien wird sich der Importbedarf der Europäischen Union hinsichtlich Erdöl und Erdgas in der mittel- und langfristigen Perspektive weiter steigern. Im Jahre 2020 wird Europa verschiedenen Schätzungen zufolge bis zu 90 % seines Erdöls und 70 % seines Erdgases importieren müssen.
In diesem enormen Spannungsfeld bezüglich der Energiebedarfsdeckung ist die zukünftige Energiepolitik von Schleswig-Holstein zu betrachten.
Vorab zum Bericht: Es ist ein Bericht, der nach meiner Einschätzung mit hohem Fachwissen, mit Begeisterung und Überzeugung der an der Erstellung Beteiligten geschrieben wurde. Er beweist die hohe Qualifikation des gesamten Ministeriums beim Energiethema, wie die - manchmal nicht leicht verständlichen - wissenschaftlichen Passagen, die wirtschaftlichen Analysen und die Darstellung der Zusammenhänge beweisen. Ich zitiere:
„Die Landesregierung fühlt sich insgesamt dem Ziel verpflichtet, zur langfristigen Sicherung der Energieversorgung, zur Ressourcenschonung und zum Klimaschutz unter Berücksichtigung von für Haushalte sozial verträglichen und für Gewerbe und Industrie wettbewerbsfähigen Energiepreisen beizutragen.“