Hier sollten wir gemeinsam bereit sein, die Spielräume, die wir auf Landesebene haben, zu nutzen. Herr Geerdts hat dazu eben einige schon angesprochen. Wenn es also um soziale Angebote, um die Infrastruktur oder auch um die Einrichtung von Ganztagsschulen geht, können wir sicherlich auch über politische Unterschiede hinweg zusammenar
Ich danke dem Herrn Abgeordneten Harms. - Das Wort zu einem Dreiminutenbeitrag hat Herr Abgeordneter Werner Kalinka.
Meine Damen und Herren! Die Lage vieler Kinder ist zutiefst bedrückend. Aber was mich auch sehr nachdenklich macht, ist, wie wir manches in dieser Debatte darstellen. Die Probleme sind doch nicht neu. Diese Probleme sind seit geraumer Zeit mit großer Explosionsgeschwindigkeit auf uns zugerollt. Was haben wir bisher geschafft, um wirklich Dinge zu ändern und neu zu gestalten? Wir erheben neue Forderungen. Wir beklagen die Situation. Wir haben in der Tat kein Erkenntnis-, sondern ein Handlungs- und Finanzierungsproblem in der ganzen Sache.
Ich möchte den Kurzbeitrag nutzen, um zwei Punkte anzusprechen. Die CDU-Landtagsfraktion hat vor drei oder vier Jahren einen Kindergesundheitsbericht für Schleswig-Holstein verlangt. Heute steht in der Zeitung, dass 50 % der Kinder gesundheitliche Schäden haben. Sie haben damals unsere Forderung, die wir erhoben haben, mit zum Teil nicht netten Worten zurückgewiesen. Hätten wir einen solchen Bericht damals bekommen, wären wir heute konkret weiter.
Wir haben als CDU-Landtagsfraktion 2004 in den Aussagen zur sozialen Balance den ganzheitlichen Ansatz in dieser Sache vorgeschlagen. Es geht nur mit einem ganzheitlichen Ansatz, nicht mit einem sektoralen. Was haben Sie aus diesem Diskussionspunkt gemacht? - Ich habe bisher nicht viel erkannt.
Wir haben eine zunehmende Zahl von Menschen, die an der Tafel am Freitag ihre Lebensmittel bekommen, in jedem Kreis 1.500, 2.000. Wir haben Kinder, die morgens zur Schule kommen und vor der Schultür stehen und noch kein Frühstück gehabt haben. Wir haben bei Hartz IV eine große Zahl von Bedarfsgemeinschaften, viel höher, Herr Minister, als wir uns das vorgestellt haben und als sich das auch die alte Bundesregierung gedacht hat.
Es gibt also eine viel größere Zahl von Bedarfsgemeinschaften. Die Hauptbetroffenen sind die Kinder in diesen Familien, die ohne Chance, ohne Perspektive aufwachsen. Gewalt, Mobbing - die Probleme werden noch größer, die werden in dieser Gesellschaft nicht kleiner.
Meine Damen und Herren, ich finde, wir müssen uns über konkrete Schritte unterhalten, auch über mehr Familien- und Elternverantwortung. Wenn hier die Aussage getroffen wird, wir brauchen eine Grundsicherung: Gegen ein Mehr für Kinder hat niemand etwas; ganz im Gegenteil. Aber dann müssen Sie, Frau Ministerin, auch sagen, wie Sie das alles bezahlen und angehen wollen.
Meine Damen und Herren, bei Kindern haben wir zum Teil schon eine Zweiklassen-Gesellschaft. Wir haben kein Erkenntnisdefizit, wir haben ein Handlungsdefizit. Das ist der Punkt.
- Unsere Vorschläge haben wir Ihnen 2004 in unserem Programm präsentiert. Das war die Situation. Ich wollte mir nur erlauben, darauf noch einmal aufmerksam zu machen.
Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor. Ich schließe die Beratung. Es ist Ausschussüberweisung beantragt, und zwar in folgender Form: Der Antrag Drucksache 16/672 soll an den Sozialausschuss und der mündliche Bericht der Landesregierung soll dem Sozialausschuss zur abschließenden Beratung überwiesen werden. Wer so beschließen will, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenprobe! - Stimmenthaltungen? - Das ist einstimmig so passiert.
Wird das Wort zur Begründung gewünscht? - Das ist nicht der Fall. Dann eröffne ich die Aussprache. Das Wort für die antragstellende Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN hat Frau Abgeordnete Monika Heinold.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Die Unzufriedenheit mit Hartz IV ist groß. Die Reform hat nicht die Einspareffekte erbracht, die von ihr erwartet worden sind. Das Fördern kommt zu kurz. Der erhoffte Arbeitsplatzeffekt ist nicht eingetreten. Nun gibt es von allen Seiten Änderungswünsche, die allerdings in sehr unterschiedliche Richtung gehen. Die Bundesregierung sucht Sparmöglichkeiten, um die einkalkulierten Einsparungen durch die Zusammenlegung von Sozial- und Arbeitslosenhilfe doch noch umzusetzen.
Lassen Sie uns die Zahlen nüchtern betrachten. Während das alte System aus Sozialhilfe, Arbeitslosenhilfe und Wohngeld etwa 40 Milliarden € gekostet hätte, wurden für das ALG II einschließlich Wohnkosten 41 Milliarden € gebraucht. Von diesen 41 Milliarden € sind 4,2 Milliarden als Beitragsanteile an die gesetzlichen Rentenversicherungen geflossen. Volkswirtschaftlich ist Hartz IV also keine Mehrbelastung. Es gibt keine Kostenexplosion, welche geplante Leistungskürzungen begründen könnte.
Bei einer Überprüfung von Hartz IV gilt es nüchtern zu analysieren, was nach dem einjährigen Praxistest nicht rund läuft und was dementsprechend verbessert werden muss. Die von der Bundesregierung geplante Angleichung der ALG-IISätze zwischen Ost und West ist richtig. Hinzu kommen muss eine grundsätzliche Überprüfung der Regelsätze, so wie es die Sozialverbände fordern. Dabei müssen auch zusätzliche Belastungen durch eine veränderte Gesetzgebung im Gesundheitsbereich berücksichtigt werden.
Überprüft werden muss auch der Grundsatz der Pauschalierung. So richtig diese Entscheidung war das sage ich in aller Deutlichkeit -, weil sie unbürokratisch ist und die Eigenverantwortung stärkt, so ist es auch richtig, sich noch einmal mit der Situation junger Familien zu beschäftigen. Insbesondere die Sonderausgaben für einmalige Babyausstattung, aber auch zusätzliche Kosten für den Schulbesuch, beispielsweise die Schülermonatskarte in der Oberstufe, sind vom laufenden Budget kaum zu bezahlen. Hier muss überlegt werden, wie den Familien besser geholfen werden kann.
Auch die Entscheidung für den Kindergeldzuschlag war richtig. Allerdings wurde das Antragsverfahren derart kompliziert gestaltet, dass dringend Nachbesserungsbedarf besteht.
Das am heftigsten diskutierte und kritisierte Änderungsvorhaben der schwarz-roten Koalition ist aber die Einschränkung des eigenständigen Leistungsan
spruchs von jungen Erwachsenen. Dieser eigenständige Leistungsanspruch war kein Betriebsunfall in der Gesetzgebung. Er war politisch gewollt im Sinne einer Grundsicherung und im Sinne eines individuellen Anspruchs junger Erwachsener. Den jungen Menschen sollte es ermöglicht werden, sich aus ihrem Familienumfeld zu lösen und sich mithilfe des Job-Centers auf eine eigene Perspektive einzurichten und diese aufzubauen. Dass dies zu einer exorbitanten Kostenexplosion geführt hat, wird zwar behauptet; mit Zahlen kann diese Aussage aber nicht unterfüttert werden. So verstehe ich zumindest die Antwort der Landesregierung auf meine Kleinen Anfragen.
Mit unserem Antrag fordern wir, dass der eigenständige Leistungsanspruch von Jugendlichen und jungen Erwachsenen bis 25 Jahre auf ALG II und die Übernahme von Wohnkosten nicht grundsätzlich und nicht in unzumutbarer Weise eingeschränkt wird oder zu einer Benachteiligung auf dem Arbeitsmarkt führen darf.
Zum Schluss zwei weitere wichtige Punkte. Hartz IV will nicht nur fordern, sondern auch fördern. Deshalb müssen die Eingliederungsbudgets in diesem Jahr ausgeschöpft werden. Den Menschen müssen Perspektiven aufgezeigt werden. Gespräche vor Ort zeigen, dass sich die Arbeitsgemeinschaften bemühen, anders zu handeln als im letzten Jahr, als sie noch viel Zeit für die interne Organisation ihrer Verwaltung brauchten.
Außerdem müssen die Ein-Euro-Jobs auch weiterhin kritisch überprüft werden, damit es nicht zu einer Verdrängung regulärer Arbeitsplätze kommt.
Meine Damen und Herren, nehmen wir die Bundespolitik in die Pflicht, mischen wir uns ein! Lassen Sie uns als fortschrittliches und engagiertes Bundesland dafür eintreten, dass soziale Gerechtigkeit auch weiterhin ihren Platz in den notwendigen Reformen behält!
Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Die umfassende Thematik der Sozialgesetzgebung berührt nahezu alle Lebensbereiche der Leistungsempfänger. Praktische Erfahrungen im Umgang mit
den Ausführungen des Sozialgesetzbuches und individuelle menschliche Schicksale und Lebensumstände machen Änderungen und Optimierungen des Sozialgesetzbuches erforderlich.
Der von der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN vorgelegte Entschließungsantrag fordert in der Einleitung die Landesregierung auf, sich auf Bundesebene im Rahmen der Änderung des SGB II für nachstehend aufgelistete Punkte einzusetzen und gegebenenfalls eine entsprechende Bundesratsinitiative zu ergreifen.
Die im Antrag aufgeführten Punkte betreffen jedoch nicht nur die in Vorbereitung befindliche Novelle des SGB II, sondern greifen auch Änderungsaspekte der im SGB XII geregelten Sozialhilfe auf.
Trotz eines intensiven Dialogs mit den SGB-II-Leistungsträgern im Lande, deren Ergebnisse in das Optimierungsgesetz einfließen, wird es auch in Zukunft - das wird die Praxis zeigen - immer wieder Anpassungsbedarf geben.
Die unter Nummer 1 geforderte generelle Überprüfung der Regelsätze im Rahmen der Ost-West-Angleichung ist bereits im Gange. Die Einkommensund Verbraucherstichprobe (EVS) wird derzeit durch das Bundesministerium für Arbeit und Soziales zusammen mit unabhängigen Wissenschaftlern ausgewertet. Die Ergebnisse werden im Laufe dieses Jahres erwartet, sodass dieser Forderung des Antrages von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN bereits entsprochen wird.
Auch bei Nummer 2 des vorliegenden Antrages bedarf es nach meiner Auffassung keiner besonderen Regelung des Landes, da eine Überprüfung der Zuzahlungen und Eigenleistungen im Hinblick auf eine eventuelle Neubestimmung von Inhalt und Aufbau der Regelsätze im Zuge der EVS-Auswertung bereits läuft. In diesem Zusammenhang weise ich darauf hin, dass bereits angeregt wurde, sich auf Bundesebene dafür einzusetzen, bei der Weiterentwicklung des Gesundheitsmodernisierungsgesetzes den Barbetrag, das so genannte Taschengeld, von Heimbewohnern von Zuzahlungen freizustellen.
Da sich die Landesregierung dafür einsetzt, dass die SGB-XII-Regelung im Rahmen des ausstehenden SGB-II-Optimierungsgesetzes in den Rechtskreis des SGB II übernommen werden und die unter Nummer 3 genannten atypischen einmaligen Bedarfe so geregelt werden könnten, besteht meines Erachtens auch hier kein weiterer Handlungsbedarf des Landes.
mir nicht vorrangig eine Frage der Harmonisierung zwischen den Rechtskreisen des SGB II, des SGB XII und des Bundeskindergeldgesetzes zu sein. Vielmehr ist es erforderlich, dass die Bundesanstalt organisatorisch die zeitnahe Bearbeitung und Entscheidung über die Anträge sicherstellt.
Bei der Berufsberatung, Qualifizierung und Vermittlung der jungen Arbeitslosen bis 25 Jahre gibt es offensichtlich noch Probleme. So weiß ich aus dem optionierenden Kreis Nordfriesland, dass selbst nach einem Jahr SGB II auf der Arbeitsebene die Zusammenarbeit noch viel zu wünschen übrig lässt.
Nummer 6 des Antrages beinhaltet den eigenständigen Leistungsanspruch von Jugendlichen und jungen Erwachsenen bis 25 Jahre auf Arbeitslosengeld II. Dieses Thema wird sehr emotional und kontrovers diskutiert. Ziel der Einschränkun- gen im Änderungsgesetz zum SGB II ist die Beschneidung des Wildwuchses der aus dem Boden geschossenen Bedarfsgemeinschaften mit 18-jährigen Alleinstehenden. Hier gilt es geschulte Fachkräfte zur sachgerechten Einschätzung von Ausnahmetatbeständen hinzuzuziehen, wobei Benachteiligungen auf dem Arbeitsmarkt nicht im Sinne des Gesetzgebers wären und zu vermeiden sind.
Hinsichtlich der Übernahme von Mietschulden oder Mietkautionen setzt sich die Landesregierung im Rahmen der Vorbereitung des SGB-II-Optimierungsgesetz ein. Die mit dem SGB-II-Änderungsgesetz erfolgte Klarstellung, wonach Mietkautionen darlehensweise gewährt werden sollen, schließt nicht aus, dass es in besonders begründeten Einzelfällen Beihilfen geben kann. Die Erfahrung hat aber gezeigt, dass Darlehen dem pfleglichen Umgang mit Mietobjekten eher förderlich sind und zu wirtschaftlicherem Verhalten führen.