Hinsichtlich der Übernahme von Mietschulden oder Mietkautionen setzt sich die Landesregierung im Rahmen der Vorbereitung des SGB-II-Optimierungsgesetz ein. Die mit dem SGB-II-Änderungsgesetz erfolgte Klarstellung, wonach Mietkautionen darlehensweise gewährt werden sollen, schließt nicht aus, dass es in besonders begründeten Einzelfällen Beihilfen geben kann. Die Erfahrung hat aber gezeigt, dass Darlehen dem pfleglichen Umgang mit Mietobjekten eher förderlich sind und zu wirtschaftlicherem Verhalten führen.
Meine Damen und Herren, wir werden diesen Antrag im Sozialausschuss sicherlich lebhaft und hoffentlich auch fruchtbar diskutieren.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Fraktion der Grünen hat uns einen Antrag vorgelegt, der in neun einzelnen Punkten eine gezielte Änderung des Sozialgesetzbuches II einfordert.
Diese Ansammlung einzelner Punkte ist in der Kürze der hier zur Verfügung stehenden Diskussionszeit kaum umfassend abzuarbeiten. Erschwerend kommt hinzu, dass einige Punkte bereits kürzlich eine Änderung im Sozialgesetzbuch II erfahren haben. So wurde im Februar mit dem Gesetz zur Änderung im Zweiten Buches des Sozialgesetzbuches und anderer Gesetze im Deutschen Bundestag das Arbeitslosengeld II in den neuen Bundesländern an die Höhe der alten Bundesländer auf aktuell 345 € angepasst. Damit wurde in diesem Bereich eine Gleichheit zwischen den neuen und alten Bundesländern hergestellt.
Auch die Übernahme von Miet- und Energieschulden wird nun direkt im SGB II und nicht mehr durch Verweis auf Leistungen aus der Sozialhilfe geregelt. Dies ist ein Punkt, der im Antrag der Grünen unter Nummer 7 zur Diskussion aufgelistet wird. Ziel der Neuregelung in diesem Bereich ist es, Doppelzuständigkeiten zu beseitigen und zukünftig die Leistungen auch in diesem Bereich aus einer Hand zu gewähren. Die Arbeitsuchenden müssen sich nicht mehr der im Sozialhilferecht strengeren Einkommens- und Vermögensanrechnung unterwerfen und Schulden können zukünftig auch als Beihilfe statt in der Form eines Darlehens übernommen werden.
Im Gesetz zur Änderung des Sozialgesetzbuches II ist auch geregelt, dass in Zukunft der volle Versicherungsschutz in der gesetzlichen Rentenversicherung erhalten bleibt. Dies bedeutet für Menschen mit unterbrochenen Erwerbsverläufen, dass ihnen auch bei der Rehabilitation und im Falle der Erwerbsminderung Leistungen im vollen Umfang zustehen.
Ich will einen weiteren Punkt aus dem Antragskatalog der Grünen aufgreifen, und zwar Nummer 6. Hier sind wir uns einig, dass der eigenständige Leistungsanspruch von Jugendlichen und jungen Erwachsenen bis 25 Jahre auf Arbeitslosengeld II und die Übernahme von Wohnkosten nicht grundsätzlich und in unzumutbarer Weise eingeschränkt werden darf. Denn gerade für junge Menschen, deren Familien in der zweiten oder dritten Generation von staatlichen Leistungen abhängig sind, kann der Weg in die Selbstständigkeit ein entscheidender Schritt sein.
Mit dem Gesetz zur Änderung des Sozialgesetzbuches II ist festgelegt, dass die Jugendlichen beziehungsweise jungen Menschen unter 25 Jahren auch künftig ausziehen und eine eigene Bedarfsgemein
schaft gründen können, wenn sie beispielsweise aufgrund von schwer wiegenden sozialen Gründen nicht auf die Wohnung der Eltern verwiesen werden können oder der Bezug einer eigenen Wohnung zur Eingliederung in den Arbeitsmarkt erforderlich ist. Durch eine Stichtagsregelung wurde erreicht, dass diejenigen, die bereits von zu Hause ausgezogen sind, in ihrer eigenen Wohnung bleiben können und nicht in die Wohnung ihrer Eltern zurückziehen müssen.
In einem weiteren Punkt, nämlich dem Punkt 5 wird von der grünen Fraktion eine eindeutige Zuständigkeit für die Berufs- und Ausbildungsberatung von jungen Menschen bis 25 Jahre eingefordert. Dies ist ein Punkt, den die Landesregierung in Schleswig-Holstein mit ihrer Netzwerkvereinbarung „Chancen für Arbeit in Schleswig-Holstein“ bereits sehr pragmatisch im Interesse der betroffenen Jugendlichen bei uns geregelt hat. Hier richte ich einen Dank ganz persönlich an Sie, Herr Minister, für Ihren Einsatz. Das war ganz im Sinne der jungen Menschen.
Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales hat hier auch für die Bundesebene eine Klarstellung angekündigt.
Festzuhalten bleibt, die Zusammenlegung von Arbeitslosen- und Sozialhilfe soll nicht nur Geld sparen. Die Änderungen im Sozialgesetzbuch II sollen auch dazu führen, die Vermittlung von Menschen in Arbeit zu verbessern und ihre Bereitschaft und Befähigung zur Arbeitssuche zu unterstützen. Wir können heute festhalten, dass bei aller Kritik, die grundsätzlich an der Wirksamkeit der neuen Instrumente geübt wird, positive Ergebnisse zu vermelden sind.
Um den Antrag der Fraktion von BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN in seiner Vielschichtigkeit weiter diskutieren zu können, schlagen wir die Überweisung an den Sozialausschuss unseres Hauses vor.
Ich danke dem Herrn Abgeordneten Baasch. - Für die FDP-Fraktion hat nun der Herr Abgeordnete Dr. Heiner Garg das Wort.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Ich möchte mich nicht noch einmal grundsätzlich damit auseinander setzen, ob Hartz IV der volle
Erfolg war oder nicht. Bis auf den SSW haben das alle Fraktionen mitgetragen und wir haben hier bei jeder Einzeldebatte um Hartz IV gesagt, dass eine Generalrevision nach einer gewissen Zeit notwendig ist. Ich bleibe nach wie vor dabei, dass das Inkrafttreten ein bisschen hopplahopp und vielleicht auch ein bisschen zu schnell für eine so große Reform war.
Liebe Kollegin Heinold, ich muss zugeben: Eigentlich müsste ich mich lediglich darüber ärgern, dass wir nicht schneller waren als Sie. Denn ich finde Ihren Antrag gut und auch konsequent.
Sei es die Ungleichbehandlung von Kindern von Arbeitslosengeld-II-Empfängern - ich glaube, es war der Kollege Harms, der das ursprünglich angesprochen hat - bei der Vermittlung von Ausbildungsplätzen, sei es die Auswirkung auf die Sozialstaffeln in Kindergärten oder die gestrichene Bezuschussung von Arbeitsloseninitiativen: Eine umfassende Reform haben wir hier zu allen möglichen Einzelpunkten immer wieder eingefordert.
Man muss auch so fair sein und sagen, dass einige der systemimmanenten Fehler, die erst in der praktischen Auswirkung deutlich wurden, unbürokratisch von den Kommunen und ab und an auch von der Bundesagentur für Arbeit gelöst werden konnten. Doch noch längst ist nicht alles durch entsprechende Gesetzesanpassungen in Ordnung gebracht worden.
Auch die zuletzt im Februar vorgenommene Änderung des SGB II konnte nicht alle Fehler ausmerzen - ganz im Gegenteil: Die Änderungen werfen wieder neue Fragen auf, die in der Praxis und im Zweifel leider durch die Gerichte gelöst werden müssen.
Ein Beispiel ist, dass nach dem Bürgerlichen Gesetzbuch Eltern gegenüber ihren minderjährigen Kindern uneingeschränkt, gegenüber den volljährigen Kindern aber nur eingeschränkt unterhaltspflichtig sind. Darüber hinaus kennt § 1601 BGB eine Unterhaltspflicht nur zwischen Verwandten und nicht gegenüber Kindern von Ehegatten oder gar des jeweiligen nichtehelichen Partners, mit dem eine Bedarfsgemeinschaft gebildet wird.
Wenn jetzt erwachsene Arbeitslose unter 25 Jahren, die noch zu Hause leben, wieder zur Bedarfsgemeinschaft der Eltern zählen, dann bedeutet dies eine erneute Rechtsunsicherheit, die sicherlich wieder von Gerichten geklärt werden muss. Ich denke, wir sollten alle daran mitarbeiten, dass Gesetze
Welche Regelungen des SGB II und des SGB XII bedürfen einer umfassenden Revision, da sie in der Praxis zu Verwerfungen geführt haben, die vom Gesetzgeber so - das glaube ich wirklich - nicht gewollt waren? - Ein grundlegender Abgleich zwischen Erfahrungen aus der Praxis und den gesetzlichen Regelungen zeigt weitere Schwachpunkte auf, die einer genaueren Überprüfung bedürfen. Ihr vorgelegter Antrag, Frau Kollegin Heinold, verfolgt diese Frage konsequent.
Erstens. Eine Neuberechnung des soziokulturellen Existenzminimums ist bei der Vereinheitlichung der bisher unterschiedlichen Regelsätze zwischen Ost und West sinnvoll. Ich warne allerdings davor, Frau Kollegin Sassen - denn Sie taten so, als wäre das schon in Gange -, dass man davon ausgeht, dass es eine Anhebung der Regelsätze ausschließlich nach oben gibt. Bundessozialminister Franz Müntefering hat zwar nicht deutlich erklärt, allerdings durchscheinen lassen, dass bei den Regelsätzen eine Absenkung jedenfalls teilweise nach unten nicht komplett auszuschließen ist.
Zweitens. Die Grundsicherung für Arbeitsuchende als das maßgebliche Leistungsrecht schließt Leistungen zum Lebensunterhalt nach SGB XII aus. In der Praxis zeigt sich, dass sich diese Trennung nicht stringent durchhalten lässt, jedenfalls nicht so, wie es ursprünglich einmal gedacht. In vielen Fällen verpflichtet die Rechtsprechung zu ergänzenden Leistungsansprüchen nach dem SGB XII, wenn die pauschalierten Leistungen des SGB II nicht ausreichen.
Hier muss eine grundsätzliche Entscheidung darüber herbeigeführt werden, ob das SGB II seine Rolle als abschließendes existenzsicherndes Leistungsgesetz für alle erwerbsfähigen Personen und ihre Angehörigen wahrnehmen oder es in pauschalierender Form Leistungen erbringen soll, die dann durch das SGB XII aufgestockt werden müssen, zum Beispiel bei regelmäßig abweichendem Bedarf oder die Übernahme von Energie- und Mietschulden.
Drittens stellt sich auch aus unserer Sicht die Frage, ob die Streichung eines eigenen Leistungsanspruches von Jugendlichen unter 25 Jahren auf ALG II und die Übernahme der Wohnkosten lediglich vordergründig Kosten sparen. Die Gefahr besteht, dass sich statt eines früheren Sprunges in die Selbstständigkeit junge Erwachsene bis zum 25. Lebensjahr überhaupt nicht mehr oder nicht mit hinreichendem
Engagement um eine entsprechende Beschäftigung beziehungsweise um eine Arbeit auf dem ersten Arbeitsmarkt bemühen.
Möglichweise ist der Vorschlag das, was man etwas salopp als Milchmädchenrechnung bezeichnet. Das frühe Sich-selbstständig-Machen - das sage ich nicht, weil ich mit 18 Jahren von zu Hause ausgezogen bin - ist ein Anspruch, den auch junge Menschen haben und den man in dieser Form vielleicht noch einmal diskutieren muss, aber aus meiner Sicht nicht weiter verfolgen sollte.
Liebe Kollegin Heinold, liebe Kolleginnen und Kollegen, ich freue mich auf die Ausschussberatungen und bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.
Ich danke dem Herrn Abgeordneten Dr. Garg. - Für den SSW hat der Herr Abgeordnete Lars Harms das Wort.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der SSW hat bereits lange vor den hektischen Nächten im Vermittlungsausschuss zur Änderung der Sozialgesetzgebung gefordert, den künstlichen Zeitdruck aus den Verhandlungen herauszunehmen. Ein so zentrales Reformvorhaben sollte nicht mit der heißen Nadel gestrickt werden. Im September 2004 forderte der SSW-Landesparteitag die Verhandlungsparteien dazu auf, das Vorhaben um mindestens ein halbes Jahr zu verschieben.
Wie wir alle wissen, beharrte die rot-grüne Bundesregierung auf ihrem Zeitplan. Die Folge ist eine Gesetzesbaustelle, auf der ständig neue Reparaturen ausgeführt werden müssen. Darunter leiden die Leistungsbezieher: Tausende warten auf ihren Kindergeldzuschlag, auf eine qualifizierte Jobvermittlung oder können sich den Besuch beim Arzt nicht mehr leisten. Hier ist die Politik gefragt, möglichst schnell Abhilfe zu schaffen. Es ist nicht das erste Mal, das sich der Landtag Schleswig-Holstein mit Nachbesserungen beschäftigt. Ich bin sogar davon überzeugt, dass es auch nicht das letzte Mal sein wird.
Bei allen Reparaturen sollte das ursprüngliche Ziel weiter verfolgt werden: Eine aktive Arbeitsmarktpolitik, bei der alle Arbeitslosen nach einem Jahr Anspruch auf qualifizierte Arbeits-, Ausbildungsoder Weiterbildungsangebote haben. Dieses Ziel ist
Die große Koalition in Berlin hat ganz offensichtlich die aktive Arbeitsmarktpolitik im Zuge von Hartz IV aus den Augen verloren. Bei ihr dreht es sich nicht um die Verbesserung der Beratung, sondern nur noch um die engmaschigere Kontrolle und um den Nachweis einer nicht vorhandenen Bedürftigkeit. Die Bundesregierung nutzt die Nachbesserungen zu weiteren Restriktionen, wie zuletzt dem faktischen Verbot der eigenen Wohnung für ALGII-Bezieher unter 26 Jahren. Das sind keine Nachbesserungen, sondern eindeutig Verschlechterungen.
Die Grünen wollen die negativen Auswirkungen und Probleme des Gesetzes lösen. Aus diesem Grund unterstützt der SSW das Vorhaben der Grünen ausdrücklich, via Bundesratsinitiative das Gesetz nachzubessern. Die Überprüfung der Regelsätze ist zwischen uns ebenso unstrittig wie die Harmonisierung der Sachzuständigkeit für die Bewilligung des Kindergeldzuschlages. Junge Arbeitslose müssen aus einer Hand beraten werden.
Die Regelung, wonach die Optionskommunen die Vermittlung von Ausbildungsplätzen bei den Arbeitsagenturen „gegen Kostenerstattung“ zukaufen können, ist unbefriedigend. Letztlich gibt es im Norden Schleswig-Holsteins mit seinen drei Akteuren, nämlich den Optionskommunen, den ARGEn und der Arbeitsagentur keine koordinierende Instanz, die die Situation auf dem Ausbildungsmarkt auch nur annähernd darstellen kann. Das ist an sich schon ein Skandal.
Schwerer wiegt, dass die Jobzentren 2005 vielfach den Ausbildungsstart verpasst haben, weil sie weder das erforderliche Know-how noch die notwendigen Kontakte rechtzeitig bis zum Sommer aufbauen konnten. Diese Situation darf sich 2006 nicht wiederholen. Jeder Schulabgänger und jeder junge Arbeitslose hat das Recht auf den Zugang zu Informationen, unabhängig davon, ob die Eltern Lehrer, arbeitslos oder ALG-II-Empfänger sind.
Noch ein weiterer Punkt: Die Frage der Übernahme von Mietschulden und Kautionen, die die Grünen fordern. Das muss dringend geklärt werden. Darüber hinaus ist die Wohnsituation vieler ALG-IIEmpfänger völlig ungeklärt. Es kann derzeit vom einzelnen Jobvermittler abhängen, welche Bedarfe anerkannt werden. Hier würde ich mir eine durchschaubarere, aber flexiblere Handhabung wünschen. Ein Umzug wegen 50 € zu viel Miete oder 10 m² zu viel Wohnfläche erscheint mir überzogen.