Protokoll der Sitzung vom 23.03.2006

(Sandra Redmann)

ne Zielvereinbarung mit der Landesregierung und durch ein ausreichendes Budget gesteuert wird.

Die Landesregierung hat beschlossen, parallel die Neuorganisation der Landesforsten in eine andere Rechtsform vorzubereiten und nach Möglichkeiten zur Privatisierung zu suchen. Nur der Weg hin zu einer betriebswirtschaftlich optimierten Organisation ist vom Koalitionsvertrag abgedeckt, kann Kosten reduzieren und von uns unterstützt und mitgetragen werden. Auf diesem Weg sollte sich nach meiner Auffassung die Landesregierung konzentrieren.

Der vorliegende Antrag der FDP muss im Zusammenhang mit den laufenden Überlegungen gesehen werden, für die eine Arbeitsgruppe unter Leitung des Landwirtschaftsministeriums eingesetzt ist. Auf der Basis dieser Ergebnisse werden wir noch Diskussionen führen.

Wir beantragen Überweisung an den Umweltausschuss.

(Lebhafter Beifall bei SPD und CDU)

Vielen Dank, Frau Abgeordnete Redmann. - Für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN erhält der Herr Abgeordnete Karl-Martin Hentschel das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Es ist schon erstaunlich: Wir haben eine Kleine Anfrage gemacht, um extra noch einmal nachzufragen und nun bekommen wir die Antwort, dass der Wald komplett - also nicht nur Splitterwald, sondern der gesamte Wald - verkauft werden soll.

(Beifall des Abgeordneten Dr. Heiner Garg [FDP])

Nun stellt sich die SPD hier hin und sagt, sie wisse davon nichts und sie habe damit nichts zu tun.

(Sandra Redmann [SPD]: Das habe ich gar nicht gesagt!)

Sie tun einmal wieder so, als hätten Sie mit der Regierung nichts zu tun und das finde ich schon erstaunlich.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und FDP)

Schleswig-Holstein ist das Land mit dem wenigsten Wald. Deswegen haben wir in den vergangenen Jahren - übrigens gegen den wütenden Protest der

CDU und auch der FDP - die Oberflächenwasserabgabe eingeführt und davon einen großen Teil für die Neuwaldbildung eingesetzt.

(Beifall beim SSW - Lachen bei CDU und FDP)

Warum haben wir das getan? - Weil der Wald nicht einfach nur ein Wirtschaftsgut ist. Wald schützt das Klima. Wald ist ein wichtiger Lebensraum für Tiere und Pflanzen. Praktisch steht der gesamte Wald in Schleswig-Holstein unter Naturschutz. Wald ist ein wichtiger Raum zur Erholung für Wanderer, Pilzsammler, Fahrradfahrerinnen und Reiterinnen. Wald ist ein wichtiger Faktor für den Tourismus und mit dem Wald ist ein wichtiger Teil unserer Umweltbildung verbunden. Dazu gehören auch die fast 100 Waldkindergärten, die vielen Kindern eine gesunde und lehrreiche Kindheit in Schleswig-Holstein verschaffen.

Meine Damen und Herren, auch bei den Privatwaldbesitzern gibt es viele, die sich engagieren und deren Wald ähnliche Funktionen leistet. Das wird von uns nicht bestritten, aber natürlich muss bei einem privaten Wirtschaftsunternehmen die Ausrichtung an der Wirtschaftlichkeit im Vordergrund stehen.

Da wir gerade bei den Zahlen sind: Ich habe mir den Haushalt 2006 einmal im Hinblick darauf angeschaut.

(Konrad Nabel [SPD]: Du auch?)

Der Privatwald in Schleswig-Holstein wird mit 5,8 Millionen € gefördert. Und diese Summe besteht nicht nur aus EU-Mitteln, GA-Mitteln und Mitteln aus der Kofinanzierung, sondern es sind bereits fast 2 Millionen € reine Landesmittel in der Privatwaldförderung drin. Das heißt, die Legende, die jetzt hier aufgetan wird, man könne den Wald verkaufen und trotzdem fördern, ist eine völlige Illusion.

Wenn das Land das Geld einsparen will - das wäre die eine Alternative -, dann bedeutet das, dass diese 5,8 Millionen € Förderung in Zukunft für den gesamten Wald eingesetzt werden. Dann würden die großen Waldbesitzer in Schleswig-Holstein wie beispielsweise die Familie Rantzau, die Familie Holstein und die Familie Bismarck 3 Millionen € weniger bekommen, weil das Geld auf alle verteilt würde.

(Claus Ehlers [CDU]: Alles gute Adressen!)

Die andere Alternative wäre, Sie stapeln das ganze Geld oben drauf, aber dann wird es nicht billiger. Ich bin gespannt - wir haben dazu eine Kleine An

(Sandra Redmann)

frage gestellt -, wie Sie diese Fragen beantworten werden, Herr Minister.

Die Firma Gollnest & Kiesel hat jedes Jahr Spenden für die Neuwaldbildung an das Land Schleswig-Holstein geleistet. Diese Firma hat die Spenden eingestellt, weil das Land angekündigt hat, das, was die Firma dem Land geschenkt hat, zu verkaufen. Noch im November letzten Jahres hat sich Finanzminister Wiegard, der leider nicht anwesend ist, obwohl es auch um ihn geht, bei der Firma für die Baumspenden und das soziale Engagement im Forstamt Trittau bedankt. Er betonte die Bedeutung des sozialen Engagements von Unternehmen und wünschte, es würden noch mehr Unternehmen soziale und ökologische Verpflichtungen wahrnehmen.

Ich finde, es muss doch fast wie eine Verhöhnung der Spender klingen, dass die Regierung ein halbes Jahr später den gerade gespendeten Wald verkaufen will, um den Haushalt zu sanieren.

So geht es nicht. Ich bin der festen Überzeugung: Wenn wir auch in Zukunft weiter ehrenamtliches und privates Engagement für den Wald in Schleswig-Holstein gewinnen wollen, dann müssen wir den gleichen Weg gehen, den wir mit der Stiftung Naturschutz gegangen sind. Wir sollten den Wald in eine Landesstiftung überführen, um ihn vor neuen Attacken des Finanzministers auf Dauer zu schützen.

Meine Damen und Herren, ich muss sagen, die FDP hat mir mit ihrem Antrag eine überraschende Freude bereitet. Ich kenne sie durchaus als eine Partei, die seit Jahren den Naturschutz für eine überflüssige Geldausgabe und ein Hindernis für die Wirtschaft ansieht und die jedes Jahr möglichst das gesamte Landesvermögen verkaufen will.

(Konrad Nabel [SPD]: So ist es!)

Dass nun die FDP für den Erhalt des Landeswaldes eintritt, mutet wie die Bekehrung des Saulus zum Paulus an. Herzlich willkommen im Grünen, Herr Hildebrandt!

(Lachen bei CDU und SPD)

Der Landesregierung und dem Minister kündige ich hiermit an, dass wir den Widerstand gegen den Verkauf des Landeswaldes organisieren werden. Ich bin überzeugt davon, dass ein großer Teil der Menschen in Schleswig-Holstein diese Entscheidung nicht will, sie für falsch hält und sich dagegen zur Wehr setzen wird.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich danke dem Herrn Abgeordneten Hentschel und erteile für den SSW dem Herrn Abgeordneten Lars Harms das Wort.

(Dr. Johann Wadephul [CDU]: Bei euch zu Hause stehen überhaupt keine Bäume!)

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Mit einem Waldanteil von knapp 10 % ist Schleswig-Holstein das waldärmste Flächenland in Deutschland und daher haben wir auch eine besondere Verantwortung für den Wald.

Aus diesem Grund hat der Schleswig-Holsteinische Landtag 1995 einstimmig die so genannte Waldresolution beschlossen. Damit wurde unter anderem das Ziel verfolgt, den Waldanteil auf rund 12 % der Landesfläche zu erhöhen. Mit dieser interfraktionellen Resolution hat der Schleswig-Holsteinische Landtag deutlich gemacht, dass die Verantwortung für unseren Wald und seine Weiterentwicklung eine Gemeinschaftsaufgabe ist, zu der sich alle Fraktionen bekannt haben. Und soweit mir bekannt ist, hat diese Resolution immer noch ihre Gültigkeit.

Mit dem Vorschlag des Schlie-Berichts, die rund 50.000 ha Landeswald zu verkaufen, wird das Ziel verfolgt, lästige Aufgaben abzustoßen und den Haushalt zu sanieren. Ob dieses Ziel überhaupt umsetzbar ist, darauf geht der Bericht nicht weiter ein.

Wir wissen, dass der Landesforst jährlich einen Unterschuss von rund 9 Millionen € produziert; das sind rund 0,1 % des Landeshaushaltes. Da man irgendwo einmal zu sparen anfangen muss, ist es einfach zu sagen: „Wir stoßen diesen Klotz ab und privatisieren den Landeswald“, ohne aber über die Konsequenzen nachgedacht zu haben.

Was soll konkret mit den 280 Mitarbeitern aus der Forstverwaltung passieren? - Hier trifft die Landesregierung keine Aussagen. Dass man vonseiten der Angestellten gern wüsste, wohin die Reise geht und wie sie ihre zukünftige Lebensplanung ausrichten können, ist verständlich. Hier hat die Landesregierung eine Verantwortung als Arbeitgeber und da kann sie es sich nicht erlauben, sich zu diesem Punkt nicht zu äußern. Dies gilt im Übrigen auch, wenn der Landeswald nicht privatisiert, sondern „nur“ in einen eigenen Betrieb überführt wird.

Darüber hinaus frage ich mich, wer sich freiwillig dieses Minusgeschäft „Landeswald“ ans Bein binden will. Denn nach Aussage der Landesregierung wird der Wald auch künftig durch das Landeswald

(Karl-Martin Hentschel)

gesetz geschützt. Das heißt, der Wald in SchleswigHolstein soll weiterhin seinen öffentlichen Auftrag für Erholung, Naturschutz, Waldpädagogik und Bildungsarbeit leisten. Für einen privaten Investor sind diese Aufgaben aber zusätzlich Kosten, die entweder die Gewinne schmälern oder zu Verlusten führen.

Wenn der Wald also nicht zu einem reinen Holzlieferanten degradiert werden soll und er sich auch nicht aus Eintrittsgeldern finanzieren soll, wie soll dann der Unterschuss gedeckt werden? - Das werden sich zumindest die privaten Investoren fragen.

Da bleibt für mich nur noch die logische Konsequenz, dass der Käufer für die Vorhaltung seiner Leistungen und Funktionen vom Land entsprechend entlohnt wird.

(Günther Hildebrand [FDP]: So ist es!)

Und dann frage ich mich, was das Land durch den Verkauf gewonnen hat.

Ich bezweifele, dass die Schlie-Kommission diesen Aspekt in ihren Überlegungen überhaupt berücksichtigt hat. Es macht vielmehr den Eindruck, dass man vor lauter Eurozeichen in den Augen den Überblick ein bisschen verloren hat.