Mit der geplanten Entnahme aus dem Kommunalen Investitionsfonds würde die Landesregierung den Kommunen Geld aus der einen Kasse entwenden, um die Kasse dann mit Geld aufzufüllen, das sie den Kommunen von deren Sparbuch klaut. Das ist eine alte SPD-Taktik. Der Innenminister hat dazu gesagt - ich zitiere -:
„Wir wollen den Investitionsfonds nicht killen. Aber das Land, das kurz vor der Haushaltsnotlage steht, kann nicht in bisherigem Maße Bank spielen.“
Das ist ungefähr so, als würde eine Bank Geld von den Girokonten ihrer Kunden klauen und sich anschließend damit rechtfertigen, sie würde den entwendeten Betrag doch aus dem Sparguthaben der
selben Kunden wieder ersetzen. Dies offenbart, welch finanzpolitischen Geistes Kind der Innenminister ist,
dessen finanzpolitische Karriere mit großen Sprüngen von einem 35-Millionen-Loch im Lehreretat über die finanziell gescheiterte Fusion der Uni-Klinika bis zum dauerhaften Verfassungsbruch in bis dahin ungekanntem Ausmaß bei der Neuverschuldung führte.
Ich sage Ihnen: Der Kommunale Investitionsfonds gehört den Kommunen! Das muss auch so bleiben. Er ist das einzige kapitalgedeckte und damit nachhaltige Finanzierungsinstrument für öffentliche Investitionen in Schleswig-Holstein. Eine Landesregierung, die das strukturelle Defizit des Landes senken, gleichzeitig aber die öffentlichen Investitionen steigern will, sollte allein deshalb ihre klebrigen Finger davon lassen.
Schließen möchte ich mit einem Zitat des Kollegen Rainer Wiegard aus dem Jahr 2000. Das Zitat ist etwas länger, aber das Vorlesen geht schnell.
„Die drei wesentlichen Punkte sind: Erstens. Kürzung der Mittel, die den Gemeinden zustehen. Zweitens. Mittelentnahme aus dem KIF. Drittens. Öffnung von Standards und Vorschriften für die Gemeinden. Das ist Politikchinesisch, das draußen kein Mensch versteht!
Ich schlage vor, dass wir das gemeinsam ins normale Leben übersetzen: Wir kürzen Ihre Diäten in dem Umfang, wie Sie den Gemeinden Kürzungen zumuten. Anschließend genehmigen wir Ihnen dann als Ausgleich dafür, von Ihrem eigenen Sparkonto einen gewissen Betrag abheben zu dürfen. Den dürfen Sie allerdings nur zweckgebunden verwenden. Drittens erlauben wir Ihnen als Ausgleich für den Rest des Fehlbetrages, Ihren Lebensstandard zu reduzieren, weniger für die Betreuung Ihrer Kinder auszugeben, die Maßnahmen für Ihre Weiterbildung, die wir Ihnen ansonsten gönnen, einzustellen und den Unterhalt Ihres Hauses mit weniger Mitteln zu bestreiten.
Das ist das, was Sie hier den Gemeinden zumuten, ins wahre Leben übersetzt. Bei aller Notwendigkeit, über die Frage zu diskutieren, welche Aufgaben von den Gemeinden oder von der kommunalen Familie insgesamt
zu erledigen sind, halte ich die als Kompensation angebotene Vorschriftenöffnung für einen ganz besonders dreisten Anschlag auf die kommunale Selbstverwaltung.“
Herr Kollege Hildebrand, kommen Sie zum Schluss. Sie haben bereits eine Minute überzogen. Bitte formulieren Sie Ihren letzten Satz.
Der Ministerpräsident sprach, das wäre die größte Sparmaßnahme des Landes Schleswig-Holstein seit seinem Bestehen. Ich kann nur sagen, das ist eigentlich der dreisteste Diebstahl, der seit Bestehen des Landes stattgefunden hat.
Ich komme damit zum Schluss und kann nur sagen: Die große Koalition würde gut daran tun, von ihrem Ansinnen, die 120 Millionen € aus dem kommunalen Finanzausgleich zu entwenden, abzusehen.
Herr Kollege Hildebrand, es ist zwar geschickt, die Redezeit am Schluss durch ein Zitat zu verlängern, gleichwohl ist dies nicht in Ordnung. Ferner will ich darauf hinweisen, dass es sicherlich in Ordnung ist, wenn Sie formulieren: in die kommunale Tasche greifen. Sie reden wiederholt vom Klauen und vom Stehlen. Ich bitte Sie, Ihre Wortwahl zu überdenken.
Nunmehr erteile ich für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN der Frau Abgeordneten Monika Heinold das Wort.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Eines vorweg: Bei den Worten stehlen und klauen werden wir einfach zukünftig Zitate aus der vorherigen Legislaturperiode von anderen Kollegen heraussuchen.
Der Bericht beleuchtet die finanzielle Situation der Kommunen seit 2001. Dabei freut es mich, dass die CDU-geführte Landesregierung unter anderem feststellt,
„dass das Land im Rahmen bundespolitischer Initiativen und landespolitischer Maßnahmen in den vergangenen Jahren seiner Verantwortung für die Kommunen in besonderer Weise nachgekommen ist und maßgeblich an einer Stärkung des gegenwärtigen und zukünftigen Finanzstatus der Kommunen mitgewirkt hat.“
Dadurch wird auch deutlich, dass die CDU mit ihrer Einschätzung in den letzten Jahren komplett falsch gelegen hat, wollte sie doch noch Ende 2003 im Landtag Folgendes beschließen:
„Die finanzielle Leistungsfähigkeit der kommunalen Ebene ist durch ständige Eingriffe derart eingeschränkt, dass Kreise, Städte und Gemeinden nicht mehr in der Lage sind, ihre öffentlichen Aufgaben zu erfüllen. Viele stehen vor dem finanziellen Kollaps.“
Das sagte die CDU im Jahr 2003. Nun gibt es zwei Möglichkeiten: Entweder die CDU steht zu ihrer Analyse der letzten Jahre und bekennt hier und heute, dass sie trotz der dramatischen finanziellen Lage der Kommunen genau diesen tief in die Tasche greifen will, oder aber die CDU hat in den letzten Jahren populistisch und maßlos überzogen und nimmt ihre Aussagen der letzten Jahre im Rahmen der neuen Ehrlichkeit zurück.
Für meine Fraktion stelle ich fest, dass die CDU auch hier Wählerbetrug begeht, wenn sie in den nächsten Jahren derart tief in den kommunalen Finanzausgleich eingreifen will.
Es kommt nicht von ungefähr, dass sich ein Landrat mit dem Spruch zitieren lässt: Die schwarz-rote Koalition ist schlimmer als die rot-grüne. Das war kein grüner Landrat.
Es wundert mich nicht, dass die kommunalen Ehrenamtler heute vor dem Landeshaus demonstriert haben, eine Demonstration, die es in der Form noch
nicht gegeben hat, denn sie sollen ausgenommen werden wie eine Weihnachtsgans. Wer hätte angesichts des CDU-Wahlprogramms gedacht, dass eine CDU-geführte Landesregierung den Eingriff in den kommunalen Finanzausgleich im Vergleich zu RotGrün verdreifacht? Wie sagte Innenminister Stegner so treffend - ich zitiere aus den „Kieler Nachrichten“ -: Stegner könne nicht nachvollziehen, mit welcher Leichtigkeit manch einer in der Koalition nach dem Motto „Was kümmert mich mein Gerede von gestern?“ verfahre. Dem kann ich mich nur anschließen.
Um die Lage nüchtern zu bewerten, müssen wir uns mit den vorliegenden Zahlen beschäftigen. Wie sieht die Haushaltssituation unserer Kommunen aus? Lässt sich das Defizit der Kommunen mit dem Defizit der Kommunen anderer Bundesländer vergleichen? Geht es den Kommunen tatsächlich besser als dem Land, weil sie weniger Schulden haben, oder haben sie nur besser gewirtschaftet als das Land? Sind die kommunalen Ausgaben in Schleswig-Holstein mit den Ausgaben anderer Bundesländer zu vergleichen, wissend, dass die Pro-KopfAusgaben einer Kommune sehr eng mit den ihr zugewiesenen Ausgaben zusammenhängen?
Um diese Fragen zu beantworten, hatten wir im Jahr 2000 einen Sonderausschuss und eine Enquetekommission des Landtages eingerichtet. Wir hatten damit angefangen, Material zu sammeln und zu sichten. Leider haben CDU und FDP damals die Auflösung der Enquete beantragt, weil - man beachte die Zahl - die damalige Koalition jährlich 38 Millionen € aus dem kommunalen Finanzausgleich nehmen wollte. Herr Wadephul begründete in seiner Landtagsrede diesen Schritt damit, dass es aus finanzpolitischer Sicht keine Rechtfertigung gab, diesen Eingriff vorzunehmen, und forderte uns auf, in den nächsten Jahren von diesem Eingriff Abstand zu nehmen. Herr Wadephul, haben Sie damals falsch argumentiert oder argumentieren Sie heute falsch? Die Dramatik der Haushaltslage war schon damals deutlich. Welch unehrliche Debatte!
Ich bin nach wie vor der Auffassung, dass es damals notwendig war, die Kommunen an den Sparmaßnahmen des Landes zu beteiligen, und ich glaube, dass sie auch diesmal beteiligt werden müssen. Allerdings halte ich die Größenordnung von 120 Millionen € jährlich für komplett überzogen. Selbst 100 Millionen € - das wäre ja ein Drittel der angepeilten Einsparsumme der Landesregierung, auf die sie eben noch mal 20 Millionen € draufgepackt hat - wären von den Kommunen nicht zu schultern, ohne vor Ort spürbar Leistungen für die Bürgerinnen und Bürger abzubauen.
Die Enquete hätte uns geholfen, Aufgaben und Ausgaben der Kommunen abzugleichen, Verantwortlichkeiten und Finanzierungsstrukturen neu zu diskutieren und zu gestalten. Es war ein großer Fehler, meine Damen und Herren von der CDU, dass Sie damals diese Enquete beendet haben, nur um politisch zu taktieren. Zu der Arbeit der Enquete hätte auch eine kritische Durchleuchtung des kommunalen Finanzausgleichs gehört, denn dieses Gesetz ist tatsächlich ein bürokratisches Monstrum. Als Abgeordneter hat Minister Wiegard in den letzten Jahren mehrfach gefordert, dieses Gesetz zu ändern. Nun fordere ich Herrn Wiegard als Minister auf, gemeinsam mit dem Innenminister eine grundlegende Vereinfachung des kommunalen Finanzausgleiches vorzubereiten.
Meine Damen und Herren, die CDU hat angekündigt, den Eingriff in den kommunalen Finanzausgleich zu kompensieren, indem Aufgaben dafür in gleicher Größenordnung wegfallen. Das klingt theoretisch erst einmal gut, kann aber zu radikalen Einschnitten bei Leistungen für die Bürgerinnen und Bürger vor Ort führen. Insbesondere CDU-geführte Kommunen wollen dies nutzen, um Lernmittelfreiheit, Kindertagesstättenstandards und Schülerbeförderung zu streichen oder deutlich zu reduzieren.
Meine Fraktion appelliert an die Landesregierung, bei aller Notwendigkeit zum Sparen die soziale Komponente nicht aus den Augen zu verlieren. In dem Zusammenhang freue ich mich natürlich über den Antrag des SPD-Landesvorstandes, der verschiedene Dinge festklopft. Pädagogische Standards in den Kindertagesstätten sichern Bildungschancen, von der Kommune bezahlte Schülerbeförderungskosten sichern den Weg in die höheren Schulen auch auf dem Lande ab.
Meine Damen und Herren, hierbei geht es nicht um ideologischen Ballast, ein Begriff, den der CDUFraktionsvorsitzende letzte Woche ins Spiel gebracht hat. Wir hatten uns vom Bericht erhofft, dass er tatsächlich die Fragestellung von CDU und SPD beantwortet und konkrete Veränderungen benennt, die zukünftig bei den Kommunen zu Einspareffekten führen. Leider ist der Bericht an dieser Stelle sehr dünn. Herr Lehnert hat bereits darauf hingewiesen.
Meine Fraktion hat mit unserem Modell der kommunalen Verwaltungsreform ein Konzept vorgelegt, das zu erheblichen Einsparungen sowohl in der Landesverwaltung als auch in den kommunalen
Verwaltungen führen würde. Unser Modell der Gebietsreform unterscheidet sich von dem Modell von CDU und SPD, das die jetzt vorgelegt haben. CDU und SPD wollen eine komplett neue Verwaltungsebene aufbauen, auch wenn sie dies immer wieder abstreiten. Die kommunalen Vertreter benennen dies selbst so. Kein Wunder, dass sich die kommunalen Landesverbände dagegen wehren, dass ihnen noch mehr Bürokratie übergestülpt werden soll. Wenn CDU und SPD nun auch noch ihr angekündigtes Vorhaben umsetzen und jährlich 120 Millionen € aus der kommunalen Kasse nehmen, stehen den Kommunen harte Zeiten bevor. Das Land würde die mit der Steuerschätzung prognostizierten Mehreinnahmen fast komplett einkassieren und die Kommunen, sollten sich die Steuerschätzer getäuscht haben, müssten aus der Substanz blechen.
Meine Damen und Herren, lassen Sie mich zusammenfassen: Der Bericht macht deutlich, dass den Kommunen schon jetzt das Geld fehlt, um notwendige Maßnahmen vor Ort zu finanzieren. Er macht deutlich, dass wir dringend weiter daran arbeiten müssen, eine Bilanz über die Aufgaben- und Ausgabensituation der Kommunen zu erstellen, und dass es geradezu fahrlässig war, dass sich die CDU damals einer weiteren Mitarbeit in der Enquetekommission „Weiterentwicklung der Beziehungen zwischen Land und Kommunen“ verweigert hat.