Protokoll der Sitzung vom 02.06.2006

(Karl-Martin Hentschel)

gefordert, die primär Träger dieser Maßnahme sind, sprich Autokraft, aber auch die Landeshauptstadt Kiel.

Ich bin im Übrigen dankbar, dass wir diese Diskussion geführt haben. Dies macht deutlich, dass es wichtig ist, dass die Landeshauptstadt Kiel an das internationale Flugnetz angebunden bleibt. Dazu dient ein leistungsfähiger Flughafen Kiel, dazu dienen natürlich auch leistungsfähige Verkehrswege in Hamburg. Deswegen unterstützen wir das, was die Landesregierung, was der Wirtschaftsminister als sein Credo ausgibt, nämlich die Möglichkeiten nutzen, die das Land bieten kann, um einen zukunftsfähigen Flugverkehr in Kiel-Holtenau zu gewährleisten, allerdings dann auch mit dem stetigen Bemühen, daraus keine dauerhafte „Leistung“ für die Haushalte der öffentlichen Hand werden zu lassen.

(Beifall bei CDU und SPD)

Ich danke dem Herrn Abgeordneten Thomas Stritzl. - Das Wort für die SPD-Fraktion hat der Herr Abgeordnete Bernd Schröder.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN unterstützt offenbar nach wie vor die Projektidee des Fahrgastverbandes Pro Bahn, mit einem neu zu konzipierenden MetroExpress, auch Schienenflieger genannt, die Strecke Kiel-Hamburg zu bedienen. Das ist sicherlich wünschenswert, aber völlig unrealistisch in der Umsetzung. Die erforderlichen Investitionskosten wurden von Minister Austermann in der Landtagssitzung am 2. September 2005 mit 760 Millionen € beziffert. Der ehemalige Kollege Müller von den Grünen sprach in der Landtagssitzung am 26. Januar dieses Jahres von Studien, die für die Schließung von Lücken von nur 60 Millionen € ausgehen. Am 26. April wurde zum Thema Schienenflieger eine gutachterliche Stellungnahme im zuständigen Wirtschaftsausschuss vorgestellt. Nach dem Ergebnis dieses Gutachtens ist klar, dass die gewünschte Fahrzeitverkürzung bei weitestgehender Nutzung der vorhandenen Infrastruktur überhaupt nicht möglich ist.

Erforderlich ist eine komplette Neutrassierung der Strecke von Neumünster bis Kaltenkirchen sowie eine Neubaustrecke von Norderstedt-Mitte bis zum Flughafen mit einem Investitionsbedarf von etwa 400 Millionen €. Hinzu kommen die Kosten einer vom S-Bahn-Verkehr unabhängigen Führung der Regionalzüge vom Flughafen zum Hamburger

Hauptbahnhof. Die erforderlichen Investitionen in das Schienennetz, notwendige Veränderungen von Haltestellen sowie die Entwicklung und Herstellung neuer Fahrzeuge dürfte sich auf insgesamt 700 Millionen € summieren.

Auf der anderen Seite wird ab dem Jahre 2008 durch die Inbetriebnahme der S-Bahn vom Hauptbahnhof zum Flughafen eine Verbindung zur Verfügung stehen, die die Fahrzeit von Kiel bis Fuhlsbüttel auf 100 Minuten reduzieren wird. Der Airportbus, der bis zu 20-mal täglich verkehrt, benötigt für die Fahrt vom Kieler Hauptbahnhof bis zum Hamburger Flughafen schon heute nur 84 Minuten. Nach den vorgelegten Gutachten würde die Realisierung des Projektes Schienenflieger zwangsläufig zu einer Halbierung der Bedienung mit Regionalzügen auf dem Streckenabschnitt Elmshorn-TorneschPinneberg-Hamburg Hauptbahnhof führen und damit zu einer erheblichen Verschlechterung in dem Angebot für Berufspendler aus dieser gesamten Region. Sich hier herzustellen, Kollege Hentschel, und zu sagen, das wäre der Clou schlechthin, dass ein Umsteigen von PKW auf Bahn möglich ist, ist schon ein Treppenwitz. Wir haben jahrelang darum gekämpft, im Bereich Pinneberg, Elmshorn, Tornesch, Uetersen zusätzliche Zughalte zu bekommen. Jetzt zu sagen, das Angebot für die Betroffenen werde halbiert, macht deutlich, was im Grunde genommen davon zu halten ist und wie Sie das einschätzen.

Angesichts der geschätzten Investitionskosten, die vom Land allein getragen werden müssten, ist das Ergebnis eindeutig. Das Vorhaben ist zurzeit nicht finanzierbar und allenfalls langfristig zu bearbeiten.

Jetzt, wie in dem Antrag von den Grünen gefordert, eine Machbarkeitsstudie in Auftrag zu geben macht nach den Aussagen im Wirtschaftsausschuss wirklich keinen Sinn und wäre angesichts der Kosten von schätzungsweise einer sechsstelligen Eurosumme absolut verantwortungslos.

Wir möchten alle eine schnellere Verbindung von Kiel über den Flughafen Fuhlsbüttel zum Hamburger Hauptbahnhof. Von den Gutachtern wird eine Verbesserung des bestehenden Angebotes zwischen Kaltenkirchen und Hamburg angeregt. Auch das ist vom Minister hier gesagt worden. Zumindest langfristig ist anzustreben, die Strecken der Hamburger S-Bahn und der AKN am Hamburger Flughafen zu verknüpfen. Die Behörden in Hamburg und Schleswig-Holstein sollten gemeinsam mit dem Betreiber des Hamburger Flughafens die Einrichtung einer verbesserten Busverbindung zwischen dem Hauptbahnhof und dem Flughafen Hamburg prüfen. Hier gehört auch die Lufthansa mit ins Boot.

(Thomas Stritzl)

Sie könnte - wie in Mannheim und Heidelberg, bezogen auf den Frankfurter Flughafen - regelmäßig Busse für diese Transfers einsetzen und natürlich auch ein Check-in in Kiel vorsehen.

Der letzte Punkt des Antrages der Grünen beinhaltet die Forderung, das Land möge 60 % der bisher entstandenen Planungskosten für Kiel-Holtenau übernehmen. Hier gilt das, was Minister Austermann in der Sitzung am 26. Januar gesagt hat. Es gibt einen förderrechtlichen Vertrag mit der Landeshauptstadt und der Kieler Flughafengesellschaft. Die Kostenlast liegt bei der Flughafengesellschaft. Wir haben also überhaupt nichts zu beschließen. Ich erinnere hier auch ganz deutlich an meine Aussagen vom 26. Januar. Wer die Chancen des Flughafens Holtenau so an die Wand gefahren hat wie die Verantwortlichen in der Stadt Kiel - wir wissen ja, um wen es sich dort handelt -, der sollte eher die gesamten Planungskosten, die völlig in den Wind geschossen wurden, allein tragen.

(Beifall bei der SPD)

Insgesamt ist deshalb zu sagen, dass es bei der Ablehnung des Antrages bleibt.

(Karl-Martin Hentschel [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Kleingeister!)

- Kleingeister? - Ich würde einmal den politischen Freunden hier im Rathaus sagen, wer dort kleingeistig ist.

(Beifall bei der SPD)

Aus dem genannten Grund bleibt es bei der Ablehnung des gesamten Antrages, wobei wir natürlich die Möglichkeiten zur Verbesserung des Angebotes - ich nenne hier Busverkehr, Transfermöglichkeiten, Vorabend-Check-in - weiter im Auge haben werden.

(Beifall bei der SPD)

Ich danke dem Abgeordneten Schröder. - Bevor ich das Wort weiter erteile, möchte ich sagen, dass ich den Begriff „Kleingeist“ nicht für einen parlamentarischen Ausdruck halte. Ich bitte, solche Ausdrücke zu unterlassen.

Für die FDP-Fraktion hat nun der Abgeordnete Dr. Heiner Garg das Wort.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen! Liebe Kollegen! Ich will mich auf einige Anmerkungen beschränken und nicht alles nochmals darstellen, was

hier, insbesondere von dem Kollegen Hentschel, schon vorgetragen wurde.

Zunächst zu dem Bericht und der Beschlussempfehlung des Ausschusses. Ich finde, es wäre sinnvoll gewesen, nicht einfach den Satz hineinzuschreiben: Die große Koalition hat den Antrag der Grünen abgelehnt. - Dies gibt nämlich das tatsächliche Abstimmungsbild in der Sitzung des Wirtschaftsausschusses nicht wieder. Der Kollege von den Grünen musste wie andere Kollegen auch an der Verabschiedung von Herrn Janzen teilnehmen. Ich habe dem Antrag der Grünen allerdings ausdrücklich zugestimmt.

(Beifall bei FDP, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN und SSW)

Ich finde, die Öffentlichkeit hat ein Recht darauf, dass sie ein richtiges Abstimmungsbild vermittelt bekommt. Dies als Anregung.

Zweitens. Ich muss mich über die Gläubigkeit gegenüber Gutachterzahlen wirklich wundern. Ich muss mich über die Gläubigkeit wundern, wenn jemand erklärt, Herr Kollege Stritzl, der Streckenneubau würde 700 Millionen € kosten und sich somit nicht rechnen. Es mag sein, dass sich eine Investition von 700 Millionen € nicht rechnen würde. Ich bezweifele aber erstens die genannten Kosten in Höhe von 700 Millionen €. Zweitens frage ich mich wirklich: Haben Sie in den letzten Jahren eigentlich nicht mitbekommen, dass uns hier ständig neue Zahlen über das Passagieraufkommen des Flughafens Kiel-Holtenau präsentiert wurden,

(Beifall bei FDP, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN und SSW)

die nie, auch nicht ansatzweise realisiert werden konnten? Dies waren im Übrigen mit Inbrunst als wissenschaftlich fundiert vorgetragene Zahlen. Am Ende wurde aber noch nicht einmal ein Zehntel dieses Passagieraufkommens erreicht.

(Beifall bei FDP, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN und SSW)

Es ist völlig in Ordnung, wenn man ein Projekt politisch nicht will; dann muss man das aber auch sagen.

(Beifall der Abgeordneten Monika Heinold [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Natürlich werden von Gutachtern jeweils bestimmte Zahlen vorgetragen. Ich hatte schon eine Vermutung, was möglicherweise bei dem Vortrag, der gut und völlig schlüssig war - darin gebe ich Ihnen vollkommen Recht -, im Hintergrund stand. Sich aber darauf zu verlassen und ausschließlich darauf

(Bernd Schröder)

die politische Entscheidung zu stützen, ob man ein solches Projekt haben will oder nicht, halte ich für sehr mutig, um nicht zu sagen: für politisch fahrlässig. Das sollte man also nicht tun.

Ich glaube, wir sind uns - das gilt auch für die Regierungsfraktionen - darüber einig, dass es eine bessere Anbindung von Kiel an den Hamburger Hauptbahnhof geben muss. Nichts anderes ist die Intention des Schienenfliegers.

(Beifall bei FDP, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN und SSW)

Es geht nicht darum, möglicherweise 20.000 Passagiere, die von Kiel aus geflogen wären, irgendwie ganz schnell und ganz teuer schienengebunden nach Hamburg zu transportieren, sondern es geht um eine Schienenverbindung von Kiel Hauptbahnhof über Hamburg-Fuhlsbüttel nach Hamburg Hauptbahnhof. Darüber reden wir.

(Beifall bei FDP, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN und SSW)

Nun kann man ja schrittweise denken. Es gibt sehr wohl Projekte, die man ins Auge fassen könnte. Der Kollege Müller hat solche Projekte vorgestellt. Ich habe sie mir noch einmal von jemandem schildern lassen, der selbst dem Vorstand eines Eisenbahnunternehmens angehört. Es gibt Möglichkeiten, mittelfristig durch Lückenschlüsse dafür zu sorgen, dass es eine bessere Anbindung gibt. Der Kollege Schröder hat hier das Problem benannt, dass die Zeitersparnis außerordentlich gering ist. Das ist richtig. Zunächst einmal geht es aber darum, den Verkehr auf der Schiene schlichtweg zu verbessern. Mit dem Bus soll die Fahrtzeit, wie nicht nur Herr Kollege Schröder, sondern auch der Gutachter ausgeführt hat, 84 Minuten betragen. Eine Fahrtzeit von 84 Minuten kann der Airportbus aber nur dann erreichen, wenn er nicht wie alle anderen PKWs auf der A 7 im Stau steht. In den Stoßzeiten steht man dort aber meistens im Stau. Dann ist es nichts mit einer Fahrtzeit von 84 Minuten.

(Beifall bei FDP, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN und SSW)

Auch wenn wir Bericht und Beschlussempfehlung, die vom Wirtschaftsausschuss vorgelegt wurden, hier ablehnen, bleibt doch zu fragen: Welche Alternativen gibt es? Diese Frage stellt sich auch dann, wenn Sie das Projekt komplett ablehnen und sogar die Machbarkeitsstudie ablehnen. Wie soll Kiel künftig besser an den Flughafen Hamburg angebunden werden? Wie soll Kiel künftig besser an den überregionalen Schienenverkehr angebunden werden? Darüber schweigt sich die Landesregierung

aus. Wenn man sich hinter so vielen Gutachten versteckt, muss man, wie ich meine, zumindest sagen, welche Alternativen es gibt. Ich sage ganz deutlich: Für die FDP-Fraktion besteht die Alternative nicht ausschließlich darin, den Bus öfter oder schneller über eine verstopfte Autobahn hetzen zu lassen. Das kann die Alternative mit Sicherheit nicht sein.

(Beifall bei FDP, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN und SSW)

Ich danke dem Herrn Abgeordneten Dr. Garg. - Für den SSW im Landtag hat nun Herr Abgeordneter Lars Harms das Wort.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das Ursprungsansinnen, das die Wirtschaft bei den zum Glück gescheiterten Ausbauplänen für Kiel-Holtenau hatte, ist immer noch nicht angegangen worden. Mein Vorredner, Heiner Garg, hat das gerade noch einmal deutlich gemacht. Immer noch sind die K.E.R.N.-Region und hier insbesondere Kiel und Neumünster nicht vernünftig an das Flugnetz angebunden. Es ist dringend notwendig, dass beide Städte eine Anbindung an den Flughafen in Hamburg erhalten. Aufgrund dieser Notwendigkeit wurde schon vor Jahren die Idee eines MetroExpress, um die CDU-Version zu nennen, oder eines Schienenfliegers, um die Pro-Bahn-Version zu nennen, geboren, der Kiel und vielleicht auch Neumünster mit Hamburg verbinden sollte. Wir sind jetzt natürlich viel schlauer als in der Startphase dieser Idee, als wir alle von dieser Möglichkeit noch uneingeschränkt begeistert waren.

Inzwischen ist man dem Projekt etwas mehr auf den Grund gegangen und man hat festgestellt, dass natürlich für die finanziellen Fragen und auch die logistischen Schwierigkeiten Lösungen gefunden werden müssen, ehe man wirklich konkret an das Projekt Schienenflieger herangeht. Allerdings dürfen die finanziellen Argumente auch nicht zum Totschlagargument gegen ein sinnvolles Projekt umfunktioniert werden. Es ist immer auch die Frage, wo man Prioritäten setzt, die hier geklärt werden muss. Wir sind der Meinung, dass vorrangig die konkreten Verkehrsprobleme im Land gelöst werden müssen. Bevor man also von Milliardengräbern - ich zitiere Sie wiederum - wie der FehmarnbeltQuerung träumt und man möglicherweise aus Mitteln des Landes Schleswig-Holstein Anbindungen an diese Querung finanziert, muss man die vor

(Dr. Heiner Garg)