Protokoll der Sitzung vom 02.06.2006

(Dr. Heiner Garg)

dringlichen Verkehrsprobleme des Landes gelöst haben.

(Beifall beim SSW)

Wir haben nun einmal kein Verkehrsproblem auf der Vogelfluglinie, wo das Konzept „from road to sea“ ja zu unser aller Zufriedenheit umgesetzt wird. Wir haben vielmehr Probleme an anderen Stellen im Land. Wenn wir die Wirtschaftskraft der K.E.R.N.-Region stärken wollen, müssen wir für eine bessere Anbindung an das internationale Verkehrsnetz sorgen. Das ist schon immer der Ursprungsgedanke gewesen und diesen sollten wir auch weiter verfolgen.

In der gutachterlichen Stellungnahme, die uns hinsichtlich des Schienenfliegers vorliegt, ist nun alles grob überprüft worden. Insbesondere die schnelle Anbindung des Hamburger Hauptbahnhofs scheint doch schwieriger zu sein, als alle dachten. Das heißt aber auch, dass man sich erst einmal auf das eigentliche Ziel des Schienenfliegers beschränken sollte, wenn man die Machbarkeit überprüfen will. Das eigentliche Ziel war immer die schnelle Anbindung an den Flughafen Hamburg. Diese Anbindung ist auch nach dem neuen Gutachten durchaus möglich und kann zu erheblichen Verbesserungen führen.

Dass wir natürlich auch aus Wirtschaftlichkeitserwägungen heraus eine Einbindung des Pendlerverkehrs betrachten müssen, ist völlig klar, aber eben nicht als vordringliches Ziel, sondern nur als eine wichtige und zu beachtende Größe im Gesamtkonzept.

Beides, eine hervorragende Anbindung für die Pendler und eine hervorragende Anbindung der K.E.R.N.-Region, wird nicht uneingeschränkt zu haben sein. So realistisch sind wir wohl inzwischen alle. Es ist auch klar, dass es mit den ersten Voruntersuchungen, die uns im Kieler Rathaus vorgestellt wurden, nicht getan ist. Im Rahmen dieser Untersuchungen konnte noch kein abschließendes Ergebnis erzielt werden. Das hat uns auch der Gutachter bestätigt. Vielmehr hat man jetzt eine Grundlage geschaffen, auf der man weitere Untersuchungen im Rahmen einer Machbarkeitsstudie durchführen könnte.

(Beifall des Abgeordneten Karl-Martin Hent- schel [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Dabei würde ich empfehlen, dass man auch Pro Bahn mit einbezieht, damit man nicht immer übereinander, sondern miteinander redet. Mir ist schon bewusst, dass wir auf viele Schwierigkeiten treffen könnten. Dennoch halten wir am ursprünglichen

Vorschlag der Grünen fest und meinen, dass sich eine Machbarkeitsstudie lohnt. Wir wollen dieses wichtige Projekt nicht vorzeitig opfern, sondern weiter die Grundlagen für eine bestmögliche Anbindung der K.E.R.N.-Region an den Hamburger Flughafen schaffen und dabei so weit wie möglich auch die Interessen der Pendler mit einbeziehen. Hier haben wir ein wichtiges Aufgabenfeld, dessen Lösung wesentlich wichtiger für die Menschen und die Betriebe im Land ist als eine teure Transitstrecke über den Fehmarnbelt.

Aber so lange wir nicht eine solche Schienenanbindung nach Hamburg haben, müssen wir auf den Bus setzen. Wir haben durch die Autokraft gute Verbindungen nach Hamburg, die wir jetzt verbessern müssen. Der im Antrag der Grünen beschriebene Gedanke einer 30-Minuten-Takt-Bus-Anbindung von Kiel zum Hamburger Flughafen ist zwar ambitiös, aber zumindest steckt im Kern der Gedanke, dass es kurzfristig auf der Straße schneller gehen kann und gehen muss. Ich könnte mir vorstellen, dass wir auch Neumünster mit einer zweiten Buslinie einbinden könnten. Hier kann und muss das Land mit einer Anschubfinanzierung, die Grundlagen für eine gute Verkehrsverbindung legen.

Alles spricht dafür, dass wir uns beim Schienenflieger und bei der kurzfristigen Verbesserung der Busanbindung engagieren. Deshalb ist es für uns völlig unverständlich, dass CDU und SPD dieses Anliegen ablehnen. Wir sind für bessere Verkehrsverbindungen und stehen immer noch hinter dem Antrag, den die Grünen gestellt haben.

(Beifall bei SSW, FDP und BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN - Karl-Martin Hentschel [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Danke schön!)

Mir liegen drei Wortmeldungen zu Kurzbeiträgen vor, ich neige aber dazu, zunächst der Landesregierung, dem Herrn Wirtschafts- und Verkehrsminister Dietrich Austermann, das Wort zu geben. Dann haben wir hier ein breites Spektrum. - Bitte sehr, Herr Minister.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Es gibt Themen, die sterben offensichtlich nie. Dazu gehört auch der MetroExpress oder Schienenflieger oder wie immer man ihn nennen will, also eine bessere Verbindung von Kiel nach Hamburg.

(Lars Harms)

(Wolfgang Kubicki [FDP]: Man muss auch Visionen haben, Herr Minister!)

Es gibt Themen, die sich stets wiederholen.

(Karl-Martin Hentschel [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Die Fehmarnbelt-Querung!)

Sie kennen das aus Ihrer kurzen Zeit im Bundestag. Früher galt immer der Jäger 90 als Sparpotenzial, jetzt ist offensichtlich die Fehmarnbelt-Querung das Thema im Hinblick auf Sparpotenziale. Wir wollen einmal konkret zu den Zahlen kommen.

Ab dem Jahre 2008 kann man mit der Bahn von Kiel aus zum Flughafen Hamburg-Fuhlsbüttel fahren. Der ICE braucht dafür 85 Minuten. Wenn Sie mit der Regionalbahn fahren, brauchen Sie dafür 95 Minuten. Wenn Sie mit dem Bus fahren, brauchen Sie heute auch 85 Minuten. Wenn Sie mit dem Bus fahren und fahren nicht über Neumünster, brauchen Sie heute 75 Minuten. Wenn Sie die Strecke verkürzen, wenn Sie beschleunigen wollen, so müssen Sie praktisch - der Abgeordnete Schröder hat darauf hingewiesen - wesentliche Teile der Trasse, zumindest zwischen Neumünster und Fuhlsbüttel, völlig neu bauen. Dazu braucht man 700 Millionen und hinterher braucht man für diese Strecke 70 Minuten, hat also nur einen Effekt von 10 oder 15 Minuten.

Der Geschäftsführer des Flughafens Fuhlsbüttel sagt immer wieder: Eine Fahrzeit von eineinhalb Stunden ist zumutbar und bedeutet für den Flughafen große Chancen. Insofern ist das einfach wirtschaftlich nicht vertretbar.

Ich denke, es ist richtig, dass die Koalitionsfraktionen gesagt haben: An der Stelle wollen wir die Debatte endlich beenden. Es gibt viele andere gute Themen, die man in Schleswig-Holstein erörtern kann. Dieser Knochen ist aus meiner Sicht abgenagt. Ich denke, dass wir es damit bewenden lassen sollten.

(Beifall bei CDU und SPD)

Weil das immer wieder erwähnt wird, einmal aus der einen Position zum Flughafen Kiel und einmal aus der anderen Position zum Flughafen Kiel, will ich sagen: Mir ist daran gelegen, dass wir das zarte Pflänzchen, das wir dort haben, nicht kaputt trampeln und dass wir die kleinen Chancen mit der Verbindung nach Berlin, mit der Verbindung nach Frankfurt/Egelsbach, mit der Verbindung nach München nicht kaputt machen. Deshalb sollten wir die Debatte nicht in negativer Hinsicht und mit Blick auf das führen, was alles nicht läuft, sondern darauf hinweisen, dass wir eine Chance haben. Den Flughafen Kiel sollten wir meines Erachtens nicht

schlecht reden, wir sollten ihn nicht schlechter reden, als er ist. Er bietet die Möglichkeit einer weiteren wirtschaftlichen Entwicklung der Stadt, und spielt bei Unternehmen, bei Reisenden, bei Urlaubern, bei Kreuzfahrern eine große Rolle. Das Thema ist vorhin bereits erörtert worden.

Deswegen sagen wir von uns aus: Wir halten die Debatte für abgeschlossen. Wir sind der Meinung, dass die Verbesserungen, die jetzt vorbereitet sind, richtig sind, dass man auch noch über eine Verbesserung beim Kielius nachdenken kann, dass das richtige Überlegungen sind. Es ist auch der richtige Weg, in Kiel oder während der Fahrt einzuchecken. Es wird für manchen in der Tat ein Vorteil sein, in Kiel einzuchecken und keine unnötigen Warte- und Parkzeiten in Hamburg zu haben. Das kann durchaus bedeuten, dass mancher, der von Kiel aus nach Hamburg-Fuhlsbüttel fährt, schneller dort ist als einer, der aus Altona nach Fuhlsbüttel fährt und dann einparken, einchecken und anderes mehr tun muss.

Deswegen sollte man sagen: Die Situation ist okay. Die Debatte ist abgeschlossen

(Beifall bei CDU und SPD)

Wir kommen jetzt zu den Kurzbeiträgen. Für den ersten Kurzbeitrag erteile ich Herrn Karl-Martin Hentschel das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich glaube, dass wir diese Schienenverbindung irgendwann bauen werden, und zwar aus folgendem Grund: Dies ist die am dichtesten besiedelte Achse im Hamburger Umland. Auf der am drittdichtest besiedelten Achse Pinneberg-Elmshorn gibt es eine hervorragende S-Bahn- und Regionalbahnanbindung. Auf der am zweitdichtest besiedelten Achse Ahrensburg-Oldesloe-Lübeck gibt es eine hervorragende S-Bahn- und Regionalbahnanbindung. Auf diesen Strecken beträgt die Zahl der Passagiere pro Tag 35.000 beziehungsweise 23.000.

(Zuruf des Abgeordneten Bernd Schröder [SPD])

Die Strecke von Norderstedt nach Neumünster ist die am dichtesten besiedelten Achse im Hamburger Umland und hat die geringste Pendlerzahl im öffentlichen Nahverkehr. Deshalb bin ich sicher, dass der Ausbau dieser Strecke in den nächsten Jahren Schritt für Schritt erfolgen wird.

(Minister Dietrich Austermann)

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und des Abgeordneten Lars Harms [SSW])

Es ist sinnvoll, diese Strecke vernünftig zu bauen. Wenn man aber diese Strecke baut, ist es völlig logisch, dass man sie dann über den Flughafen und nicht am Flughafen vorbei baut.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und FDP sowie des Abgeordneten Lars Harms [SSW])

Vor einigen Jahren hatten wir zu diesem Thema eine Anhörung. Seinerzeit sagte ein Flughafenexperte: Es gibt acht Flughäfen in Deutschland, die überleben werden. Diese acht Flughäfen werden alle ein Eisenbahnkreuz bekommen, weil sie eine optimale Anbindung an den öffentlichen Verkehr brauchen. Fast alle Flughäfen sind bereits an S-Bahn und Bahn direkt angeschlossen. Hamburg ist der mit am schlechtesten angeschlossene Flughafen. Das gilt, soweit ich weiß, auch für Stuttgart. Der Flughafenexperte war sicher, dass sich in Hamburg in den nächsten zehn bis 20 Jahren sowohl in der Nord-Süd-Richtung als auch in der Ost-West-Richtung über die jetzige Güterverbindungsbahn eine Nahverkehrsanbindung zum Hamburger Flughafen entwickeln wird. Deswegen bin auch ich sicher, dass dies kommen wird.

Nun noch einmal zu den Kosten. Dass man die Kosten unterschiedlich berechnen kann und dass das Ministerium dieses Projekt seit Jahren totrechnen will, weiß ich aus eigener Diskussion mit den entsprechenden Leuten. Das ist so. Dafür gibt es Gründe, die ich hier nicht weiter thematisieren will. Ich möchte aber einmal die Dimensionen vergleichen.

Die A 20 kostet in Schleswig-Holstein insgesamt 4 Milliarden € und dies bei einem durchschnittlichen Passagiervolumen von 20.000 Fahrzeugen am Tag. Die Fehmarnbelt-Querung soll 5 Milliarden € kosten bei einem durchschnittlichen Verkehrsvolumen von 7.000 Fahrzeugen am Tag. Hierbei geht es nicht um 7.000 oder 20.000 Fahrzeuge, sondern es geht um 30.000 Fahrgäste pro Tag, die als Pendler von der A 7 herunter und auf die Schiene kommen würden.

Das ist das zentrale Projekt. Deshalb gebe ich dir, Lars Harms auch nicht Recht, dass es hauptsächlich um den Flughafen geht. Es geht zunächst einmal entscheidend um den Pendlerverkehr. Denn der Großteil dieser Fahrgäste wird aus Pendlern bestehen.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und FDP)

In zweiter Linie geht es um die direkte Anbindung von Kiel und Neumünster, also nicht nur um die Anbindung von Kiel und Hamburg. City Nord, Flughafen und Norderstedt - all dies wird angeschlossen. Das heißt: In zweiter Linie geht es um die Fernbahnanbindung von zusätzlichen 150.000 Menschen im gesamten Hamburger Norden.

Herr Hentschel, Ihre Redezeit von drei Minuten ist beendet.

Ich komme zum Schluss, Frau Präsidentin. - Erst in dritter Linie geht es um die Anbindung des Flughafens, aber auch dies ist natürlich entscheidend für den Wirtschaftsstandort Schleswig-Holstein.

Ich bin sicher, das Projekt wird kommen. Deshalb müssen wir jetzt die Planungen durchführen, sodass wir das, was im Rahmen des Ausbaus der AKN in diese Richtung möglich ist, auch realisieren. Wir haben in den letzten Jahren 150 Millionen € in die AKN investiert, aber so, dass dies kontraproduktiv für das Projekt ist. Das geht so weit, dass der Bahnhof Norderstedt von der Durchfahrt nach Hamburg abgeschnitten wurde. Das ist eine völlig blödsinnige Investition. Deswegen bin ich der Überzeugung, dass wir endlich die Kehrtwende schaffen, das Projekt und die Zukunft ins Auge fassen und dieses wichtigste Verkehrsprojekt in Schleswig-Holstein endlich vernünftig durchplanen müssen.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich darf Sie bitten zu üben, sich auf drei Minuten zu beschränken. Das ist nicht so schwer. - Für einen weiteren Kurzbeitrag erteile ich Herrn Abgeordneten Thomas Stritzl das Wort.

(Wolfgang Kubicki [FDP]: Dafür, dass der Knochen abgenagt ist, nagen relativ viele daran!)

(Karl-Martin Hentschel)

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Hentschel, ich bedanke mich für die Klarstellung. Sie haben gesagt, es geht in dritter Linie um die Frage der verbesserten Anbindung des Flughafens an Kiel. Das ist eine ehrliche Aussage: in dritter Linie! Und das macht auch Sinn, weil Ihr Vortrag darauf aufgebaut war, dass Sie gesagt haben, was Sie alles damit leisten wollen. Je mehr Haltestellen Sie einbauen, desto stärker verringert sich die Schnelligkeit der Verbindung. Das ist auch klar. Wenn Sie offen sagen, es geht Ihnen um eine Veränderung des Nahverkehrsverhaltens im Umland von Hamburg, im südlichen Schleswig-Holstein, dann haben wir eine völlig andere Diskussionslage. Darüber kann man ja reden.