Protokoll der Sitzung vom 28.06.2006

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Das ist schon bitter:

(Beifall bei der FDP)

Da sitzen Tausende von Jugendlichen auf der Straße, Tausende von Jugendlichen warten und hoffen auf einen Ausbildungsplatz, Tausende von Jugendlichen haben 50 bis 100 Bewerbungen abgeschickt und bekommen entweder keine Antwort oder eine negative Antwort und wir nehmen uns nicht einmal die Zeit, über dieses Thema ernsthaft im Ausschuss zu beraten.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, FDP und SSW)

Sie verweigern sich, den Dialog mit der Arbeitsagentur erneut zu suchen, zu erzwingen und zu fragen, warum die Fördermittel nicht zielgerichtet ausgegeben werden. Sie wollen, dass vor der Sommerpause in Ruhe über Ihren Antrag abgestimmt wird, in dem Sie noch einmal sagen: Es ist schön, dass die Regierung arbeitet; nur weiter so! - Meine Damen und Herren, damit werden wir der Situation auf dem Ausbildungsmarkt nicht gerecht.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, FDP und SSW)

Ich habe Wortmeldungen zu drei weiteren Kurzbeiträgen vorliegen. Zunächst hat Herr Abgeordneter Callsen zu einem Kurzbeitrag das Wort; ihm folgt Herr Abgeordneter Schröder.

Liebe Kollegin Heinold, jetzt verdrehen Sie die Tatsachen doch ein bisschen. Ich finde das schon etwas merkwürdig. Es geht hier niemandem darum, das Problem zu verniedlichen. Wir haben es mit einem ernsthaften Problem zu tun. Ich glaube, das habe ich auch deutlich gemacht. Wir stehen vor der enormen Herausforderung, für die Qualifizierung der Jugendlichen und auch dafür, dass sie Ausbildungsplätze bekommen, zu sorgen. Dieser Verantwortung stellen wir uns und dieser Verantwortung wird auch unser Antrag gerecht.

(Beifall bei CDU und SPD)

Es ist aber niemandem damit geholfen, wenn - zu dieser Einschätzung komme ich, wenn ich Ihren Antrag und Ihre Redebeiträge auswerte - reine Angstmache und Panikmache betrieben wird.

(Beifall bei CDU und SPD)

Ich glaube, eher das Gegenteil ist vonnöten. Es geht also darum, Mut zu machen, auf die wirtschaftlichen Perspektiven zu setzen und vor allen Dingen für die Jugendlichen, aber auch für die Betriebe, Perspektiven insgesamt aufzuzeigen. Deswegen habe ich in meiner Rede einen deutlichen Appell an die Unternehmen gerichtet.

Wenn wir heute in der Sache über die Anträge abstimmen, setzt der Schleswig-Holsteinische Landtag meines Erachtens ein deutliches politisches Signal nach draußen an die Unternehmen und an die Bündnispartner, ihre Verantwortung ernst zu nehmen und ihr gerecht zu werden. Es sollte nicht so

sein, dass wir über das Thema im Wirtschaftsausschuss erst nach der Sommerpause bei langen Anhörungen diskutieren und es sozusagen verdaddeln. Vielmehr ist jetzt Handeln gefordert. Das Ministerium ist am Ball und wir senden heute hoffentlich gemeinsam einen Appell an alle Bündnispartner, sich der Verantwortung zu stellen.

(Beifall bei CDU und SPD)

Ich danke Herrn Abgeordneten Callsen. - Jetzt hat der Herr Abgeordnete Schröder das Wort. Ihm folgt der Herr Abgeordnete Weber.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Es ist schon bemerkenswert, was Sie, Frau Heinold, hier im hohen Haus vorgebracht haben. Wir haben hier in den vergangenen Jahren alle gemeinsam mit großen Anstrengungen die schwierige Situation für junge Menschen in diesem Lande entschärfen wollen. Wir haben alle an einen Tisch geholt, was auch für andere Bundesländer beispielhaft war. Wir haben heute wieder zum Ausdruck gebracht, dass wir die Unternehmen angesichts der Konjunktur, die sich positiv entwickelt, noch einmal an ihre Verantwortung erinnern, alles zu tun, um weitere Ausbildungsplätze bereitzustellen. Wir haben in allen Redebeiträgen deutlich gemacht, dass wir diesen Aufruf, diesen Appell an alle im ganzen Land richten.

Es geht nicht darum, ein Thema so zu besetzen, wie Sie es tun. Es geht nicht an, so zu tun, als ob Sie es seien, die das Gute für die jungen Menschen wollen, während wir dies nicht wollten. Im Gegenteil!

(Beifall bei SPD und CDU)

Wir sind es, die noch einmal klar zum Ausdruck gebracht haben, welche Bedeutung dieses Thema hat. Jede Schulabgängerin und jeder Schulabgänger in diesem Land soll eine vernünftige berufliche Perspektive haben. Dafür tragen wir alle hier Verantwortung. Dass dies so ist, haben wir in den vergangenen Jahren auch gemeinsam zum Ausdruck gebracht. Es war ein Erfolg der Vorgängerregierung - diesen erfolgreichen Weg beschreiten wir weiter -, dass es überhaupt zu diesem Bündnis gekommen ist. Niemand hier im Hause wird davon abgehalten, das Thema weiter im zuständigen Ausschuss zu behandeln und es auch im Bildungsbereich weiter zu begleiten. Das ist auch in der nächsten Zukunft unsere Aufgabe.

(Beifall bei SPD und CDU)

Ich danke dem Herrn Abgeordneten Schröder. Nun hat der Herr Abgeordnete Weber das Wort; ihm folgt der Herr Abgeordnete Dr. Garg.

(Jürgen Weber [SPD]: Kollege Schröder hat alles schon zum Besten dargestellt! Deshalb verzichte ich auf meinen Beitrag!)

- Herr Weber verzichtet auf seinen Beitrag. - Dann hat jetzt der Herr Abgeordnete Dr. Garg das Wort.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen! Liebe Kollegen! Herr Kollege Schröder, die Lautstärke, in der Sie hier zu dem Antrag der Koalitionsfraktionen beziehungsweise zu ihrem Abstimmungsverhalten gesprochen haben

(Widerspruch bei der SPD)

- das gilt auch für das Geblöke jetzt -, zeigt doch nur, dass Sie sich ganz offensichtlich angefasst fühlen.

(Beifall bei FDP und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wir kennen ja das alte Spiel: Die Opposition greift ein Thema auf - es ist völlig egal, um welches Thema es sich handelt - und die Koalitionsfraktionen rennen dann kurz vor der Plenarsitzung, wahrscheinlich nach langen Abstimmungsprozessen, diesem Thema hinterher und schütten irgendeinen Antrag ins Plenum, um in der Sache abstimmen zu lassen und sagen zu können: Wir waren mit unserem Antrag zuerst da. - Ich finde das peinlich.

(Beifall bei FDP und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Herr Kollege Schröder, der Kollege Hentschel hat ja einen Vorschlag zur Güte gemacht. Er hat vorgeschlagen, sich anzuschauen, wie andere Bundesländer mit der Problematik umgehen und wie möglicherweise auch mit der Verwendung noch verbliebener ESF-Mittel umgegangen werden kann, wofür Baden-Württemberg ein Beispiel gibt. Ich finde es, ehrlich gesagt, ziemlich kleinlich - auch wenn Sie bei der Abstimmung mit 59:10 Stimmen gewinnen sollten -, auf einen solchen Vorschlag nicht einzugehen und die Abstimmung einfach durchzupeitschen. Sie tun den jungen Menschen hier im Land damit keinen Gefallen!

(Beifall bei FDP, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN und SSW)

(Johannes Callsen)

Herr Abgeordneter Dr. Garg, erlauben Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abgeordneten Astrup?

Nein. - Ich würde mich wirklich freuen, wenn Sie noch einmal in sich gehen und den Vorschlag des Kollegen Hentschel aufgreifen würden, die Beteiligten im Wirtschaftsausschuss und im Bildungsausschuss in aller Ruhe an einen Tisch zu holen.

(Zuruf der Abgeordneten Anette Langner [SPD])

Frau Kollegin Langner, Sie machen im Bündnis für Ausbildung doch nicht dasselbe. Wir als Abgeordnete hätten in den beiden Ausschüssen die Möglichkeit, die Beteiligten noch einmal anzuhören und dann entsprechende politische Konsequenzen zu ziehen. Sie wollen mir doch nicht erzählen, dass das Bündnis für Ausbildung, das gut funktioniert hat, einen Ausschuss des Schleswig-Holsteinischen Landtages ersetzt. Wenn Sie dieser Auffassung wären, könnten wir den entsprechenden Ausschuss nämlich abschaffen.

Ich möchte Sie herzlich darum bitten, über den Vorschlag der Grünen noch einmal kurz nachzudenken und beide Anträge - sie haben es nämlich verdient - in den Ausschuss zu überweisen. Anderenfalls würden wir, trotz aller Präzisierung, die Sie in Ihrem Antrag vorgenommen haben - das gestehe ich Ihnen gern zu -, dem Antrag der Grünen zustimmen, weil er im Kern genau die Sache trifft.

(Beifall bei FDP und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich danke Herrn Abgeordneten Dr. Garg. - Das Wort hat Herr Wirtschaftsminister Austermann.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das Bündnis für Ausbildung ist mehrfach angesprochen worden. Ich glaube, dass es in der Debatte an der einen oder anderen Stelle missdeutet worden ist. Das beginnt mit dem ersten Satz des Antrages der Grünen: „Dem Bündnis für Ausbildung gelingt es bisher nicht, alle Jugendlichen qualifiziert unterzubringen.“

Das Bündnis für Ausbildung sieht vor, dass wir jedem jungen Menschen in Schleswig-Holstein ein Angebot unterbreiten. Dieses Angebot haben wir

im letzten Jahr gemacht. Wir werden es auch in diesem Jahr machen. Die Vertreter des Bündnisses für Ausbildung, einschließlich der Gewerkschaften, haben mit der Unterzeichnung des Vertrages den Erfolg des Bündnisses unterstrichen. Der erste Satz des Antrages könnte also von den Teilnehmern des Bündnisses, einschließlich der Gewerkschaften, nicht mitgetragen werden. Ich denke, darüber könnte man im Ausschuss natürlich lebhaft diskutieren, aber das wird am Sachverhalt nichts ändern.

Wir sind auf einem guten Weg. Ich sage das hier für die gesamte Landesregierung, die Zusammenarbeit im Bereich Ausbildungsplätze ist sehr gut.

(Karl-Martin Hentschel [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Der DGB sieht das aber anders!)

- Herr Hentschel, Sie waren jetzt zweimal dran.

(Weiterer Zuruf des Abgeordneten Karl-Mar- tin Hentschel [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN])

- Nein, nein. Der DGB hat Ende Mai eine Bilanz aufgestellt, der Kollege Callsen hat darauf hingewiesen, in der es zu falschen Ergebnissen gekommen ist, und zwar deshalb, weil man verschiedene Systeme der Berechnung, die Zahl der Schulabgänger und die Zahl der Unversorgten, verglichen hat. Ich denke, dass das ganz klar ist.

(Karl-Martin Hentschel [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Die Zahlen kommen aus Ihrer Antwort auf meine Kleine Anfrage!)

Die Landesregierung ist insgesamt bemüht, die Situation für Auszubildende zu verbessern. Wir arbeiten in diesem Bereich hervorragend sowohl mit dem Bildungsministerium als auch mit dem Arbeitsministerium zusammen. Ich sage das auch für das Bildungsministerium, weil der eine oder andere mit Recht unterstrichen hat, dass im Bereich der Hauptschule die Bildungspolitik im Hinblick auf mehr Leistungsorientierung und damit bessere Voraussetzungen für das Ergreifen von Berufen geändert werden muss. Wir begrüßen ausdrücklich, dass das gemacht wird.

Worum geht es bei der Frage der Bereitstellung von Ausbildungsplätzen? - Ach ja, ich wollte zunächst noch zu einem anderen Thema etwas sagen, weil Sie gerade Herrn Schröder angegriffen haben. Wir haben vor Wochen gemeinsam eine Aktion in Pinneberg durchgeführt. Hier den Eindruck zu vermitteln, wir wachten jetzt erst auf, ist einfach falsch. Das haben andere Kollegen aus anderen Parteien an anderer Stelle gemacht. Ich denke, hier muss niemand wegen seines mangelhaften Einsatzes, mangelhafter Erkenntnisse oder mangelhafter Bereit