Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Lassen Sie mich in Ergänzung zu den Ausführungen meiner Kollegin Anette Langner noch etwas zu den bildungspolitischen Aspekten des Antrags der Grünen sagen.
Der Antrag fordert unter Punkt 3, die Regierung möge dafür sorgen, dass jeder Schulabgänger ohne Ausbildungsplatz ein schulisches Angebot für eine Qualifizierungsoder Bildungsmaßnahme bekommt. - Ich gehe davon aus, dass den Antragstellern bekannt ist, dass gemäß § 40 und § 43 Schulgesetz Minderjährige der Schulpflicht unterliegen, und zwar unabhängig davon, ob sie ein Ausbildungsverhältnis eingegangen sind oder eine berufsbildende Schule mit Vollzeitunterricht besuchen.
Nach den Zahlen des letztjährigen Berichts zur Unterrichtsversorgung besuchten im laufenden Schuljahr über 63.000 Schülerinnen und Schüler eine Berufsschule. Davon standen 56.000 in einem Ausbildungsverhältnis; das ist zunächst einmal eine sehr beruhigende und gute Zahl. 500 Teilnehmer waren im Berufsgrundbildungsjahr und rund 1.800 im ausbildungsvorbereitenden Jahr. Knapp 4.200 nahmen an berufsvorbereitenden Maßnahmen teil und gut 1.000 waren ohne entsprechende Vorbereitungsmaßnahme.
Was der Antrag der Grünen zu Recht fordert, ist eine Verstärkung der Qualifizierungsmaßnahmen. Wir wollen zwar keine Vollverstaatlichung der Berufsausbildung, aber wir müssen zur Kenntnis nehmen, dass das duale System auf dem Rückzug ist und dass die Qualifizierungsangebote, die nicht zu einem Berufsabschluss führen, bundesweit auf dem Vormarsch sind, wie es der gerade erschienene Bildungsbericht der Bundesregierung feststellt.
Der Kollege Klug hat zu Recht darauf hingewiesen und da bin ich mit ihm einer Meinung. Einer Meinung bin ich mit ihm aber nicht hinsichtlich der Etatberatung der RBZ und der Chancen, die damit verbunden sind.
Das duale System kann zukünftig nur funktionieren, wenn die Wirtschaft einschließlich der kleinen und mittleren Unternehmen und der Handwerksbetriebe ihre Verpflichtung weiterhin ernst nimmt, Ausbildungsplätze in ausreichendem Maße bereitzustellen. Das scheint mir wirklich der Schlüssel zum Glück zu sein, das scheint dringend weiterhin erforderlich zu sein, selbst wenn es in SchleswigHolstein im Bundesvergleich anders und positiver aussieht. Wir müssen weiter daran arbeiten.
Es kann auch nicht sein, dass zwar das hohe Lied auf die Hauptschule gesungen wird, aber in der Praxis die Hauptschulabsolventen die Verlierer des Verdrängungswettbewerbs sind, wo die Abiturienten die Ausbildungsplätze bekommen, die früher für Realschüler gedacht waren, und dass ihrerseits die Realschüler die ehemaligen Hauptschulabsolventen verdrängen, von denen ohne Abschluss ganz zu schweigen.
Es ist gut, dass das künftige Schulgesetz die Wahrscheinlichkeit verringern wird, dass junge Menschen aus dem Schulsystem ganz ohne Abschluss entlassen werden, indem an jeder Schule auch der jeweils sozusagen „niedrigere“ Abschluss erworben werden kann. Wir setzen darauf - ich bin davon auch persönlich überzeugt -, dass sich die Schule ändern muss und ändern wird. Die Schülerinnen und Schüler, und nicht nur die aus Migrantenfamilien, brauchen stärkere individuelle Förderung. Das haben Kolleginnen und Kollegen hier mehrfach betont. Seitens der potenziellen Ausbilder wird immer wieder eingewendet, die Hauptschulabsolventen würden Deutsch in Wort und Schrift so schlecht beherrschen, dass sie nicht ausbildungsfähig seien. Das ist ein Problem, das hier schon erwähnt wurde und auch schon lange bekannt ist. Da müssen wir in der Tat mit Nachdruck und intensiv ran.
Das Schulsystem muss also das Seine dazu tun, die Jugendlichen ausbildungsfähig zu machen. Allerdings muss auch die Wirtschaft ihren Teil zum dualen Ausbildungssystem einbringen, und das nicht nur aus purer Menschenfreundlichkeit gegenüber den jungen Menschen, sondern auch aus Eigeninteresse - die Kollegin Spoorendonk hat gerade darauf hingewiesen -, nicht aus Menschenfreundlichkeit, sondern aus Interesse für ihren künftigen Nachwuchs.
Wir werden in absehbarer Zeit einen hohen Fachkräftemangel haben. Es ist dringlich zu gewährleisten, dass der eigene Nachwuchs sozusagen jetzt schon ausgebildet wird. Insofern bin ich natürlich wie meine Kollegin Langner der Auffassung, dass Sie unserem Antrag zustimmen sollten, weil er in der Tat an vielen Spiegelstrichen differenzierter
Liebe Kolleginnen und Kollegen, auf der Tribüne begrüßen wir Teilnehmer der Fortbildungsakademie der Wirtschaft, Kiel, Schülerinnen und Schüler mit ihren Lehrern der Beruflichen Schulen am Königsweg in Kiel und Mitglieder des SPD-Ortsvereins Dersau, Kreis Plön. - Seien Sie uns alle herzlich willkommen!
Geschäftsleitend will ich darauf hinweisen, dass die Fraktionen übereingekommen sind, nach diesem Tagesordnungspunkt zunächst den Tagesordnungspunkt 26 „Keine Zustimmung von Schleswig-Holstein zur Elbvertiefung“ aufzurufen, weil der Zeitplan vorsieht, dass der nächste gesetzte Punkt „Medienstaatsvertrag“ erst um 12:30 Uhr beginnt. Da anzunehmen ist, dass zu diesem Punkt weitere Gäste erscheinen, sind die Fraktionen in der geschilderten Form übereingekommen. Ich bitte, die entsprechenden Redner, die zum Teil nicht hier sind, vorzuwarnen.
Nunmehr erteile ich nach § 56 Abs. 4 der Geschäftsordnung zu einem Kurzbeitrag dem Kollegen Karl-Martin Hentschel das Wort.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Auch ich habe das Bündnis für Ausbildung immer unterstützt. Ich war auch dieses Jahr wieder unterwegs, um Ausbildungsplätze einzuwerben, zusammen mit der IHK Lübeck. Das haben viele Abgeordnete gemacht, das finde ich auch gut so. Trotzdem halte ich an der Aussage des ersten Satzes unseres Antrages fest, dem Bündnis für Ausbildung gelinge es bisher nicht, alle Jugendlichen qualifiziert unterzubringen. Das ist so. Das ist Tatsache und wir haben mit der Kleinen Anfrage vom Herbst letzten Jahres deutlich gemacht, dass jedes Jahr mehr Schülerinnen und Schüler, die ausscheiden, in den Arbeitslosenklassen landen. Letztes Jahr waren es 1.000, die weder in einem Berufsfortbildungsjahr noch in einem arbeitsvorbereitenden Jahr oder ähnlichen Qualifizierungsmaßnahmen untergekommen sind, sondern nach der Schule schlicht arbeitslos wurden oder lediglich einmal in der Woche die Arbeitslosenklassen besuchten. Das kann nicht so sein.
Deswegen halten wir an unserem Antrag fest, dass die Landesregierung verpflichtet wird, dafür zu sorgen, dass jeder Jugendliche nach dem Schulabschluss in einer qualifizierenden Maßnahme unterkommt. Entweder er bekommt eine berufliche Ausbildung oder es muss eine entsprechende Weiterqualifizierungsmaßnahme für ihn gefunden werden. Wir dürfen nicht zulassen, dass Jugendliche nach der Schule einfach zu Hause auf dem Sofa sitzen. Das ist verheerend für die spätere Entwicklung dieser Jugendlichen. Deswegen halte ich es auch für falsch, dass die große Koalition diesen Punkt nicht in ihren Antrag aufgenommen hat. Ich bitte, noch einmal einen Vorschlag zu machen. Dieses Thema ist zu wichtig, als dass wir es heute abhaken. Wir sollten dieses Thema auf jeden Fall im Ausschuss weiter beraten
und wir sollten auch eine Anhörung dazu durchführen und mit den Fachleuten darüber reden, wie wir mit diesem Thema weiter umgehen wollen und welche zusätzlichen Maßnahmen, welche Schritte möglich sind.
Insbesondere die neuen Möglichkeiten, die auf Bundesebene geschaffen worden sind, die in Schleswig-Holstein noch nicht genutzt werden, die aber Baden-Württemberg zum Beispiel - auch ein CDU-Land - als erstes Land nutzt, Niedersachsen als zweites, die müssen wir hier in Schleswig-Holstein diskutieren und überlegen, ob wir in diese Richtung weitergehen. Außerdem muss mit der Agentur geredet werden, dass die Maßnahmen der Agentur anders eingesetzt werden, dass die Kooperation verbessert wird. Auch das ist ein Punkt aus unserem Antrag.
Deswegen bitte ich darum, dass wir beide Anträge in den Ausschuss überweisen und im Ausschuss weiter diskutieren und heute nicht zur Tagesordnung übergehen und das Ganze hier einfach durchstimmen.
Zu einem weiteren Kurzbeitrag nach § 56 Abs. 4 der Geschäftsordnung erteile ich der Frau Abgeordneten Angelika Birk das Wort.
ständige Minister aus dem Wirtschaftsressort anwesend ist - die Bildungsministerin fehlt nach wie vor -, möchte ich einen Aspekt beitragen, der eine entscheidende Rolle dafür spielt, ob ein Bündnis gelingt oder nicht. Immer wieder klagen die Berufsschulverbände, dass das Wirtschaftsministerium, das Bildungsministerium und die zuständigen Träger der Kammern in Konkurrenz zueinander arbeiten und nicht zusammenarbeiten. Wir haben angeregt, dass im Ausschuss die Aktiven im Bündnis für Ausbildung ums Wort gebeten werden, was sie konkret beitragen. Ich möchte auch Sie, Herr Minister Austermann, um einen Beitrag eindringlich bitten: Suchen Sie die Abstimmung mit dem Bildungsministerium! Ich möchte hier in der kurzen Redezeit nicht in Details gehen, aber es kann nicht sein, dass hier Synergieeffekte verloren gehen.
Ein zweiter wichtiger Ansprechpartner, dessen Einbeziehung der Kollege Hentschel angeregt hat, ist die Arbeitsagentur. Ich erinnere mich noch an die Texte, die Herr Döring mit der regionalen Arbeitsagentur vor einem Jahr hier verabschiedet hat. Ein Pakt sollte gegründet werden, alles sollte unbürokratisch „flutschen“, insbesondere beim Thema Ausbildung. Was ist davon umgesetzt worden? Ich sehe nur - und dies haben die kleinen Anfragen meiner Kollegen Heinold in den Antworten traurig bestätigt -, in meiner Stadt Lübeck gibt die Arbeitsagentur 80 % der Fördermittel vom letzten Jahr zurück. Alle Leute, die mit ihr kooperieren wollten, haben sie nicht eingeladen. Die Lübecker wussten nicht, wie sie das Geld ausgeben sollten. In Flensburg hat man zwar etwas mehr Geld ausgegeben, aber wofür. Man hat die jungen Leute ausschließlich in 1-€-Maßnahmen gesteckt. Das Geld wurde zu 80 % für 1-€-Maßnahmen ausgegeben, überwiegend für junge Leute. Das ist kein Konzept.
Ein letzter Punkt. Die EU erwartet von Deutschland, dass es sich bei den Ausbildungsplätzen endlich auf europäisches Niveau begibt. Wir haben die Debatte im Bereich der Studienplätze begonnen. Die Kollegin Spoorendonk hat darauf hingewiesen, modulare Ausbildung ist das Gebot der Stunde. Hier haben unsere Berufschullehrer hervorragende Vorarbeit geleistet, haben Konzepte geschrieben, die ich eigentlich aus der Feder der Ministerin erwartet hätte. Nehmen wir diese Konzepte in die Hand, greifen wir sie auf und machen wir uns als Abgeordnete vor Ort konkret verantwortlich dafür,
Liebe Kolleginnen und Kollegen, wegen des wiederholt gemachten Vorwurfs an die Regierungsbank will ich darauf hinweisen, dass sich heute Morgen die Ministerin Ute Erdsiek-Rave entschuldigt hat. Sie hat einen Termin für das Land wahrzunehmen, und zwar als Vorsitzende der KMK beim OECD-Bildungsministertreffen. Ich denke, das ist eine hinreichende Begründung.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich fände es gut, wenn wir uns darauf einigen könnten, die beiden Anträge im Ausschuss noch einmal zu behandeln, weil es dann hoffentlich auch möglich sein wird, einen gemeinsamen Antrag zu beschließen.
Das braucht nicht lange zu dauern. Natürlich ist es wichtig, dass wir auch nach außen hin die Botschaft deutlich machen, dass es weiterhin darauf ankommt, das Bündnis für Ausbildung zu stärken und die Arbeit in diesem Rahmen zu würdigen. Diese Arbeit muss auch weiterhin von uns begleitet werden. Liebe Kolleginnen und Kollegen von den Grünen, wir haben dieses Bündnis in der Vergangenheit immer begrüßt und das auch in entsprechenden Anträgen deutlich gemacht. Es sollte also versucht werden, im Ausschuss zur Formulierung eines gemeinsamen Antrages zu kommen.
Natürlich wäre es sinnvoll - dies kann dann der zweite Schritt sein -, uns im Rahmen der Ausschussarbeit noch einmal eingehender mit der ganzen Problemstellung zu befassen. Auch diesen Ansatz begrüßen wir. Von daher hielte ich es für konstruktiv, wenn wir uns in diesem Sinne verständigen könnten.
Ich danke der Frau Abgeordneten Spoorendonk. Zu einem Kurzbeitrag hat nun die Frau Abgeordnete Anette Langner das Wort.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Wir haben auch innerhalb der großen Koalition etwas kontrovers darüber diskutiert, wie wir mit dem Thema umgehen wollen. Für uns war es wichtig, heute noch einmal ein Signal zu geben und hier auch einen Appell an alle Akteure im Bündnis für Ausbildung zu platzieren, um die Anstrengungen für das Bündnis für Ausbildung und bei der Suche nach Ausbildungsplätzen zu diesem Zeitpunkt zu verdeutlichen. Wir haben unseren Antrag ja nicht aus Jux und Tollerei gestellt. Vielmehr haben wir uns darin auch dezidiert mit dem auseinander gesetzt, was von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN vorgeschlagen worden ist. Wir haben das, was vorgeschlagen worden ist, um Punkte erweitert, die aus unserer Sicht wichtig sind und die auch inhaltlich weitergehend sind. Von daher erscheint es uns nicht notwendig, über die Anträge im Ausschuss noch einmal zu diskutieren. Es wäre uns wichtig, heute in der Sache abzustimmen.
Ich möchte Sie darum bitten, unseren Antrag, der deutlich weitergehender ist und der das Bündnis für Ausbildung aus meiner Sicht mit weiteren Ideen bereichert, heute auf den Weg zu bringen.
Ich danke der Frau Abgeordneten Langner. - Zu einem weiteren Kurzbeitrag hat die Frau Abgeordnete Monika Heinold das Wort.