Es ist beantragt worden, den Bericht der Landesregierung Drucksache 16/828 dem Bildungsausschuss, mitberatend dem Sozialausschuss, zur abschließenden Beratung zu überweisen. Wer so beschließen will, den bitte ich um das Handzeichen. Gegenprobe! - Enthaltungen? - Es ist so beschlossen.
Bevor ich den nächsten Tagesordnungspunkt aufrufe, begrüße ich auf der Tribüne sehr herzlich Schülerinnen und Schüler der Goethe-Schule Flensburg
Erste Lesung des Entwurfs eines Gesetzes über die Errichtung der Stiftung „Leibniz-Institut für die Pädagogik der Naturwissenschaften“
Wird das Wort zur Begründung gewünscht? Das ist nicht der Fall. - Ich eröffne die Grundsatzberatung. Das Wort hat der Minister für Wissenschaft, Wirtschaft und Verkehr, Herr Dietrich Austermann.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Es geht hier um drei Gesetzentwürfe, die eine Neugestaltung der Wissenschaftslandschaft in Teilen Schleswig-Holsteins vornehmen sollen. In Kiel sind neben dem Institut für Meereswissenschaften GEOMAR, das bereits eine rechtsfähige Stiftung ist, drei weitere Forschungseinrichtungen der Wissenschaftsgemeinschaft Leibniz beheimatet: das Institut für Weltwirtschaft, die Deutsche Zentralbibliothek für Wirtschaftswissenschaften, eine Abteilung des IfW, und das Institut für die Pädagogik der Naturwissenschaften.
Bei allen drei Einrichtungen handelt es sich um renommierte Forschungseinrichtungen des Landes. Das IfW ist gerade anlässlich der Kieler Woche mit der zweiten Verleihung des weltwirtschaftlichen Preises besonders hervorgetreten. Das IPN kennen Sie alle als Einrichtung, die für die Bundesrepublik Deutschland die PISA-Studien betreut. Das ZBW ist zwar in der Öffentlichkeit nicht so präsent, nimmt aber als Zentralbibliothek für Wirtschaftswissenschaften eine Servicefunktion von nationaler Bedeutung wahr.
Augenblicklich sind diese drei Forschungseinrichtungen noch als nicht selbstständige Forschungsanstalten des Landes organisiert. Der Grundhaushalt wird über die Gemeinschaftsfinanzierung von Bund, Ländern und Schleswig-Holstein getragen. Ich weise hier darauf hin, weil wir zurzeit eine Debatte um die Föderalismusreform haben, insbesondere Artikel 91 ff., weil es um die Frage geht, inwieweit es eigentlich zulässig sein soll, dass sich der Bund an Forschungseinrichtungen in den Ländern beteiligt. Hier deutet sich ein Kompromiss an, den wir, wie ich glaube, alle miteinander begrüßen,
dass es weiterhin Bundesmittel für wichtige Einrichtungen in den Ländern gibt. Ob insgesamt die Föderalismusreform an dieser Stelle zu glücken scheint, da kann man erhebliche Zweifel haben.
Als Mitglieder der Leibniz-Gemeinschaft werden die beiden Forschungseinrichtungen und die Zentralbibliothek in der Regel alle sieben Jahre evaluiert, also bewertet, in ihrer wissenschaftlichen Bedeutung untersucht. Ziel der Evaluation ist es, den Stand und die Qualität der Forschung am jeweiligen Forschungsinstitut, auch die Aufgabenwahrnehmung der Forschungseinrichtungen zu prüfen.
Anlässlich der jüngsten Evaluierung in den Jahren 2003/2004 wurde die jetzige Rechtsform der Leibniz-Institute bis auf GEOMAR, das inzwischen eine andere Struktur hat, bei allen drei Einrichtungen als nicht mehr zweckmäßig angesehen. Die Forschungsinstitute können - so sagt die Leibniz-Gemeinschaft - ihre Herausforderungen in der Forschung und der Wahrnehmung von Serviceaufgaben besser in einer anderen Rechtsform, nicht in der augenblicklichen wahrnehmen. Man kann als Anstalt nicht flexibel genug reagieren, man kann dies besser als rechtsfähige selbstständige Stiftung. Als nicht selbstständige Einrichtungen sind sie mehr Verwaltungseinheiten als Forschungseinrichtungen. Aus diesem Grund wird vorgeschlagen, eine andere Rechtsform zu wählen, die mehr Selbstständigkeit gibt und mehr eigene Verantwortung ermöglicht.
Die Leibniz-Gemeinschaft empfahl darüber hinaus, die ZBW, also die Bibliothek, rechtlich vom Institut für Weltwirtschaft zu trennen. Das war nicht unbedingt von Anfang an unser Anliegen, ist aber nicht anders zu machen, da wir nicht allein Herr des Verfahrens sind. Sie wollte sie als Abteilung herauslösen, um so ihre besonderen Herausforderungen als Servicefunktionen, als wirtschaftswissenschaftliche Bibliothek für die gesamte Bundesrepublik zu verdeutlichen. Das ist sie in der Tat. Ihre Bedeutung reicht weit über die Grenzen Norddeutschlands hinaus.
Es ist daher beabsichtigt - hierüber besteht Einvernehmen mit den zuständigen Bundesministerien, in diesem Fall ist es das Bildungsministerium -, mit Wirkung zum 1. Januar 2007 drei selbstständige Stiftungen zu gründen. Grundlage hierfür sind die vorgelegten Gesetzentwürfe, die wir im Landeskabinett mehrmals miteinander erörtert haben. Möglich ist die Errichtung dieser Stiftungen auch durch Ausstattung mit Sachvermögen gemäß § 46 des Landesverwaltungsgesetzes. Die Finanzierung des laufenden Betriebes ist durch die gemeinsame Forschungsförderung von Bund und Ländern weiterhin sichergestellt.
Mit der Verselbstständigung der beiden bestehenden Einrichtungen und der gleichzeitigen Trennung der Zentralbibliothek vom Institut für Weltwirtschaft verbinden wir hohe Erwatungen an die weitere hohe Qualität der Aufgabenerledigung, an das Renommee der Einrichtungen. Wir erwarten eine auf hohem Niveau angesiedelte Forschung, eine flexible Ausgestaltung der Forschungsbereiche bei eigenverantwortlichem Einsatz der Ressourcen und des Personals. Wir erwarten auch, dass die wissenschaftliche Exzellenz unserer Einrichtungen noch weiter ausgebaut werden kann.
Dies gilt auch für die ZBW. Sie soll ihre Rolle als führende Bibliothek für Wirtschaftswissenschaften in Norddeutschland und in Deutschland durch elektronische Medien ergänzend erfolgreich ausfüllen. Entsprechend den Empfehlungen der LeibnizGemeinschaft wird die gemeinsame Verwaltung von IfW und ZBW auch nach der Trennung weitergeführt. Dazu werden die beiden als selbstständige Stiftungen rechtzeitig einen Kooperationsvertrag abschließen müssen.
Was die Empfehlungen hinsichtlich des Hamburger Welt-Wirtschafts-Archivs anbelangt, so beabsichtigen Hamburg und Schleswig-Holstein, gemeinsam einen Teilbereich, den Informationsbereich des HWWA, entsprechend den Empfehlungen in die neue Stiftung des ZBW zu integrieren und die Stiftung mit einem Standort in Hamburg zu betreiben.
Der Hinweis auf das HWWA macht deutlich, dass nicht jede Evaluation von Erfolg gekrönt sein muss, sondern dass sie Konsequenzen hat. Hier werden die Konsequenzen sein, dass wir ZBW und den Informationsbereich des HWWA miteinander verknüpfen können.
Wir sind zuversichtlich, dass mit der Errichtung dieser Stiftungen ein richtiger Schritt in die Selbstständigkeit unserer Forschungseinrichtungen zum Wohl der Wissenschaft getan wird. Ich bitte Sie, allen drei Gesetzentwürfen zuzustimmen.
Ich danke Herrn Minister Austermann und erteile für die CDU-Fraktion Herrn Abgeordneten Niclas Herbst das Wort.
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir reden hier über drei hochwertige schleswig-holsteinische Forschungseinrichtungen, das Institut für Weltwirtschaft, die Deutsche Zentralbibliothek für Wirtschaftswissenschaften und das Leibniz-Institut für die Pädagogik der Naturwissenschaften.
Der Minister hat die drei Einrichtungen zwar schon genannt; ich wiederhole sie trotzdem, weil sie es wert sind, mehrfach genannt zu werden.
Alle drei Einrichtungen haben gemein, dass sie in der Gottfried-Wilhelm-Leibniz-Wissenschaftsgemeinschaft organisiert sind. Sie alle kennen Gottfried Wilhelm Leibniz als den wahrscheinlich letzten deutschen Universalgelehrten, der von 1646 bis 1717 lebte. - Sie haben gemerkt, ich habe nicht auf den Zettel geschaut.
- Es sind zwei Zahlen; die konnte ich mir noch merken. - Wir alle kennen Gottfried Wilhelm Leibniz unter anderem aus der Monadentheorie. Sie wissen, die Monadentheorie ist der zentrale Begriff der leibnizschen Welterklärung. Eine einfache, nicht ausgedehnte und daher unteilbare Substanz, die äußeren mechanischen Einwirkungen unzugänglich ist.
Die linke Seite des Hauses wird freuen, dass er in den Grundsatzfragen seiner Philosophie eher idealistisch geprägt war und auch vom Anderssein der Seele gesprochen hat. Damit leugnet er - wie auch viele Politiker - den objektiven Charakter von Raum und Zeit.
Zurück zum profanen und zur ernsthaften Sache. Das Profane ist natürlich das Geld. Natürlich muss auch bei diesen Einrichtungen die Finanzierung erwähnt werden. Der Grundhaushalt wird - wie schon dargestellt - von Bund, Ländergemeinschaft und Schleswig-Holstein gemeinsam gestemmt. Bei der letzten Evaluierung - diese muss man sehr ernst nehmen - durch die Wissenschaftsgemeinschaft wurde die bisherige Rechtsform einer nicht rechts
fähigen Forschungsanstalt des Landes SchleswigHolstein als nicht mehr zweckmäßig und insbesondere als zu unflexibel bewertet. Unser Ziel muss es daher sein, Forschungseinrichtungen auch forschen zu lassen und sie nicht zu Verwaltungseinheiten zu degradieren. Das Fazit der Evaluierung der WGL, eine andere Rechtsform mit mehr Selbstständigkeit und mehr Eigenverantwortung zu finden, muss deshalb möglichst rasch Konsequenzen haben.
Gerade die weiteren Empfehlungen der Wissenschaftsgemeinschaft zur Zukunft des ZBW müssen betrachtet werden. Der Minister hat dazu Stellung genommen. Daraus muss die Chance genutzt werden, die Wissenschaftslandschaft in Schleswig-Holstein so zu stärken, dass die Servicefunktion der Zentralbibliothek mindestens bundesweit gestärkt wird.
Die konsequente Gründung dreier selbstständiger Stiftungen ist daher aus meiner Sicht eine sinnvolle Konsequenz der vergangenen Evaluierung. Voraussetzung ist natürlich - da sehen wir auch die Föderalismusreform -, dass die Finanzierung durch die gemeinsame Forschungsförderung von Bund und Ländern weiterhin sichergestellt ist. Gleichzeitig ist zu hoffen, dass es durch die gewählte Form der Stiftungen zukünftig besser möglich ist, Mäzene und Sponsoren zu gewinnen. So etwas kann man natürlich nicht politisch verordnen. Ich warne auch davor, die Hoffnung zu hoch zu schrauben. Aber wir müssen als Politik die Rahmenbedingungen schaffen.
Wichtig ist weiterhin, dass mit den vorgeschlagenen Veränderungen zukünftige Evaluierungen durch die Wissenschaftsgemeinschaft positiv ausfallen, positiver als in der Vergangenheit, aber auch positiver im Vergleich zu vergleichbaren Einrichtungen. Wir müssen auf diese Art und Weise weiterhin gute Karten bei der Gemeinschaftsfinanzierung haben.
In den folgenden Ausschussberatungen muss im Detail geklärt werden, ob die vorgeschlagene Veränderung wie gewünscht die Forschung auf hohem Niveau hält. Auch die Belange der Beschäftigten müssen bei der Ausschussberatung im Einzelnen beleuchtet werden. Ich bin aber sicher, dass bei einer sinnvollen Umsetzung Schleswig-Holstein auch in Zukunft aus einer gesicherten Position heraus auf die genannten Forschungseinrichtungen stolz sein kann, und freue mich deshalb auf die Ausschussberatungen.
Ich danke Herrn Abgeordneten Niclas Herbst und erteile für die SPD Herrn Abgeordneten Jürgen Weber das Wort.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Minister Austermann hat den Hintergrund für die Errichtungsgesetze dargestellt. Das will ich nicht alles wiederholen. Wir teilen die Auffassung der Landesregierung, dass es sinnvoll ist, den Weg einer Errichtung von Stiftungen für diese drei wissenschaftlichen Einrichtungen zu gehen. Wir haben in Schleswig-Holstein auch schon ein bisschen Erfahrung. Wir haben mit der Errichtung von GEOMAR, der Integration in die Leibniz-Gesellschaft, schon einmal ein bisschen geübt.
Ich will die Redezeit nicht durch historische Hinweise - wie sie der Kollege Herbst in erfrischender Weise vorgetragen hat - ausweiten, sondern auf drei, vier Punkte hinweisen. Wir stimmen der Grundlinie des Gesetzentwurfs zu. Damit ist aber die Arbeit des Ausschusses nicht völlig überflüssig. Denn es gibt noch ein paar Fragen, die wir im Rahmen der Ausschussberatungen besprechen und klären müssen.
Wir haben den Evaluationsbericht zur Kenntnis genommen. Deswegen ist klar, dass der Weg in eine Stiftung akzeptabel ist. Das geht aus dem Evaluationsbericht hervor. Daraus hervor gehen übrigens auch die ganz herausragende wissenschaftliche Leistungen der drei Institute, die hier in Kiel beheimatet sind. Gerade im Bereich der Zentralbibliothek für Wirtschaftswissenschaften führt die herausragende Evaluation dazu, dass die Hamburger Einrichtung mit der Kieler fusioniert wird. Wie es bei solchen Fusionsprozessen immer so ist: Zum einen kann etwas Großartiges entstehen, in diesem Fall die größte wirtschaftswissenschaftliche Fachbibliothek der Welt - ich glaube, das ist schon eine Hausnummer, von der man hier einmal erwähnen darf, dass wir sie in Schleswig-Holstein bekommen -,
zum anderen gibt es aber auch Befürchtungen und Risiken bei der Fusion, was die Zukunft des Personals angeht. Deswegen begrüßen wir es außerordentlich, dass der Gesetzentwurf in § 14 Abs. 2 vorsieht, dass betriebsbedingte Kündigungen ausgeschlossen sind.