Protokoll der Sitzung vom 30.06.2006

(Beifall bei SPD und CDU)

Ihre Redezeit, Herr Baasch!

Ich komme zum Schluss, Frau Präsidentin.

Da kann man sich doch nicht hier hinstellen und sagen, das sei alles nur noch unter diesem einen Punkt kritikwürdig. Man muss vielmehr auch feststellen, dass die Reformen durch Hartz IV greifen, und das ist gut so, weil es den Menschen dient.

(Beifall bei SPD und CDU)

Für einen weiteren Kurzbeitrag erteile ich Frau Abgeordneter Angelika Birk das Wort.

Im Hinblick auf unser Fußballspiel verzichte ich.

Das ist ein hehres Wort. Denn mir liegen nicht nur Wortmeldungen vor, sondern auch Zettel, auf denen steht, wie ich den Ablauf hinkriegen soll.

Es liegen keine weiteren Wortmeldungen vor, sodass ich die Beratung schließe.

Es ist Abstimmung in der Sache beantragt worden. Ich schlage Ihnen abweichend von der Geschäftsordnung vor, dass wir beide Anträge als selbstständige Anträge werten. - Widerspruch sehe ich nicht. Dann können wir so verfahren.

Wer dem Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Drucksache 16/848 zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenprobe! Dann ist dieser Antrag mit den Stimmen von CDU, SPD und FDP gegen die Stimmen von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW abgelehnt worden.

Wir kommen zum zweiten Antrag. Wer dem Antrag der Fraktionen von CDU und SPD Drucksache 16/892 zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? Dann ist dieser Antrag mit den Stimmen von CDU,

SPD und FDP gegen die Stimmen von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW angenommen worden.

Ich schließe die Beratung und rufe Tagesordnungspunkt 18 auf:

Pflegeportal Schleswig-Holstein

Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Drucksache 16/847

Antrag der Fraktionen von CDU und SPD Drucksache 16/891

Wird das Wort zur Begründung gewünscht? - Das ist nicht der Fall. Ich eröffne die Aussprache und erteile für BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN der Frau Abgeordneten Angelika Birk das Wort.

Sehr geehrte Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir kommen jetzt auf ein Feld, das die Landespolitik tatsächlich allein gestalten kann. Hier redet uns kein Bundesrat rein. Hier müssen wir uns nicht mit einem Bundesrat arrangieren. Es geht um das Thema Pflege.

Was könnte ein Pflegeportal sein: ein Tor zu Wellnessangeboten? - Bei allen Anstrengungen, Frau Trauernicht - so rosig stellt sich die Pflegelandschaft in Schleswig-Holstein für Pflegebedürftige noch nicht dar, als dass ich sie generell als Wellnessangebot bezeichnen würde.

Vor allem dann, wenn unter Zeitdruck eine persönliche Pflegenotsituation bewältigt werden muss, brauchen Pflegebedürftige und Angehörige ein objektives Nachschlagewerk, in dem sie alle ambulanten und stationären Angebote der Region mit Leistungen und Preisen aufgelistet finden. Wir haben zwar in einigen Regionen unseres Landes dank des Engagements der Landesregierung die Pflegeberatungsstellen, aber da muss man einen Termin bekommen. Sie bieten eine zusätzliche wichtige Beratung, um sich darüber zu informieren, wie viele Plätze es wo gibt, was es kostet, was angeboten wird und wie der Charakter der Leistungen aussieht. Insofern wäre in der heutigen Zeit eine Internetpräsenz sehr hilfreich. Auch langfristig vorausschauende ältere Menschen, Pflegeanbieter oder kommunale Einrichtungsträger hätten eine solche Beratungsgrundlage sicher schon häufiger gebraucht.

Die Sozialministerin hat nun vor wenigen Tagen eine inhaltliche Offensive für ambulante Pflegeangebote gestartet - diese würdigen wir -, die sich im Internet mit einer neuen Seite zeigt. Dieser Internet

(Wolfgang Baasch)

auftritt könnte ein neuer Anfang sein. Allerdings bezieht er sich nur auf einen Teil der Angebote. Denn die stationären Pflegeeinrichtungen fehlen und vor allem erwarten wir von solch einem Angebot mehr als solch eine Adressenliste.

Es mag vielleicht etwas kleinteilig sein, dass wir dies nun im Landtag und nicht im Ausschuss ansprechen, aber wir wissen, dass die Finanzen knapp sind. Wir wissen, dass so etwas nur gelingen kann, wenn alle mitmachen. Schließlich kann die Landesregierung niemandem befehlen, seine Adresse in eine Internetplattform der Landesregierung einzustellen. Wir wissen allerdings auch, dass solche Plattformen bereits in anderen Bundesländern existieren, und glauben, dass es ein gutes Angebot für unser Land wäre. Deshalb bitten wir die Landesregierung, noch in dieser Sitzung zu berichten, wie sie gemeinsam mit den Verbänden der Pflegeanbieter diese bisherige Informationslücke schließen will.

Nun gibt es einen Antrag der Koalitionsfraktionen, in dem die Landesregierung zur Unterstützung der Pflegeberatungsstellen und entsprechender Berichterstattung aufgefordert wird. Unser Antrag findet sich dort auf einen Spiegelstrich eingedampft wieder.

Eines möchte ich betonen: Wir haben den Antrag zur Pflegeberatung nicht gestellt, weil wir schlicht und einfach davon ausgegangen sind, dass dieses Instrument hoffentlich vom ganzen Haus - ich weiß zwar nicht, wie die CDU inzwischen dazu steht, aber in Gesprächen mit den Sozialpolitikern habe ich den Eindruck gewonnen, dass wir nicht auseinander liegen - mitgetragen wird. Wir dachten, dass die Landesregierung dieses Thema so engagiert angeht, dass es einer Aufforderung des Landtags nicht bedarf.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich danke der Frau Abgeordneten Birk. - Für die CDU-Fraktion hat der Herr Abgeordnete Torsten Geerdts das Wort.

Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Die Fraktionen von CDU und SPD legen einen Änderungsantrag zu der Forderung der Grünen vor, ein Pflegeportal einzurichten. Wir sind fest davon überzeugt, dass wir die im Land vorhandenen Instrumente zur Pflegeberatung stärken und festigen und darauf konzentrieren sollten.

Wir arbeiten gemeinsam an dem Ziel, für hilfs- und pflegebedürftige Menschen die Teilhabe am Leben weiter auszubauen. Durch die Verbesserung der Rahmenbedingungen wollen wir eine qualifiziertere und menschenwürdigere Pflege gewährleisten.

Für die CDU-Landtagsfraktion ist und bleibt ein zentraler Punkt zur Erreichung dieses Zieles die Fortsetzung der erfolgreichen Arbeit der trägerunabhängigen Pflegeberatungsstellen. Sie sind für Pflegebedürftige und Rat suchende Angehörige unverzichtbar geworden und wir brauchen sie überall im Land.

(Beifall bei CDU und SPD)

Der Markt wird auch in der Palette ambulanter und stationärer Einrichtungen immer unüberschaubarer. Hier ist die trägerunabhängige Beratung ein ganz zentraler Baustein, um passgenaue Hilfen auswählen zu können.

Durch die erfolgreiche Arbeit der Pflegeberatungsstellen kam es in den vergangenen Jahren zu ganz erheblichen Einspareffekten für Sozialhilfeträger. Viele Pflegebedürftige und deren Familien konnten zudem ihre Lage nachhaltig verbessern.

Unabhängige Beratung in der Pflege hilft nicht nur den Betroffenen, sondern auch der gesamten Gesellschaft: Erkrankte und Angehörige bewältigen so besser ihre Situation und die Kommunen als Sozialhilfeträger sparen unterm Strich viel Geld; auch darüber wird der Streit im Lande leiser.

Dieses Fazit lässt sich auch aus einer vorliegenden Studie ziehen. Das Institut für Soziologie der Universität Kiel wurde unter anderem beauftragt, die Arbeit dieses Modellprojektes zu evaluieren. Die zentralen Ergebnisse der Studie: Durch die Beratung ließe sich in vielen Fällen die häusliche Pflege stabilisieren und der Beginn einer stationären Pflege verzögern. Durch die Beratung wurden die Sozialhilfeträger um etwa 2,9 Millionen € entlastet. Rechnet man den Aufwand für die Beratungsstellen von jährlich ungefähr 1,4 Millionen € gegen, kommt es zu einer echten Einsparung an Sozialhilfemitteln in Höhe von jährlich 1,5 Millionen €. Hinzu kommen Einspareffekte in Höhe von 2 Millionen € für die Träger der Pflegeversicherung.

Wir wissen, dass sich die Arbeit der Pflegeberatungsstellen dank der Einspareffekte fast selbst tragen können. Bei einigen würden sogar die Einspareffekte die Kosten bei weitem übersteigen. Zum Beispiel erwirtschaftet die Beratungsstelle in Lübeck neben den Kosten von 163.000 € zusätzliche 247.000 €. Das Land unterstützt die Beratungsstellen jährlich. Die übrige Finanzierung übernehmen

(Angelika Birk)

die Kreise und kreisfreien Städte und wir hoffen, dass das so bleibt. Im Kreis Herzogtum Lauenburg wird die Beratungsstelle zusätzlich von einem Verein unterstützt.

(Dr. Heiner Garg [FDP]: Sag mal was zum Pflegeportal!)

- Unsere Antwort auf die grüne Forderung zur Schaffung eines bürokratischen Pflegeportals ist die Stärkung und Weiterentwicklung der trägerunabhängigen Pflegeberatung in Schleswig-Holstein, lieber Kollege Garg. Und genau darauf konzentrieren wir uns auch in unserem gemeinsamen Antrag.

Wir wollen von der Landesregierung wissen, welche Beiträge die Pflegeberatungsstellen leisten, um die häusliche Pflegesituation zu stabilisieren und den Beginn der stationären Pflege weiter zu verzögern. Uns interessiert, welche Minderbelastungen die Sozialhilfeträger und die Pflegeversicherung durch die Arbeit der Beratungsstellen aktuell vorweisen können.

Immer wieder diskutiert wird die Trägerunabhängigkeit. Daher wollen wir erneut hinterfragen, inwieweit die Pflegeberatungsstellen ihrer Aufgabe einer neutralen Beratung nachkommen können und ob es ihnen gelingt, über das vorhandene Angebot ambulanter und stationärer wohnortnaher Pflegeangebote neutral zu informieren. Wir dürfen uns nicht auf dem bisher Erreichten ausruhen. Daher ist auch die Frage an die Landesregierung zu richten, mit welchen Maßnahmen sie die Qualität der Pflegeberatungsstellen optimieren will.

Ich bin fest davon überzeugt, dass das, was CDU und SPD heute vorschlagen, eher dazu beiträgt, die Situation Pflegebedürftiger konkret zu verbessern. Von daher bitten wir um Abstimmung in der Sache und um Zustimmung zu dem gemeinsamen Antrag von CDU und SPD.

(Beifall bei CDU und SPD)

Ich danke dem Herrn Abgeordneten Geerdts. - Für die SPD-Fraktion hat die Frau Abgeordnete Jutta Schümann das Wort.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Ungewissheit über die Zukunft ist im Falle einer Pflegebedürftigkeit oft die schlimmste Belastung für Betroffene und Angehörige. Sowohl die Pflegebedürftigen selbst als auch ihre Angehörigen stehen plötzlich vor einem Berg bedrohlich wirken

der Fragen: Wer hilft uns jetzt? Wie können wir das schaffen? Wie können wir das finanzieren?

Dabei steht fest: Jeder Fall ist einzigartig; keiner ist mit dem anderen vergleichbar. Dabei steht auch fest: Pflegebedürftigkeit tritt zwar häufiger im Alter auf, aber es gibt auch zunehmend jüngere Pflegebedürftige. Es ist bekannt, dass Menschen auch im Falle von Pflegebedürftigkeit, soweit es geht, unabhängig in ihrer eigenen Häuslichkeit, in ihrer eigenen Wohnung leben möchten, und zwar mit ihren Angehörigen oder auch allein. Deshalb muss es uns darum gehen, geeignete Versorgungsangebote und Rahmenbedingungen zu schaffen, die ein so gewünschtes Leben ermöglichen.

Einer angemessenen, konkret am Einzelfall ausgerichteten Beratung kommt daher eine Schlüsselfunktion zu. Insofern sind wir uns einig, wenn wir Beratungsangebote fordern und unterstützen.