Deshalb ist es eine Unverfrorenheit von Ihnen, sich hier hinzustellen und uns gute Ratschläge zu erteilen. Ihretwegen sitzen wir hier wie ein Insolvenzverwalter, der eine Abwicklung betreibt. Wir versuchen, das zu retten, was Sie verbockt haben, meine Damen und Herren von den Grünen.
Darum werden wir ganz seriös in der Regierung unseren Beschluss fassen. Es wird am Ende eine Entscheidung dieses Hohen Hauses sein. Ich denke, dieses Hohe Haus wird genauso wie die Regierung selber einen weisen Entschluss treffen.
Zu einem Kurzbeitrag nach § 56 Abs. 4 unserer Geschäftsordnung erteile ich dem Fraktionsvorsitzenden der Grünen das Wort, Herrn Abgeordneten Karl-Martin Hentschel.
Wenn Sie sich hier in dieser Art aufregen, wäre es hilfreich, wenn Sie Ihr eigenes Interessenbekundungsverfahren kennen würden. Das Interessenbekundungsverfahren besagt, Private sollten sich melden, die Interesse haben, den gesamten Wald einschließlich der Landesforstverwaltung zu kaufen und entsprechend die hoheitlichen Aufgaben in Auftragsverwaltung zu übernehmen. Die Alternative ist, die staatlichen Ausgaben vom eigentlichen Landesforst zu trennen. Nur der Landesforst soll verkauft werden. Dafür sollen sich Interessenten melden. Es handelt sich also um zwei verschiedene Varianten von Verkauf des Landeswaldes. Etwas anderes steht nicht drin.
Zum Zweiten. Sie behaupten, der Landeswald sei chronisch defizitär. Dazu ist festzuhalten, dass wir auch den Privatwald jedes Jahr mit Millionenbeträgen fördern, weil er Gemeinwohlleistungen wahrnimmt. Auch der Landeswald nimmt Gemeinwohlleistungen wahr. Die muss man abziehen, bevor man über das Defizit redet. Das tatsächliche Defizit nach Abzug der Gemeinwohlleistungen - das hat der Kollege von der CDU soeben sehr schön dargestellt - beträgt etwa 2 Millionen € im Jahr. Eine Kleine Anfrage des Abgeordneten Matthiessen hat das interessante Ergebnis gebracht, dass der Landeswald in der heutigen Form und bei heutigen Holzpreisen bereits ab 2010 mehr erwirtschaftet, als er kostet. Der Grund ist ganz einfach: Große Teile des Landeswaldes wurden entweder nach dem Zweiten Weltkrieg abgeholzt oder es wurde neu aufgeforstet, weil wir Neuwald gebildet haben. Wälder brauchen 100 Jahre, um geerntet zu werden. Das heißt, große Teile des Landeswaldes werden erst Mitte dieses Jahrhunderts erntereif. Aus diesem Grunde ist klar, dass der Wert des Landeswaldes von Jahr zu Jahr enorm wächst, während die Privatwälder in der Regel alt gewachsene Wälder sind, die natürlich ständig Gewinne abwerfen können, weil sie alte Waldbestände haben. Da die Holzpreise aufgrund der Energiepreisentwicklung und aufgrund der Klimaveränderung in den nächsten Jahren ständig steigen werden - schon jetzt ist die Nachfrage nach Holz enorm gewachsen -, werden die Verkaufserlöse bereits ab 2010 stark steigen.
Das bedeutet, der Landeswald wird schon dann erhebliche Gewinne erwirtschaften. Es ist völliger Unsinn, zum jetzigen Zeitpunkt den Landeswald zu verkaufen.
Diese Debatte hat deutlich gemacht, dass der Verkauf Unsinn ist. Ich glaube, dass die Volksinitiative, die wir angestrengt haben, ein guter Beitrag ist, um Druck auf die Landesregierung auszuüben. Das war auch der Zweck. Wenn das, was der Kollege Nabel gesagt hat, ernst zu nehmen ist, hätte er sich dafür bedanken müssen. Denn es stärkt seine Position. Ich bin der Überzeugung, dass wir diese Auseinandersetzung erfolgreich führen werden. Letztlich werden sich die Bürger von Schleswig-Holstein durchsetzen und der Landeswald wird nicht verkauft werden.
Herr Kollege Hentschel, ich kann verstehen, dass Sie den Dialog mit dem Herrn Minister suchen. Aber es wäre ganz schön, wenn Sie zu Beginn der Debatte das Hohe Haus durch eine entsprechende Anrede einbeziehen könnten.
(Karl-Martin Hentschel [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Herr Präsident, ich hoffe, das wird sich nicht wiederholen!)
Nun erteile ich das Wort zu einem weiteren Kurzbeitrag nach § 56 Abs. 4 der Geschäftsordnung dem Fraktionsvorsitzenden der SPD, Herrn Abgeordneten Lothar Hay.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Absicht des Antrags der Grünen ist leicht zu durchschauen. Das merkte man auch an der erregten Ausdrucksweise des Kollegen Matthiessen.
- Doch, das kenne ich sehr gut. Das ist für das Parlament und die Würde des Parlaments manchmal etwas abträglich, Herr Kollege. Ich habe es einmal erlebt. Da ging es um Nerze. Das werde ich nie vergessen.
Dass es unterschiedliche Auffassungen zwischen einer Fraktion und Ministern im Kabinett gibt, dürfte Ihnen bestens bekannt sein. Ich brauche die Beispiele aus der Vergangenheit sicher nicht zu nennen. Da haben wir beide zusammen, Herr Kollege Hentschel, versucht zu klären.
Was die Gemeinwohlfunktion des Waldes betrifft, so stehen wir dazu, dass er eine Grunddaseinsfunktion für alle Menschen im Lande erfüllt. Das muss mit staatlichen Geldern, von uns im Landtag beschlossen, finanziert werden.
Herr Minister von Boetticher, ich vermag nicht zu erkennen, dass wir uns dort besondere Dinge leisten. Wir stehen zu den Bereichen der Umweltpädagogik. Wir stehen dazu, dass bestimmte Naturschutzverpflichtungen von uns im Wald vorbildlich erfüllt werden müssen.
Wir haben in der Vergangenheit dazu beigetragen, die Forstverwaltung zu entbürokratisieren. Wir haben Forstämter aufgelöst. Das war unser Beitrag. Wir sind angesichts der Holzwirtschaftssituation auf dem richtigen Weg - das habe ich auch gestern gesagt -, dass die Forstverwaltung in absehbarer Zeit in einer anderen Rechtsform, in einer Anstalt öffentlichen Rechts, schwarze Zahlen schreibt. Aber einen Verkauf des Landeswaldes wird es aus grundsätzlichen Überlegungen mit der SPD-Fraktion nicht geben.
Ich weise auf § 56 Abs. 6 der Geschäftsordnung hin und erteile nunmehr Herrn Minister Dr. Christian von Boetticher das Wort.
Ich muss wieder einmal mit einer Sache aufräumen. Herr Hentschel, ich muss immer noch einmal nach Ihnen reden, weil ich etwas ausräumen und richtig stellen muss.
Erstens. Wir haben das Interessenbekundungsverfahren auf die Vollprivatisierung und als zweiten Fall auf die Betriebs-GmbH ausgeschrieben. Dabei heißt es im Kern: Das Sondervermögen Landeswald Schleswig-Holstein sowie der Landesbetrieb Erlebniswald Trappenkamp bleiben in der bisherigen Rechtsform und im Bestand erhalten. Nur alle Aufgaben des nicht hoheitlichen Bereiches kommen in eine Betriebs-GmbH. Auch das ist Teil der Ausschreibung. Seien Sie redlich, erzählen Sie das auch und verschweigen Sie das nicht!
Zweitens. Ich bitte Sie wirklich - Sie haben das eben wieder unterschwellig ein bisschen gemacht -, wenn Sie anderer Meinung sind und sagen, wir bräuchten das Interessenbekundungsverfahren nicht oder wollten nicht verkaufen, keinen Gegensatz zwischen der Fraktion und mir als Person aufzubauen. Dann haben Sie ein Problem zwischen Ihnen, der Fraktion, und dem Kabinett. Denn ich vollziehe Kabinettsbeschlüsse und sonst gar nichts.
Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Es ist Abstimmung in der Sache beantragt worden, und zwar über den Antrag Drucksache 16/954. Wer zustimmen will, den bitte ich um das Handzeichen. Gegenprobe! - Enthaltungen? - Damit ist der Antrag gegen die Stimmen von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, FDP und SSW mit den Stimmen von CDU und SPD abgelehnt.
Wird das Wort zur Begründung gewünscht? - Das ist nicht der Fall. Ich eröffne die Aussprache. Das Wort hat Frau Abgeordnete Angelika Birk.
Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Austermann, Sie setzen mit viel Geld die Freiheit von Forschung und Lehre aufs Spiel. Die Grünen wollen die Entscheidung über den Verkauf des Uniklinikums bis 2009 verschieben. Wir wollen die Entscheidung verschieben, ob ein Verkauf überhaupt sinnvoll ist oder nicht. Warum? - Ich habe sieben Argumente.
Erstens. Die Entscheidung über einen Verkauf des größten Arbeitgebers des Landes sollte nicht übers Knie gebrochen werden. Sie hat Folgen für die medizinische Forschung, die in bundesweiten Rankings bisher Spitzenplätze einnimmt. Das Uniklinikum ist das zweitgrößte bundesweit. Die Entscheidung des Schleswig-Holsteinischen Landtages setzt deshalb europaweit Signale.
Zweitens. Das Gutachten im Auftrag der Regierung ist eine dünne Entscheidungsgrundlage. Die Gutachter Deloitte & Touche, die im Auftrag des Landes den Gewinn für das Land durch den Verkauf errechnen sollten, haben wesentliche bekannte finanzielle Risiken nicht berechnet und belastbare Zahlen nur für eine privat finanzierte Immobilienerneuerung vorgelegt, für mehr nicht. Entscheidendes fehlt, beispielsweise die aktuelle Auseinandersetzung der Tarifvereinbarungen, Szenarien der Gesundheitsreform, aber auch schon allseits bekannte Steuerfragen, die nicht erst in den letzten Wochen aufgekommen sind.
ner Holding wesentlich beteiligt sind, nicht gesichert. Mit einer 50-prozentigen Beteiligung Privater in einer Holding, wie sie der Wissenschaftsminister vorschlägt, gibt das Land das Steuer aus der Hand. Ein Krankenhausinvestor nimmt so massiv Einfluss auf Forschung und Lehre.
Schon die genaue Aufteilung der Klinikkosten in solche von Forschung und Lehre sowie Krankenversorgung, wie wir als Grüne sie seit Langem fordern und die für eine realistische Kaufpreisverhandlung unerlässlich ist, wird zwar in Schleswig-Holstein vorangetrieben, aber bundesweit noch nirgendwo trendscharf praktiziert. Ein Computerprogramm hierzu ist erst in Arbeit.
Auch vor diesem Hintergrund sind Fehleinschätzungen bei der Vertragsgestaltung, bei der Abgrenzung zwischen der vom Land verantworteten Forschung und der von privaten Investoren gesteuerten Krankenversorgung Tür und Tor geöffnet.
Viertens. Es gibt keinen Grund, das Management eines Vorstandes auszutauschen, der das Uniklinikum in den letzten beiden Jahren leistungsfähiger gemacht hat. Die Einsparungen und Umorganisationen, die der Klinikvorstand seit 2003 erwirtschaftete, betragen 37 Millionen €. Das ist mehr, als vor fünf Jahren die Gutachter von Roland Berger für möglich gehalten haben. Dies geschah auch, weil die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Rahmen eines von der Landesregierung unterstützen Beschäftigungspaktes ihren Beitrag leisteten, wofür wir sehr dankbar sind.