Meine sehr geehrten Kolleginnen und Kollegen von der SPD, seit der Verkauf des Landeswaldes im Gespräch ist, betonen Sie immer wieder - Herr Nabel, Sie haben dazu ja einige Dinge zitiert -, wie sehr die SPD-Fraktion gegen diese Verkaufsabsichten ist. Ich zitiere auszugsweise nur aus einigen Presseartikeln.
In den „Lübecker Nachrichten“ vom 14. Januar 2006 hieß es: „SPD gegen Ausverkauf der Staatsforsten“. Sandra Redmann und Konrad Nabel erklären:
Das „Flensburger Tageblatt“ vom 22. März 2006 brachte einen Leserbrief von Günther Neugebauer, der darin ausführlich schrieb:
„Der Wald soll auch weiter allen gehören. … Auch wenn Erklärungen aus dem Ministerium für Landwirtschaft, Umwelt und ländli
che Räume tatsächlich den Eindruck vermitteln, das Land wolle seinen Wald verkaufen, bleibt weiterhin richtig, was die SPD-Landtagsfraktion mit meiner Unterstützung festgelegt hat: Die SPD-Landtagsfraktion wird einen flächendeckenden Verkauf der landeseigenen Forsten nicht mittragen. Diese Option ist auch durch den Koalitionsvertrag ausgeschlossen.“
Ich frage nun. Was bedeutet ein flächendeckender Verkauf? - Einen Monat später schreibt das „Stormarner Tageblatt“ am 25. April 2006:
„Forstflächen dürfen nicht geopfert werden. Der Landtagsabgeordnete Konrad Nabel zeigte sich nach der Begehung der Waldflächen in der Hahnheide bei Trittau beeindruckt. Ich werde dafür kämpfen, dass kein Verkauf stattfindet, erklärte er.“
Nach vielen weiteren Erklärungen dieser oder ähnlicher Art erklärte zuletzt der Vorsitzende der SPDLandtagsfraktion Lothar Hay am 17. August 2006 angesichts des Interessenbekundungsverfahrens für einen möglichen Verkauf des Landeswaldes:
Es stellt sich hier die folgende Frage: Wenn der Wald nicht verscherbelt wird, sondern wenn für ihn ein ordentlicher Preis erzielt wird, sind Sie dann dafür? Auch das lässt Interpretationen zu.
Verbal kann man möglicherweise über einige Dinge streiten. Wir nehmen das mal so hin, wie man das allgemein empfinden kann. Ich frage aber: Warum wird dieses Interessenbekundungsverfahren überhaupt durchgeführt, wenn schon seit Januar feststeht, dass all dies mit der SPD nicht zu machen ist?
Warum werden hier Beamte beschäftigt? Warum werden hier Mitarbeiter im Ministerium beschäftigt, die offensichtlich sonst nicht genug zu tun haben? Ich denke, das ist fahrlässig und leichtfertig. Parallel zu all diesen Erklärungen schmort der Antrag der FDP-Fraktion zum Erhalt des Landeswaldes im zuständigen Umwelt- und Agrarausschuss. Anstatt darüber zu entscheiden, wie es zuletzt am 30. August 2006 möglich gewesen wäre, was noch nicht lange her ist, stellen die Mehrheitsfraktionen
die weiteren Beratungen wieder einmal - und dieses Mal bis zum Ende des Interessenbekundungsverfahrens - zurück. Ich frage: Warum? Ich frage meine sehr geehrten Kolleginnen und Kollegen von der SPD allen Ernstes: Warum stehen Sie nicht klipp und klar zu Ihrem Nein zu einem Verkauf des Landeswaldes, und zwar ohne Wenn und Aber?
Warum wollen Sie überflüssige Arbeit für das Parlament? Warum wollen Sie überflüssige Kosten für den Landeshaushalt und warum wollen Sie mögliche Interessenten für ein überflüssiges Interessenbekundungsverfahren? Warum wollen Sie einen überflüssigen Volksentscheid, wie er möglicherweise zustande kommen wird? Stimmen Sie deshalb, um all dies zu untermauern und um den Betroffenen zu sagen, was jetzt Sache ist, unserem gemeinsamen Antrag zu. Sie brauchen dazu ganz bestimmt keine Nachhilfe, wie es Frau Redmann in der ihr eigenen Art in einer Presseerklärung formuliert hat. Davon bin auch ich überzeugt. Sie brauchen dazu aber endlich Ehrlichkeit gegenüber den Schleswig-Holsteinerinnen und Schleswig-Holsteinern, denen der Wald schließlich gehört. Sie brauchen endlich Entscheidungsstärke. In unser aller Interesse wünsche ich Ihnen viel Erfolg.
(Beifall bei FDP, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN und SSW - Dr. Heiner Garg [FDP]: Das muss Chefsache werden!)
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! In den vergangenen Wochen hat man den Leserbriefspalten unserer Zeitung entnehmen können, was die Schleswig-Holsteinerinnen und Schleswig-Holsteiner vom Verkauf des Landeswaldes halten - nämlich nichts. Für viele Menschen ist es einfach unfassbar, dass man überhaupt auf diesen Gedanken kommen kann. Ich habe in einer meiner letzten Reden zu diesem Thema schon einmal deutlich gemacht, dass das sogenannte 10-Millionen-€-Deizit nicht dadurch zu beseitigen ist, dass man die Wälder verkauft. Der Bund Deutscher Forstleute hat ein Papier zur Zukunft des öffentlichen Waldes in Schleswig-Holstein herausgegeben, das deutlich macht, dass das Minus beim Landeswald gar nicht so hoch ist und dass dieses Minus auch politisch gewollt ist. Wir alle wollen, dass die Gemeinwohlleistungen des Waldes aufrechterhalten werden; jedenfalls wird das immer gesagt. Wer diese haben will, der muss sie auch bezahlen. Wer das nicht will, der muss sagen, worauf in Zukunft verzichtet werden soll. Hierzu hat die Landesregierung bisher nicht den Mut gehabt.
Insofern ist eine Diskussion über einen Verkauf eigentlich unredlich, weil die Rahmenbedingungen bis heute nicht bekannt sind. Man hört immer nur die stereotypen Äußerungen der Regierung, dass der Wald zu teuer sei und dass er deshalb verkauft werden müsse. Es wird aber nicht gesagt, ob wir weiterhin einen Erlebniswald Trappenkamp in seiner jetzigen Form haben wollen. Es wird nicht gesagt, ob die Gemeinwohlleistungen in den einzelnen Wäldern aufrechterhalten werden sollen. Vor allem wird nicht gesagt, wie sie bezahlt werden sollen.
Es wird nicht gesagt, dass die Zuschüsse zur Neuwaldbildung, die auch für die privatisierten Wälder notwendig wären, allein rund 2 Millionen € betragen. Es wird nicht gesagt, dass die Personalkosten für die Förster und die Forstverwaltung natürlich weitergezahlt werden müssten. Es wird nicht gesagt, dass die Forstverwaltung für junge Menschen wichtige Praktikumstellen zur Verfügung stellt, die gerade auch Jugendlichen mit Schwierigkeiten, sich am Arbeitsmarkt zu behaupten, neue Perspektiven geben. Es wird nicht gesagt, dass nach einem Verkauf Naturschutzleistungen nicht durchsetzbar wären, es sei denn, man zahlt bar dafür. All das verschweigt die Landesregierung.
Würde man solche Aufgaben und Kosten berücksichtigen und dann nur die reine Forstbewirtschaftung betrachten, so würde man laut Bund Deutscher Forstleute auf ein strukturelles Defizit von
jährlich knapp 1,9 Millionen € kommen. Das ist eine weitaus geringere Summe als die von der Landesregierung gebetsmühlenartig wiederholten Summe von 10 Millionen €. Der BDF sieht durchaus Chancen, auch dieses Defizit mittel- bis langfristig auszugleichen.
Nimmt man an, dass die Entwicklung der erneuerbaren Energien weiterhin so fortschreitet wie bisher, so kann man davon ausgehen, dass die Holzwirtschaft als Lieferant von nachwachsenden Rohstoffen eine ganz andere Bedeutung erfahren wird und dass andere Marktpreise zu erzielen sind als in der Vergangenheit. Einen Vorgeschmack auf diese Entwicklung haben wir in den letzten beiden Jahren schon bekommen. Wir können damit rechnen, dass die jüngeren Baumbestände, die bisher nur Defizite eingefahren haben, in Zukunft Gewinne abwerfen werden. Diese Gewinne werden helfen, das Defizit abzubauen. Diese Gewinne wollen wir nicht den Privaten überlassen.
Anders als in anderen Wirtschaftszweigen muss man im Forstbereich über Jahrzehnte hinaus planen und die Entwicklung natürlich auch über Jahrzehnte betrachten. Sehen wir uns nur das letzte Jahrzehnt an, so können wir feststellen, dass die Ausbildung im Forstbereich zentralisiert wurde. 30 % des Personals in diesem Bereich wurden schon abgebaut. Fünf Forstämter wurden aufgelöst und 15 Revierförstereien wurden geschlossen. All das haben die Beschäftigten immer wieder mitgetragen. Man hat versucht, diesen schwierigen Prozess positiv mitzugestalten; damit unsere Landesforsten eine Zukunft haben. Ein Verkauf des Landeswaldes wäre daher wirklich ein Schlag ins Gesicht für alle Beschäftigten, die sich über ein Jahrzehnt und länger ihrer Verantwortung gestellt haben.
Zu guter Letzt möchte ich all denen die Augen öffnen, die meinen, dass bei einem Verkauf des Landeswaldes alles beim Alten bleibt. Das ist mitnichten der Fall. Das Bissen-Gehege im Bereich des Forstamtes Trittau soll verkauft werden. Natürlich bleibt dieses Gelände nach NATURA 2000 unter Schutz gestellt. Allerdings wird dieses Gelände nun nicht mehr als Naturwald ausgewiesen, damit dieser sich ohne Nutzung natürlich entwickeln kann. In Zukunft wird eine Nutzung wieder möglich sein und natürlich auch stattfinden. Dieser Teil der Gemeinwohlleistung - also des Naturschutzes - wird nicht mehr weiterverfolgt. Das wird auch bei allen anderen Forstflächen der Fall sein. Die Landesre
Für uns ist klar: Der Landeswald gehört nicht der Landesregierung, sondern den Menschen in Schleswig-Holstein. Deshalb ist der Landeswald unverkäuflich. Betrachtet man die öffentlichen Bekenntnisse, so scheint es dafür eine Mehrheit in diesem hohen Haus zu geben. Deshalb sollten wir heute das Interessenbekundungsverfahren zum Kauf des Landeswaldes stoppen und zurückziehen. Die Kollegen von der SPD sollten Mut zeigen und eine Entscheidung treffen, bevor sie die Landesregierung trifft. Sie sollten sich als Parlamentarier vielleicht einmal selbst ernst nehmen.
Für die Landesregierung erteile ich dem Minister für Landwirtschaft, Umwelt und ländliche Räume, Herrn Dr. Christian von Boetticher, das Wort.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Man kommt sich ein bisschen wie Dschungelboy vor. Man kämpft sich durch ein Dickicht von falschen Behauptungen, Verdrehungen und Unterstellungen. Ich will heute ein Stück damit aufräumen, damit deutlich wird, was wirklich gemacht worden ist und was wirklich passiert ist. In den Zeitungen findet man manchmal Spekulationen von Mitgliedern des Hauses dahingehend, es gebe einen Plan des CDUgeführten Landwirtschaftsministeriums, den Landeswald zu verkaufen.
Was ist wirklich passiert? - Nach der Regierungsübernahme hat es mit meinem Haus sehr seriöse, ganz transparente und ernste Gespräche mit den Beteiligten darüber gegeben, den Landesforst in eine Anstalt des öffentlichen Rechts zu überführen. Dort oben sitzen Beteiligte. Vielleicht machen Sie sich einmal schlau! Das waren die Verhandlungen, die im Übrigens allseits akzeptiert waren. Wir können gern noch einmal in Erinnerung rufen, warum wir alle heute unter diesem Druck sitzen. Aufgrund der Finanzsituation hat es dann einen Kabinettsbeschluss gegeben. Der eine oder andere kann hier in die Reihen gucken. Vielleicht erkennt er jemanden, der ihm irgendwie bekannt vorkommt.
Es hat also einen Kabinettsbeschluss gegeben, der die Privatisierung zu prüfen in Auftrag gibt. Jetzt lachen Sie noch, meine Damen und Herren von den Grünen. Bei Privatisierung - das erkläre ich Ihnen noch einmal in aller Ruhe - ist Verkauf nur eine Option. Das Interessenbekundungsverfahren ist ausdrücklich nicht allein auf den Verkauf ausgerichtet. Auch das haben Sie in Ihrer ganzen Strahlkraft und Euphorie vor Ort offensichtlich übersehen. Das heißt, der Verkauf ist eine von mehreren Optionen. Ich habe für das Ministerium den Prüfauftrag des Kabinetts bekommen. Auch das wiederhole ich. Ich habe als Minister einen Auftrag bekommen. Genau diesen Auftrag führe ich gegenüber dem Kabinett loyal aus, ich wünschte mir diese Loyalität von einigen anderen auch. Dazu machen wir ein Interessenbekundungsverfahren.
Es ist legitim, wenn verschiedene Mitglieder des Landtages sagen: Egal, was am Ende herauskommt, egal, wie seriös das Kabinett seine Politik macht, wie seriös wir uns das alles angucken - wir schließen eine Option für uns von Anfang an aus. Das kann man machen. Wie seriös es angesichts der Verschuldung ist, in der wir uns befinden, angesichts der dramatischen Lage, gar nicht wissen zu wollen, was man bekommt, die Option gar nicht zu kennen, lasse ich dahingestellt. Denn genau das machen wir im Augenblick. Wir gucken uns an: Wie sind unsere Optionen? Was würden wir bekommen, wenn wir verkaufen würden, zu welchen Bedingungen? Auf was verzichten wir, wenn wir es nicht machen? Sie verzichten bereits auf die Information. Das finde ich eigentlich tragisch.
Bei all dem finde ich es unredlich, wenn so getan wird, als würde der Minister wie ein Schreckgespenst durch den Wald geistern und heimlich den großen Deal planen und den Wald unter der Hand verschachern. Wir bereiten eine Regierungsentscheidung vor. Sie wird diesem Haus vorgelegt. Das heißt, dieses Haus wird am Ende entscheiden, was mit dem Landeswald geschieht. Dann haben Sie Optionen. Wir sind dafür da, Ihnen diese Optionen aufzubereiten. Wer uns daran hindert, handelt unredlich und nicht im Interesse der gesamten Sache.
Warum reden wir heute über das Defizit? Natürlich beträgt das Defizit im betriebswirtschaftlichen Bereich nicht 10 Millionen €. Natürlich liegt das Defizit des betriebswirtschaftlichen Ergebnisses des Landeswaldes bei ungefähr 2,5 Millionen €. Aber warum haben wir dieses Defizit? Warum ist es trotz
der Bemühungen in den letzten Jahren da, trotz großer Leistungen des Personals nach der Reduzierung, trotz starker Verringerung der verschiedenen Forstämter? Es ist da, weil Sie Leistungen festgeschrieben haben, die weit über den Bundesdurchschnitt hinausgehen, die weit über alle europäischen Herausforderungen hinausgehen. Deswegen haben wir das Defizit. Deswegen denken wir heute überhaupt darüber nach.