Protokoll der Sitzung vom 14.09.2006

„Die Neuregelungen hinsichtlich neuartiger Rundfunkempfangsgeräte können wir insgesamt akzeptieren.“

Herr Präsident, ich gehe davon aus, hier hat auch bei Ihnen eine Weiterentwicklung stattgefunden.

(Beifall bei der FDP und vereinzelt bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Für die Abgeordneten des SSW erteile ich der Vorsitzenden, der Frau Abgeordneten Anke Spoorendonk, das Wort.

Herr Landtagspräsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Eine Bemerkung vorweg. Wir begrüßen ausdrücklich, dass es jetzt den gemeinsamen Antrag gibt. Man kann doch sagen, dass es ein gemeinsamer Antrag ist?

(Wolfgang Kubicki [FDP]: Ja!)

Wir werden ihm zumindest zustimmen. - Habe ich etwas nicht mitbekommen?

(Dr. Johann Wadephul [CDU]: Nein!)

- Nein. Alles klar.

Die wichtigste Botschaft dieses Antrages ist aus meiner Sicht, dass wir das Moratorium bekommen. Die anderen beiden vorliegenden Anträge beinhalten aus unserer Sicht weitere offene Fragen, die wir in der Ausschussberatung klären können.

Vor dem Hintergrund des Beitrages des Kollegen Eichstädt ist es ein bisschen schwierig, eine weitere Interpretation der Sachlage hinzuzufügen. Ein paar Bemerkungen will ich dennoch dazu machen. Ansonsten sage ich zu, dass wir in gewohnter Weise lernfähig sind.

Aus unserer Sicht beinhalten die Anträge zum Achten Rundfunkgebührenstaatsvertrag zwei Knackpunkte.

Erstens geht es darum, dass ab dem 1. Januar kommenden Jahres alle PC, die an das Internet angeschlossen sind, bei der Gebühreneinzugszentrale angemeldet werden müssen und dass dafür eine Rundfunkgebühr zu entrichten ist. Das ist schon mehrfach gesagt worden. Hierbei spielt es keine Rolle, ob der PC tatsächlich zum Rundfunkempfang tauglich ist oder nicht. Mit anderen Worten: Jeder, der einen internettauglichen PC hat, muss Rundfunkgebühren hierfür entrichten. So ist es rübergekommen. Dies hat verständlicherweise für erhebliche Unruhe gesorgt.

Auf private Haushalte wird diese Regelung kaum zutreffen. Denn wer bereits ein Empfangsgerät angemeldet hat, muss Rundfunkgebühren entrichten. Diese Gebühr beinhaltet auch internetfähige PC und Laptops, da Computer vom Gesetzgeber als Zweigerät angesehen werden und von der Gebührenpflicht somit befreit sind. Privathaushalte müssen nur dann eine Gebühr für internetfähige PC entrichten, wenn kein Fernseher oder Radio angemeldet ist oder wenn Haushaltsangehörige einen Internet-PC haben, sofern sie keinen eigenen Fernseher angemeldet haben. Somit kann davon ausgegangen werden, dass private Haushalte von der künftigen Regelung kaum betroffen sind.

Die Situation für Betriebe, Schulen und Hochschulen sieht dann doch anders aus.

Das, was wir auch aus Briefen erfahren haben, macht deutlich, dass man dort befürchtet, es würden zusätzliche Kosten anfallen. Die Pressemitteilungen der letzten Wochen besagen ja, dass insoweit jedenfalls ein Informationsdefizit vorhanden ist, das wir im Rahmen der Ausschussberatungen vielleicht ebenfalls ausräumen sollten; denn so, wie es gesagt worden ist, kann es ja nicht angehen, dass nämlich

(Wolfgang Kubicki)

Universitäten hohe Gebühren für internetfähige PC aufbringen müssen, die zu Forschungs- und Lehrzwecken genutzt werden, nur weil sie auf mehrere Gebäude und Grundstücke der Universität verteilt sind. Wir sollten genau prüfen, inwieweit beispielsweise Universitäten durch den Achten Rundfunkgebührenstaatsvertrag gebührenmäßig belastet werden. Das Gleiche gilt natürlich auch für Betriebe. Das möchte ich hinzufügen.

Generell ist aber auch festzustellen, dass derzeit weder die technischen Empfangsmöglichkeiten noch das vorhandene Angebot des öffentlich-rechtlichen Rundfunks im Internet eine Gebühr für internetfähige PC rechtfertigen. Daher teilen wir die Auffassung, dass eine Gebühr für internetfähige PC mindestens für zwei Jahre ausgesetzt werden sollte. Ich sagte dies eingangs schon. Diese Zeit muss genutzt werden, um zu klären, nach welchen Kriterien Rundfunkgebühren künftig erhoben werden sollen und wie eine Medienabgabe gestaltet werden sollte.

Der zweite Knackpunkt - dazu noch ganz kurz etwas - ist der Handel mit personenbezogenen Daten. Hierzu hatte sich der SSW in der Lesung zum Achten Rundfunkgebührenstaatsvertrag ablehnend geäußert; denn mit dem Staatsvertrag wurde die Beschaffung und Verarbeitung von Daten aus dem kommerziellen Adresshandel legitimiert. Ein solcher kommerzieller Handel hat jedoch unserer Auffassung nach nichts bei den öffentlich-rechtlichen Institutionen zu suchen. Seinerzeit wurde dies auch von den Datenschutzbeauftragten der Länder kritisiert. Diesen Punkt greift die FDP in ihrem Antrag wieder auf. Ich denke, auch das sollte in der Ausschussberatung nochmals eine Rolle spielen.

(Beifall beim SSW sowie vereinzelt bei SPD und FDP)

Für die Landesregierung erteile ich Herrn Ministerpräsidenten, Peter Harry Carstensen, das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Dies ist eines der typischen Themen, bei denen uns die Technik überholt und wir merken, dass wir aufgrund der Entwicklung der Technik zu neuen Regelungen kommen müssen.

In der Ausgangsposition sind wir uns wohl alle einig: Der öffentlich-rechtliche Rundfunk hat für unsere Gesellschaft, für unsere demokratische, freie Gesellschaftsordnung eine essenzielle Bedeutung.

(Beifall der Abgeordneten Holger Astrup [SPD] und Konrad Nabel [SPD])

Wenn das so ist und wenn wir von der Wichtigkeit überzeugt sind, dann braucht der öffentlich-rechtliche Rundfunk, um seine Aufgabe zu erfüllen, eine gesicherte Finanzierung. Wir sind uns auch darüber einig, dass bei jeder Gebührenerhöhung die Verhältnismäßigkeit gewahrt werden muss.

Es ist bekannt: In einem Verfahren ohne Beteiligung des Staates wird der Finanzbedarf von einer unabhängigen Kommission ermittelt. Er wird - was lästig ist; ich gebe das gerne zu - als Monatsbeitrag auf jeden Einzelnen in der Solidargemeinschaft der Gebührenpflichtigen umgelegt.

Die Wirtschaft ist Teil dieser Solidargemeinschaft und so soll das auch bleiben. Ich begrüße, dass die meisten Unternehmen dies von sich aus auch so sehen. Die Wirtschaft wehrt sich aber gegen neue Belastungen im Bereich des Empfangs von Rundfunk mit modernen Geräten. Hier müssen wir das Ziel deutlicher machen.

Die Neuregelung, nach der neue Rundfunkempfangsgeräte wie internetfähige PC und TV-Handys ab 2007 ebenfalls gebührenpflichtig werden, zielt darauf, die Rundfunkfinanzierung zukunftssicher zu machen. Es ist ein Gebot der Gleichbehandlung und der Gebührengerechtigkeit: Die Finanzierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks darf nicht auf die Schultern der geringer werdenden Zahl jener geladen werden, die noch die herkömmlichen Empfangstechniken über Radio und Fernsehgeräte nutzen, während immer mehr Leute andere Geräte gebührenfrei nutzen möchten.

Um es mit anderen Worten zu sagen: Es kann doch nicht sein, dass Oma für ihren guten alten Fernseher zahlt und immer mehr zahlen muss, um das Aufkommen zu sichern, während der Enkel als Technik-Freak aus der Solidargemeinschaft entschwindet. Auf diese Herausforderung müssen wir eine Antwort geben.

Gestern haben die Intendanten von ARD und Deutschlandradio in Übereinstimmung mit dem ZDF-Intendanten einen Kompromissvorschlag unterbreitet. Ab dem 1. Januar 2007 soll für gebührenpflichtige PC nur die Grundgebühr, also die Hörfunkgebühr in Höhe von 5,52 € monatlich, erhoben werden.

Dies macht auch insoweit Sinn, als der Fernsehempfang via Internet noch unterentwickelt ist, während der Hörfunkempfang über das Internet schon eine weit verbreitete Praxis darstellt.

(Zuruf)

(Anke Spoorendonk)

- Lieber Herr Kollege, ich kann Ihnen sagen: Wenn Sie eine ordentliche Ausrüstung haben, erhalten Sie auch mit dem PC einen spitzenmäßigen Empfang.

(Dr. Heiner Garg [FDP]: Das stimmt!)

Dorthin wird sich die Welt entwickeln. Ich habe keine Lust, hinter meinen Radios und hinter meinen Fernsehern immer noch so viele Kabel zu haben, wie das früher der Fall war. Mit einer ordentlichen Ausrüstung haben Sie auch ohne viel Kabel eine exzellente Empfangsmöglichkeit. Der Weg wird dorthin gehen.

Nun müssen wir auch wissen, worüber wir diskutieren. Wir haben ja diesbezüglich einige Zeitungsmeldungen gelesen, wir haben auch von Fachhochschulen und Universitäten gelesen, die plötzlich horrende sechsstellige Summen anführen.

Gebührenpflichtig wäre im Übrigen der PC nur, wenn er das einzige Gerät, das sogenannte Erstgerät, ist. PC als Zweitgeräte sind in Haushalten, in Betrieben und in Institutionen gebührenbefreit. Wenn der Rektor im Büro ein Radio hat, braucht er für einen zusätzlichen internetfähigen PC keine Gebühren zu zahlen. Das sage ich besorgten Hochschulrektoren.

Allerdings stellen wir uns die Frage, ob eine solche Entwicklung, die wir im Moment noch gar nicht absehen, vielleicht schon im nächsten Jahr eine Gebührenerhebung für PC erfordert. Die Länder werden in der nächsten Woche, am 21. September, hierüber beraten.

Lieber Kollege Eichstädt, Sie haben natürlich recht: Die Entwicklung geht weiter. Gerade dieser Entwicklung haben wir Rechnung zu tragen. Weil die Entwicklung aber noch nicht abzusehen ist, wissen wir im Moment auch noch nicht ganz genau, wie ihr Rechnung zu tragen ist.

Auch weil ich die Bedenken aus der Wirtschaft ernst nehme, trete ich - ich habe das deutlich gesagt - für ein vollständiges Moratorium bei der Anwendung der Neuregelung ein. Dann könnte bis etwa Ende 2008 geprüft werden, wie sich die Empfangstechnik und insbesondere der Fernsehempfang über das Internet weiterentwickeln. ARD und ZDF nicht nur hier im Landtag ist man klüger geworden - haben erklärt, dass sie das Tempo der technischen Entwicklung falsch eingeschätzt haben. Deswegen freue ich mich, dass der Antrag von CDU und SPD diese Position unterstützt.

Meine Damen und Herren, vor einer Haushaltsabgabe warne ich. Sagen Sie mir bitte einmal, wie wir die Begriffsbestimmung vornehmen sollten, was denn nun ein Haushalt ist. Lebensformen und

Wohngemeinschaften sind unterschiedlich. Insbesondere bei mehreren Wohnorten ist dies schwer zu fassen und es ist schwerer zu fassen, als es der erste Blick ahnen lässt.

Um dies auch gleich zu sagen: Auch die Diskussion über Gebührenbefreiung braucht mehr Sorgfalt. Wenn der Kreis der von den Gebühren befreiten Personen und Institutionen vergrößert werden soll, muss klar gesagt werden, was jeder Einzelne in der zurückbleibenden Solidargemeinschaft dann mehr bezahlen muss. Dazu sagt der Antrag der Grünen nichts. Bereits jetzt werden 1,34 € der Monatsgebühr für diese Befreiung zur Verfügung gestellt. Die Sozialpflicht des Einzelnen hat hier ihre Grenzen.

Unsere Aufgabe ist es, die Finanzierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks zu sichern. Dies ist nicht nur eine Frage von Geldbeträgen, sondern auch eine Frage des sachlichen Umgangs mit dem Thema. Schließlich müssen wir alle dazu beitragen, die Gebührenakzeptanz in der Bevölkerung zu erhalten, für ein Rundfunkangebot mit Qualität.

(Beifall bei CDU und SPD)

Zu einem Kurzbeitrag nach § 56 Abs. 4 der Geschäftsordnung erteile ich Herrn Abgeordneten Karl-Martin Hentschel das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Ministerpräsident, wir sind uns darin völlig einig, dass wir die Finanzierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks und Fernsehens sicherstellen wollen. Auch ich halte dies für ein wichtiges Gut, gerade nachdem letzte Analysen ergeben haben, dass die Öffentlich-Rechtlichen in Bezug auf Textbeiträge eine wesentlich höhere Qualität und einen wesentlich höheren Anteil haben als die Privaten, sodass sie für die Grundversorgung der Bevölkerung ausgesprochen wichtig sind.

Ihre Bedenken gegenüber einer haushaltsbezogenen Gebühr teile ich nicht. Schon heute ist die Gebühr haushaltsbezogen, denn für Zweitgeräte in einem Haushalt wird ja nichts bezahlt. Das Problem stellt sich also heute genauso wie in der Zukunft. Wir brauchen eine zukunftsfähige Lösung, die nicht mehr von der Form der Geräte abhängig ist. Das ist das Problem, vor dem wir heute stehen: Es werden immer neue Geräte kommen, die ein Windows-Betriebssystem haben, wodurch potenziell Fernseh

(Ministerpräsident Peter Harry Carstensen)