Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Herr Kollege Hentschel, dass Sie zum Teil Stuss reden, ist schon schlimm, aber dass Sie unseren Ministerpräsidenten noch persönlich angehen, weise ich als Unverschämtheit zurück.
- Daran habe ich keinen Zweifel. Aber Sie sollten in der Art Ihrer Argumentation, wie Sie hier vorgehen, ein bisschen mehr Niveau zeigen.
Was Sie mit Ihrem Antrag wollen - und darüber ist zu diskutieren -, ist ein unzulässiger Eingriff in das Regierungshandeln. Das ist genau der Punkt, um den es hier geht. Diese Regierung hat einen festen Fahrplan, wie sie was organisiert und wie sie zu welchen Entscheidungen kommt. Sie fordern eine landesweite Koordination des Prozesses.
Herr Kollege Hentschel, selbstverständlich hat diese Regierung - und ich nehme an, auch wir im Parlament - eine feste Vorstellung, wie sie die Themen angehen will. Sie sprechen von einer frühzeitigen Einbindung von Kreisen, Kommunen und so weiter. Wir sprechen seit Wochen, wir sprechen seit geraumer Zeit mit allen. Dazu bedarf es doch nicht Ihres Vorschlages, der im Übrigen die Aufgabenteilung zwischen Regierung und Parlament, eine notwendige Aufgabenteilung, infrage stellen würde.
Wir haben erstens eine Debatte über den Abbau von Aufgaben zu führen. Dieser Prozess wird im Laufe dieses Jahres beendet werden. Das ist unglaubliches Tempo, das von dieser Regierung gegangen wird.
Zum Zweiten wird dann zu diskutieren sein, in welcher Organisationsstruktur welche Folgerungen gezogen werden.
Zum Dritten wird es darum gehen, zur Entbürokratisierung zu kommen und Verwaltungs- und Personalkosten zu senken.
Dieser Fahrplan ist in der Regierungserklärung noch einmal dargelegt worden; er steht fest. Von daher gibt es überhaupt keinen Zusatzbedarf an Koordination, an Gruppen und an Sonstigem. Die Regierung hat einen festen Fahrplan in dieser Angelegenheit.
Dabei muss am Ende natürlich auch ein Ergebnis herauskommen. Das Ergebnis, das herauskommen muss, ist, dass eine Effektivitätssteigerung gegeben ist, dass wir eine Entlastung von Kosten haben und dass zugleich die notwendige Bürgernähe erhalten bleibt. Wir können Sie nur einladen, in der parlamentarischen Debatte diesen Prozess zu begleiten und auch vor Ort zu gehen.
Es war die Rede davon, dass es eine Fusion Steinburg, Dithmarschen, Segeberg, Pinneberg geben solle. Auch da sind Sie nicht auf dem aktuellsten Stand. Eine solche Fusionsregelung steht nicht im Raum. Kreise haben schon ganz deutlich erklärt, dass sie diesen von der Landesregierung vorgeschlagenen Prozess genau so begleiten werden.
Es gibt aber auch Unterschiede, die ich hier genauso klar nennen möchte. Das unterscheidet uns von Ihnen auch in der Sache. Eine Gebietsreform von oben, eine Verordnung, wird es mit dieser großen Koalition nicht geben, Herr Kollege Hentschel.
- Wissen Sie, ich finde es einfach angenehmer, wenn man das aufnimmt, was gesagt und geschrieben ist, und nicht immer ständig Bewertungen, Verdächtigungen, Aussagen in den Raum stellt. Herr Kollege Hentschel, wenn Sie auch nur ein Stück so konsequent und glaubwürdig gearbeitet hätten, wie Sie es jetzt von anderen ständig verlangen, dann wäre dies ein Stück glaubwürdiger gewesen. Man merkt es Ihrem Antrag an: Der Abschied von der Macht fällt schwer. Das ist eigentlich der tiefere Kern, der dahinter steckt. Ihr Kollege Müller hat schon vor einiger Zeit geäußert, nicht mehr Minister zu sein, falle schwer. Ihrem Antrag merkt man an, Sie sind zwar nicht mehr beim Regieren dabei, aber ein bisschen wären Sie es schon gern.
Es gibt kein Zurück, meine Damen und Herren von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Grün ist out, jedenfalls beim Regieren, und jeder macht jetzt seine Arbeit.
Wir bedanken uns bei dem Abgeordneten Kalinka. - Das Wort für die SPD-Fraktion erhält der Herr Abgeordnete Klaus-Peter Puls.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Die Grünen wollen eine Arbeitsgruppe, der SSW möchte eine Kommission, um sicherzustellen, dass alle Fraktionen und Gruppen des Landtages und vor allem die Kreise und Gemeinden einbezogen werden in den Prozess der anstehenden Reform der Kommunalverwaltung in Schleswig-Holstein. Wir lehnen beide Anträge ab, weil sie gegenwärtig nicht sinnvoll sind. Selbstverständlich werden alle Fraktionen und die betroffenen Kommunen einbezogen in ein geordnetes parlamentarisches Verfahren, dies allerdings auf der Grundlage - Kollege Kalinka hat darauf hingewiesen - konkreter und konstruktiver Vorschläge der Landesregierung. Genau so ist es auch in unserem Koalitionsvertrag vorgesehen. Dort heißt es zur Reform der Verwaltungsorganisation und zur konkreten Vorgehensweise:
„Unter dem Motto ‚Aufgabe von Aufgaben’ wird eine ressortsübergreifende Projektgruppe für Verwaltungsmodernisierung und Deregulierung eingerichtet, die eine ausführliche Aufgabenanalyse mit einer umfassen Aufgabenkritik und -bereinigung durchführt. Die Arbeitsgruppe prüft alle Geschäftsberei
che und gibt der Regierung und dem Parlament Empfehlungen für ihre Entscheidungen. Externer Rat wird dabei hinzugezogen.“
„Die neue Landesregierung wird nach ihrer Konstituierung zügig ihre Zielvorstellungen veröffentlichen und dies mit der Aufforderung an die kommunale Ebene verbinden, diese durch geeignete Maßnahmen umzusetzen. Die Aufgabenkritik soll am 31. Dezember 2005 abgeschlossen sein. Zu diesem Zeitpunkt soll auch ein zwischen Land und Kreisen abgestimmter Vorschlag zur Bildung der Dienstleistungszentren vorliegen. Für die Neuordnung der Ämterebene soll das Gesetz am 1. April 2007 in Kraft treten.“
Das, meine Damen und Herren, sind die vom Koalitionsvertrag vorgegebenen Richtpunkte des Regierungshandelns. Lassen Sie uns anhand der alsbald vorzulegenden konkreten Vorschläge der Landesregierung hier im Parlament dann selbstverständlich unter Einbeziehung aller Fraktionen und der kommunalen Landesverbände die Grundsätze, Ziele und Möglichkeiten von Bürokratieabbau und Verwaltungsstrukturreform in Schleswig-Holstein diskutieren. Wir werden diesen Weg beschreiten, weil wir ihn für zweckmäßig und sinnvoll halten, auch, Herr Kollege Hentschel, im Hinblick auf die von den Oppositionsfraktionen geforderte und zweifellos erforderliche Koordinierung des Reformprozesses.
Wir bedanken uns bei dem Abgeordneten Puls. - Das Wort für die FDP-Fraktion erhält der Herr Abgeordnete Günther Hildebrand.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sie kennen mittlerweile alle die schwierigen Themen Verwaltungsstruktur -, Funktional- oder auch Gebietsreform. Beim Thema Verwaltungsstrukturreform sprechen wir logischerweise über Verwaltungsaufgabenbereiche und deren Organisation und Wahrnehmung, nicht über die Zusammenlegung zum Beispiel von Gebietskörperschaften. Ziel dabei ist es, für die Bürgerinnen und Bürger Verwaltungsstrukturen zu schaffen, die qualitativ hochwertig, effizient und unter Zuhilfenahme moderner Kommunikationsmittel bürgernah arbeiten.
sammenschluss von Kreisen, aber auch die von der Koalition geplante Einrichtung von vier bis fünf Dienstleistungszentren zu koordinieren. Im Prinzip verabschieden sich die Grünen damit von ihrer Programmatik, die sie selbst noch in den nicht mehr zur Ausführung gekommenen Koalitionsvertrag mit der SPD geschrieben hatten. In ihm heißt es:
„Es werden anstellte der jetzt bestehenden 11 Kreise und vier kreisfreien Städte neue leistungsfähigere und ökonomische Strukturen durch fünf Kreise und zwei kreisfreie Städte gebildet.“
Es stellt sich aber die Frage, ob es überhaupt noch von Belang ist, wie sich die Grünen zu ihren früheren Forderungen verhalten und ob sie diese jetzt noch inhaltlich unterstützen.
Eines muss aber klar sein: Vor jeder Änderung der Verwaltungsstruktur ist eine durchgreifende Aufgabenkritik vorzunehmen, indem überflüssige Aufgaben abgeschafft und die unbedingt erforderlichen der entsprechenden Ebene zugeordnet werden.
Meine Partei ist in der Frage der Kreisstruktur noch nicht zu einer endgültigen Meinungsbildung gekommen. Ich persönlich meine aber, dass die Feststellungen von Professor Hesse sehr beeindruckend sind, der ermittelt hat, dass die heutigen Strukturen in Schleswig-Holstein leistungsfähig und effizient sind und jedem Vergleich mit Strukturen in anderen Bundesländern standhalten.
Warum sollten wir Gutes ändern? Das Modell von Großkreisen birgt die Gefahr in sich, dass die Stellung des Ehrenamtes gegenüber der Verwaltung nicht unerheblich geschwächt wird.
Jemand, der als Kreistagsabgeordneter - übrigens besonders die kleiner Fraktionen, Herr Hentschel - ein Gebiet von Reinbek bis Puttgarden oder von Gelting bis St Peter-Ording in seiner Freizeit zu bedienen hat, der wird nicht die Zeit haben, das ganze Gebiet fachlich in ausreichendem Maß zu betreuen. Als Folge wird es dann nur drei Möglichkeiten geben: Erstens, Sie müssten die Anzahl der Abgeordneten pro Kreistag drastisch erhöhen; zweitens, das Ehrenamt muss sich in vielen Entscheidungsfragen nur noch auf die Kreisverwaltung verlassen, oder drittens, Sie müssen die Kreistagsabgeordneten mit einem Salär ausstatten, das dem einer Halbtagsbeschäftigung entspricht.
Für uns sind diese Punkte nicht unproblematisch. Das trifft selbstverständlich auch auf die Vorschläge der CDU im Südwesten des Landes zu. Herr Kalinka, Sie haben eben so getan, als wäre das überhaupt nichts, sondern nur eine Seifenblase.
Ich komme aus dieser Region und ich habe das anders aufgefasst und gelesen. So war nämlich zu lesen, dass sich die vier Landräte und die vier Kreistagsfraktionsvorsitzenden der CDU aus Dithmarschen, Steinburg, Pinneberg und Segeberg einig wären, einen Großkreis mit insgesamt 900.000 Einwohnern zu bilden.
Dithmarschen und nicht Stormarn sei aufgenommen worden, um auch einen strukturschwachen Kreis mit einzubeziehen, verlautete zusätzlich aus Pinneberg, worauf sich allerdings die Dithmarscher umgehend von den Plänen wieder distanziert haben. Das haben aber nur die Dithmarscher getan, nicht die anderen drei Kreise, Herr Kalinka.
Solch ein Aktionismus schadet der Sache und verwirrt die Einwohnerinnen und Einwohner. Gut ist, dass sich der Landkreistag und die CDU-Fraktion im Land-Kreistag gleich von diesen Plänen distanziert haben. Es muss unbedingt ein geordnetes Verfahren durchgeführt werden.
Wir sind auch nicht von dem Modell der vier bis fünf Dienstleistungszentren in kommunaler Trägerschaft überzeugt. Ich glaube, auch hier sind unbedingt weitere Informationen erforderlich, wie diese Trägerschaft von den Kreisen im Einzelnen wahrgenommen werden muss. Für uns ist das im Prinzip nichts anderes als ein erster Schritt hin zu einer neuen Kreisaufteilung, dann eben mit vier oder fünf Kreisen. Das halten wir - wie schon gesagt - für nicht realisierbar.