Protokoll der Sitzung vom 12.10.2006

(Beifall im ganzen Haus)

Ich danke dem Herrn Abgeordneten Klug. - Das Wort für BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN hat jetzt der Herr Abgeordnete Detlef Matthiessen.

Frau Präsidentin! Kolleginnen und Kollegen! Kann es sich Europa leisten, seine Meere und Ozeane

(Dr. Ekkehard Klug)

sektorspezifisch und mit Hilfe unkoordinierter Einzelmaßnahmen zu verwalten, fragte die EU-Kommission und ließ mit ihrem im Juni vorgelegten Grünbuch Meerespolitik keinen Zweifel an der Notwendigkeit einer ganzheitlichen Sicht auf das Meer. Ziel ist es, alle Nutzungsinteressen, Seeverkehr, Industrieentwicklung, Tourismus, Energie, Fischerei, Forschung, nachhaltig unter einen Hut zu bringen. Dabei geht es der EU um Wachstum und Beschäftigung, aber nicht vorrangig um Umweltschutz. Ökologisch geschützt werden soll, was sich auch ökonomisch rechnet. Das ist eine aus unserer Sicht zu verkürzte Sichtweise auf die Problematik unserer Meere als sehr komplexes Ökosystem.

In den letzten Jahren hat sich die maritime Wirtschaft zu einem besonders zukunftsträchtigen Feld der Weltwirtschaft entwickelt. Gleichzeitig ist das Bewusstsein für die Schutzbedürftigkeit der Meere gewachsen. Beides zeigt, Meerespolitik kann heute nur noch europäisch und international gedacht werden. Die Probleme sind keineswegs klein, auch wenn manch einer meint, der Reichtum der Meere sei unerschöpflich. Dies ist eine Illusion. Fischfang im Übermaß und ohne Augenmaß lässt die Fische heute zur Mangelware werden. 75 % der weltweit kommerziell genutzten Fischbestände wie Nordseekabeljau, Thunfisch und Rotbarsch sind bereits überfischt oder werden an ihrer biologischen Grenze entlang bewirtschaftet.

Meine Damen und Herren, wie lange können wir uns noch Fisch als wertvolles Nahrungsmittel leisten? Die europäische Fischereipolitik muss mit dem Raubbau Schluss machen. Ich weiß, dass es natürlich nicht der einzige Akteur in den Weltmeeren ist, aber die europäische Fischereiflotte ist nicht klein. Die ökologische Notwendigkeit zur Bestandserhaltung der Fischbestände ist immer wieder Opfer von wirtschaftlichen Einzelinteressen einzelner Verbände geworden. Damit muss Schluss sein. Daher begrüße ich sehr, was Rolf Fischer auch angeregt hat, eine Kommission oder ein Gremium, das integrierte Meerespolitik unter allen Aspekten im EU-Raum implementiert.

Im Jahre 2002 wurde das Regelwerk der EU für den Fischfang reformiert. Heute enthält das Regelwerk die Prämisse, dass ein negativer Einfluss auf die Fischerei reduziert und der Schutz bedrohter Arten gefördert werden soll.

Meine Damen und Herren, Europa kann es sich nicht leisten, Umweltschutz nur im Kontext wirtschaftlicher Nutzung eine Funktion einzuräumen. Ein integriertes Meeresschutzkonzept ist deshalb dringend notwendig. Dazu muss das Wirtschaftsbuch Grünbuch durch eine Umweltsäule ergänzt

werden, denn die Meeresumwelt ist einem erheblichen Druck durch die wirtschaftliche Nutzung ausgesetzt. Demgegenüber steht die große Bedeutung des Meeres für Klima, für den langfristigen wirtschaftlichen Wohlstand sowie für die Lebensqualität in Europa. Insofern sehen wir noch Schwächen in diesem Grünbuch, wir sehen vor allem aber auch die Chancen in diesem Prozess, der auf uns zukommt, für Schleswig-Holstein. Insofern unterstützen wir Ihre Initiative sehr.

Schleswig-Holstein als Land zwischen den Meeren spielt als europäische maritime Modellregion eine besondere Rolle. Marine Wirtschaft und marine Wissenschaft sollen hier eng vernetzt miteinander arbeiten. Schleswig-Holstein hat die Chancen, aus der Vision eines neuen Umgangs mit dem Meer Impulsgeber für die Zukunft des gesamten Ostseeraumes und der Meerespolitik für ganz Europa zu werden.

Herr Minister, Sie hatten den Segelantrieb für Schiffe erwähnt. Ich kenne den Heinz Otto aus Hamburg from the very beginning. Das ist eine Freakszene, die sehr viel mit Windenergie zu tun hatte. Es imponiert mir sehr, was aus diesen Anfängen geworden ist. Die Patente sind hier bei uns.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und vereinzelt bei der CDU)

Sie nannten schon die Zahlen: 50 % der Antriebskraft bei den steigenden Preisen und sich verknappenden Ressourcen können über ein Segel substituiert werden. Was für eine Chance! Drachen steigen lassen haben wir in unserer Jugend immer gerne gemacht, das ist da jetzt nur in einem etwas größeren Maßstab.

Das gilt auch für Ihre Ausführungen zum Thema Landanschluss für Schiffe und für die Dimensionen, über die wir da reden. In Lübeck wollten wir die Leistung für einen Landanschluss in diesem Hafen bereitstellen. Das bedeutet, wir müssen die Leistung der Hälfte der Stadt Lübeck bereitstellen. Solche Dimensionen sind es. Das ist eine wirtschaftliche Chance für unsere Energiewirtschaft in den Städten.

Deutschland übernimmt am 1. Januar die EU-Ratspräsidentschaft. Die Schlussfolgerungen der Konferenz in Kiel sind deshalb von großer Bedeutung. Die europäische Meerespolitik muss durch die Küstenregionen getragen werden, sie muss den Regionen am Meer helfen, den Menschen an der Küste eine realistische Perspektive für eine saubere Umwelt, ökologisch verträgliche Arbeitsplätze und einen besseren Schutz des Meeres bieten. Eines ist klar, nur durch Schutz gibt es auch Nutz.

(Detlef Matthiessen)

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SPD)

Ich danke dem Herrn Abgeordneten Matthiessen. Das Wort für den SSW hat die Frau Abgeordnete Anke Spoorendonk.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Lieber Herr Minister, ich habe gehört, dass man sehr viel Lob abkann, bevor einem schlecht wird und daher auch noch einmal im Namen des SSW: Ich möchte mich ganz herzlich bedanken für Ihre Initiative, die mit diesem Thema zu tun hat und die sich nicht nur auf die Konferenz hier in Kiel bezieht, sondern auch auf ihre Arbeit im Ausschuss der Regionen.

Bei dem Thema integrierte Meerespolitik ist das Wort integriert genauso wichtig wie das Wort Meerespolitik. Wir haben es mit einem echten Zukunftsthema zu tun, das mittlerweile von vielen politischen Akteuren transportiert wird. Dass Schleswig-Holstein in diesem Zusammenhang seiner Rolle, seiner Funktion als Drehscheibe gerecht wird, ist auch ein Grund zur Freude. Es ist Drehscheibe für Kommunikation und für Entscheidungen in Richtung EU und in Richtung Ostseeraum. Wir werden morgen noch einmal Gelegenheit haben, dieses Thema anzusprechen, wenn es um die Resolution der Ostseeparlamentarierkonferenz geht. Auch das Parlamentsforum Südliche Ostsee ist schon angesprochen worden. Wir alle arbeiten zusammen, und ich denke, dass ist auch im Grunde genommen das Spannende an diesem Thema. Spannend ist auch, dass es Schleswig-Holstein nicht zuletzt durch die aktive Mithilfe des Ministers gelungen ist, das Thema in Brüssel wirklich zu einem wichtigen Thema zu machen.

Mit dem Grünbuch zur künftigen Meerespolitik schlägt die EU nämlich einen Weg ein hin zu einer ganzheitlichen Betrachtung der Meere und der Ozeane. Der Ansatz ist hierbei - ich wiederhole es -, künftig die sozialen, wirtschaftlichen sowie die ökologischen Politiken und die konkurrierenden Interessen besser miteinander abzuwägen und zu verbinden. Ozeane und Meere sind insbesondere für die Küstenregionen wichtige Ressourcen, auf denen alle maritimen Tätigkeiten beruhen. Sie sind einer Vielzahl von Nutzungen ausgesetzt.

Dieser steigende Druck geht an dem maritimen Lebensraum natürlich nicht unangetastet vorbei. Daher halten wir es für wichtig und richtig, dass von

der EU-Kommission diese integrierte Meerespolitik durch das Grünbuch vorangebracht worden ist. Wir wissen, dass damit noch lange kein Konzept für ein EU-Programm das Licht der Wirklichkeit erblickt hat, aber ohne Grünbuch kommen wir nicht weiter.

(Beifall beim SSW)

Das heißt, unsere Bemühungen müssen in Richtung eines Weißbuches gehen.

Das Grünbuch befindet sich derzeit auf Europatournee und in einem intensiven Diskussionsprozess. Wir im Europaausschuss des Schleswig-Holsteinischen Landtages haben das Thema ja schon mehrfach besprochen. Wir hatten dazu im vergangenen Jahr eine große Anhörung. Auch die Parlamentarier in der Ostseeparlamentarierkonferenz beschlossen, eine Stellungnahme dazu abzugeben.

Wichtig für uns ist, dass Schleswig-Holstein die Meinungsführerschaft hat. Schleswig-Holstein muss deutlich machen, dass es als Land zwischen den Meeren etwas zu bieten hat. Mit der Erklärung der Kieler Konferenz haben wir konkrete Aufträge formuliert, die unserer Meinung nach jetzt abgearbeitet werden können und müssen.

Für den SSW möchte ich abschließend sagen, dass wir uns gerade als Küstenregion der Verantwortung bewusst sind, dass eine integrierte Meerespolitik mehr ist als nur Umweltpolitik. Sie ist für uns eine Chance. Sie stellt einen gesellschaftlichen Mehrwert dar, nämlich kulturelle Vielfalt, Bildungschancen, nachhaltige Meerespolitik sowie der verantwortungsbewusste Umgang mit dem Reichtum der Meere. Das sind die Stichworte, die dazu noch einmal gesagt werden können.

(Beifall bei SSW, CDU, SPD, FDP und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich danke der Frau Abgeordneten Spoorendonk. Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Ich schließe die Beratung und stelle fest, dass der Berichtsantrag durch die Berichterstattung erledigt ist.

Es ist beantragt worden, den mündlichen Bericht durch den Minister und die „Kieler Erklärung“ - ich weiß nicht, ob sie inzwischen allen vorliegt; sie soll es auch in deutscher Fassung geben - dem Europaausschuss zur abschließenden Beratung zu überweisen. Wer so abstimmen will, den bitte ich um sein Handzeichen. - Gegenprobe! - Stimmenthaltungen? - Das ist so beschlossen.

(Detlef Matthiessen)

Ich rufe jetzt die Tagesordnungspunkte ohne Aussprache auf, und zwar zunächst Tagesordnungspunkt 2.

Zweite Lesung des Entwurfs eines Gesetzes zur Verweigerung der Zulassung von Fahrzeugen bei Gebührenrückständen - ZulVG

Gesetzentwurf der Landesregierung Drucksache 16/822

Bericht und Beschlussempfehlung des Wirtschaftsausschusses Drucksache 16/971

Ich erteile dem Berichterstatter des Wirtschaftsausschusses, dem Herrn Abgeordneten Hans-Jörn Arp, das Wort.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Der Gesetzentwurf der Landesregierung zur Verweigerung der Zulassung von Fahrzeugen bei Gebührenrückständen, Drucksache 16/822, wurde durch Plenarbeschluss am 29. Juni dieses Jahres dem Wirtschaftsausschuss federführend und dem Finanzausschuss mitberatend überwiesen.

Während sich der mitberatende Finanzausschuss mit dem Gesetzentwurf in seiner Sitzung am 24. August 2006 befasste, beriet der federführende Wirtschaftsausschuss am 6. September 2006.

Der Gesetzentwurf greift das Problem auf, dass in Schleswig-Holstein bei den für die Zulassung zuständigen Kreisen und kreisfreien Städten teilweise erhebliche Rückstände an Gebühren und Auslagen aus Zulassungsvorgängen bestehen. Diese Forderungen resultieren vor allem aus besonderen Maßnahmen gegenüber Fahrzeughaltern wie beispielsweise wegen fehlenden Versicherungsschutzes, verkehrsunsicherer Fahrzeuge oder nicht erfolgter Umschreibung nach Halterwechsel. Zusätzlich entstehen erhebliche Kosten durch Vollzugsmaßnahmen vor Ort.

Weil nach bisheriger Rechtslage die Zulassungsstelle ein Fahrzeug trotz bestehender Gebührenoder Auslagenrückstände auf die betreffende fahrzeughaltende Person zulassen muss, sollen nunmehr durch den Gesetzentwurf die Zulassungsbehörden die Möglichkeit erhalten, bei rückständigen Gebühren oder Auslagen eine neue Zulassung auf den Schuldner zu verweigern.

Meine Damen und Herren, im Einvernehmen mit dem beteiligten Finanzausschuss empfiehlt Ihnen daher der federführende Wirtschaftsausschuss bei

Enthaltung der Stimme der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, den Gesetzentwurf Drucksache 16/822 unverändert anzunehmen.

(Beifall bei CDU, SPD, FDP, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW)

Ich danke dem Herrn Berichterstatter für den ausführlichen Bericht. Gibt es Wortmeldungen zu dem Bericht? - Das ist nicht der Fall. Eine Aussprache ist nicht vorgesehen. Der Ausschuss empfiehlt die unveränderte Annahme des Gesetzentwurfs der Landesregierung. Wer dem Gesetzentwurf Drucksache 16/822 zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenprobe! - Stimmenthaltungen? - Das ist einstimmig so angenommen worden.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 10 auf.

Erste Lesung des Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über die Versorgung der Steuerberaterinnen und Steuerberater (StBerVG) vom 18. November 1998 (GVOBl. Schl.-H. S. 168)

Gesetzentwurf der Landesregierung Drucksache 16/1005

Wird das Wort zur Begründung gewünscht? - Das ist nicht der Fall. Eine Aussprache ist nicht vorgesehen. Ich schlage vor, den Gesetzentwurf Drucksache 16/1005 dem Finanzausschuss zu überweisen. Wer so beschließen will, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenprobe! - Stimmenthaltungen? - Auch das ist einstimmig so beschlossen.