Wenn ein Land familienfreundlich sein möchte, muss es ein verlässliches Angebot von Kinderbetreuungseinrichtungen - auch solche, die die Schule ergänzen - sowie Verlässliche Grundschulen und offene Ganztagsschulen schaffen und ausbauen.
Das war schon in der letzten Legislaturperiode ein Schwerpunktthema der Landesregierung, obwohl Defizite fortbestehen: Die Versorgungsquote für Kinder unter drei Jahren ist problematisch. Für Kinder von drei bis fünf Jahren fehlen in vielen Regionen Ganztagsplätze. Da werden wir noch große Anstrengungen unternehmen müssen, bis wir zufriedenstellende Ergebnisse haben.
Die große Vielfalt an Unterstützungsleistungen der öffentlichen Hände für die Familien ist für die Bürger häufig verwirrend. Bündelung ist bürgerfreundlich und entbürokratisierend. Ich freue mich deshalb, dass die Regierung damit begonnen hat, Familienbüros in ganz Schleswig-Holstein einzurichten. Familienpolitik ist nicht das persönliche Hobby der Familienministerinnen in Bund und Ländern, sondern eine Querschnittsaufgabe der Politik
Es ist notwendig, dass ein ganzheitliches Familienkonzept entwickelt wird, dass es eine Verständigung über familienpolitische Aufgaben zwischen Kommunen, Gewerkschaften, Arbeitgebern, freien Trägern und Eltern gibt.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir brauchen eine bessere Balance von Familienleben und Arbeitswelt. Dazu gehören eine familienfreundliche Unternehmenskultur sowie eine familienfreundliche Tarif- und Arbeitsmarktpolitik. Das Land kann lediglich beraten und bei der Unterstützung von Projek
ten mitwirken. Gefragt sind hier mehr die Unternehmer. Familienfreundlichkeit ist Zukunftssicherung. Unternehmen und Verwaltungen müssen mehr dafür tun, dass gut ausgebildete Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ihre Verpflichtungen in Beruf und Familie besser unter einen Hut bringen können.
Die Vereinbarkeit von Familie und Beruf ist schwierig. Gerade bei höher qualifizierten Tätigkeiten lassen sich Karriereorientierung und Familiengründung unter den deutschen Rahmenbedingungen nur mit hohen Kosten vereinbaren. Deshalb entscheiden sich immer mehr Akademiker und Akademikerinnen gegen Kinder. Dabei hat eine Studie der Prognos AG nachgewiesen, dass sich familienfreundliche Maßnahmen von Unternehmen auch in wirtschaftlich schwierigen Zeiten rechnen und zu Kosteneinsparungen führen. Außerdem profitieren der Staat und die sozialen Sicherungssysteme dadurch, dass mehr Steuern und Sozialabgaben gezahlt werden, während gleichzeitig weniger Ausgaben für soziale Leistungen getätigt werden müssen. Das Projekt „Chefsache Familie“ ist hier beispielhaft.
Für heute danke ich Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit und gehe davon aus, dass wir dieses wichtige Thema auch in Zukunft weiter aufmerksam diskutieren werden.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen! Liebe Kollegen! Aus meiner Sicht hat Politik grundsätzlich zwei Möglichkeiten, Familienpolitik zu gestalten. Der erste Ansatz wäre: Die Politik hat ein bestimmtes Familienbild und tut alles dafür, um dieses Familienbild gesellschaftlich durchzusetzen. Das wäre ein familienpolitischer Ansatz, der zumindest in Teilen scheitern müsste, weil bestimmte Formen von Familien, wie sie sich in den letzten Jahren und Jahrzehnten entwickelt haben, einfach nicht erreicht werden können.
Der zweite Ansatz: Politik schaut genau hin, was sich in der Gesellschaft getan hat, was sich in der Gesellschaft an unterschiedlichen Familien entwickelt hat, an unterschiedlichen Lebensformen, an unterschiedlichen Formen des menschlichen Zusammenlebens, und versucht dann, diese nicht nur
zu akzeptieren, sondern für diese Lebensformen Gestaltungsmöglichkeiten zu bieten, einen Rahmen zu bieten, in dem sich diese Lebensformen - und zwar alle - in der Gesellschaft entfalten können. Das ist unser Politikansatz und das sollte unser aller Ansatz sein, Familienpolitik zu gestalten.
Da muss die Bereitschaft bei allen vorhanden sein, bestimmte Formen des Zusammenlebens als Familie anzuerkennen und diesen Familien entsprechende Angebote zu unterbreiten. Das heißt aus unserer Sicht, dass Familienpolitik noch ein bisschen mehr sein muss als nur Querschnittsaufgabe. In diesem Fall beschreibt aus meiner Sicht der Begriff „integrativer Ansatz“ das noch besser, was wir erreichen wollen.
Folgt man diesem integrativen Ansatz, muss man Antworten auf grundlegende Ausgangsfragen finden. Erstens: Ist das Angebot, das die Politik für Familien bisher bereithält, überhaupt geeignet? Zweitens: Kommt Familienpolitik bei denen an, für die sie eigentlich gemacht wird? Drittens: Was ist Familie eigentlich, was macht Familie eigentlich aus?
Wenn wir in die Gesellschaft gucken, wenn wir mit Menschen reden, wird deutlich: Familie ist bunter, Familie ist vielfältiger geworden. Lebensvorstellungen, Lebensbedingungen haben sich im Laufe der letzten Jahrzehnte gründlich geändert. Familie beschränkt sich mittlerweile nicht mehr auf das Zusammenleben von verheirateten Ehepaaren mit Kindern. Die beiden Rechtsinstitute Ehe und Familie werden immer weniger in einem Atemzug genannt. Die Lebensform Familie hat sich im Laufe der Zeit schneller gewandelt, als dies bisher in vielen Fällen vom Gesetzgeber nachvollzogen worden ist. Weniger Eheschließungen, mehr Scheidungen, eine steigende Zahl von außerehelichen Geburten sprechen hierbei eine deutliche Sprache.
Deshalb ist es nur folgerichtig, wenn wir unter Familie auch das Zusammenleben von Elternteilen mit Kindern, nicht Verheirateter mit Kindern sowie Geschiedenen mit Kindern verstehen. Das heißt nicht - um es ganz deutlich zu sagen -, dass die klassische Familie zurückgedrängt werden soll, sondern dass neue Begrifflichkeiten notwendig sind, um das Miteinander von Menschen neu zu definieren.
nerschaft eine neue Gemeinschaft bilden, oder sogenannte Regenbogenfamilien, in denen homosexuelle Partner mit ihren Kindern zusammenziehen entscheidendes Kriterium für Familie muss sein, dass Menschen füreinander einstehen. Diese Erkenntnis ist mittlerweile im Übrigen parteiübergreifend bei den meisten Familienpolitikern angekommen. Ob konservatives oder liberales Familienbild Unterscheidungen verlieren zu Recht ihre Bedeutung, wenn Kinder zum Mittelpunkt von Familienpolitik gemacht werden.
Familie ist deshalb unabhängig von einer politischen oder ideologischen Ausrichtung jede Art von Verantwortungsgemeinschaft von Menschen, insbesondere aber diejenige, in der Kinder leben. Dass ein solcher Wandel auch in der Politik stattgefunden hat, wird mit der Einführung des Elterngeldes deutlich. Auch da verschwimmen - ich will das einmal so salopp sagen - alte Feindbilder. Es war eine CDU-Bundesfamilienministerin auf Bundesebene, die das Familiengeld eingeführt hat - erstaunlich, aber begrüßenswert.
Beim Elterngeld wird gerade nicht mehr auf eine bestimmte Form der Familie oder deren rechtlichen Status des Zusammenlebens abgestellt. Maßgeblich für die Leistungsgewährung ist das Kind; das Kind steht hierbei im Mittelpunkt.
Das muss auch heißen, dass Angebote, die es für Familien gibt, nicht mehr ausschließlich auf den klassischen Familienbegriff verengt werden dürfen. Denn Familie hat mit Vielfalt zu tun. Sie ist als Lebensform auch von Rahmenbedingungen abhängig und diese Rahmenbedingungen setzen wir, liebe Kolleginnen und Kollegen.
Wie schwierig es für Menschen immer noch sein kann, die sich bewusst für eine neue Familienform entschieden haben, macht eine derzeit durchgeführte Erhebung der psychosozialen Frauenberatungsstelle donna klara deutlich. Der Kollege Baasch, der selber da war - wir mussten einen Mitarbeiter zu der Runde entsenden -, weiß, wovon ich spreche. In dieser Erhebung wurde untersucht, wie und unter welchen Bedingungen Kinder aus lesbischen Familien leben und was ein Outing von Müttern für die Kinder bedeuten würde.
Dazu wurde unter anderem in Familienbildungsstätten und in Kindertagesstätten eine Umfrage gestartet. Das vorläufige Ergebnis ist, dass es lesbische Familien weder in ländlichen noch in städtischen Bereichen offiziell zu geben scheint. Nicht nur das, von den Einrichtungen wurden Frauen offen angeraten, sich nicht als Regenbogenfamilie zu outen,
Liebe Kolleginnen und Kollegen, es ist unsere Aufgabe, dafür zu sorgen, dass sich in dieser Gesellschaft niemand mehr verstecken muss, der eine Familie gründet - völlig egal, wie das Zusammenleben von Menschen mit Kindern aussieht.
Daran müssen wir arbeiten, unabhängig von Erhebungen, Großen Anfragen oder Berichten. Hier zeigt sich nämlich, dass Familienpolitik nicht am Reißbrett geplant werden kann, wenn die gesellschaftliche Akzeptanz durch entsprechende Angebote nach wie vor nicht gewollt ist.
Ob Patchworkfamilie, Regenbogenfamilie, alleinerziehende Familien, deren Partner mit oder ohne Trauschein zusammenleben: Politik für Familien kann nur dann erfolgreich sein, wenn sie die Entwicklung positiv begleitet, statt sie zu bekämpfen. Wenn sich soziale Strukturen grundlegend ändern und sich Familien selbst neu definieren, muss Politik Konzepte finden, die genau diese Herausforderungen bewältigen. Gerade im Hinblick auf die demografische Entwicklung wird dieses Thema wichtiger denn je. Frau Vizepräsidentin, Sie haben das angesprochen.
Die Antworten auf die Große Anfrage zum Bereich Pflege in der Familie machen deutlich, dass auch hier Handlungsbedarf besteht. Noch werden in Schleswig-Holstein rund 62 % der Leistungsempfänger aus der Pflegeversicherung zu Hause durch Angehörige gepflegt. Danach ist sie auch einmal kalkuliert worden, sonst wäre das ganze Zahlenwerk ohnehin schon längst zum Einsturz gebracht.
Dabei wissen wir, dass derzeit in der Regel die Partner beziehungsweise Kinder die Hauptpflegepersonen sind. Welche Antwort haben wir, wenn aufgrund des gewandelten Familienbildes eine andere innerfamiliäre Solidarität entstanden ist, als es der Gesetzgeber für möglich gehalten hat? Diese Frage stellt sich beispielsweise dann, wenn es darum geht, Pflegezeit zu beantragen. Wenn die Einführung eines Rechtsanspruchs auf Pflegezeit pflegende Angehörige stärken soll - so wie von den Arbeits- und Sozialministern Mitte November beschlossen -, muss eine Antwort darauf gegeben werden, ob Partner einer solchen Verantwortungsgemeinschaft oder deren Kinder ebenfalls unter den Begriff eines Angehörigen fallen.
Schleswig-Holstein, in denen beispielsweise Kindertageseinrichtungen zu Nachbarschaftszentren umgewandelt und zu Mehrgenerationenhäusern ausgebaut werden. Diese Strukturen sind aber nur dann erfolgreich, wenn eine gemeinsame Planungsgrundlage verabredet und durchgehalten wird.
Die Große Anfrage gibt einen aktuellen Überblick über die Istsituation und die vorhandenen Rahmenbedingungen. Die abgefragten Daten bilden dabei eine entsprechende Grundlage für die weitere Planung im Land. Jetzt muss es darum gehen, die vorhandenen Rahmenbedingungen zu hinterfragen, gegebenenfalls neue zu setzen und diese dann an die Realitäten anzupassen. Ansonsten kommt Familienpolitik nicht bei denen an, für die sie eigentlich machen wollen und - das sage ich ganz persönlich mit denen wir sie eigentlich machen wollen. Denn Politik mit Menschen zu gestalten, ist immer noch spannender, als Menschen Politik überstülpen zu wollen.
Die konkrete Umsetzung der Familienpolitik erfolgt dabei immer noch durch die Kommunen vor Ort. Da müssen auch Antworten auf die Frage gefunden werden, wie Kommunen und Land gemeinsam weitere Planungsschritte verabreden können, damit es in Zukunft erst gar nicht zu einem Verteilungskampf um die letzten Kinder kommt, wie in der Antwort der Landesregierung plastisch beschrieben. Andernfalls besteht die Gefahr, dass der Wunsch nach einer besseren Infrastruktur für mehr Familienfreundlichkeit unerfüllt bleibt, da Wunsch und Wirklichkeit an der finanziellen und planerischen Leistungsfähigkeit der Kommunen scheitern.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, gerade die Sozialund Familienpolitiker werden sich noch oft unter anderem im Sozialausschuss mit den Ergebnissen dieser Großen Anfrage beschäftigen. Ich hoffe aber, dass wir neben der Befassung mit den Ergebnissen dazu kommen, neue, moderne familienpolitische Ansätze zu verwirklichen, dass sich in diesem Lande Schleswig-Holstein wirklich alle wohlfühlen können, die sich dazu entschieden haben, in einer Familie Verantwortung für andere Menschen zu übernehmen.
Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Auch ich danke zunächst einmal den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern für die viele Arbeit, die sie sich mit diesem Bericht gemacht haben. Aber trotzdem - dies zielt jetzt nicht auf die Mitarbeiter, sondern auf die Landesregierung - finde ich, die Antwort auf diese Große Anfrage der CDU enthält viel bedrucktes Papier, aber wenig Inhalt.
Gerade hat mein Vorredner die Vielfalt von Familien angesprochen und zu Recht die Defizite, die wir noch im öffentlichen Bewusstsein haben. Nach dieser Vielfalt der Familien hat die fragenstellende Fraktion nicht gefragt, aber trotzdem hätte man dazu antworten können.
Meine Kritik erstreckt sich aber noch weiter. Jedes Ministerium der Landesregierung hat brav aufgeschrieben, was als familienfördernd in dem jeweiligen Arbeitsfeld angeführt werden kann, aber aus diesem Puzzle ergibt sich kein Bild. Bei der Lektüre der einzelnen Kapitel gewinnt man den Eindruck, dass einzelne Ministerien, aber auch Ministerien und Kommunen nebeneinanderher arbeiten, jedoch keine gemeinsame Strategie verfolgen. Der CDU-Parteitag hat vor wenigen Tagen aufzuholen versucht und endlich aktuell beim Zeitgeist mit Beschlüssen anzukommen, wie Frau Tengler gerade hervorgehoben hat. Ich kann Ihnen nur sagen: Willkommen im Boot! Von diesem Kampfgeist ist in dem Familienbericht aber wenig zu spüren.
Auffällig ist eine gewisse traditionelle Rollenverteilung im Kabinett. Während - das muss man deutlich konzedieren - Frau Trauernicht als zuständige Ministerin für Familienpolitik und auch Frau ErdsiekRave, als Bildungsministerin verantwortlich für die Kindertagesstätten, sich deutlich bemühen, die Kommunen mit ins Boot zu holen, um positiv für die Familien zu wirken, konterkarieren andere Ressorts, vielleicht nicht zufällig durch Männer angeführt, diese Bemühungen.