Das heißt: Die Polizei gebärdet sich bei der Auskunftserteilung wie eine obrigkeitsstaatliche Behörde, die durch Anfragen der Bürger in ihren Routinen gestört wird. Dieser Eindruck, dass Bürger sozusagen als Nörgler gesehen werden, darf sich ganz einfach nicht verfestigen.
Es ist im eigenen Interesse von Landeskriminalamt und Innenminister, wenn die vom Unabhängigen Landeszentrum für Datenschutz benannten Missstände so schnell wie möglich aus dem Weg geräumt werden. Da reicht es nicht, dass wir jetzt über diesen Briefwechsel erfahren, dass die Fehler ausgemerzt worden sind. Ich denke, es ist - wie
schon von meinen Vorrednern angesprochen - richtig, dass wir das im Ausschuss noch einmal systematisch durchleuchten.
Ohne jetzt in Einzelheiten zu gehen, fordere ich den Innenminister auf, substantiell und zeitnah zu den Vorwürfen des ULD Stellung zu nehmen. Es ist gut, wenn wir eine unabhängige Stelle mit viel Sachverstand haben, die auch Polizei beraten könnte. Diese muss das aber auch zulassen. Niemand muss das Rad neu erfinden, wenn bereits gute Erfahrungen und Kenntnisse vorliegen. Ich kann nicht nachvollziehen, dass einige in der Polizei das ULD sozusagen als Störenfried begreifen. Nach meinem Dafürhalten steht diese Einrichtung in Diensten der Bürgerinnen und Bürger, genau wie die Polizei.
Der SSW fordert daher klare Richtlinien, damit der Bürger beziehungsweise die Bürgerin weiß, woran er oder sie ist. Das Verfahren der Auskunftserteilung muss transparent sein. Das Auskunftsersuchen selbst darf nicht gespeichert werden. Zuständigkeiten und Zeitrahmen der Recherche seitens der Polizei müssen für den Bürger klar und nachvollziehbar sein. Das erleichtert unter anderem auch Nachfragen und stärkt das Vertrauen in die Polizei.
Der vorliegende Antrag kann keine eingefahrenen Verhaltensweisen verändern. Das kann nur der Innenminister. Er muss als oberster Dienstherr die Auskunft erteilenden Stellen besser vernetzen und die Verfahren erleichtern. Er sollte den Dialog mit dem Datenschutzbeauftragten wieder aufnehmen.
Genauso wie beim Informationsfreiheitsgesetz lässt der SSW Argumente einer hohen und darum störenden Zahl von Eingaben ganz einfach nicht gelten. Die Bürger und Bürgerinnen haben ein verfassungsmäßiges Recht auf Selbstauskunft. Wenn sie das wahrnehmen, zeigen sie lediglich ihren bürgerschaftlichen Sinn und nehmen ihre Grundrechte wahr.
Ich danke der Frau Abgeordneten und erteile für die Landesregierung dem Herrn Innenminister Dr. Ralf Stegner das Wort.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren Abgeordnete! Herr Oppositionsführer, ich habe in meiner Stellungnahme vom 17. November gegenüber dem Innen- und Rechts
ausschuss deutlich gemacht, dass die Kritik des Unabhängigen Landeszentrums für Datenschutz in der Sache berechtigt gewesen ist. Insofern müssen wir uns eigentlich nicht über Dinge unterhalten, bei denen wir nicht unterschiedlicher Auffassung sind.
Schon gar nicht müssen wir mit pauschalen Vorurteilen arbeiten, als ob der Datenschutzbeauftragte ein Störenfried sei. Das ist er mitnichten.
Wir haben - das habe ich Ihnen gegenüber ausführlich dargestellt - die Kritik, die es gegeben hat, nicht nur aufgegriffen, sondern das Auskunftsverfahren intern so verändert, dass der hier geschilderte Konflikt längst keiner mehr ist.
Das gilt übrigens auch für Auskünfte aus INPOLZentraldateien, zumal die Landespolizei selbst nicht die Datenherrschaft hat. Das geht also über den Zuständigkeitsbereich des Innenministeriums hinaus. Diesbezüglich wird nach Rücksprache mit dem Bundeskriminalamt in der Antwort auf Fundstellen anderer Teilnehmer hingewiesen.
Ich möchte aber auch darauf hinweisen - insofern trifft das, was Sie, liebe Anke Spoorendonk, gesagt haben, nicht zu -, dass wir die Probleme schon geklärt hatten, bevor der Datenschutzbeauftragte seinen Bericht verfasst hat. Insofern hat mich die in dem Bericht formulierte Kritik in ihrer Form ein wenig befremdet. Dass der Datenschutzbeauftragte sagt, er müsse dies trotzdem kritisieren, könnte man sich erklären, wenn die Missstände so erheblich gewesen wären, dass man sie einfach erwähnen musste. Dann könnte man auch die Verve erklären, mit der das diskutiert worden ist. Lassen Sie mich nun doch sagen: Diese Verve kann ich nicht nachvollziehen, denn der verfassungsrechtlich abgesicherte Anspruch auf Auskunft der Bürgerinnen und Bürger unseres Landes hat einen hohen Stellenwert. Er ist nicht in Gefahr, auch wenn Verfahren immer verbessert werden können.
Wir reden über zwei Fälle, von denen übrigens ein Fall nicht einmal in der Zuständigkeit der Polizei, sondern in der Zuständigkeit der Staatsanwaltschaft liegt. Ein Fall reicht dem Datenschutzbeauftragten aus, um pauschal zu folgern, die Landespolizei komme ihrer rechtlichen Pflicht zur Auskunftserteilung nur unzureichend nach. Ich glaube, wenn man das so pauschal zusammenfasst, wird man der anspruchsvollen und verantwortungsvollen Arbeit unserer Landespolizei nicht gerecht.
Natürlich will ich aber zu den Fällen Stellung nehmen. Es ist völlig richtig, Herrn Kollege Hentschel, dass das hier im Parlament diskutiert wird.
In dem einen Fall ging es um eine zunächst vom Landeskriminalamt vertretene restriktive Auslegung. Man hatte zunächst nur eine Teilauskunft gegeben. Das haben wir in Würdigung der Rechtsprechung korrigiert und wir haben verfügt, dass das über das Landesverwaltungsgesetz hinaus alle Auskunftsverweigerungen künftig der Polizeiabteilung des Innenministeriums vorzulegen sind. Dort wird abschließend darüber entschieden. Das heißt, wir haben direkt im Innenministerium, in meinem Verantwortungsbereich, ein Verfahren implementiert, das eine zusätzliche Qualitätssicherung polizeilicher Arbeit bedeutet und gleichzeitig das Recht auf vollständige Auskunft eines Einzelnen angemessen berücksichtigt.
Im Gegensatz zum ULD halte ich es allerdings für überbürokratisch, wenn die prüfende Stelle sich selbst auch noch eine Richtlinie geben soll. Denn der Handlungsrahmen wird über das Landesverwaltungsgesetz geregelt. Die Prüfung, ob das LKA diesen Rahmen auch angemessen berücksichtigt, sollte nicht ein weiteres Korsett bekommen. Vielmehr haben wir das so geregelt, wie sich das meiner Meinung nach gehört.
Schwierig finde ich es, wenn die Opposition das sozusagen unbesehen aufgreift. Denn der Datenschutzbeauftragte könnte, wenn er dem Parlament gegenüber berichtet, fairerweise darauf hinweisen, wenn Fälle gelöst worden sind. Es ist auch mitnichten so, dass wir erst nach einem Jahr schreiben, liebe Kollegin Spoorendonk. Vielmehr sind wir die ganze Zeit miteinander im Gespräch gewesen, so wie sich das auch gehört. Die meisten Probleme werden nicht durch Briefwechsel gelöst, sondern indem man unmittelbar miteinander spricht.
Ich glaube, die Bevölkerung kann und muss auch weiterhin darauf vertrauen, dass die Landespolizei in Schleswig-Holstein rechtskonform mit den personenbezogenen Daten umgeht und die Grenzen der Verfassung achtet.
Der zweite kritisierte Fall beschreibt eine Praxis, die zwischen Generalstaatsanwaltschaft und ULD vor Jahren vereinbart worden ist. Es ist nämlich die Staatsanwaltschaft, die entscheidet, wann und welche Auskünfte erteilt werden, nicht die Polizei und nicht das Innenministerium. Im Einvernehmen mit dem Generalstaatsanwalt erteilt die Landespolizei keine Auskünfte darüber, ob Telekommunikationseinrichtungen überwacht werden oder nicht. Meistens sind es laufende Ermittlungsverfahren.
Das ULD erhält aber Antwort und wird dann gebeten, dem Petenten eine neutrale Antwort zu geben. Das ist das Verfahren. Das ist, glaube ich, nicht zu kritisieren, jedenfalls nicht gegenüber dem Innenministerium.
Ich will zudem sagen: Auch in der Polizei handeln natürlich Menschen und Menschen machen Fehler. Aber auf einen einzigen Fehler einer von vielen Polizeibehörden, auf einen Einzelfall hin, der inzwischen korrigiert worden ist, ein solch harsches und die gesetzeskonforme Arbeit der Polizei diskreditierendes Pauschalurteil zu stützen, wie das der Datenschutzbeauftragte getan hat, finde ich übertrieben. Auch von Skandal zu reden, wie Sie es gerade getan haben, finde ich ebenfalls überzogen. Das sollte man nun doch nicht machen.
Ich sage Ihnen ganz ehrlich: Wir streiten ganz oft sachlich in der Frage, wie man eigentlich den Datenschutz gegen andere Dinge abwägt. Wir werden auch mit dem Informationsfreiheitsgesetz auf Sie zukommen, weil ich in dieser Frage keinen Generalkonflikt haben möchte. Ich finde solche Rechte für die Bürgerinnen und Bürger außerordentlich wichtig. Man muss den Dingen auch nachgehen und muss auch einmal etwas korrigieren. Aber insgesamt ist gerade die Landespolizei in SchleswigHolstein eine Bürgerpolizei, die solche Fragen deutlich ernster nimmt, als das in manch anderen Bereichen anderswo gehandhabt wird. Von daher gibt es keinen Dissens mit dem dafür verantwortlichen Minister.
Ich meine eigentlich, der Antrag hat sich in der Sache erledigt. Aber wenn Sie, was die Praxis angeht, über solche Dinge diskutieren wollen, stehe ich Ihnen selbstverständlich immer zur Verfügung.
Ich danke dem Herrn Innenminister Dr. Stegner und erteile für einen Wortbeitrag nach § 56 Abs. 4 der Geschäftsordnung dem Herrn Abgeordneten Karl-Martin Hentschel das Wort.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich danke zunächst dafür, dass der Herr Minister so klar Stellung bezogen hat. Das finde ich ausgesprochen gut.
Ich finde auch nicht, dass aus den genannten Fällen ein politischer Skandal abzuleiten ist. Wohl sind aber Fälle aufgetreten, die vom Datenschutzbeauftragten moniert worden sind. Anschließend - das ist alles dokumentiert - sind Briefe zurückgekommen, in denen die Kritik zurückgewiesen worden ist. Das ist das Problem.
Wenn die Polizei gleich gesagt hätte: Wir haben einen Fehler gemacht; der Datenschutzbeauftragte hat Recht; wir korrigieren das, wäre das eine andere Sache gewesen. Aber es war genau umgekehrt. Im Briefwechsel ist immer wieder gesagt worden: Das Verfahren ist rechtmäßig und der Datenschutzbeauftragte hat unrecht.
So, wie Sie es heute dargestellt haben, waren diese Briefe offensichtlich nicht korrekt. Das ist mehrfach passiert. Zwischendurch hätte sich irgendjemand ja einmal über die Rechtslage informieren müssen. Ich bin zwar kein Jurist, finde es aber merkwürdig, dass es solche Vorgänge gibt.
Wenn man sich vor Augen führt, dass es zu diesen Vorgängen nach den Einschätzungen des Datenschutzbeauftragten gekommen ist, frage ich mich, was denn passiert, wenn normale Bürger Briefe schreiben. Was würde denn passieren, wenn normale Bürger entsprechende Briefe schreiben? Unter diesem Aspekt stimmt mich das Ganze bedenklich.
Wie ich den letzten Brief des Datenschutzbeauftragten, der auf die Antwort des Innenministeriums hin formuliert wurde, verstehe, sind die rechtlichen Fragen noch nicht abschließend geklärt. Von daher halte ich es für sehr gut, dass die Regierungsparteien dem zugestimmt haben, dass wir dieses Thema im Ausschuss noch einmal besprechen. Ich hoffe, dass wir dann im Sinne dessen, wie Sie es heute gesagt haben, zu einer endgültigen Klärung kommen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, es liegen keine weiteren Wortmeldungen vor. Ich schließe damit die Beratung.
Es ist beantragt worden, den Antrag Drucksache 16/1083 dem Innen- und Rechtsausschuss zu überweisen. Wer dem zustimmen will, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? Es ist einstimmig so beschlossen.
Ich unterbreche die Sitzung für die Mittagspause. Wir treffen uns um 15 Uhr zur Beratung von Tagesordnungspunkt 37 wieder.
Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir treten nun nach der Mittagspause wieder in die Sitzung ein. Auf der Tribüne begrüße ich sehr herzlich Mitglieder des Deutschen Bundeswehrverbandes sowie Mitglieder der Hermann-Ehlers-Akademie, Kiel, mit einem Seminar der Unteroffiziersschule der Luftwaffe. - Seien Sie uns herzlich willkommen!