Wir kennen die Bereiche, in denen wir tätig sein müssen. Im Übrigen gibt es ja eine Tradition. Ich sehe mich durchaus in der Tradition von schleswigholsteinischer Klimaschutzpolitik. Wir haben einen Klimaschutzbericht von 2004 mit einem 21-Punkte-Programm und Vorschlägen für den Klimaschutz. Ich denke, dass wir diese Maßnahmen auch umsetzen können. An der Stelle sehen Sie Kontinuität in der Politik.
Wir haben Schlüsselfelder definiert. Das ist Energieeinsparung. Das ist Energieeffizienz und das ist natürlich auch der Einsatz von erneuerbaren Energien genauso wie die Anwendung von modernster Technologie, beispielsweise die Kohlendioxidabtrennung bei Kraftwerken.
Aber ich sage Ihnen auch: Es gehört natürlich alles aufs Tableau. Wenn wir Kyoto mit den sehr ehrgeizigen Zielen ernst nehmen, dann sehen wir anhand der Rückmeldung aus der Kommission, dass Herr Gabriel Probleme haben wird, die Ziele auf dem bisher gegangenen Weg zu erreichen. Das wäre bei seinem Vorgänger übrigens nicht anders gewesen. Das wäre bei einem Herrn Trittin an der Stelle überhaupt nicht anders gewesen. Wir haben im Augenblick diese Probleme.
Wir können kurzfristig - das ist ja zunächst die Betrachtung von Kyoto - diese Ziele kaum erreichen. Es gibt auch in der CDU einige, die sagen: Jawohl, zum Atomausstieg stehen wir; das würden wir auch unterschreiben. - Aber selbst die - meine Kollegen aus dem Saarland beispielsweise - wissen nicht, wie die 25 Millionen t CO2, die durch den Atomausstieg bis 2011 zusätzlich produziert werden, aufgefangen werden sollen. Darüber muss man doch auch reden. Es darf hier keine ideologische Debatte mit Scheuklappen geführt werden. Wer mir vorwirft, Scheuklappen zu haben, dem könnte ich biblisch antworten: Was siehst du den Splitter im Auge deines Bruders, wenn du den Balken vor deinem eigenen nicht erkennst? - Wir müssen über alles diskutieren. Dazu darf man keine Scheuklappen haben. Es muss auch über die Fakten seriös gesprochen werden.
Wir wollen als Erstes - ich glaube, das ist sehr wichtig - Energie sparen. Da geht es dann um die Informationsoffensive, in Schleswig-Holstein bei
spielsweise für den Gebäudeenergiepass. Zu nennen ist ferner unser Bestreben zur Verstetigung der Förderprogramme des Bundes, des Programms zur CO2-Gebäudesanierung und des Marktanreizprogramms. Da geht es auch um die Novellierung der Energieeinspeiseverordnung auf Bundesebene. Das sind konkrete Handlungsfelder, auf denen wir uns einsetzen wollen, damit Klimaschutz betrieben wird.
Wir wollen Energie effizienter nutzen. Dazu gehört vor allem der Einsatz von Kraft-Wärme-Kopplung, die gegenüber der getrennten Erzeugung von Strom und Wärme einen großen Vorteil hat. Damit können circa 30 % Energie eingespart werden. Der Anteil beträgt in Deutschland rund 10 %, in Schleswig-Holstein rund 21 %. In Dänemark liegt er - das ist ein schönes Beispiel für den SSW - bei fast 50 %. Das heißt, es gibt noch einiges, was wir in diesem Bereich tun können.
Wir wollen den Anteil erneuerbarer Energien weiter erhöhen. Wir haben in Schleswig-Holstein heute ungefähr 2.200 Megawatt. Durch den Offshorebereich werden weitere 2.600 dazukommen, durch Repowering weitere 2.500. Das sind konkrete Projekte, die etwas bewirken und die uns am Ende dem Ziel ein Stück näherkommen lassen.
Es geht weiter mit der Nutzung von nachwachsenden Rohstoffen. Wir unterstützen die Erzeugung und Verwendung von Biokraftstoffen. Ich nenne in diesem Zusammenhang unsere Initiative zur Einspeisung von Biogas in das Netz. Wir sind diesbezüglich auf Bundesratsebene und in der Umweltministerkonferenz aktiv tätig. Hier geschieht also einiges. Das ist gut so; denn die Dramatik ist deutlich geworden.
Lassen Sie mich einiges zur Verantwortung der Landwirtschaft sagen. Sie sehen, ich negiere keine Verantwortung. Man muss alle Themenfelder auf den Tisch bringen und gucken, was jeder einzelne Bereich für den Klimaschutz leisten kann. Nehmen wir einmal den Treibhausgaseffekt, den wir in der Landwirtschaft, beispielsweise durch die Erzeugung von Methangas aus Wirtschaftsdünger, insbesondere aus Gülle, haben. Methan hat gegenüber CO2 einen um 23 höheren Faktor, was die Auswirkungen auf den Treibhausgaseffekt angeht. Wir könnten, wenn wir allen in Deutschland anfallenden Wirtschaftsdünger in Biogasanlagen behandeln würden, insgesamt 56 Millionen t CO2 einsparen. Auch das gehört zum Gesamttableau dazu. Auch dort werden wir deutliche Fortschritte erzielen müssen; das werden wir aber auch können. Dies wäre ein großer Anteil, was die Verpflichtungen aus dem Kyoto-Protokoll angeht. Insofern müssen alle
Was die Land- und Forstwirtschaft betrifft, so nenne ich die Aufforstung. Wenn wir für jeden Erdenbürger zehn Bäume pflanzen würden, dann hätten wir einen CO2-Effekt, der kaum zu beschreiben wäre. Auch das sind wichtige Punkte, die auf die Tagesordnung gehören.
Was Tourismus und Naturschutz angeht, so sage ich Ihnen eines: Wir haben im Augenblick ein sehr statisches Verständnis von Naturschutz. Unsere Natur hier in Schleswig-Holstein wird sich komplett wandeln, egal was für Maßnahmen wir ergreifen. Wir diskutieren immer sehr fleißig über europäische Programme und über unseren eigenen Naturschutz. Aber wir werden eine Veränderung der Vegetation heute schon nicht mehr verhindern können. Auch das muss natürlich analysiert werden.
Herr Hentschel, sie sagten vorhin, wir müssten den Klimawandel stoppen. Sie haben recht. Wenn wir heute tätig werden, können wir die Spitzen wegnehmen, können wir die Dramatik der Wandlung ein Stück weit abmildern. Aber wir befinden uns - das sagt Ihnen jeder Klimaexperte - sowieso in einer langen Erdwarmphase, die auch schon in den letzten Jahrzehnten zusätzlich durch Sonneneruptionen unterstützt worden ist. Das sind Spitzen, die wir überhaupt nicht beeinflussen können. Der Klimawandel geht also weiter. Aber die Dramatik können wir in der Tat beeinflussen, die haben wir selber in der Hand, weil wir sie selber erzeugt haben.
Dies ist der Grund, warum wir als Landesregierung im nächsten Jahr eine große Klimaschutzveranstaltung für Schleswig-Holstein planen. Wir wollen die Auswirkungen auf die verschiedenen Bereiche wie Meer, Landwirtschaft, Naturschutz, Fischerei oder Tourismus genau analysieren: Was kommt auf uns zu und wie können wir selber in unserem Bundesland dagegenwirken? Wie müssen wir uns vorbereiten? Dies sind wichtige Fragen, die wir hier in Schleswig-Holstein diskutieren wollen.
Aber, wie gesagt, ich weiß nicht, ob uns ein Rat für Klimafragen dort weiterhilft. Wir kennen die Fakten. Wir müssen sie jetzt analysieren. Wir sind tätig, und zwar nicht erst seit gestern. Insofern gibt es hier eine Tradition für den Klimaschutz. Dies sollten wir im gesamten Haus so sehen. Wir sollten nicht parteipolitisch agieren, sondern unterschiedliche Ansätze offen diskutieren und das Ziel wirklich weiter klar vor Augen haben.
Meine Damen und Herren, mir liegen drei weitere Wortmeldungen für Kurzbeiträge vor. Zunächst erteile ich das Wort nach § 56 Abs. 4 der Geschäftsordnung dem Herrn Abgeordneten Konrad Nabel.
Herr Minister, es ist ohne Frage erfreulich, dass sich die Bundeskanzlerin nachhaltig für den Klimaschutz einsetzt. Herrn Töpfer - Sie können das in allen Reden nachlesen - habe ich immer gelobt, weil er es richtig gut gemacht hat, obwohl er solch einen komischen Bundeskanzler hatte. Leider, meine Damen und Herren, kommt diese Einsicht auch bei Frau Merkel - sie war lange genug selbst Umweltministerin - etwa 30 Jahre zu spät. Was haben Sie dagegen gekämpft, als wir über das EEG geredet haben! Was haben Sie dagegen gekämpft, als wir KWK wollten! Das ist das Problem. Uns fehlen in der Bundesrepublik in dieser Diskussion 30 Jahre. Diese 30 Jahre müssen wir aufholen, allerdings brauchen wir dazu eigentlich keinen neuen Rat, sondern mehr Umsetzung.
Zu dem Leider kommt hinzu, dass in Zusammenhang mit CO2-Emissionen immer nur über die Technik geredet wird. Sie haben jetzt die Landwirtschaft mit hineingenommen. Diese Erkenntnis ist nicht neu, aber dass Sie es aussprechen, ist relativ neu. Über den Verkehr wird gar nicht geredet. Es gibt relativ wenig Aussagen darüber, welche Rolle der Naturschutz und die Rückhaltung von Wasser in der Landwirtschaft, die über Jahrzehnte genau andersherum betrieben wurde, nämlich dass Wasser abgepumpt wurde, um Landwirtschaft zu betreiben, für den Klimaschutz spielen. Das ist ganz wichtig. Lassen Sie uns deshalb gemeinsam alle Bereiche betrachten, die Beiträge dazu leisten können. Das ist die Technik, das ist die Frage des Wohnens - dazu haben Sie, Herr Minister, etwas gesagt -, das ist der Verkehr, die Landwirtschaft, die Effizienz und das sind, wie ich eben schon sagte, natürlich Naturschutz und Wasserrückhaltung.
Natürlich gehört alles aufs Tapet. Richtig, Herr Minister. Dazu gehört auch, dass eine sehr bekannte und wirklich gute Spielzeugfirma hier im Land versprochen hat, für jeden Erdenbürger, der neu nach Schleswig-Holstein kommt, einen Baum zu pflanzen. Das hat sie zweimal gemacht, 2004 und 2005. 2006 hat sie es verweigert, weil der Waldverkauf ins Haus steht. Diese Firma hat gesagt, in dem Mo
ment, wo klar ist, Schleswig-Holstein behält seinen Landeswald als Staatsbesitz, wird sie es wieder machen. Ich hoffe, dass wir das bald hinbekommen.
Zu einem weiteren Kurzbeitrag nach § 56 Abs. 4 der Geschäftsordnung erteile ich dem Herrn Abgeordneten Ritzek das Wort.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Der Landwirtschafts- und Umweltminister hat in beeindruckender Weise die vielen Facetten aufgezählt, die beim Klimaschutz dazu beitragen können, den CO2-Ausstoß zu reduzieren.
Auch unser Wirtschaftsminister hat sich - Herr Matthiessen, wenn Sie ganz aktuell wären und gestern zufällig Radio gehört hätten, wüssten Sie es, aber Sie sind, habe ich festgestellt, generell immer etwas später dran - gestern im Rundfunk deutlich zu Wort gemeldet und gesagt, er ist für eine Verschärfung des Emissionshandels, das heißt für eine Reduzierung der kostenlos zu vergebenden Zertifikate auf Basis einer reduzierten Menge. Ich weiß nicht, ob Sie es gehört haben. Aber das ist doch ein Beweis dafür, dass er sich intensiv für den Klimaschutz einsetzt.
Ich möchte generell sagen, es ist unzweifelhaft, dass wir alle für eine Verbesserung des Klimaschutzes sind. Sie haben zwar gesagt, die Kernkraft decke nur 1,5 oder 2 % des Weltenergiebedarfs. Das ist richtig, aber auf Deutschland bezogen ist das deutlich mehr. Auf den Strombereich bezogen sind es 25 %, auf den Gesamtenergiebereich bezogen sind es 13,5 %. Wir haben in der Welt 440 Kernkraftwerke, in Europa 156 und in Deutschland 17. Was meinen Sie, um wie viel sich der CO2-Ausstoß erhöhen würde, wenn wir diese Kernkraftwerke abstellen würden? Das wäre unverantwortlich und deshalb plädieren wir für die Verlängerung der Laufzeiten auch in Deutschland.
Meine Damen und Herren, wie dramatisch das Problem Klimaschutz ist, mögen zwei Zahlen zeigen. Die Bundesrepublik Deutschland hat sich verpflichtet, bis zum Jahr 2010/2012 den CO2-Ausstoß auf Basis des Jahres 1990 um 21 % zu reduzieren. Wir werden alles daransetzen, dass wir als Land Schleswig-Holstein dieses Ziel auch erreichen. Wir haben
heute weltweit einen CO2-Ausstoß von 27 Milliarden t. Wir hatten vor zehn Jahren nur 21 Milliarden t. Aber dieses Wachstum ist vornehmlich durch den Anstieg in China und anderen Staaten in dieser Region begründet. Wir tun unsere Pflicht. Wir setzen uns dafür ein. Aber wir müssen wissen, dass in anderen Regionen der Welt dieses Thema leider nicht so beachtet wird. Hier ist auch die Bundesregierung verpflichtet, sich auf europäischer Ebene dafür einzusetzen, dass die Klimapolitik weiterhin verschärft wird.
Zu einem weiteren Kurzbeitrag nach § 56 Abs. 4 der Geschäftsordnung erteile ich dem Herrn Abgeordneten Karl-Martin Hentschel das Wort.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich freue mich außerordentlich, dass wir über diese Frage solch eine differenzierte Debatte führen. Ich fand den Beitrag des Umweltministers ausgesprochen engagiert. Ich würde mir wünschen, dass sich das Handeln in Zukunft an den Maximen dieser Rede ausrichtet. Das wäre ein großer Fortschritt für Schleswig-Holstein.
Ich habe von verschiedenen Seiten vernommen, dass wir kein Erkenntnisdefizit, sondern ein Umsetzungsdefizit haben. Offensichtlich haben aber nicht alle den Antrag gelesen, denn der Antrag zielt genau auf diesen Punkt. Wir brauchen nicht einen norddeutschen Rat, um uns über die Problematik der Klimakatastrophe belehren zu lassen. Das ist etwas, was international diskutiert wird und worüber wir alle sehr viel wissen und auch nachlesen können. Was wir brauchen, ist aber ein norddeutscher Rat, um uns zu informieren und auch Vorschläge zu erarbeiten: Was kann hier in Norddeutschland, in Schleswig-Holstein getan werden, was muss hier getan werden, um entsprechende Konsequenzen zu ziehen?
Ich fange hier mit etwas an, was wichtig, aber nicht naheliegend ist. Es betrifft die Wirtschaft. Was bedeutet es für die wirtschaftliche Ausrichtung dieses Landes, wenn wir Ökonomie und Ökologie im Zusammenhang diskutieren? Das wird - Nicholas Stern hat es gesagt - erhebliche Auswirkungen für
die zukünftige wirtschaftliche Entwicklung in den unterschiedlichsten Wirtschaftszweigen haben und auch das kann für Schleswig-Holstein sehr wichtig sein. Es betrifft insbesondere die Energiewirtschaft. Die Fragen, die hier gestellt worden sind, sind ernsthaft zu beantworten. Sie haben es beschrieben. Wenn wir Ende des nächsten Jahrzehnts 8.000 Megawatt Kapazität Windenergie haben, bedeutet dies, dass wir mehr als 100 % des Stroms, den Schleswig-Holstein braucht, bereits mit Wind produzieren. Wenn wir dann noch in großem Maßstab in die Kraft-Wärme-Kopplung einsteigen wollen, was bedeutet, dass wir einerseits Strom produzieren, andererseits Wärme produzieren und damit enorme Mengen Wärme, die wir heute leer produzieren, substituieren, haben wir nicht das Problem, die Kernkraft zu substituieren, sondern wir haben im Klimabereich ganz andere Probleme.
Wir haben das Problem, im Wohnungsbereich die Wärme zu substituieren. Wir haben das riesig wachsende Problem im Verkehrsbereich. Das ist eben benannt worden. Das ist der Bereich, der am stärksten wächst und bei dem wir die größten Probleme haben. Das Problem haben wir nicht im Strombereich. Das ist das geringste Problem. Wir werden die großen Probleme im Heizungs-, im Wärme- und im Verkehrsbereich haben. Deswegen ist die entscheidende Frage nicht der Einsatz der Atomenergie, sondern entscheidend sind Strategien, die integriert die gesamten Emissionsbereiche erfassen.
Ich finde es gut, wenn wir im Ausschuss darüber reden. Ich fand die Anregung von Herrn Hildebrand ausgesprochen klug. Wir sollten in der Diskussion im Ausschuss darauf zurückkommen. Es ist wichtig, einen solchen Rat so zu bestücken, dass er ausgesprochen wirksam ist. Ich hoffe, dass wir mithilfe der CDU auch die Kollegen in Niedersachsen davon überzeugen, dass sie den gleichen Schritt tun.