Die Landesregierung muss auch über den Bundesrat handeln. Sigmar Gabriel hat gerade einen Allokationsplan vorgelegt, der von der EU-Kommission zurückgewiesen worden ist, weil er zu viel Ausnahmen zuließ: Gabriel will Kohlekraftwerken doppelt so viele Emissionsrechte geben wie Gaskraftwerken. Das ist kein Anreiz zum CO2-Sparen, sondern ein Anreiz, mehr CO2 zu emittieren.
Die Bundesregierung hat einen Klimaschutzbeauftragten berufen. Er heißt Lars G. Josefsson und ist Chef des schwedischen Energiekonzerns Vattenfall. Seit wann traut Bundeskanzlerin Merkel nicht mehr ihren eigenen Experten, sondern beruft als Klimaschutzexperten ausgerechnet den Konzernchef der Firma, die für den Abbau und die Verstromung von Braunkohle, des klimaschädlichsten Energieträgers überhaupt, steht?
(Detlef Matthiessen [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist unglaublich! Der Klima- schutzbeauftragte der Bundesregierung ist der größte Kohleverbrenner der Republik!)
Es geht aber nicht nur darum, den Klimaschutz vorzubereiten und Emissionen zu vermeiden, sondern es geht auch darum, sich an den Klimawandel anzupassen. Schleswig-Holstein wird sich in allen Bereichen anpassen müssen. Das betrifft die Landwirtschaft und die Energiewirtschaft, den Verkehr und die Schifffahrt, den Tourismus und die Gesundheitsvorsorge. Auch die Immobilienwirtschaft wird betroffen sein. Die Schiffsrouten nach Asien werden in wenigen Jahrzehnten schon über die Arktis führen und nicht mehr um Afrika herum. Das Gesundheitswesen wird sich an Hitzewellen anpassen müssen. Land- und Forstwirtschaft müssen sich auf den Anbau neuer Pflanzen einstellen, die geänderten Temperaturen und Niederschlägen angepasst sind. Der Ausbau von Hochwasserdeichen an der Elbe muss abgestimmt werden. Sonst kann man sich locker ausrechnen, welches Bundesland zuerst betroffen ist, wenn es zu Sturmfluten kommt.
Um alle diese Aufgaben in Angriff zu nehmen, sollte ein Sachverständigenrat gebildet werden, der die Fachkompetenz in den betroffenen Bereichen versammelt. Wir schlagen vor, dass dies die norddeutschen Küstenländer gemeinsam tun.
Denn das Problem ist ein gemeinsames und es ist sinnvoll, die Maßnahmen, die getroffen werden, zwischen Niedersachsen, Bremen, Hamburg, Schleswig-Holstein und Mecklenburg-Vorpommern abzustimmen.
Meine Damen und Herren, wir alle kennen den berühmten Ausspruch: „Wer zu spät kommt, den bestraft das Leben.“ Damit uns das nicht passiert, haben wir diesen Antrag vorgelegt. Ich hoffe auf eine breite Unterstützung in diesem Haus.
Auf der Tribüne begrüße ich Schülerinnen und Schüler der Jörgensby Skolen aus Flensburg mit ihren Lehrkräften. - Seien Sie uns herzlich willkommen!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Lieber Herr Kollege Hentschel, nachdem wir heute Morgen Ihr klimapolitisches Glaubensbekenntnis hören konnten, stellt sich für mich die Frage: Was hat das, was Sie geschildert haben, konkret mit den Maßnahmen zu tun, die Sie in Ihrem Antrag fordern?
Für die CDU-Fraktion kann ich feststellen, dass der Klimaschutz für uns eine herausragende Bedeutung hat. Darüber sind wir uns, glaube ich, auch alle einig. Über den Weg zu diesem Ziel gehen allerdings die Meinungen in der Tat auseinander. Ich muss sagen, ich kann nicht nachvollziehen, wie man auf der einen Seite Kohlekraftwerke verdammen und auf der anderen Seite der Laufzeitverlängerung oder Weiterentwicklung der Kernenergie eine Absage erteilen und glauben kann, wir könnten in der heutigen Zeit rein mit regenerativen Energien und Einsparungen vorankommen.
(Beifall bei CDU und FDP - Detlef Matthies- sen [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Eine Laufzeitverlängerung hat eure Partei gerade beschlossen! - Wolfgang Kubicki [FDP]: Das haben wir gerade nicht beschlossen!)
Geht es darum, in regelmäßigen Abständen ein Thema zu besetzen, vielleicht in der Hoffnung auf Medienresonanz angesichts der aktuellen Wetterlage? Oder geht es darum, in Zeiten, in denen überall und nicht nur in Schleswig-Holstein Strukturen und Verfahren kritisch überprüft werden, bewusst einen Kontrapunkt zu setzen und ein neues Gremium zu fordern? Jeder muss diese Fragen für sich beantworten. In der Begründung zum Antrag haben Sie zwei Motive genannt, auf die ich noch eingehen will.
Zum einen - Sie sprachen es auch in Ihrer Rede an wollen Sie den Ausstoß von CO2 bis 2020 um mindestens 25 % reduzieren.
Wir stehen alle hinter den Zielen des Kyoto-Protokolls und wir stehen alle zu den europaweit vereinbarten Zielen zur Reduzierung des Ausstoßes von Treibhausgasen. Wir sagen aber auch: Dabei muss es fair zugehen und wir dürfen uns nicht selber wirtschaftliche Nachteile in den Weg legen, die andere so nicht bereit sind einzugehen. Es kann auch nicht angehen, dass beispielsweise die Europäische Kommission in den Handel von Emissionsrechten eingreift und damit bei uns zu Nachteilen, wie zum Beispiel zu weiter steigenden Stromkosten, beiträgt. Hier, finde ich, gilt es gerade, bundesund europaweit unsere Interessen zu vertreten und nicht regional.
Dazu und auch zur tatsächlichen Reduzierung von Emissionen scheint mir ein zusätzlicher Rat, dessen Einrichtung Sie beantragen, ein wenig hilfreicher Beitrag zu sein. Ich finde, wir sollten vielmehr mit ganzer Kraft die zahlreichen Ansätze und Initiativen, beispielsweise auch die von der Landesregierung angestoßenen Initiativen zur Biomasse und zur Kraft-Wärme-Kopplung, mit ganzer Kraft unterstützen, um praktisch voranzukommen.
Zu dem zweiten Motiv, das sich aus Ihrer Begründung ergibt! Ein solcher Rat soll helfen, sagen Sie, die möglichen ökologischen, sozialen und wirtschaftlichen Folgen des Klimawandels zu steuern. Nun sind die Grünen in Schleswig-Holstein nicht die Einzigen, die sich mit Fragen des Klimawandels befassen, und wahrlich auch nicht die Ersten.
So hat sich die Umweltministerkonferenz Ende Oktober mit der Thematik befasst und eine zusätzliche Sondersitzung im Frühjahr vereinbart und so hat auf Initiative der Landesregierung die Konfe
Anstatt in einem zusätzlichen Gremium für die nordwestdeutschen Bundesländer über Fragen des Küstenschutzes und der Agrarstruktur zu diskutieren, sollten wir dieses Anliegen meiner Meinung nach besser in ein bundesweites Konzept einbringen. Die Ergebnisse können dann regional ausdifferenziert werden. Wir sparen uns so zumindest Doppelarbeit. Sollte es gewünscht werden, können wir die Diskussion vertiefend im Umweltausschuss fortführen.
Nun haben sich aber unsere Kollegen in Niedersachsen schon vor ungefähr vier Wochen gegen den gleichlautenden Antrag, den die Grünen dort gestellt haben, entschieden. Wenn man ohnehin schon Zweifel daran hegt, dass ein Klimarat für die nordwestdeutschen Länder sinnvoll ist, so werden die Zweifel nicht weniger, wenn wir de facto über einen Klimarat für die nordwestdeutschen Bundesländer ohne Niedersachsen sprechen. Ich sage also: Keine neuen Gremien, sondern weiter praktisch und sachlich handeln!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Leider hat weder der bollerige Einstieg in dieses eigentlich dringliche Thema durch den Kollegen Hentschel noch die immer wieder gebetsmühlenartig vorgetragene Forderung nach dem Ausbau der Atomenergie diesem Thema wirklich genutzt.
Die Folgen und das Tempo des Klimawandels, der inzwischen unbestritten ist, werden uns täglich vor Augen geführt: Das Nordseewasser war im Oktober so warm wie nie zuvor, es gibt Rekordwärmewerte in vielen Monaten des Jahres und die extremen Wetterereignisse häufen sich.
Ich bin daher dankbar, dass der vorliegende Antrag der Grünen uns heute Gelegenheit gibt, erneut und vertieft darüber zu debattieren, was Schleswig-Holstein gegen die Folgen des Klimawandels unternehmen kann. Wir reden heute über den Antrag der
Grünen. Beim Klimaschutz brauchen wir keine grünen Initiativen. Die Klimaschutzpolitik war und ist rote SPD-Politik in Kiel wie in Berlin.
Inzwischen hat die Diskussion den Rahmen der rein ökologischen Diskussion überschritten. Zunehmend wird auch die volkswirtschaftliche Dimension des Klimawandels betrachtet. Jüngst wurden von Tony Blair die Ergebnisse einer Studie bekannt gegeben, die von dem renommierten ehemaligen Chefvolkswirt der Weltbank Sir Nicholas Stern erstellt wurde. Die 700-seitige Studie belegt nach den Worten von Tony Blair, dass die wissenschaftlichen Belege für einen Zusammenhang zwischen dem Ausstoß von Treibhausgasen und dem Klimawandel erdrückend sind. Es wird gesagt: Wenn nicht gehandelt wird, sind die Folgen für unseren Planeten verheerend. Ohne sofortige Gegenmaßnahmen würden die Auswirkungen der Erderwärmung unumkehrbar. Schäden in Höhe von 850 € je Erdenbürger könnten sich somit auf 5.500 Milliarden € - ich drücke es in Milliarden aus, denn Angaben in Billionen versteht meistens keiner so recht - summieren, wenn bis Ende des Jahrhunderts die globale Durchschnittstemperatur um circa 5°C ansteigt. Umgekehrt sei der Einsatz von rund 1 % des globalen Bruttoinlandprodukts - das sind jährlich rund 270 Milliarden € notwendig, um dem Klimawandel wirkungsvoll entgegenzuarbeiten.
Auch wenn die Hauptverantwortlichen heute die USA und in Zukunft China sind, muss jede Nation und jede Region handeln. So hat der designierte Nachfolger von Tony Blair, Gordon Brown, den ehemaligen US-Vizepräsidenten Al Gore als Umweltberater beauftragt, in Großbritannien eine neue Klimaschutzkampagne zu starten.
Deutschland war immer ein Motor für die weltweiten Anstrengungen zum Klimaschutz. Auf der internationalen Klimaschutzkonferenz in Nairobi hat Bundesumweltminister Sigmar Gabriel engagiert die deutsche Rolle und Bereitschaft dokumentiert. Er hat gesagt: Deutschland ist bereit, weiterhin eine Führungsrolle zu übernehmen und sich auf ehrgeizigere absolute Reduktionsziele festzulegen. Diese sind die Voraussetzung für Märkte, die für das Klima arbeiten. Als nächsten Schritt schlagen wir vor, dass die EU ihre Emissionen bis 2020 um 30 % gegenüber 1990 reduziert. In diesem Fall wären wir in Deutschland bereit, unsere Emissionen um 40 % zu senken. Wir können es uns nicht leisten zu warten, bis andere sich bewegen. Wir müssen unsere Verhaltensmuster vom „Du zuerst“ zu „Ich auch“ ändern. - Diese Aussage von Sigmar Gabriel kann ich hier nur ganz nachdrücklich unterstützen.
Die aktuelle Aufforderung der EU-Kommission auch an Deutschland, noch mehr zur Minderung seiner CO2-Emissionen zu unternehmen, muss ernst genommen werden und Anlass für weitere Anstrengungen auf allen Handlungsfeldern sein. Ein vorschneller Reflex nach dem Motto „Wir tun doch schon genug“ ist angesichts der Bedeutung dieses Themas nicht richtig.
Meine Damen und Herren, ich freue mich sehr über die aktuellen Umfrageergebnisse, wonach das Umweltbewusstsein der Deutschen weiter gestiegen ist. Aus der neuen Studie zum Umweltbewusstsein in Deutschland, die vom Bundesumweltministerium und vom Bundesumweltamt in Auftrag gegeben worden ist, geht hervor, dass 93 % der Befragten Umweltschutz für wichtig halten. Der globale Klimawandel ist jetzt tief im Bewusstsein der Menschen verankert und trägt entscheidend dazu bei, dass Umweltschutz für die Menschen seit einigen Jahren immer relevanter wird. Zwei Drittel der Bevölkerung möchten, dass Deutschland in der internationalen Klimaschutzpolitik weiterhin eine Vorreiterrolle einnimmt. Dies bedeutet gegenüber 2004 eine Steigerung um immerhin 11 %, gegenüber 2002 sogar eine Steigerung um 20 %. Diese Umfrage wird jährlich durchgeführt, so dass man die Veränderungen im Bewusstsein der deutschen Bevölkerung aufgrund der Ergebnisse wirklich gut nachvollziehen kann.
Innerhalb Deutschlands war und ist Schleswig-Holstein stets ein Motor für ambitionierte Ziele im Klimaschutz. Durch die Lage zwischen zwei Meeren ist unser Land von den maßgeblich durch die Menschen verursachten Klimaveränderungen und dem Anstieg des Meeresspiegels ganz besonders betroffen. Der Küstenschutz wird weiterhin eine zentrale Position einnehmen. Unter dem Aspekt der Vorbeugung sind beim Klimawandel aber viele Arbeitsfelder zu betrachten. Zu den aktuellen Schwerpunkten in unserem Lande gehören der Ausbau der energetischen Biomassenutzung, die Nutzung der Windenergie mit Augenmaß, die energetische Altbausanierung, der Ausbau der Kraft-Wärme-Kopplung, eine weiterhin gewichtige Rolle für den flächenhaften Naturschutz, dessen klimarelevante Funktion auch von offiziell wichtigen Menschen in diesem Land nach wie vor unterschätzt wird, die Integration von Klimaschutzbelangen in wirtschaftsund innovationsorientierte Programme sowie die Unterstützung der kommunalen Versuche in Bezug auf Klimaschutz.
Ein enger Bezug besteht auch zu Maßnahmen und Konzepten im Bereich der Umsetzung der Agenda 21 und der Nachhaltigkeitsstrategie der Landesregierung. Der Grundsatz „Global denken, lokal handeln“ sollte gerade im Hinblick auf den Klimawandel auch in Schleswig-Holstein die Notwendigkeit der Bewusstseinsbildung in der „Eine-Welt-Politik“, des Freiwilligen Ökologischen Jahres und der Umweltbildung insgesamt unterstreichen und sich in den Haushaltsansätzen der Landesregierung widerspiegeln.