Protokoll der Sitzung vom 15.12.2006

Ich rufe last not least Tagesordnungspunkt 31 auf:

Nordseekooperation

Bericht der Landesregierung Drucksache 16/1125

Ich erteile dazu dem Europaminister, Herrn Uwe Döring, das Wort.

Meine Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Als Land zwischen den Meeren hat Schleswig-Holsein selbstverständlich Interessen im Nordsee- und im Ostseeraum. Das zeigt im Übrigen noch einmal sehr gut, was vorhin auch Kollege Austermann gesagt hat, dass wir sehr wohl die verschiedenen Interessen berücksichtigen, auch die Interessen des nördlichen Landesteils und der Westküste.

Gestatten Sie mir noch eine kleine Anmerkung. Ich habe die Debatte vorhin auch mit großem Interesse verfolgt. Wenn man aus europäischer Sicht - es tut manchmal ganz gut, wenn man das Land verlässt auf Schleswig-Holstein guckt, dann stellt man fest, dass wir in Brüssel als eine Region empfunden werden. Ich denke, wir sollten bei unseren Diskussionen manchmal etwas mehr darüber nachdenken und die Region Schleswig-Holstein stärker im Auge haben. Weniger lokales Denken wäre manchmal angebracht.

(Beifall bei SPD, SSW und der Abgeordne- ten Monika Schwalm [CDU])

Das gilt für Verkehrsinfrastruktur genauso wie für andere Politikbereiche. Wir wollen schließlich das Land voranbringen.

Zurück zum Nordseebericht! Der zeigt die vielen Verbindungen und Kooperationen Schleswig-Holsteins auch in diesem Bereich, auch wenn es im Vergleich zur Ostseeregion an einem umfassenden komplexen Netzwerk fehlt. Aber die hochindustrialisierten Nordseestaaten zählen traditionell zu den wichtigsten Außenhandelspartnern des Landes. Mit dem Programm INTERREG III B Nordsee sind eine ganze Reihe von bemerkenswerten Projekten ermöglicht worden, zum Beispiel beim Küstenschutz. Beim Meeresumweltschutz ziehen die internationalen Organisationen, an deren Arbeit Schleswig-Holstein beteiligt ist - HELCOM, OSPAR - im Ostseewie im Nordseeraum an einem Strang.

In den Bereichen Hochschule, Forschung und Schule bestehen ebenfalls viele lebendige Kontakte im Nordseeraum.

Wir müssen jedoch auch Unterschiede zur Kenntnis nehmen. Gewachsene Kooperationen in den von mir genannten Bereichen haben ihre Schwerpunkte eher in nachbarschaftlicher Organisation mit Dänemark und mit Norwegen, als in einer komplexen Zusammenarbeit rund um die Nordsee. Dass sich Dänemark - genau wie weite Teile Norwegens auch - als Brücke zwischen den Meeren versteht, ist

(Ministerin Ute Erdsiek-Rave)

nicht hinderlich, sondern es lädt im Gegenteil dazu ein, hier zu kooperieren.

Für Schleswig-Holstein bestehen hier wichtige strategische Ziele. Die Landesregierung hat vier Leitziele für die Nordseekooperation formuliert.

Wir wollen erstens die Stellung Schleswig-Holsteins als Land zwischen den Meeren stärken.

Zweitens. Die Interessen des Landes im Ostseeund im Nordseeraum wollen wir miteinander verzahnen.

Drittens. Wir wollen die Partnerschaften und Beziehungen Schleswig-Holsteins intensivieren und strategisch nutzen.

Wir wollen viertens die Fachkooperation im Nordseeraum vertiefen und verstetigen.

Das ist alles kein Selbstzweck, denn es heißt konkret, dass wir die Stärken des Wirtschaftsstandorts Schleswig-Holstein gezielt auch im Nordseeraum vermarkten müssen. Wir wollen die Zuständigkeit für die neue INTERREG-IV-B-Programme im Nordsee- und im Ostseeraum unter einem Dach bei mir im Europaministerium bündeln.

(Beifall der Abgeordneten Hartmut Hamerich [CDU], Manfred Ritzek [CDU] und Lars Harms [SSW])

Im Bereich der europäischen Meerespolitik wird die Nordseekommission eine weitaus größere und stärkere Rolle spielen müssen als bisher. Schleswig-Holstein sollte wiederum eine stärkere Rolle in dieser Kommission spielen. Deswegen bin ich auch sehr dankbar, dass wir die Möglichkeit haben, dort weiter mitwirken zu können. Ich würde mich freuen - da haben wir schon Gespräche geführt -, wenn sich der Landtag stark mit einbringt.

(Beifall der Abgeordneten Holger Astrup [SPD] und Manfred Ritzek [CDU])

Die Partnerschaften zu Süd-Norwegen und Süd-Dänemark sollen stärker auch Nordseethemen in den Blick nehmen. Interessant ist, dass in jüngerer Zeit verstärkt Signale aus den nördlichen Niederlanden kommen, wo man Interesse hat. Diese landgebundene Strategie könnten wir nach Süd-Westen ein wenig erweitern.

(Beifall bei SPD, CDU, FDP und SSW)

Wir haben hier auch über INTERREG-Programme Fördermöglichkeiten, um dieses in der Zukunft entsprechend zu stärken.

Was Großbritannien anbelangt will ich eine gewisse Skepsis nicht verhehlen. Die bisherigen Erfahrungen zeigen, dass die zentralisierten Strukturen

manchmal, was Kooperation angeht, hinderlich sind, zumal England - und da muss man zwischen England und Schottland unterscheiden - den Nordseeraum schlicht nicht auf dem Bildschirm hat.

Erlauben Sie mir noch zwei oder drei Grundbemerkungen zum Schluss. Die bestehende, kleinräumig ausgerichtete Form der Zusammenarbeit im Nordseeraum, wie zum Beispiel die Interregionale Wattenmeerkooperation - wollen wir mit einbeziehen. Wir sollten aber nicht meinen, dass das ein Pfeiler der Nordseekooperation werden könnte. Es ist ein wichtiges, aber überschaubares Gebiet.

Die EU-Förderung wollen wir selbstverständlich auch im Nordseeraum nutzen, vielleicht noch stärker als bisher. Wir dürfen dabei aber nicht vergessen, dass die Nordseekooperation immer eine deutlich andere Gestalt und Qualität haben wird, als die Ostseekooperation. Das soll uns aber nicht hindern, trotzdem Nordsee-Zusammenarbeit zu stärken.

Ich meine, hier könnten die Landesregierung und der Landtag tatsächlich zusammen ein neues Kapitel in der Landespolitik aufschlagen, das uns voranbringen kann und - ich betone es noch einmal - aus Interesse des Landes geschieht. Wir wollen hier nicht einfach nur nett miteinander reden. Wir wollen konkrete Projekte umsetzen und den Wirtschaftsstandort und den Forschungsbereich voranbringen.

(Beifall der Abgeordneten Astrid Höfs [SPD], Manfred Ritzek [CDU] und Lars Harms [SSW])

Das sind alles Ziele, die wir gemeinsam dort verwirklichen können. Abschließend kann ich Ihnen noch sagen, dass ich im letzten Monat die Gelegenheit hatte, in Stavanger vor der Nordsee-Kommission die schleswig-holsteinische Position darstellen zu können. Man hat in Norwegen großes Interesse daran. Norwegen sieht, was sich in der EU im Bereich der Meerespolitik tut. Sie sind nicht Mitglied der EU, sie brauchen Gesprächspartner und sie setzen - gerade was unsere Partnerregion in Norwegen anbelangt - auf Schleswig-Holstein. Lassen Sie uns sie nicht enttäuschen, sondern lassen Sie uns das gemeinsam anpacken. Ich hoffe, das der Bericht dafür eine gute Grundlage bietet.

(Beifall bei SPD, CDU, FDP und SSW)

Für die Fraktion der CDU erteile ich Herrn Abgeordneten Hartmut Hamerich das Wort.

(Minister Uwe Döring)

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen! Herr Minister Döring, als erstes für die CDU-Fraktion mein herzliches Dankeschön an Sie und Ihr Haus für diesen hervorragenden, umfangreichen Bericht.

(Beifall bei der SPD sowie der Abgeordneten Manfred Ritzek [CDU] und Lars Harms [SSW])

Wir stellen immer wieder fest, dass bei Ihnen Europapolitik Herzensangelegenheit und in guten Händen ist.

(Beifall des Abgeordneten Manfred Ritzek [CDU])

„Der Schleswig-Holsteinische Landtag sieht in der Nordseekooperation große Chancen für das Land Schleswig-Holstein“. - So beginnt der Bericht der Landesregierung und das ist auch richtig so. Wir haben jedoch leider bisher nicht so umfassende Netzwerkstrukturen für den Nordseebereich wie im Bereich der Ostseekooperation. Da wir aber als Land zwischen den Meeren eine geografische Situation wie kaum ein anderes Land haben - mir ist wohl die geografische Situation Dänemarks und Norwegens bewusst; ich spreche jetzt aber für die deutschen Länder -, müssen wir aufpassen, dass die Nordseekooperation in Zukunft stärker mit Schleswig-Holstein stattfindet - ähnlich wie die Ostseekooperation.

Erlauben Sie mir einen kurzen Rückblick. Für den Zeitraum von 2001 bis 2006 gab es ein Finanzvolumen von 120 Millionen € für 49 genehmigte Projekte im Ostseeraum, davon 14 mit schleswig-holsteinischer Beteiligung und von 129 Millionen € für 41 genehmigte Projekte im Nordseeraum, davon nur 9 in Schleswig-Holstein. Das Finanzvolumen ist ähnlich, die Beteiligung Schleswig-Holsteins an den Nordseeprojekten aber zu gering.

Die Zusammenarbeit im Nordseeraum muss verstetigt und da, wo es möglich ist, mit den Interessen des Ostseeraums verzahnt werden. Hierbei können insbesondere die ökonomischen Bezüge, die Interregionale Wattenmeerzusammenarbeit und der Küstenschutz zu einer intensiveren Kooperation beitragen. Das Programmvolumen für 2007 bis 2013 für den Nordseebereich wird mit circa 148 Millionen € die Größenordnung des laufenden Programms etwas übersteigen und die Förderkulisse bleibt fast unverändert.

Es sind jetzt künftig vier Prioritäten für die Nordseeprojekte vorgesehen. Erstens: Innovation ein

schließlich Clusterpolitik, Informations- und Kommunikationstechnologie.

Zweitens: Nachhaltiges Umweltmanagement und hier die Hauptthemen erneuerbare Energie, Klimawandel, Risikovorsorge und integriertes Küstenzonenmanagement.

Drittens: Die Verbesserung der Erreichbarkeit. Hier ist die allgemeine Logistik gemeint, vor allem die bessere Anbindung strukturschwacher Gebiete.

Viertens: Förderung nachhaltiger und konkurrenzfähiger Regional- und Stadtentwicklung. Hierzu zählen zum Beispiel Wachstumssteuerung in wachsenden Regionen, Energieeffizienz, demographischer Wandel und - nicht zu vergessen - der Tourismus.

Wenn wir die Zuständigkeit für die INTERREGIV-B-Programme im Nord- und Ostseeraum unter einem Dach bündeln und dies dann im Europaministerium angesiedelt ist, sehe ich der zukünftigen Entwicklung positiv entgegen. Tragen wir alle mit dazu bei, dass die Nordseekooperation in Zukunft stärker mit der Beteiligung Schleswig-Holsteins stattfindet.

(Beifall bei der CDU sowie vereinzelt bei SPD und SSW)

Für die Fraktion der SPD erteile ich dem Herrn Abgeordneten Rolf Fischer das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die meisten von Ihnen werden sich erinnern, dass vor einigen Jahren in Husum und in anderen Nordseeanrainerländern eine sehr erfolgreiche Ausstellung mit dem Titel „Könige der Nordsee“ stattgefunden hat. Das war nicht nur eine wissenschaftlich in hohem Maße akzeptierte Veranstaltung. Diese Ausstellung hatte vor allen Dingen einen Ansatz, der darin bestand, neue Formen der Zusammenarbeit rund um die Nordsee in Fragen der Kulturgeschichte, der Landschafts- und Raumordnung und des Tourismus zu entwickeln. Es gab bei dieser Ausstellung also keinen singulären historischen Ansatz. Diese Ausstellung sollte viel mehr deutlich machen, dass es gemeinsame Wurzeln und auch gemeinsame Ziele der Anrainer der Nordsee gibt. Man kann diese Ausstellung als ein gelungenes Projekt für Nordseekooperation bezeichnen. Ich weise hier darauf hin, dass der heute vorliegende Bericht noch eine ganze Reihe anderer guter Beispiele nennt. Der Minister und der Kollege Hamerich haben davon