Protokoll der Sitzung vom 24.01.2007

Wirtschaftsminister Dietrich Austermann, denn damit unterstützen und fördern wir auch die Wirtschaftsentwicklung in Schleswig-Holstein und schaffen damit neue und zukunftssichere Arbeitsplätze.

(Beifall bei CDU und SPD)

Ich danke Herrn Abgeordneten Johannes Callsen und erteile für die SPD-Fraktion Herrn Abgeordneten Bernd Schröder das Wort.

Frau Präsidentin! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Mit der Hightech-Strategie beginnt die Bundesregierung einen ressortübergreifenden Prozess für die gesamte Legislaturperiode. Die Umsetzung und Weiterentwicklung der Hightech-Strategie soll mit Vertretern aus Wirtschaft und Wissenschaft und unter Beteiligung der jeweiligen Ressorts begleitet werden. Zur Stärkung der Innovationskraft werden insgesamt rund 15 Milliarden € bereitgestellt. Ziel ist es, den Anteil der Investitionen in Forschung und Entwicklung am Bruttoinlandsprodukt bis 2010 - das wurde hier gesagt - auf 3 % zu steigern, wie es in dem Lissabon-Ziel der EU genannt wird.

Mit der Hightech-Strategie werden vier Schwerpunkte verfolgt:

Erstens. Es werden Ziele für 17 Technologiefelder definiert, in denen neue Arbeitsplätze entstehen sollen. Eine Stärken-Schwächen-Analyse soll aufzeigen, wo Deutschland in den verschiedenen Zukunftsfeldern steht und wo Handlungsbedarf besteht. Die Hightech-Strategie zielt auf Bereiche, die von herausragendem nationalem Interesse sind und über wirtschaftliche und wissenschaftliche Potenziale verfügen. Hierzu zählen die Gesundheits-, Sicherheits- und Energieforschung.

Zweitens. Es sollen die Kräfte von Wirtschaft und Wissenschaft gebündelt werden. Kooperationen und Gemeinschaftsprojekte sollen stark gefördert werden. Dafür wird das Instrument der Forschungsprämie eingeführt.

Drittens. Mit der Hightech-Strategie sollen Impulse für eine schnellere Umsetzung von Forschungsergebnissen in Produkte, Dienstleistungen und Verfahren gegeben werden. So sollen neue Förderinstrumente entwickelt werden, mit denen Ideen und Forschungsergebnisse unbürokratisch auf ihre wirtschaftliche Anwendbarkeit und Verwertbarkeit überprüft werden können.

Viertens. Die Bedingungen für Hightech-Gründungen und - das ist auch für unser Land wichtig - den innovativen Mittelstand sollen erheblich verbessert werden. Existenzgründern soll der Weg in den Markt erleichtert, Unternehmern bei der Herstellung von Kontakten zur Wissenschaft und bei der Umsetzung ihrer eigenen Forschung in Produkte geholfen werden. Die Förderpolitik für kleine und mittlere Unternehmen soll vereinfacht werden.

Als Folge der Globalisierung verlagern immer noch und weiterhin Unternehmen ihren Sitz oder ihre Produktion in das Ausland. Über die Kosten können wir den Wettbewerb nicht gewinnen; das wissen wir. Unsere Chancen liegen in der Erschließung von Innovationen mit neuen Produkten und Dienstleistungen. Wir müssen besser sein als die anderen. Der Transfer aus der Wissenschaft in die Wirtschaft muss schneller erfolgen.

Was bedeutet die Hightech-Initiative der Bundesregierung für unser Land? Adressaten sind die Einrichtungen der Wissenschaft und die Unternehmen. Diese sollten ihre Arbeiten stärker als bisher auf die Förderschwerpunkte konzentrieren. Oberstes Ziel in Schleswig-Holstein ist ganz eindeutig die Innovationsförderung für kleine und mittlere Unternehmen in den relevanten - und auch schon genannten Technologiefeldern. Konkret geht es um eine verbesserte Förderung der Kooperation zwischen Wissenschaft und Unternehmen auf dem Sektor von Forschung und Entwicklung. Daneben sollten auch die Wege bereitet werden, damit sich mittelständische Unternehmen aus unserem Land vermehrt an Projekten der Spitzenforschung beteiligen und eben auch davon profitieren können.

Die WTSH ist aufgefordert, unsere kleinen und mittleren Unternehmen über Förderprogramme und Fördermöglichkeiten zu beraten, bei der Antragstellung zu begleiten und alle Abläufe zu koordinieren. Wenn wir Erfolg haben wollen, müssen aber auch die allgemeinen Rahmenbedingungen verbessert werden. Zur Förderung von Existenzgründern und kleinen Unternehmen gehört eben auch der fortlaufende Bürokratieabbau, über den wir hier schon mehrfach intensiv diskutiert haben. Die Finanzierung von Forschungsvorhaben durch Banken und Investoren muss erleichtert, die Bedingungen für Wagniskapital müssen verbessert werden.

Wir haben einen langen und steinigen Weg vor uns, aber wir sollten die Chancen im Sinne dessen, was ich hier vorgetragen haben, wir sollten die Chance für die Sicherung und Schaffung neuer Arbeits- und Ausbildungsplätze in unserem Land konsequent nutzen.

(Johannes Callsen)

(Beifall bei SPD, CDU und SSW)

Ich danke dem Herrn Abgeordneten Bernd Schröder und erteile für die FDP-Fraktion dem Herrn Abgeordneten Dr. Heiner Garg das Wort.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! „Ideen zünden“ - so nennt die Bundesregierung ihre Hightech-Strategie; mit ihr will sie Deutschland an die Weltspitze der wichtigsten Zukunftsmärkte führen. Leistungen in Wirtschaft und Wissenschaft sollen wieder gewürdigt und belohnt werden. So soll Deutschland bis zum Jahre 2020 zur forschungsfreundlichsten Nation der Welt werden. Dazu will die Bundesregierung bis 2009 14,6 Milliarden € ausgeben. Bis zum Jahre 2010 soll der Anteil der Ausgaben für Forschung und Entwicklung am Bruttoinlandsprodukt auf 3 % steigen. - Das klingt sehr euphorisch.

Ich will an die Euphorie erinnern, die die Erklärung des Europäischen Rates von Lissabon im Jahre 2000, die Europäische Union werde bis 2010 zum wettbewerbsfähigsten und dynamischsten wissensbasierten Wirtschaftsraum der Welt werden, ausgelöst hat. Nach drei Jahren ließ die EU ihren Fortschritt auf dem Weg zu diesem Ziel untersuchen. Die Kommission unter Führung des ehemaligen niederländischen Ministerpräsidenten Wim Kok kam damals zu dem ernüchternden Ergebnis: Schon fast gescheitert.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich wünsche mir und ich hoffe, dass die Bundesregierung mit ihrer Hightech-Strategie erfolgreicher sein wird als die EU mit der Lissabon-Strategie, weil dies mittelund langfristig gut für Schleswig-Holstein und für Deutschland wäre.

(Beifall bei der FDP)

Im Rahmen der Hightech-Strategie fasst die Bundesregierung 40 Förderprogramme des Bundes in mehreren Querschnittsaktivitäten und 17 Technologiefeldern zusammen. Einige bestehende Programme werden verlängert, aufgestockt oder inhaltlich verändert. Alle, die bisher förderfähig waren, können für ihre Projekte weiterhin Förderung beantragen. Ich wünsche mir, dass möglichst viele Anträge aus Schleswig-Holstein Erfolg haben werden. Mehr Fördergelder allein werden Deutschland aber nicht forschungsfreundlicher machen. Dazu gehört mehr.

Dazu gehört um Beispiel ein gesellschaftliches Klima, in dem Forschungsergebnisse nicht zuallererst und hauptsächlich als gesellschaftliches Risiko betrachtet werden, sondern als Chance.

(Beifall bei der FDP)

Ein Beispiel ist die Stammzellenforschung. Reproduktives Klonen von Menschen ist bei uns aus guten ethischen Gründen verboten. Dies gilt gleichzeitig aber auch für weite Bereiche der Stammzellenforschung, die der Entwicklung neuer Heilverfahren dienen. Nach der gegenwärtigen Rechtslage sind deutsche Forscher in Deutschland sogar manchmal mit Strafe bedroht, wenn sie an internationalen Projekten der Stammzellenforschung beteiligt sind, bei denen es gar nicht um reproduktives Klonen geht. Das hat mit Forschungsfreundlichkeit überhaupt nichts zu tun.

(Beifall bei der FDP)

Zur Forschungsfreundlichkeit gehört auch, dass den Hochschulen mehr Freiheiten eingeräumt werden: Denn die Bedingungen, unter denen Spitzenleistungen in der Forschung besonders gut gedeihen, unterscheiden sich bestimmt vielfach von den Bedingungen für eine erfolgreiche akademische Breitenausbildung. Die Wahrscheinlichkeit, die jeweils passenden Bedingungen zu finden, ist größer, wenn die Universitäten selbst suchen und ausprobieren können, als wenn die Bedingungen von Wissenschaftsministerien detailliert vorgegeben werden.

Nicht zuletzt gehört zu einem forschungs- und innovationsfreundlichen Klima noch mehr Wettbewerb, und zwar nicht nur mehr Wettbewerb um staatliche Forschungsgelder, sondern auch mehr Wettbewerb auf den Märkten für Waren und Dienstleistungen. Denn dort wird letztlich entschieden, was als Innovation zählt und anschließend Erfolg hat.

Wenn die Ziele der Hightech-Strategie erreicht werden sollen, werden wir also noch erheblich mehr tun müssen, als Förderprogramme neu zu ordnen. In seinem Bericht zählt der Wissenschaftsminister detailliert auf, welche der 40 Forschungsprogramme sich besonders für schleswig-holsteinische Forschungseinrichtungen und Unternehmen eignen könnten. Wir sollten in den Ausschüssen beraten, wie wir die Programme noch weiter bekannt machen und Hilfestellungen bei den Anträgen leisten können, ohne die Aktivitäten der Antragsteller steuern zu wollen. Liebe Kolleginnen und Kollegen, in Forschung und Entwicklung zünden Ideen dann besonders gut, wenn sich Fachfremde nicht als Feuerteufel aufführen.

(Bernd Schröder)

(Beifall bei der FDP)

Für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN erhält der Herr Abgeordnete Detlef Matthiessen das Wort.

Frau Präsidentin! Meine verehrten Kolleginnen und Kollegen! Der Begriff „Strategie“ bedeutet Kriegkunst oder ein genau geplantes Vorgehen. Davon kann bei der Hightech-Strategie der Bundesregierung nach meiner Wahrnehmung nicht die Rede sein. Entsprechend dünn ist auch der Bericht der Landesregierung dazu. Es handelt sich eher um eine PR-Maßnahme der Bundesregierung mit einer neuen Gesamtüberschrift.

Auch ist dies kein neues, gezieltes Förderprogramm. Vielmehr sind insgesamt 40 bestehende Projekte zusammengefasst worden, die nunmehr der Umsetzung der Hightech-Strategie dienen sollen.

Laut Bundesregierung stehen bis 2009 insgesamt 15 Milliarden € an Fördermitteln für Forschung und Entwicklung zur Verfügung. In der Broschüre der Bundesregierung zu ihrer Hightech-Strategie wird ausgeführt, dass zum ersten Mal über alle Ressorts hinweg eine nationale Strategie entwickelt wird, um Deutschland an die Weltspitze der wichtigsten Zukunftsmärkte zu führen.

Wir halten das für überambitioniert, stehen aber selbstverständlich nicht an, uns in den Weg stellen zu wollen. Natürlich wollen wir Forschung, Entwicklung und Innovation nach Kräften unterstützen.

Gemeinschaftsprojekte und Kooperationen zwischen Wirtschaft und Wissenschaft sollen so stark werden wie noch nie. Auch das finden wir gut. Wir können die 17 Innovations-, Technologie- und Gründerzentren des Landes als wichtige Scharnierfunktion nutzen. Ich denke auch an den Wissenschaftspark mit dem Wissenschaftszentrum, das direkt neben der Kieler Universität gebaut wird. Dort sollen in enger Zusammenarbeit mit der Wissenschaft neue innovative Betriebe entstehen und für neue, zukunftsfähige Arbeits- und Ausbildungsplätze sorgen.

Die geplante Forschungsprämie, bei welcher der Bund den Forschungseinrichtungen, die Aufträge aus der Wirtschaft bearbeiten, zusätzlich 25 % des Auftragsvolumens zahlt, kann sich zu einem erfolg

reichen Anreizsystem für die Kooperation zwischen Wirtschaft und Wissenschaft entwickeln. Dabei muss sichergestellt werden, dass nicht nur große Unternehmen zum Zuge kommen. Die Wirtschaftsstruktur unseres Landes ist überwiegend von kleinen und mittleren Unternehmen geprägt. Auch für solche Unternehmen müssen die Chancen gesichert werden.

Für unser Land sind Gesundheitsforschung, die maritime Technologie und die Energietechnologie am chancenreichsten. Vor allem bei den erneuerbaren Energien haben unsere Betriebe Vorsprünge, die gehalten und ausgebaut werden können. Das gilt für die Verwendung von Biomasse und für den nachhaltigen Umgang mit nachwachsenden Rohstoffen wie auch für Energiepflanzen. Ein wichtiger Zukunftsbereich ist die Aufarbeitung von Biogas, sodass Biogas in die Leitungen für fossiles Gas eingespeist werden kann. Die Leitungsinfrastruktur des endlichen fossilen Energieträgers kann direkt für die unerschöpfliche Energiequelle Biogas genutzt werden und so dem Fortschritt dienen.

Meine Damen und Herren, wenn man sich den Sechsten Forschungsrahmenplan der EU ansieht, wird gerade im Gebiet der Energie sehr deutlich, dass dies noch extrem atomar und forschungslastig ist. Das muss sich in Zukunft radikal ändern. Unser Land würde davon profitieren, wenn die Forschung sehr viel stärker auf regenerative Energien ausgerichtet würde. Wir haben das Leibnizinstitut für Meereswissenschaften als Mitglied im Exzellenzclusters „Ozean der Zukunft“, zusammen mit der CAU und dem Institut für Weltwirtschaft. Wir sind stark beim Thema der maritimen Technologien. Zu den großen Forschungsthemen gehören weiter die Offshore-Windenergie und die Wasserstofftechnologie. Diese wollen wir weiter fördern. Das kann ein Alleinstellungsmerkmal für Schleswig-Holstein werden.

(Beifall des Abgeordneten Lars Harms [SSW])

Hierbei hat die Wasserstoffproduktion nicht der erneuten Erzeugung von Elektrizität zu dienen, sondern soll im Mobilbereich Lücken decken.

Was im Bericht nicht dargestellt wird, aber aus unserer Sicht durchaus Chancen bietet, sind Windkraft und Entsalzung. Die Entsalzung ist, weltweit gesehen, ein Milliardenmarkt. Ansätze hierzu gibt es auch in Schleswig-Holstein.

Wir sehen nicht nur Chancen für Offshore-Windenergie, sondern müssen auch die Onshore-Windenergie weiterentwickeln.

(Dr. Heiner Garg)

Meine Damen und Herren, Innovation ist der Schlüssel zu einer erfolgreichen Zukunft. Nutzen wir diese Zukunftschance!

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich danke Herrn Abgeordneten Detlef Matthiessen und erteile das Wort für den SSW Herrn Abgeordneten Lars Harms.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Mit einer Förderkulisse von rund 15 Milliarden € verfolgt die Bundesforschungsministerin Schavan das Ziel, die Aktivitäten der Bundesministerien zur Förderung der Hochtechnologien zu bündeln. Angestrebt wird damit die Schaffung von insgesamt 1,5 Millionen neuer Arbeitsplätze bundesweit. Ein löblicher Ansatz, an dem wir die Ministerin natürlich auch gern messen wollen.

Doch wer zu Beginn des Berichts die Ausführungen der Landesregierung zur Hightech-Strategie liest, bekommt den Eindruck, dass es eigentlich nichts Neues gibt, da die Hightech-Strategie kein eigenes Förderprogramm darstellt. Die für die Strategie eingesetzten 15 Milliarden € werden stattdessen über sogenannte Querschnittsaktivitäten und Technologiefelder in die vorhandenen Förderprogramme des Bundes aufgenommen. Positiv hierbei ist, dass diese zum Teil verlängert und aufgestockt werden. Doch richtigerweise macht der Bericht der Landesregierung deutlich, dass die Vielzahl der Förderprogramme eine erhebliche Unübersichtlichkeit mit sich führt. Dies führt leider dazu, dass man sehr finderisch sein muss, wenn man künftig von der Strategie profitieren will.

Doch nun ist die Förderkulisse so, wie sie ist, und es liegt jetzt an der Landesregierung, bei den Handwerkskammern, den Hochschulen und der Innovationsstiftung für die Strategie im Land zu werben und Akteure zu ermuntern, ihre Arbeiten stärker als bisher auf die Förderschwerpunkte des Bundes zu orientieren. Hierbei gilt es insbesondere, die Kräfte von Wissenschaft und Wirtschaft zu bündeln.