Das meint die Ministerin übrigens auch selbst. Im November stand in der Antwort zur Anfrage „Familienpolitik als Querschnittsaufgabe“ auf Seite 24:
„Erziehungsund Familienberatung wird wohnortnah in Zuständigkeit der Jugendämter der Kreise und kreisfreien Städte über die Erziehungs-, Jugend- und Familienberatungsstellen bereitgestellt.“
Auf die Idee, die bestehenden Strukturen auch fürs Elterngeld zu nutzen, kommt sie allerdings nicht. Da muss dann eine neue Struktur her, die auch Geld kostet.
Dabei geht es den Familien nicht nur um das Elterngeld, dessen Antragsverfahren sogar von der Sozialministerin selbst als kompliziert kritisiert wird, sondern auch um andere familienrelevante Leistungen. Das Elterngeld ist eben nur eine von mehreren Leistungen.
Eine andere familienpolitische Förderung ist der Unterhaltsvorschuss. Ohne ihn müssen einige Familien im wahrsten Sinne des Wortes Konkurs anmelden: Sie stehen vor dem Nichts. Diese Familien - meistens Frauen mit einem oder mehreren Kindern - sind durch den Ausfall des Unterhaltspflichtigen auf staatliche Hilfe angewiesen. Beschleunigte Verfahren sind hier dringend geboten, stehen aber nicht auf der Agenda der Landesregierung. Und das ist ein ganz großes Problem, weil wir diese Leistung dezentral anbieten müssen. Diese Menschen sind nämlich nicht so beweglich wie andere Leute, die sich schön bequem ins Auto setzen können.
Wir sehen sehr wohl, dass die Familienbüros funktionieren, und sind den Mitarbeitern dort für ihren Einsatz dankbar. Aber aus den eben genannten Gründen warne ich davor, das Familienbüro in der geplanten Art und Weise dauerhaft zu installieren. Der SSW befürwortet einen Perspektivenwechsel in der Familienpolitik: quasi zurück zu den Wurzeln und Beratung aus einer Hand durch die Kommunen.
Denn diese kennen sich vor Ort aus, die Wege sind kurz und die Schwelle ist niedrig. So sieht vernünftige Familienpolitik aus. Und dies würde auch dem entsprechen, was die Landesregierung gegenüber den Kommunen immer wieder ankündigt, nämlich dass die Kommunen endlich die Aufgaben erhalten, die sie selbstständig ausführen können. Hierzu hat die Landesregierung nun endlich die Chance und diese muss sie nun ergreifen.
Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. - Ich schließe die Beratung. Es ist Ausschussüberweisung des mündlichen Berichts an den Sozialausschuss zur abschließenden Beratung beantragt worden. Wer so beschließen möchte, den bitte ich ums Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? Dann ist das einstimmig so beschlossen.
Entwurf eines Gesetzes zur Stärkung des Wettbewerbs in der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-Wettbewerbsstärkungsgesetz - GKV-WSG) im Bundesrat ablehnen
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Der dritte Kompromiss eines Kompromisses zur Gesundheitsreform ist in seinen Auswirkungen auf den Gesundheitsstandort Schleswig-Holstein verheerend. Auch mit der Gegenäußerung der Bundesregierung zu der Stellungnahme und den Änderungsanträgen des Bundesrates wird eigentlich nur eines deutlich: Sowohl die Anträge Schleswig-Holsteins als auch die von der Landesregierung mitgetragenen Änderungswünsche wurden so gut wie nicht berücksichtigt. Wie sieht es mit der Abschaffung des dreiprozentigen Abschlages auf die Kosten der Rettungsfahrten aus? - Vielleicht.
Wie sieht es mit der Abschaffung des einprozentigen Sanierungsbeitrages der Krankenhäuser, der nach offizieller Begründung der Landesregierung „medizinisch nicht begründbar und wirtschaftlich nicht verantwortbar“ ist, aus? - Keineswegs. Der
Einsparbeitrag des Krankenhaussektors wird von der Bundesregierung als „politisch unverzichtbar“ eingestuft.
Es wird lediglich angeboten, die Höhe des Sanierungsbeitrages neu zu verhandeln. Bedenken Sie bitte, dass wir über den dritten Kompromiss eines Kompromisses reden.
Ob sich die Große Koalition auf einen zusätzlichen Sanierungsbeitrag der Krankenhäuser in Höhe von 500, 300 oder 250 Millionen € einigen sollte - der vorgeschlagene Kompromiss endet weder etwas an der Begründung noch daran, dass die Krankenhäuser in Schleswig-Holstein keine Mehrbelastungen mehr verkraften.
Wie sieht es mit einer transparenten Berechnung über die Auswirkungen des Gesundheitsfonds auf die Bundesländer aus, wie sie auch von der Landesregierung eingefordert wurde? - Diese erfolgt erst nach Inkrafttreten des Gesetzes im August 2008, also dann, wenn alles zu spät ist und Sie brav alles abgenickt haben sollen.
Für Gesundheitsministerin Trauernicht, die von Anfang an mit am Verhandlungstisch saß, kann dies kein erfreuliches Ergebnis sein. Liebe Kolleginnen und Kollegen, dieser Kompromiss ist aus landespolitischer Sicht Grund genug, dem Entwurf im Bundesrat nicht zuzustimmen.
Ich befinde mich dabei doch in guter Gesellschaft: Der SPD-Bundestagsabgeordnete Rix aus dem Kreis Rendsburg-Eckernförde erzählt uns, dass die Große Koalition nichts zu Wege bringe. Der Kollege Lauterbach, der gesundheitspolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, ist mit mir einer Meinung, dass man diesen Gesetzentwurf ablehnen solle, und er wolle deshalb die Abstimmung im Gesundheitsausschuss boykottieren. Nur Mut, liebe Sozialdemokraten, tun Sie heute etwas Vernünftiges!
Ich gebe Ministerpräsidenten Carstensen Recht, dass es sich bei diesem Gesetz um ein Gesetzesmonster handelt. Nur, lieber Herr Ministerpräsident, als Monsterflüsterer werden Sie auch nicht viel zu Wege bringen.
Sie dürfen erst gar nicht versuchen, Beschwichtigungsakte vorzunehmen. Sie müssen dieses Monster vielmehr von Anfang an bekämpfen. Wenn eine vernünftige Reform jemals gewollt war, dann darf man diesem Kompromiss, der nur um eines Kompromisses wegen getroffen wurde, nicht zustimmen.
Unabhängig von den gravierenden verfassungsrechtlichen Bedenken, die der Berichterstatter des Rechtsausschusses im Deutschen Bundestag, Friedrich Merz - er ist übrigens nicht von der SPD, sondern war einmal Fraktionsvorsitzender der CDUFraktion im Deutschen Bundestag -, bisher zu Protokoll gegeben hat, ist dieser Entwurf mit den Grundpositionen der Union überhaupt nicht vereinbar.
Dem maßlosen Staat, der dem Bürger ungeniert immer tiefer in die Tasche greift, sollte Einhalt geboten werden, so die amtierende Kanzlerin Angela Merkel, die das Projekt Gesundheitsreform zur Herzenssache hochstilisiert. Mit der Gesundheitsreform sollte genau dieser Trend umgekehrt werden. Hätte die Große Koalition jemals den Wunsch gehabt, diesen Trend umzukehren, hätte sie zu allererst den Mut aufbringen müssen, für mehr Transparenz im Gesundheitssystem zu sorgen.
Stattdessen, liebe Kolleginnen und Kollegen, marschieren Union und Sozialdemokraten jetzt gemeinsam Seite an Seite in die Staatsmedizin. Die Freiberuflichkeit des Arztberufes als eine der tragenden Säulen unseres Gesundheitssystems wird dabei sukzessive beseitigt. Private Krankenversicherer werden qua staatlichen Diktats früher oder später zu gesetzlichen Kassen umgebaut, um diese gesetzlichen Kassen zur staatlichen Einheitskasse künftig gleichzuschalten. Auch da, Frau Kollegin Heinold, haben wir wieder eine neue Behörde, nämlich irgendein staatliches monströses Konstrukt, das diesen Gesundheitsfonds, den auch niemand braucht, neu verwalten soll.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, wer jetzt argumentiert, dass eine wie auch immer geartete Gesundheitsreform aus Verantwortung vor dem Land notwendig sei und daher auf Biegen und Brechen über die parlamentarischen Hürden gehieft werden müsse, der irrt. Verantwortung würden jene Ent
scheidungsträger zeigen, die dem vorliegenden Entwurf mit dem irreführenden Namen Wettbewerbsstärkungsgesetz ihre Zustimmung verweigerten. Und dies gilt unabhängig davon, aus welcher Richtung des Gesundheitswesens sie kommen. Das sage ich ganz klar.
Wer wirklich Verantwortung trägt, der muss Nein sagen. Dies gilt sowohl für diejenigen, die eine Bürgerversicherung präferieren, als auch für diejenigen, die ein anderes, nämlich ein wettbewerbliches System präferieren. Nur diejenigen politischen Entscheidungsträger dürfen diesem Gesetz zustimmen, die ausdrücklich wollen, dass die Versorgung der Bevölkerung teurer und schlechter wird, und nur diejenigen politischen Entscheidungsträger dürfen diesem Gesetzentwurf zustimmen, die ausdrücklich auf Beschäftigungsmöglichkeiten, Innovationskraft und Wachstumspotenzial des Gesundheitssektors verzichten wollen.
Jeder verantwortungsvolle Volksvertreter hingegen zieht jetzt die Notbremse und sorgt dafür, dass dieser Entwurf zurückgezogen und ein Neuanfang in der Gesundheitsreformpolitik möglich wird.
- Herr Präsident, ich komme zu meinem letzten Satz. Ich gehe davon aus, dass gerade Sie persönlich ein hohes Interesse daran haben.
Wenn nicht die Kolleginnen und Kollegen im Deutschen Bundestag diese Kraft aufbringen, dann müssen es eben die Landesparlamente schaffen. Ich appelliere an beide Seiten dieses Hauses, diesem faulen Kompromiss die Zustimmung zu versagen und der Landesregierung ganz klar mit auf den Weg zu geben, diesem Gesetzentwurf im Bundesrat ihre Zustimmung zu verweigern.