Die Details des Gesetzes versteht - abgesehen von der Tatsache, dass die Versicherten in Zukunft auf jeden Fall mehr zahlen müssen - kaum noch einer. Aus Sicht des SSW werden die Folgen des sogenannten Gesetzes zur Stärkung des Wettbewerbs in der gesetzlichen Krankenversicherung für alle Beitragszahler und Patienten Schleswig-Holsteins und insbesondere auch für die schleswig-holsteinischen Krankenhäuser fatal sein. Auch die Ersatzkassenverbände in Schleswig-Holstein warnen weiterhin vor einer Zweiklassenmedizin, denn nach heutigem Stand bleibt es dabei, dass man sich - wenn man ein bestimmtes Einkommen erreicht - aus der Solidarität mit anderen Versicherten verabschieden und in eine private Versicherung gehen kann. Diese Wahlmöglichkeit der Gutverdienenden schwächt die Gesundheitsversorgung um jährlich mehrere Milliarden Euro. Zu diesem Ergebnis kommt eine Studie des Wissenschaftlichen Instituts der AOK.
In einem Versicherungssystem mit Beteiligung aller Bürger an der solidarischen Gesundheitsversorgung, wie es der SSW fordert, würden dem Gesundheitswesen laut dieser Studie einige Milliarden Euro mehr zur Verfügung stehen, obwohl die höheren Vergütungen der Privatkassen im ambulanten Bereich schon gegengerechnet würden. Auf dieses Geld darf man nicht verzichten. Der Verzicht auf dieses Geld führt dazu, dass wir die Versicherten mehr belasten. Das ist - auf gut Deutsch gesagt - eine Sauerei!
Der SSW bleibt darüber hinaus bei seinen drei grundsätzlichen Punkten, die ebenfalls dazu führen, dass wir dieses Gesetz weiterhin ablehnen: Erstens. Es kann einfach nicht angehen, dass wir knapp drei Jahre nach der letzten Jahrhundertgesundheitsreform - so lange ist das noch nicht her -, die zu einer Praxisgebühr von 10 € und zu mehr nicht geführt hat, entgegen der Versprechungen von SPD und CDU jetzt doch wieder eine Erhöhung der Krankenkassenbeiträge bekommen, ohne dass die Krankenkassen etwas dafür können. Damit wird diese Reform auf dem Rücken der Beitragszahler finanziert und belastet wieder einmal Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer sowie Rentner über Gebühr. Dazu kommt noch, dass mit diesen Beitragserhöhungen auch die Lohnnebenkosten erhöht werden, was - isoliert gesehen - zu einem Arbeitsplatzabbau führen wird.
Zweitens. Die Pläne für die Einführung des sogenannten Gesundheitsfonds sind überhaupt nicht durchdacht und führen nur zu mehr Bürokratie und zu einer weiteren Intransparenz im Gesundheitswe
Drittens. Der SSW sieht den Gesundheitsstandort Schleswig-Holstein durch die Pläne der Großen Koalition akut gefährdet. Auch wenn die pauschale Kürzung von bis zu 1 % in den Budgets der Krankenhäuser vielleicht durch den Bundesrat reduziert wird, sehen wir dies als Bestrafung für die ohnehin schon gebeutelten leistungsfähigen Krankenhäuser Schleswig-Holsteins an.
Wir müssen ganz deutlich sagen: Unsere Krankenhäuser sind im System jetzt schon benachteiligt und werden darüber hinaus noch mehr benachteiligt. Dem kann eine schleswig-holsteinische Landesregierung nicht zustimmen. Hinzu kommt, dass auch die Ausgabenabschläge bei den Fahrkosten des Rettungsdienstes für das Flächenland Schleswig-Holstein immer noch nicht vom Tisch sind. Gerade in unserem Land würde dies zu Mehrbelastungen der Patientinnen und Patienten führen. Insgesamt führen diese beiden Faktoren - also die Probleme mit den Krankenhäusern und den Fahrten - gemeinsam mit anderen Rahmenbedingungen dazu, dass es gerade hier in Schleswig-Holstein zu einer Verschlechterung der Gesundheitsversorgung kommen wird.
Wir werden daher - was man erwarten konnte - den Antrag der FDP unterstützen, in dem die Landesregierung dazu aufgefordert wird, das Gesetz im Bundesrat abzulehnen. Das ist unsere letzte Chance! Wir wollen ein gesundes Gesundheitswesen und keinen kranken Kompromiss!
Zu einem Kurzbeitrag nach § 56 Abs. 4 Satz 4 unserer Geschäftsordnung erteile ich dem Oppositionsführer, Herrn Abgeordneten Wolfgang Kubicki, das Wort.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir sind gefragt worden - unter anderem von der sehr verehrten und geschätzten Kollegin Schümann -, warum die FDP diesen Antrag einbringt.
- Oder es war Frau Kollegin Sassen, das ist egal, sie sind ja beide sehr charmant und auch in der Materie drin.
Wir nehmen einfach Kolleginnen und Kollegen aus dem Haus ernst. Frau Kollegin Sassen, ich habe vor wenigen Tagen an einer Veranstaltung von Haus & Grund in Kiel teilgenommen und habe die große Ehre gehabt, den Landtagspräsidenten dort zu hören, der dort unter anderem erklärt hat, dass er sich zur Gesundheitsreform nicht weiter äußern wolle, die sei Murks und gehöre in den Papierkorb.
- Der Landtagspräsident kann sich selbstverständlich wehren, er kann auch einen Redebeitrag leisten.
Aber ich empfehle der sozialdemokratischen Landtagsfraktion, wenn sie dem Landtagspräsidenten, dem Kollegen Dr. Garg - wofür ich ein gewisses Verständnis habe - oder anderen, insbesondere den Sachverständigen, die sich dazu weitreichend geäußert haben, den Verbänden und Organisationen, nicht traut, doch einmal den sehr geehrten ehemaligen Sozialminister des Landes Schleswig-Holstein Günther Jansen zu diesem Thema zu hören. Das empfehle ich wirklich.
- Ich denke, das ist ein Experte, der sich dazu äußern kann, weil er sozusagen von Amts wegen, berufen durch die ehemalige Regierung als „One-Dollar-Man“ für das UKSH, von der Sache etwas versteht. Der hat gestern in epischer Breite anlässlich einer Veranstaltung der Deutschen Angestellten Krankenkasse erklärt, was er von diesem Gesetzesvorhaben hält, nämlich nichts. Er empfiehlt den Sozialdemokraten, wie der Großen Koalition auch, alles daranzusetzen, dass dieses Gesetzesvorhaben nicht umgesetzt wird,
weil es all die hehren Ziele, die damit verbunden sind, nicht erfüllen kann und nicht erfüllen wird.
Frau Kollegin Schümann, nun haben Sie uns ja gesagt, die deutsche Öffentlichkeit und wir sollten doch endlich zur Kenntnis nehmen, dass ein großes Werk deshalb vollbracht worden sei, weil die Partner CDU und SPD mit komplett unterschiedlichen Standpunkten sich endlich auf einen Kompromiss geeinigt hätten - so, als sei das ein Wert an sich. Ich kann Ihnen sicher sagen, dass - wenn die einen Flugbenzin verwenden wollen, die anderen Dieselkraftstoff - das Gemisch daraus keinen Motor antreiben wird. Es ist kein Wert an sich, dass man sich auf etwas geeinigt hat, was in sich nicht konsistent ist.
Es ist schlicht und ergreifend eine mathematische Tatsache, dass wir das Gesundheitssystem auf Dauer nicht auf eine finanziell tragfähige Grundlage stellen können, wenn wir das System nicht grundlegend ändern. Wir kommen anhand der demografischen Entwicklung entweder dazu, dass wir es komplett steuerfinanzieren müssen, oder aber wir müssen das komplett kapitaldecken oder aber wir müssen es so lassen, wie es ist und dann dauernd weitere Subventionen in das System einführen.
Also, bei einer geringer werdenden aktiv tätigen Bevölkerung und einer größer werdenden nicht aktiv tätigen Bevölkerung leuchtet das eigentlich jedem ein.
- Herr Kollege Baasch, Sie können das System auf diese Art und Weise nicht aufrechterhalten. Ich sehe ein, dass Sie mir das nicht abnehmen, aber vielleicht fragen Sie dann wirklich einmal sämtliche Sachverständige, die sich zu dieser Frage geäußert haben. Bei der Rentenversicherung sind wir auf dem richtigen Weg, bei der Krankenversicherung müssen wir das auch sein. Nach Vorstellung der FDP müssen wir zu einer Kapitalbeteiligung übergehen, so wie es bei den privaten Krankenversicherungen der Fall ist.
kurrenz, keinen Wettbewerb zwischen privaten und gesetzlichen Versicherungen. Es gibt keinen Wettbewerb. Den konnte es auch gar nicht geben, weil die, die gesetzlich versichert sind, sich privat nicht haben versichern dürfen.
Herr Präsident, mein letzter Satz: Es wäre der richtige Weg, dazu überzugehen, dass sich jeder in Deutschland versichern muss, dass wir es aber jedem überlassen, wo er sich versichert. Das wäre nach unserer Auffassung der richtige Weg.
- Dann erteile ich Ihnen das Wort zu einem Kurzbeitrag nach § 56 Abs. 4 Satz 4 der Geschäftsordnung.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Zwei Punkte, Frau Kollegin Sassen. Sie haben nicht nur gefragt: warum, Sie haben auch gefragt: warum heute. Das will ich Ihnen gern beantworten, warum heute.
- Warum heute schon wieder. Frau Kollegin Sassen, am 16. Februar 2007 soll dieses Wettbewerbsstärkungsgesetz, von dem Sie wissen, dass es ein Wettbewerbsbeseitigungsgesetz in der gesetzlichen Krankenversicherung ist, im Bundesrat verabschiedet werden. Sie glauben doch nicht im Ernst - nachdem wir hier sehr oft versucht haben, mit den Abgeordneten der Großen Koalition ernsthaft die Inhalte dieses Gesetzentwurfs zu diskutieren, und alle gemeinsam herausgefunden haben, auch wenn das nicht offiziell Ihre Zustimmung findet, dass dieser Gesetzentwurf Schleswig-Holstein nicht nutzt, sondern dass es dem Gesundheitsstandort SchleswigHolstein schadet -, dass wir dann einfach still, leise und heimlich zugucken werden, wie die Landesregierung im Zweifel diesem Gesetzentwurf im Deutschen Bundesrat zustimmt, sondern es ist geradezu unsere Pflicht als Opposition, dafür zu sorgen, dass hier noch einmal an Ihr Gewissen appelliert wird, diesem Gesetzentwurf nicht zuzustimmen.