- Ist sie hier? - Nein, Heike Franzen meinte ich nicht. Ich meinte Frau Franzen von der SPD-Fraktion. Sie war Anfang der 90er-Jahre in der Enquetekommission. Alles, was wir wissen müssen, ist schon damals erarbeitet worden. Wir sind jetzt im Jahr 2007. Wenn wir das mit diesen Mehrheiten in diesem Landtag nicht zuwege bringen, ist das ein Armutszeugnis für die Politik.
Ich wundere mich manchmal über die Verzagtheit und Mutlosigkeit des einen oder anderen an der einen oder anderen Stelle. Ich weiß gar nicht, wo das Problem liegen soll. Ich rate sehr dazu, das jetzt
mit Gelassenheit zu diskutieren, Vorschläge auf den Tisch legen zu lassen, Wirtschaftlichkeitsfragen zu prüfen und am Ende, wie Kollege Puls gesagt hat, im April 2009 zu entscheiden. Dann haben wir das Thema hoffentlich endlich vom Tisch. Wenn wir solche Probleme nicht lösen, dann gnade uns Gott, wenn wir einmal ernsthafte Probleme zu lösen haben. Das sind nämlich keine ernsthaften, über die wir hier sprechen.
Im Übrigen stimme ich dem zu, was der Vorsitzende des Innen- und Rechtsausschusses zu diesem Thema, was die Abläufe angeht, gesagt hat. Wenn sich jeder an das hielte, was wir miteinander vereinbart haben - ich bin in solchen Fragen sehr altmodisch -, kämen wir weiter. Ich würde mir wünschen, dass das alle beherzigen.
Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Ich schließe die Beratung. Es ist beantragt worden, den Antrag Drucksache 16/1215 dem Innenund Rechtsausschuss zu überweisen. Wer so beschließen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. Gegenprobe! - Enthaltungen? - Dann ist einstimmig so beschlossen.
Wird das Wort zur Begründung gewünscht? - Das ist nicht der Fall. Dann eröffne ich die Aussprache. Das Wort erhält die Frau Abgeordnete Angelika Birk.
Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich glaube, nicht nur die Bildungspolitikerinnen und Bildungspolitiker sind viel unterwegs und werden viel zum Thema Schulpolitik gefragt. Auch wir sind unterwegs und stellen fest: Die meisten Lehrerinnen und Lehrer in SchleswigHolstein sind derzeit sehr verunsichert.
Warum? - Zum einen wissen sie nicht, was auf sie zukommt, und sie kämpfen zum Teil um den Erhalt dessen, was sie bisher praktiziert haben. Zum anderen sind sie froh über Veränderungen, aber auch unsicher, ob es wirklich so kommt, wie sie es sich gewünscht haben. Aber allen gemeinsam ist, dass sie immer wieder sagen: Wir haben in unserer bisheri
gen Aus- und Fortbildung kaum etwas über die individuelle Förderung in heterogenen Lerngruppen gelernt. Wir sollen nun vermeiden, dass Kinder sitzen bleiben. Wir sollen vorher besser fördern. Die Wenigsten von uns haben eine fundierte Erfahrung, wie man das innerhalb des bestehenden Settings macht, geschweige denn, wie man dieses Setting ändert.
In der neuen Regionalschule, aber erst recht in der Gemeinschaftsschule, sind völlig neue Konzepte der Lehrerarbeit gefordert, um alle Kinder entsprechend ihren Fähigkeiten zu fördern. Nur so kann das Sitzenbleiben tatsächlich produktiv überwunden werden. Denn es geht uns ja nicht darum, dass künftig Jugendliche mit drei Fünfen im Zeugnis irgendwie mitgeschleppt werden. Vielmehr wollen wir, dass sich die Leistungen tatsächlich verbessern.
Deshalb fordern wir das Bildungsministerium auf, jetzt ein Konzept für die Lehreraus- und -fortbildung zu erarbeiten und dem Landtag vorzulegen. Bisher hingegen arbeiten die Universitäten bei ihrer Konzeption der Bachelor-/Masterausbildung immer noch weitgehend - so sagen es mir viele - ohne genaue Abstimmung mit IQSH, das ja die zweite Lehrerbildungsphase gestaltet.
Das IQSH wiederum bietet überwiegend Lehrerfortbildung außerhalb der Schulen am späten Nachmittag und frühen Abend an. Dies ist eine Reaktion auf die Forderung: Jede Stunde zählt. Außerdem müssen die Lehrkräfte diese Fortbildung häufig aus eigener Tasche bezahlen. Das ist ineffizient und sorgt vor allem nicht dafür, dass kollektive Lernprozesse im Lehrerkollegium gemeinsam erlebt und gestaltet werden.
Fazit: Weder in der Ausbildung an der Hochschule und im Referendariat noch in der Fortbildung wird bisher auf die neuen Schul- und Unterrichtsformen hinreichend vorbereitet. Vielmehr wird wie vorgestern Hauptschul-, Realschul- und Gymnasialunterricht gelehrt. Das heißt: Die Lehrerinnen und Lehrer der Zukunft, für die neuen Schulformen, werden für die Schulformen von gestern ausgebildet. Das kann es nicht sein.
Weder die bisherige Gesamtschule noch die neue Gemeinschaftsschule ist in der Lehrerbildung bisher durchgängiges Thema. Frau Erdsiek-Rave, ich denke, das können auch Sie so nicht fortführen. Ich weiß ja auch, wie sehr Sie für die neuen Lernformen streiten. Insofern geben wir Ihnen Rückendeckung, wenn Sie beim Finanzminister noch ein
Denn Schulreformen funktionieren nur, wenn Lehrerinnen und Lehrer für neue Ideen Feuer fangen und die Möglichkeit erhalten, Neues auszuprobieren. Dazu gehört auch das Recht, Fehler zu machen. Dazu gehört aber vor allem auch, von jenen zu lernen, die schon Erfahrung haben. Dazu gehört das Lernen im Team, dazu gehören also vor allem Lehrerfortbildungstage in der eigenen Schule, und es braucht eine sensible Moderation dieses Lernprozesses.
Nun können Sie sagen: Die Änderungen kommen doch erst im Schuljahr 2009/10; es ist noch viel Zeit. Aber Kollegien an verschiedenen Schulen, die jetzt in der Regionalschule zusammenarbeiten sollen, müssen sich auf diesen Prozess vorbereiten. Sie sollen sich kennenlernen können, sie sollen nicht am Tag X auf Knopfdruck loslegen, sondern sie sollen behutsam Mut finden, neue Schritte zu gehen.
Deswegen bitten wir die Landesregierung und fordern sie hiermit auf, ein neues Konzept zu entwerfen und es öffentlich unter Beteiligung der Lehrerverbände vorzustellen, damit wir tatsächlich eine breite Akzeptanz für die neuen Schritte des gemeinsamen Lernens erreichen.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Verehrte Kolleginnen undKollegen der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, Sie fordern in Ihrem Antrag die Neukonzeptionierung der Lehrerbildung aufgrund des neuen Schulgesetzes. Auch Ihnen dürfte nicht entgangen sein, dass die Neuorientierung in der Lehrerbildung in unserem Lande bereits volle Fahrt aufgenommen hat. Außerdem, meine Damen und Herren, ist sie nicht erst mit der Verabschiedung des neuen Schulgesetzes notwendig geworden.
In der letzten Legislaturperiode hat die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, damals in Regierungsverantwortung stehend, die Reform der zweiten Phase der Lehrerbildung mit nach vorn gebracht. Warum zunächst der Vorbereitungsdienst der Lehramtsanwärter und nicht die erste Phase,
Insoweit ist in der Tat eine Konzeptlosigkeit im Vorgehen zu beklagen. Ihr heute vorgelegter Antrag zur Neukonzeptionierung der Lehrerbildung hätte vor vier Jahren eingebracht werden müssen. Dann hätte eine folgerichtig aufeinander aufbauende Reform der Lehrerbildung stattfinden können.
Nun liegt seit einer Woche ein weiterer Bericht zur Weiterentwicklung des Vorbereitungsdienstes vor. Dieser Bericht basiert auf unserer Initiative des letzten Sommers, mit der wir eine Nachbesserung der Reform der zweiten Phase der Lehrerausbildung gefordert haben. Festgelegt wurde, dass die angebotenen Module einen stärkeren Bezug zur Unterrichtspraxis erhalten, dass Unterrichtsbesuche wieder kontinuierlicher Bestandteil der zweiten Phase der Lehrerausbildung werden und dass Ausbildungslehrkräfte mit Studienleiterinnen und Studienleitern im regelmäßigen Erfahrungsaustausch stehen und am Prüfungsverfahren ihrer Lehramtsanwärter verantwortlich beteiligt werden.
Meine Fraktion und ich werden die weitere Ein- beziehungsweise Umsetzung der geforderten Nachbesserungen aufmerksam verfolgen. Unser Hauptaugenmerk gilt hierbei der Qualität sowie dem Praxisbezug der neuen modulgesteuerten Ausbildung für Referendare. Hierbei gibt es noch eine Menge zu tun.
Meine Damen und Herren, für uns gliedert sich die Lehrerbildung in drei Phasen: den Erwerb von fachlichen und praktischen Kompetenzen im Studium, der Verbindung von Theorie und Praxis im Vorbereitungsdienst und der Fort- und Weiterbildung von Lehrkräften, um auf veränderte Strukturen und Inhalte reagieren zu können.
In der Neuausrichtung der Studienstrukturen in Bachelor- und Masterabschlüssen sieht die CDU die Chance, die Lehrerausbildung zu professionalisieren, an internationale Strukturen anzugleichen sowie zu flexibilisieren. Dafür sind folgende Faktoren vonnöten.
So wäre das „Andocken“ des IQSH an die Universität Flensburg, die zukünftig hauptsächlich für die Lehrerausbildung verantwortlich sein wird, für die CDU eine realistische Variante.
Zweitens. Um den unterschiedlichsten Begabungen der Schülerinnen und Schüler gerecht werden zu können, müssen Lehrer auch zukünftig schulartenspezifisch ausgebildet werden. So ist es auch in anderen Bundesländern üblich. Einen Einheitslehrer wird es mit der CDU in Schleswig-Holstein nicht geben.
(Vereinzelter Beifall bei der CDU - Dr. Hei- ner Garg [FDP]: Aber dafür eine Einheits- schule! - Monika Heinold [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Warten wir mal ab!)
Drittens. Studieninhalte müssen die gesellschaftliche Relevanz widerspiegeln. Seminare zur Konfliktbewältigung, Meditation, Präventions- und Elternarbeit sind daher unabdingbar.
Meine Damen und Herren, meiner Fraktion ist bewusst, dass unser Land die besten Lehrkräfte braucht. Deren pädagogische und didaktische Fähigkeiten tragen wesentlich zum Lernerfolg unserer Schülerinnen und Schüler bei. Deshalb ist es unerlässlich, die Lehrerausbildung insgesamt professioneller und praxisnäher auszugestalten.
Genauso wichtig ist es aber auch, dass Lehrerinnen und Lehrer wieder mehr gesellschaftlichen Rückhalt erhalten. Ein Lehrer muss wieder, seiner Ausbildung entsprechend, im Schwerpunkt für den Unterricht verantwortlich sein.
Das heißt, Lehrer müssen von der zunehmenden Bildungsbürokratie entlastet werden, um ihrer Berufung, der motivierten Gestaltung von Unterricht, wieder gerecht werden zu können.
Nur so wird es zukünftig gelingen, junge Nachwuchskräfte für den Lehrerberuf zu begeistern und das Engagement unserer Lehrkräfte insgesamt aufrechtzuerhalten.