Nur so wird es zukünftig gelingen, junge Nachwuchskräfte für den Lehrerberuf zu begeistern und das Engagement unserer Lehrkräfte insgesamt aufrechtzuerhalten.
Selbstverständlich werden wir die Reformen zur Lehrerbildung weiterhin konstruktiv begleiten. Deshalb schlage ich für die CDU-Fraktion vor, Ihren Antrag an den Bildungsausschuss zu überweisen.
(Beifall bei CDU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN - Detlef Matthiessen [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Bis auf den Einheitsleh- rer völlig unser Kurs! Der kommt auch noch, weil ja die Einheitsschule kommt!)
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Natürlich ist auch meiner Fraktion bewusst, dass wir die besten Lehrer brauchen. Ich möchte nur anmerken: Zum großen Teil haben wir sie bereits! Diejenigen, die diesen Kollegen nachfolgen, werden natürlich noch besser sein als die Altvorderen. So ist das nun einmal, das ist Lauf der Dinge! Aus diesem Grund ist der Antrag der Grünen zur Lehrerbildung kombiniert mit Selbstverständlichem und mit zum Teil Unrealistischem. Eine kritische Bemerkung von mir am Rande: Man sollte doch meinen, dass nach neun Jahren Regierungsverantwortung ein gewisses Maß an Einsicht dafür vorhanden ist, was in welchen Fristabläufen überhaupt realisiert werden kann.
Wir haben das neue Schulgesetz erst vor wenigen Wochen verabschiedet. Es ist erst vor wenigen Tagen in Kraft getreten. Das Schulgesetz ist aber nur die halbe Miete. Ich kann wohl als bekannt voraussetzen, dass die Arbeiten an den Ausführungsverordnungen - das heißt ganz besonders an den neu zu erstellenden Schulartordnungen - jetzt mit unverminderter Intensität vorangehen und deshalb Priorität haben müssen, weil die Schüler, die Lehrer, die Eltern und die Schulträger möglichst frühzeitig Rechtssicherheit haben müssen. Das kann das Ministerium nun einmal nicht so eben um die Ecke und nebenher machen. Vielmehr braucht das die volle Kraft des Ministeriums. Deshalb ist die Frage einer Veränderung in der Lehrerbildung auch nicht nebenher zu bearbeiten. Vielmehr muss sie als dritter Schritt eingeplant werden und nicht als zweiter.
Ihr Antrag erweckt den Eindruck, als habe sich in den letzten Jahren in der Lehrerbildung überhaupt nichts getan. Von der Kollegin Herold haben wir gerade gehört, dass wir nicht vor der Frage stehen, das Rad neu zu erfinden. Wir wissen, dass wir eine sehr umfängliche Reform gehabt haben. Auf der anderen Seite wird mit dem großen Wort Konzept gewedelt, als ob es nicht gerade in diesem Bereich unerlässlich wäre, die Erfahrungen und die offenen Fragen, die es auf allen Ebenen selbstverständlich gibt, miteinander zu vernetzten und zusammenzuführen.
Das wird bis Anfang Juni - wie Sie es wollen - sicherlich nicht leistbar sein. Die Elemente für dieses
Konzept, die Sie selbst vorweg nehmen, können wirklich nicht für sich beanspruchen, besonders originell zu sein: Individuelle Förderung in homogenen oder heterogenen Gruppen, Unterrichten jenseits des 45-Minuten-Taktes, fächerübergreifender Unterricht und Teamteaching waren schon zu Beginn meiner Ausbildung Schlagworte, mit denen wir gut umgehen konnten. All dies sind doch keine Dinge, die erst jetzt mit dem Inkrafttreten des neuen Schulgesetzes gefragt sind.
Natürlich gebe ich Ihnen Recht, dass diese und andere Elemente in der Ausbildung der Pädagogen verstärkt werden müssen. Übersehen Sie jedoch nicht, dass wir gerade umfassende Reformen im Lehrerstudium und im Referendariat hinter uns haben, deren gemeinsamer Nenner es ist, die Studierenden besser auf ihren pädagogischen Alltag vorzubereiten, statt wissenschaftlich hochqualifizierte Leute wie in der Vergangenheit ohne jegliche pädagogische Vorkenntnisse ins Referendariat zu schicken. Wir sprachen darüber.
Es bestand immer Einigkeit darüber, dass die neuen Schularten zu bundesweit anerkannten Schulabschlüssen führen müssen, und zwar nicht nur, um für die Abiturienten die Hochschulreife zu sichern. Vielmehr gilt es auch, um an Standards orientierte Abschlüsse zu erhalten und die schleswig-holsteinischen Absolventinnen und Absolventen gegenüber ihren Altersgenossen aus anderen Bundesländern im Wettbewerb um qualifizierte Arbeitsplätze nicht zu benachteiligen. Es wird gerade eine Stärke der beiden zukünftigen neuen Schularten Regionalschule und Gemeinschaftsschule sein, dass sie zu unterschiedlichen Abschlüssen führen. Das bedeutet natürlich auch, dass wir nicht von heute auf morgen neue Lehrämter erfinden müssen. An diesen neuen Schulen wie der Gemeinschaftsschule werden Lehrerinnen und Lehrer mit der Fakultas für Hauptschule und Realschule auch für das Gymnasium eingesetzt werden. In der Vergangenheit hatten wir ja auch kein eigenständiges Gesamtschullehramt.
Natürlich sind Beratung und Fortbildung jetzt noch wichtiger als in der Vergangenheit. Das Bildungsministerium hat erst vor wenigen Tagen einen Bericht zur Weiterentwicklung des Vorbereitungsdienstes vorgelegt, der im Wesentlichen vom IQSH erarbeitet wurde. Ich schlage daher vor, dass wir im Ausschuss weiter über den Antrag beraten, ihn dort inhaltlich abklären und für die Zukunft weitere Schritte festlegen. Das alles sollten wir aber nicht im Galopp, sondern mit der nötigen Zurückhaltung und Wissenschaftlichkeit tun.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Für eine qualitativ gute Lehrerbildung in Studium, Vorbereitungsdienst und Weiterbildung sind vier Bereiche nötig; Fachwissenschaft, Fachdidaktik, Unterrichtsund Lehrmethoden und Pädagogik. Das Berliner Max-Planck-Institut für Bildungsforschung geht in seiner neuen Studie nun der Frage nach, was einen guten Lehrer ausmacht. Die Untersuchung bezieht sich auf Lehrer im Fach Mathematik. Die Ergebnisse dieser Untersuchung sind im Herbst letzten Jahres in einem sehr interessanten Bericht in der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ dargestellt worden. Die Zusammenfassung lautet: Lehrer mit einem größeren fachlichen Wissen legen stärkeren Wert auf einen kognitiv aktivierenden Unterricht. Sie fordern ihre Schüler mehr und sie lassen unterschiedliche Lösungswege von Aufgaben vergleichen und bewerten. Sie vermeiden ein eng geführtes Vorgehen, das den Schülern nur einen möglichen Lösungsweg weist. Fachlich weniger kompetente Lehrer indessen versuchen offensichtlich, ihre mangelnde Souveränität bei der Beherrschung des Stoffes durch um so einförmigeres Üben und Wiederholen zu kaschieren. Dies stand in der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ vom 28. Oktober letzten Jahres.
Aus diesem Befund lässt sich die Schlussfolgerung ziehen, dass es bei der Reform der Lehrerbildung überhaupt nicht zielführend sein kann, die fachwissenschaftliche Komponente zu ignorieren oder abzuwerten. Im Antrag der Grünen wird dieser Teil der Lehrerbildung jedoch überhaupt nicht erwähnt. Tatsächlich ist es auch im Rahmen einer reformierten Lehrerausbildung von wesentlicher Bedeutung, künftigen Lehrern in ihren Unterrichtsfächern solide fachliche Grundlagen zu vermitteln.
Nur auf dieser Basis können die fachdidaktischen, methodischen und pädagogischen Kenntnisse, die zweifellos ebenfalls zu einer guten Lehrerbildung gehören, ihre Wirkung im Sinne eines möglichst erfolgreichen Unterrichtens entfalten. Ohne Fachkompetenz - das wäre das Fazit - können Lehrer aber auch keine Vermittlungskompetenz haben.
Durch Veränderungen im Schulsystem werden bislang traditionelle Schulformen abgeschafft. Die in ihnen bislang vergebenen Abschlüsse bleiben jedoch - jedenfalls nach bisheriger Lesart - bestehen.
Wer anderes will, sollte das klipp und klar sagen. Solange man die bundesweite Anerkennung von Schulabschlüssen nicht zur Disposition stellen mag, wovon auch entschieden abzuraten wäre, solange bleibt es auch in einem veränderten Schulsystem bei unterschiedlichen Anforderungsprofilen, allerdings nunmehr bezogen auf die angestrebten Abschlüsse ohne zwangsläufige Verbindung mit einer speziellen Schulart. Daraus ergibt sich aber logischerweise, dass eine Einheitsausbildung für alle Lehrer nicht zielführend sein kann.
Im Übrigen sollte der Staat, der im Lehrerbereich derzeit praktisch noch Monopolanbieter von Arbeitsplätzen ist, auch im Sinne der Fürsorgepflicht für die Absolventen seiner Lehramtsstudiengänge auf eine bundesweite Anerkennung und damit auf eine bundesweite berufliche Verwendbarkeit entsprechender Studienabschlüsse achten. Auch dies setzt natürlich Veränderungen im Bereich des Studiums Grenzen. Gleichwohl müssen wir die sich zurzeit sehr im Fluss befindliche Entwicklung der Lehrerbildung in den verschiedenen Bereichen - im Studium, also in der ersten Phase, ebenso wie in der zweiten Phase des Vorbereitungsdienst - weiter diskutieren, denn hier geht es in der Tat um die Qualität derjenigen, die künftig an unseren Schulen unterrichten sollen. Dies ist eine ganz wesentliche Frage, wenn wir auch in Zukunft eine gute Schulbildung gewährleisten wollen. Ich finde es richtig, dass der Antrag an den Ausschuss überwiesen wird und dass wir uns dort im Zusammenhang mit den Beratungen des Antrags auch mit den aktuellen Fragen und der Entwicklung der Neugestaltung von Lehrerbildung und Studiengängen befassen.
Für die Abgeordneten des SSW erteile ich der Frau Vorsitzenden, Frau Abgeordneter Anke Spoorendonk, das Wort.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Landesregierung hat versprochen, dass sich mit dem neuen Schulgesetz einiges ändern wird. Wir hoffen auch, dass es so kommen wird. Viele Eltern sind zwar noch skeptisch, aber die Vorbereitungen sind in vollem Gange. Die Lehrkräfte sollen ebenfalls auf die neue Situation vorbereitet werden und nicht mehr und nicht weniger fordert der vorliegende Antrag. Allerdings kann man nicht erst jetzt mit der Entwicklung neuer Ausbildungsinhalte begin
Wenn die neuen Schulformen im nächsten Jahr ihre Arbeit aufnehmen, kann theoretisch noch keine Lehrkraft eine darauf ausgerichtete Ausbildung abgeschlossen haben. Das ist rein theoretisch, denn erstens sind die Wissensinhalte, die wir zukünftig von den Lehrkräften verlangen, schon lange Bestandteil universitärer Curricula, und zweitens richtet sich der Antrag ausdrücklich auch an ausgebildete Lehrerinnen und Lehrer und deren Fortbildungsbedarf. Ich denke, genau darum geht es.
Nach der neuesten Statistik stagniert seit elf Jahren erstmals die Zahl der Lehrkräfte an Schleswig-Holsteins Schulen. Es ist damit zu rechnen, dass sich dieser Trend verstetigen wird. Darum kommt der Fortbildung eine zentrale Bedeutung zu. Aus Sicht des SSW muss sich diese Fortbildung schwerpunktmäßig mit der Umsetzung des neuen Schulgesetzes befassen. Ich denke, mit dem IQSH haben wir einen guten Rahmen zur Organisation dieser Fortbildung.
Ein eigenes Fortbildungsbudget für jede Schule ist ein Baustein zur weiteren Verselbstständigung der Schulen.
Davon einmal abgesehen, dass die Transparenz durch die Einführung eines Budgets tatsächlich in Anspruch genommener Fortbildung erheblich steigt, bin ich der festen Überzeugung, dass die Fortbildungsneigung der Lehrkräfte allgemein zunehmen wird.
Wird das Budget nämlich nach der Anzahl der Lehrer berechnet, also eine Pro-Kopf-Pauschale angewendet, rechnet sich die gemeinsame Teilnahme an Fortbildungsmaßnahmen in erheblichem Maß.
Eigenverantwortliche und mit einem Fortbildungsbudget ausgestattete Schulen können darüber hinaus gezielt Fortbildungsanbieter ansprechen, die die örtlichen Strukturen in ihrer Veranstaltung berücksichtigen. Die Schulen können maßgeschneiderte Angebote nachfragen. Unter dem Strich optimiert ein Fortbildungsbudget die Fortbildung erheblich. Die Erfahrungen in Nordrhein-Westfalen zeigen die hohe Zufriedenheit der Schulen mit einem eigenen Fortbildungsbudget. Die Erfahrungen in Hessen stehen noch aus. Dort arbeitet man auch erst seit dem letztem Jahr mit dem neuen Finanzierungsmo
dell. Ich denke, die Erfahrungen aus NordrheinWestfalen und aus Hessen sollten wir uns im Ausschuss noch einmal näher anschauen.
Schleswig-Holstein stünde die Entwicklung eines Fortbildungsbudgets gut zu Gesicht. Ich sehe vor allem in diesem Punkt eine zentrale Forderung des vorliegenden Antrags und hoffe, dass dann auch entsprechende Fortbildungskonzepte entwickelt werden können.
Ich denke, zum Bedarf der Fortbildung für Lehrkräfte kann es keine zwei Meinungen geben. Die Veranstaltungen, die jetzt im Laufe der Einführung des neuen Schulgesetzes - zum Beispiel von der GEW - initiiert werden, machen deutlich, dass die Lehrkräfte solche Fortbildungsangebote wünschen. Dieser Prozess muss auch moderiert werden und es muss so sein, dass die Lehrkräfte sagen können: Wir sind gut gerüstet für die Arbeit mit diesen neuen Schulformen.
Wir haben uns im Ausschuss mehrfach mit der Novellierung der Lehrerbildung befasst. Da sehe ich keinen großen Bedarf, aber ich denke, in der Fortbildung muss noch vieles gemacht werden.
Für die Landesregierung erteile ich der Ministerin für Bildung und Frauen, Frau Erdsiek-Rave das Wort.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ob es gelingt, die Reform des Schulgesetzes mit Leben zu erfüllen, wird von vielen Beteiligten abhängen. Das wird natürlich von den Schulträgern abhängen. Sie müssen sehen, dass eine gute Schule in ihrem Bereich das wichtigste für die Zukunft ist. Ich glaube, man erfährt derzeit im Land, dass diese Einstellung bei den Schulträgern auch wirklich da ist. Sie wissen, gerade auch weil Konkurrenz da ist und wachsen wird, weil es mehr Wettbewerb zwischen den Schulen geben wird, dass sie sich um ihre Schulen kümmern müssen, um eine gute Ausstattung und Unterstützung ihrer Schulen insgesamt.
Das wird aber auch von den Eltern und der Zusammenarbeit mit der jeweiligen Schule, mit den Lehrkräften, und von den Schülern selbst, aber nicht zuletzt natürlich auch von den Lehrerinnen und Lehrern abhängen. Wir haben ihnen bei der Verabschiedung des Schulgesetzes hier zugesichert: Wir
werden das Schulgesetz konsequent umsetzen, aber es wird auch nichts überstürzt. Lehrerinnen und Lehrer werden ausreichend vorbereitet und unterstützt. Es soll Begleitung geben, es soll Moderation geben, es soll zusätzliche Ressourcen geben und es soll zusätzliche Zeit geben. Wir gehen Schritt für Schritt vor, entschieden und in aller Ruhe.
Denn es ist klar, Hauptschulen und Realschulen zu einer Regionalschule zusammenzuführen, eine gemeinsame Orientierungsstufe zu entwickeln und Kollegien zusammenzubringen, dazu braucht man Zeit, Mühe, Aufwand und Unterstützung.
Ich habe in der letzten Woche die Realschule mit Hauptschulteil in Bönningstedt besucht, eine Schule, die heute schon so arbeitet, wie wir uns in Zukunft die Regionalschule vorstellen.
Ich kann nur sagen: Hut ab vor den Kolleginnen und Kollegen! Übrigens war es nicht so, dass wir da angekommen sind und gesagt haben: So müsst ihr es machen, das ist jetzt unser Konzept und das ist unser Fortbildungsangebot. Sie haben wirklich ein Interesse daran, ihre Schule weiterzuentwickeln. Sie sind innovativ.
Ich habe von unseren Lehrerinnen und Lehrern und unseren Schulen nicht das Bild, dass alle nur da sitzen und warten und fragen: Was kommt denn jetzt von oben? Unendlich viele haben sich schon auf den Weg gemacht, arbeiten an der Veränderung, sind initiativ und innovativ. Ich habe jede Menge Respekt davor und ich finde, das kann auch einmal gelobt werden.