Protokoll der Sitzung vom 22.02.2007

Bericht und Beschlussempfehlung des Innen- und Rechtsausschusses Drucksache 16/1162 (neu)

Ich erteile zunächst dem Berichterstatter des Innenund Rechtsausschusses, Herrn Abgeordneten Werner Kalinka, das Wort.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Der Landtag hat den Gesetzentwurf des SSW zur Änderung des Gesetzes über die Freiheit des Zugangs zu Informationen für das Land Schleswig-Holstein, Drucksache 16/82, durch Plenarbeschluss vom 25. Mai 2005 an den Innen- und Rechtsausschuss überwiesen. Den Gesetzentwurf der Landesregierung eines Informationsfreiheitsgesetzes für das Land Schleswig-Holstein, Drucksache 16/722, hat der Landtag dem Innen- und Rechtsausschuss durch Beschluss vom 3. Mai 2006 zur Beratung überwiesen.

Der Ausschuss hat sich in mehreren Sitzungen mit den beiden Vorlagen befasst. So führte er zu beiden Gesetzentwürfen eine gemeinsame Anhörung durch und lud zu seiner Sitzung am 20. September 2006 zwölf Interessenvertreter unterschiedlicher Gruppierungen zu einer mündlichen Anhörung in den Landtag ein.

Der Ausschuss beschäftigte sich in vier weiteren Sitzungen nach der Anhörung mit den beiden Gesetzentwürfen.

Zur Sitzung am 31. Januar 2007 legten die Fraktionen von CDU und SPD einen umfangreichen Änderungsantrag vor. Dieser beinhaltete die Herausnahme der im Gesetzentwurf der Landesregierung vorgesehenen Änderungen des bestehenden Informationsfreiheitsgesetzes des Landes Schleswig-Holstein und sah lediglich die Umsetzung der EU-Richtlinie über den Zugang der Öffentlichkeit zu Umweltinformationen in ein neues Landesgesetz, ein Umweltinformationsgesetz, vor.

Der Ausschuss empfiehlt mit den Stimmen von CDU und SPD gegen die Stimmen von FDP und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN dem Landtag die Ablehnung des Gesetzentwurfs des SSW, Drucksache 16/82. Mit den Stimmen von CDU, SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN bei Enthaltung der FDP empfiehlt er dem Landtag zum Gesetzentwurf

(Minister Dr. Ralf Stegner)

der Landesregierung, Drucksache 16/722, den Titel des Gesetzes in „Umweltinformationsgesetz für das Land Schleswig-Holstein - UIG-SH“ zu ändern und das Gesetz in der geänderten Fassung der rechten Spalte in Drucksache 16/1162 (neu) anzunehmen.

Zusätzlich bitte ich Sie, folgende redaktionelle Änderung in Ihre Beschlussfassung mit aufzunehmen. Der Bezug in § 7, neuer Absatz 3, auf Seite 9 der Beschlussempfehlung muss sich auf „Absatz 1 Nr. 1 Buchst. b) und d)“ und nicht wie in der Beschlussempfehlung angeführt auf „Buchst. b) und e)“ beziehen.

Ich bitte Sie, der Ausschussempfehlung mit der gerade vorgetragenen zusätzlichen Änderung Ihre Zustimmung zu geben.

(Beifall bei CDU und SPD)

Ich danke dem Berichterstatter. - Gibt es Wortmeldungen zum Bericht? - Das ist nicht der Fall. Dann eröffne ich die Aussprache und erteile nun Herrn Abgeordneten Kalinka als Vertreter der CDU-Fraktion das Wort.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Wir kommen nun zu einem auch sehr wichtigen Gesetz, das wir - so denke ich - mit einem Stück mehr Harmonie begleiten können und das ist auch gut so.

Die Europäische Kommission hat wegen Nichtumsetzung der Richtlinie 2003/4/EG über den Zugang der Öffentlichkeit zu Informationen ein Vertragsverletzungsverfahren eingeleitet. Wir sind nun im Februar 2007 und eigentlich hätte es schon vorher sein sollen, aber es gab mehrere Hinderungsgründe. Die Zeit für die Umsetzung reicht allerdings noch aus. Der Umwelt- und Landwirtschaftsminister hat uns am 23. November 2006 gemahnt, zügig zu einem Ergebnis zu kommen und dies geschieht mit der heutigen Sitzung.

Die Beratungen und Anhörungen waren auf der einen Seite von der Sorge geprägt, Informationsrechte könnten abgeschnitten, begrenzt und ungebührlich begrenzt werden, und auf der anderen Seite von dem Gedanken, es könnten unnötige Weiterungen erfolgen. Ich glaube, wir haben dieses Spannungsverhältnis in vernünftiger Weise aufgelöst. Das Ergebnis ist ein breiter Konsens im Innen- und Rechtsausschuss und dies ist eine erfreuliche Entwicklung.

Entsprechend der EU-Umweltrichtlinie haben wir den Titel „Umweltinformationsgesetz“ gewählt;

auch dies ist angemessen. Das Gesetz sichert die Informationsansprüche. Es begrenzt die Ansprüche gegen Private. Es legt Gebührenordnungen fest; es werden also auch Kosten erstattet. Es regelt aber auch wichtige Fragen für die Praxis. So kann man sich nicht beliebig aussuchen, ob man Informationen per Fax, elektronisch oder schriftlich erhält.

Es regelt des Weiteren das Spannungsfeld bei Ermittlungs- und Gerichtsverfahren. Dies gilt beispielsweise dafür, wie sich die auskunftspflichtige Stelle mit der jeweils das Verfahren betreibenden Stelle abzustimmen hat. - Auch dies sind Veränderungen, die wir vorgenommen haben.

Ich möchte das Gesetz zum Anlass nehmen, um Folgendes festzuhalten: Die Informationsansprüche der Bürger gegenüber Verwaltungshandeln stehen nicht zur Disposition. Dies ist ein fester Grundsatz und er hat auch in der schriftlichen Anhörung eine gewisse Rolle gespielt. Dieser Grundsatz wird mit diesem Gesetz deutlich. Ich möchte bei dieser Gelegenheit hinzufügen, dass ich gute Beispiele dafür sehe, wie das Unabhängige Landeszentrum für Datenschutz die Arbeit begleitet. Das möchte ich ausdrücklich festhalten.

(Beifall bei FDP und SSW)

Das ist meine Meinung.

Wir haben gelegentlich noch in der Verwaltung ein gewisses Defizit beim Thema Informationsfreiheitsgesetz. Im vergangenen Jahr hat eine Kreisverwaltung auf eine Frage geantwortet, das noch junge Gesetz sei offenkundig dort in der Tiefe noch nicht so bekannt. Das macht einen sehr nachdenklich und ich denke, dass wir darauf noch reagieren müssen.

(Zuruf)

- Ich gebe auch dazu gern weitere Auskünfte.

Die Öffentlichkeit wird in dem Gesetz durch informationspflichtige Stellen angemessen über den Zustand der Umwelt informiert, auch zum Beispiel durch einen Umweltzustandsbericht alle vier Jahre. Das Thema Gebührensätze habe ich bereits dargelegt.

Der Schutz öffentlicher wie privater Belange wird gewahrt: §§ 7 und 8. Die EU-Richtlinie wird 1:1 umgesetzt, nicht mehr, aber auch nicht weniger. Da gab es einzelne Punkte, über die wir gesprochen haben. Nicht mehr, aber auch nicht weniger, so ist der Grundsatz in der Großen Koalition und dem werden wir gerecht. Das Gesetz ist ein fairer Interessenausgleich. Ich denke, wir können dem Gesetz guten Gewissens zustimmen und die Informationsrechte

(Werner Kalinka)

der Bürger in angemessener Form auch weiter gewahrt wissen.

(Beifall bei CDU und SPD)

Ich danke Herrn Abgeordneten Kalinka. - Das Wort für die SPD-Fraktion hat nun Herr Abgeordneter Thomas Rother.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe verbliebene Kolleginnen und Kollegen! Nach der Vorlage des SSW-Gesetzentwurfs und des Gesetzentwurfs der Landesregierung für ein neues Informationsfreiheitsgesetz, die beide den Zugang zu Umweltinformationen und zu allgemeinen Informationen der öffentlichen Verwaltung in Schleswig-Holstein neu regeln wollen, ist nach einem umfangreichen Anhörungsverfahren und nach der Einleitung eines Vertragsverletzungsverfahrens - Herr Kalinka hat darauf hingewiesen - seitens der EU-Kommission aus meiner Sicht nun Folgendes festzustellen:

Erstens. Der Ansatz zur Veränderung des Gesetzes und zur Zusammenfassung beider Regelungen hat sich so nicht bewährt.

Zweitens. Es ist daher sinnvoll, ein eigenes Umweltinformationsrecht zu beschließen, und ich bitte den Landtag um Zustimmung zu dem hier vorliegenden Änderungsantrag der Fraktionen von CDU und SPD.

Drittens. Der Stellenwert der Informationsfreiheit in der öffentlichen Diskussion um die Gesetzentwürfe ist noch einmal ganz deutlich gemacht worden.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, die EU-Umweltinformationsrichtlinie fordert ganz eindeutig den Zugang zu Umweltinformationen nicht nur bei öffentlich-rechtlicher Verwaltungstätigkeit, sondern auch bei privatrechtlichem Handeln von Behörden oder privaten Trägern öffentlicher Aufgaben. Aus unserer Sicht muss die Auskunftspflicht von Privaten, die öffentliche Aufgaben ganz oder teilweise wahrnehmen, auch für andere Informationen bestehen bleiben. Privatrechtliche Organisationsformen der öffentlichen Hand dürfen nicht dazu führen, dass diese besonderen Privaten sich der Informationspflicht entziehen.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, es ist allerdings nicht so, wie die Bündnisgrünen in ihrer Presseerklärung vom 31. Januar behaupten, nun sei eine Chance für mehr Bürgerfreundlichkeit vertan worden. Mit unserem Änderungsantrag ist vielmehr ge

rade dem Anliegen der Bürgerrechts- und Umweltschutzorganisationen Rechnung getragen worden, allerdings ohne die bestehenden Wettbewerbsnachteile für öffentliche Unternehmen, die es ja dann tatsächlich auch bei dieser Informationsfreiheit gibt, auch noch zu vergrößern. Ihr habt dem ja schließlich im Innen- und Rechtsausschuss zugestimmt.

Wir lehnen gleichzeitig den Gesetzentwurf des SSW ab, weil er die erforderliche Klarheit bei den Begriffsbestimmungen eben leider nicht schafft. Da waren wir vor zwei Jahren noch in anderer politischer Konstellation weiter. Wir sind auch nicht, wie der SSW in einer Presseerklärung vom 31. Januar 2007 frei nach Lenin behauptete, zwei Schritte zurück und einen Schritt vor gegangen. Der Regierungsentwurf war schon ein deutlicher Schritt nach vorn, eben durch die besondere Aufnahme der Umweltinformation in das Gesetz. Ein Rückschritt ist tatsächlich nicht erkennbar. Von daher gibt es aus meiner Sicht heute auch tatsächlich nichts zu bejammern, sondern es ist ein guter Tag für die Informationsfreiheit und gleichzeitig für den Schutz der Umwelt.

Vonseiten der Europäischen Union ist in den vergangenen Jahren viel dafür getan worden, die Mitwirkungsmöglichkeiten der Bürgerinnen und Bürger sowie der Nichtregierungsorganisationen im Umweltbereich Schritt für Schritt auszubauen. Dem folgen wir jetzt mit der Umsetzung der Umweltinformationsrichtlinie, die in den Anforderungen der Aarhus-Konvention von 1998 begründet ist, in Landesrecht. Mit dieser Konvention wurde erstmals auf völkerrechtlicher Basis das Recht einer jeden Person auf Information, Beteiligung und Klagemöglichkeiten zum Schutz der Umwelt verankert. Denn ohne den Zugang zu zuverlässigen Informationen haben Bürgerinnen und Bürger eben nicht die Möglichkeit, sich ein eigenes Bild über die Umweltbelange in ihrem Umfeld zu machen und sich dann auch aktiv für den Schutz der Umwelt einsetzen zu können.

Der unkomplizierte Zugang zu umweltrelevanten Daten bildet daher eine unverzichtbare Basis für eine transparente und bürgerfreundliche Umweltpolitik und erhöht damit auch die Akzeptanz dieser Politik. Das ist, liebe Kolleginnen und Kollegen, natürlich auch ein Weg, um ein stärkeres Verantwortungsbewusstsein im täglichen Handeln der informationspflichtigen Stellen zu erzeugen, denn man kann ja eben auch nachfragen.

Schon jetzt hat die Bundesrepublik auf dem Gebiet der Umweltinformationen einiges vorzuweisen. Hier ist insbesondere auf das gemeinsame Internet

(Werner Kalinka)

Umweltportal „PortalU“ von Bund und Ländern hinzuweisen, das über einen Zugriff auf über hunderttausend Internetseiten und Datenbankeinträge von öffentlichen Institutionen - allein von über 120 Behörden und Organisationen - verfügt. Allein über dieses Internet-Portal ist der Großteil aller Umweltinformationen verfügbar, sodass der Mehraufwand für die auskunftspflichtigen Stellen durch dieses Gesetz sehr überschaubar bleiben wird.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, nicht zuletzt die Vielzahl der Anträge zu Umweltthemen in dieser Tagung oder die Diskussion gestern um das Landesnaturschutzgesetz machen deutlich, dass die Erhaltung einer intakten Umwelt eines der wichtigsten gesellschaftspolitischen Ziele unserer Zeit ist. Zum Erreichen dieses Ziels können wir durch das Umweltinformationsgesetz einen kleinen Beitrag leisten.

(Beifall bei SPD und CDU)

Ich danke Herrn Abgeordneten Rother. - Das Wort für die FPD-Fraktion hat deren Vorsitzender, Herr Abgeordneter Wolfgang Kubicki.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Mit dem heutigen Beschluss des Landtages über ein Umweltinformationsgesetz vergibt der Landtag nach unserer Auffassung eine Chance. Er vergibt die Chance, das Informationsfreiheitsgesetz insgesamt zu reformieren und die durch die EU-Informationsrichtlinie vorgegebenen Regelungen in ein neues Informationsfreiheitsgesetz zu gießen.

Ursprünglich wollte auch die Große Koalition das Informationsfreiheitsgesetz ändern und gleichzeitig die Bestimmungen der Umweltinformationsrichtlinie in das Gesetz mit aufnehmen. Der Gesetzentwurf war allerdings missglückt, er wurde zu Recht vom Landesdatenschützer als Rückschritt gegenüber den heute geltenden Regelungen des Informationsfreiheitsgesetzes bezeichnet und hätte Schleswig-Holstein beim Informationsanspruch der Bürgerinnen und Bürger gegenüber den Behörden auf den letzten Platz bundesweit katapultiert.

So sollte, um nur ein Beispiel zu nennen, das fiskalische Handeln der Behörden aus dem Anhörungsbereich des Gesetzes entfallen. Durch eine Flucht von staatlichen Behörden in die private Rechtsform hätte so der Informationsanspruch der Bürgerinnen und Bürger abgeschnitten werden können. Das konnte nicht Sinn der Sache gewesen sein. Der Ur

sprungsentwurf zu einem Informationsfreiheitsgesetz erweckte vielmehr den Eindruck, dass man sich auf staatlicher Ebene durch den Bürger nicht mehr in die Karten schauen lassen wollte.